Spektrum Plus-Leserexkursion: Besuch des Weltraumbeobachtungsradars TIRA in Wachtberg

Text: Gerd Marmitt, Laudenbach
(Abonnent von Spektrum der Wissenschaft & Sterne und Weltraum)

Der 22. März verspricht ein sonniger Tag zu werden, was sich schon bei der Anreise abzeichnet. Dies macht die ungefähr zweistündige Fahrt nach Wachtberg für mich umso angenehmer, wo um 13:00 Uhr eine Führung durch das Fraunhofer Instituts für Hochfrequenztechnik und Radartechnik (FHR) für die Leser von Spektrum beginnt.

Besichtigung TIRA
Foto: Sabine Jung

Die Nähe zum ehemaligen Regierungsbunker in Bad Neuenahr-Ahrweiler überrascht mich ein wenig. Wen eine längere Anreise abschreckt, kann eventuell beide Besichtigungen miteinander verbinden. Gegenüber dem Haupteingang liegt ein größerer Waldparkplatz für die Besucher. Besonders erfreulich ist, dass der Pförtner Besuchern mit Einschränkungen zudem anbietet, auf dem Gelände zu parken. Das rege Interesse an dieser Besichtigung zeigt die auf knapp 50 Besuchern anwachsende Gruppe bei strahlender Sonne und angenehmen Temperaturen. Um kurz nach 13 Uhr geleitet uns ein Mitarbeiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit in einen Tagungsraum.

Vorstellung des Fraunhofer FHR mit Marco Gallasch
Foto: Sabine Jung

Die Führung beginnt mit einer 45minütigen allgemeinen Vorstellung des FHR. Wir erfahren hier, dass Hochfrequenz- und Radartechnik in insgesamt sechs Geschäftsfeldern für die Industrie erforscht wird: Verteidigung, Weltraum, Sicherheit, Verkehr, Produktion, sowie Mensch und Umwelt. Hervorgegangen ist dieses Institut aus der Forschungsgemeinschaft für Angewandte Naturwissenschaften e.V. (FGAN) und diente ausschließlich der Verteidigungs- und Sicherheitsforschung. Weitere Gebiete kamen nach Integration in die Fraunhofer-Gesellschaft 2009 hinzu. Als Beispiel sei hier nur die Kooperation mit Bosch erwähnt, aus der eine Sensortechnik für die heute in vielen Autos verwendeten Parkassistenten hervor ging.

Vortrag “Das Weltraumbeobachtungsradar TIRA” von Dr. Delphine Cerutti-Maori
Foto: Sabine Jung

Nach einer kurzen Pause geht es mit einem Detailvortrag über das Radar für Weltraumbeobachtung TIRA (Tracking & Imaging Radar) weiter. Zur Fertigstellung 1970 war es als Zielverfolgungsradar von Raketen geplant und hat eine beeindruckende effektive Auflösung von 2 Zentimetern bei 1.000 Kilometer Entfernung. Theoretisch gibt es keine Begrenzung, da bei der Radarstrahlung die Auflösung unabhängig von der Entfernung ist. Allerdings geht die Entfernung in einer vierten Potenz negativ in das Signal-Rausch-Verhältnis ein, was zur eben genannten effektiven Auflösung führt. Trotz seiner 240 Tonnen Gewicht kann das Radar mit 15 – 24 Grad pro Sekunde gedreht werden. Dadurch kann die zunehmende Taumelbewegung des ESA-Satelliten ENVISAT in Echtzeit aufgezeichnet und als Video gezeigt werden, über den man 2012 die Kontrolle verlor. Zudem lässt sich auch Weltraumschrott beobachten, der leider rapide zunimmt. Die Demonstration der Abschussmöglichkeit von Satelliten durch die chinesische Regierung (2007) sowie die Kollision zweier Satelliten (2009) haben die Menge gefährlicher Teile noch einmal dramatisch auf geschätzt 80.000 Teile mit mehr als einem Zentimeter erhöht. Bei einem derart breiten Einsatzgebiet ist es kein Wunder, dass die sich nahtlos anschließende Fragerunde den dafür vorgesehenen Zeitrahmen deutlich überschreitet. Dabei ging es um technische Details zum Radar, aber auch zur Schutzhülle (Radom) mit einem Durchmesser von 47,5 Meter, welche 2014 erneuert wurde. Sekundiert wurde die vortragende Wissenschaftlerin von einem ehemaligen Mitarbeiter des FHR, der sich bis dahin als „normaler“ Besucher ausgegeben hatte. Erst nach ungefähr 40 Minuten war der Wissensdurst der Besuchergruppe gestillt.

Besichtigung TIRA
Foto: Sabine Jung

Im letzten Teil konnten wir einen Blick in das Innere des Radars werfen. Beim Betreten dieses Gebäudes ist es unerwartet windig. Das liegt aber nicht am Durchzug, sondern am künstlichen Überdruck des Gebäudeinneren, um das Radom zu stabilisieren. Die Größe der Antenne ist mit 34 Meter beeindruckend und bildet einen hervorragenden Abschluss dieser Veranstaltung, die mit einem Applaus für alle Vortragenden gegen 16 Uhr endet.

Besichtigung TIRA
Foto: Sabine Jung

Da ich mich jahrelang mit Computergrafik und Bildverarbeitung beschäftigte, möchte ich auf dem Rückweg zum Haupteingang noch wissen, wie umfangreich die Nachbearbeitung der gezeigten Bilder ist. Die Antwort überrascht mich nicht: für das menschliche Auge sind die Rohdaten nicht mehr als Rauschen. Erst durch eine ganze Kette von Filtern und anderer Operationen werden daraus für den Menschen verständliche Bilder. Wie schon die Besichtigung des Radioteleskops in Effelsberg bot auch diese einen spannenden Einblick in ein fremdes Fachgebiet und macht Lust auf weitere Exkursionen.

Besichtigung TIRA
Foto: Sabine Jung

1 Kommentar

  1. Drei kleine Gedichte über Astronomie und Weltraum:

    ASTRONOMEN

    Sie blicken zu Mond und Sternen,
    sind den Planeten auf der Spur;
    reisen zu des Weltalls Fernen,
    wenn auch mit Teleskopen nur.

    Unterwegs in finsterer Nacht,
    im Banne der himmlischen Pracht;
    Licht aus, Sterne an, klare Sicht –
    viel mehr brauchen sie dabei nicht.

    URKNALL UND UNIVERSUM

    Am Anfang war der Urknall,
    Um uns herum der Nachhall.

    Eine Singularität macht Karriere,
    Die Materie in einem Punkt vereint.
    Ein großer Knall beendet die Leere,
    Das Duo Raum und Zeit erscheint.

    Der Materie Vielfalt fächert sich auf,
    Es bilden sich die Elemente.
    Sterne und Planeten entsteh’n zuhauf,
    Alles in Ausdehnung ohne Ende.

    Uns’re Galaxie ist eine von Milliarden,
    Ein Spiralsystem, keine Besonderheit.
    Die Erde hatte die besten Karten,
    Hier fand das Leben Geborgenheit.

    Aus toter Materie ging es hervor,
    Strebte hin zu höchster Komplexität.
    Die Evolution wirkt als ein Motor,
    Der einfach niemals ins Stocken gerät.

    Zahllose Arten entsteh’n und vergeh’n,
    Bevor der Mensch betritt die Szenerie.
    Auch ihn wird man nicht ewig hier seh’n,
    Das ist die kosmische Dramaturgie.

    DUNKLES UNIVERSUM

    Es sind dabei die Galaxien,
    Einander rasant zu entflie’n.
    Mit dunkler Energien Wucht
    Beschleunigen sie die Flucht.

    Dunkle Energie ist rätselhaft,
    Dunkle Materie nicht minder.
    Das Wissen ist noch lückenhaft,
    Man kommt nicht recht dahinter.

    Es braucht wohl wieder ein Genie,
    Gar eine neue Theorie.
    Das Weltall ganz zu versteh’n,
    Wird noch etwas Zeit vergeh’n.

    Rainer Kirmse , Altenburg

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