Significant Details: Klimaforschung auf Eis

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Gespräche mit forschenden Frauen
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Juliane Müller hat einen “Dropstone” mit zum Interview gebracht, einen Gesteinsbrocken aus dem Polarmeer, der sie schon seit Jahren begleitet. Das fertige Interview wird sie allerdings erst in ein paar Wochen ansehen können, denn im Moment ist die Klimaforscherin wieder unterwegs, diesmal in der Beaufort See vor Alaska, und die Internetverbindung an Bord ist für Video nicht schnell genug.

(c) Juliane Müller, AWI

Juliane Müllers Thema ist die Meereisbedeckung in der Arktis. Zusammen mit Kollegen versucht sie, so genau wie möglich die Klimaverhältnisse der letzten 30.000 Jahre zu rekonstruieren, um daraus Schlussfolgerungen für die aktuellen Entwicklungen zu ziehen.

Es ist ihre zweite Ausfahrt. Und so faszinierend das Eis auch sein mag, der Alltag auf einem Forschungsschiff ist harte Arbeit. Es ist kalt, nass, dreckig. „Als Püppchen hat man es sicher etwas schwerer an Bord“, sagt Juliane Müller. Dabei gibt es mehr Frauen in der Polarforschung, als man erwarten würde. „Aus den schweren Aktionen, also wenn schwere Sachen zu heben sind, da kann man sich rausnehmen. Man kann aber auch sagen: Hey, ich bin jetzt nicht aus Zucker, Fingernägel sind kurz, ich pack gerne mit an. Also ich hab da keine schlechten Erfahrungen gemacht, überhaupt nicht.“

Wenn sie nicht auf Forschungsreise auf den Polarmeeren unterwegs ist, arbeitet sie am Alfred-Wegener-Institut sowohl in Potsdam, als auch in Bremerhaven. Dabei ist ihr ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Standorten aufgefallen: „Hier in Potsdam hat fast jeder Doktorand schon Kinder, eins oder zwei. In Bremerhaven ist das wirklich die Ausnahme. (…) Hier [in Potsdam], so wurde mir letztens gesagt, wird man schon schief angeguckt, wenn man keine Kinder in die Welt setzt. Das wird hier dann einfach mit eingeplant. Ich weiß nicht, woran das liegt. Aber ich denke, die Kollegen erwarten auch irgendwann, dass man Kinder in die Welt setzt, also warum nicht. Da sind hier alle so vernünftig und wissen, das geht vor.“

 

Photos: (c) Juliane Müller, AWI

Mein Name ist Kerstin Hoppenhaus. Ich habe Biologie studiert und später Wirtschafts- und Wissenschaftsfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg. Neben zahlreichen Beiträgen für Wissenschaftsmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (SWR, 3sat, ZDF) habe ich Dokumentarserien für Arte und die ARD als Regisseurin realisiert. Seit dem Frühjahr 2011 bin ich außerdem als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Leuphana Universität Lüneburg tätig. Die Aluscheibe am Schlüsselbund im Profilbild ist mein eigenes "signifikantes Detail": eine Spindmarke aus dem VEB Braunkohlekombinat Bitterfeld, die ich vor fast zwanzig Jahren gefunden habe, als ich als Werksstudentin am Bauhaus Dessau gearbeitet habe. Damals war ich noch Biologin und in meiner Arbeit ging es eigentlich um die Wasserkäferfauna in der Muldeaue. Aber die Muldeaue ist eingebettet in eine großartige Landschaft voller Widersprüche, mit Gärten und Parks, riesigen Braunkohlerestlöchern und Seen, Abraumhalden und zahllosen alten, oft sehr traditionsreichen Industrieanlagen. Und diese Landschaft interessierte mich mindestens so sehr wie die Käfer. Als ich anfing in Dessau zu arbeiten, waren die meisten der Industriebetriebe schon geschlossen. Übrig waren nur noch stillgelegte Maschinen, verlassene Werkhallen und kilometerlange Rohrleitungen in unterschiedlichen Stadien des Verfalls. Tagelang bin ich mit Kollegen vom Bauhaus durch diese "stalkereske" Szenerie gezogen und ich glaube, dass ich in dieser Zeit angefangen habe, mich für das Dokumentarische zu interessieren. Seltsamerweise habe ich aus dieser Zeit kaum Fotos und so ist die kleine Spindmarke eins meiner wenigen greifbaren Erinnerungsstücke aus dieser Zeit. Ich halte sie in Ehren.

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