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Ein Interview mit der Freiburger Immunologin Dr. Gina Fiala.

Gina Fiala
Gina Fiala. Foto: Katrin Albaum

Woran forschst du?
Ich bin in der Immunologie in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Wolfgang Schamel und Dr. Susana Minguet und erforsche die B-Zellen und T-Zellen des Immunsystems. 2015 habe ich meine Promotion abgeschlossen. In meiner Doktorarbeit habe ich das Protein Kidins220 in B-Zellen, die zu den weißen Blutkörperchen gehören, untersucht und festgestellt, dass es bei der Produktion von Antikörpern sowie bei der Entstehung von B-Zellen eine entscheidende Rolle spielt. Für dieses Protein interessiere ich mich auch weiterhin und untersuche zum Beispiel, welche Rolle Kidins220 bei der T-Zell-Entwicklung spielt. Außerdem habe ich weitere Projekte und bin bei anderen Themen involviert, es ist also eine vielfältige Zeit für mich. Nach meiner Promotion bin ich unabhängiger und kann selbstbestimmt Projekte auswählen, die genau das sind, was ich machen will.

Kidins220 B-Zell-Rezeptor
Das Protein Kidins220 (gelb) interagiert mit dem B-Zell-Rezeptor (rot und orange). Eine künstlerische Darstellung, gemalt von der Tochter einer Forscherin. Foto: Susana Minguet

Wie bist du zur Wissenschaft gekommen?
Ich habe mich schon immer sehr für Biologie sowie für Naturwissenschaften interessiert und wusste früh, dass ich Biologie studieren will. Ich hatte auch eine sehr engagierte Bio-Lehrerin, die mich bereits in der Schule für Genetik und Immunbiologie begeistert hat, Themen, die damals im Kontext von HIV auch vermehrt in den Medien behandelt wurden. Die kleinen Details, wie dieses Virus funktioniert, haben mich fasziniert. Allein schon, wie eine Zelle ihre DNA verdoppelt und dass diese Abläufe funktionieren, ist faszinierend. Mich interessieren die Mechanismen, die dem Leben zugrunde liegen, und das hat mich auch schon damals beeindruckt. Für ein Studium in Freiburg habe ich mich entschieden, weil hier schon damals viel zu Signalleitung in Immunzellen geforscht wurde. Ich wollte einerseits breit gefächert Biologie studieren und andererseits genau diesen Schwerpunkt setzen.

Gab es bestimmte Erlebnisse, die dich während deines Studiums besonders begeistert haben?
Es hat mich immer begeistert, wenn ich mit einem Umfeld in Kontakt gekommen bin, in dem Forschung gelebt wird. Zum ersten Mal habe ich das erlebt, als ich an einem Kurs zum praxisorientierten Lernen teilgenommen habe, den der heutige BIOSS-Sprecher Prof. Dr. Michael Reth am Freiburger Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik anbot. Zu der Zeit war der Grippeerreger H5N1 in Asien sehr aktiv, die Vogelgrippe. Alle Teilnehmenden des Kurses waren Studierende im Hauptstudium der Immunbiologie. Wir haben in Kleingruppen simuliert, dass die Grippeepidemie nach Freiburg kommt, und dazu verschiedene Aspekte der Immunologie, Epidemiologie und der Virologie bearbeitet. Wie dringt das Virus in die Zelle ein? Welche Maßnahmen sollte man in Freiburg ergreifen? Was sollte unbedingt erforscht werden, was bislang noch nicht untersucht wurde? Das war mein erster richtiger Kontakt mit Primärliteratur, also mit aktuellen Publikationen in Fachzeitschriften, und ein schönes Erlebnis, an das ich mich gerne zurück erinnere.

Was ist die größte Herausforderung, die du als Forscherin bewältigen musst?
Ein Leben als Forscherin oder Forscher bietet wenig Stabilität. Die Verträge sind kurz und man weiß nie genau, wie es dann weitergeht. Wer dauerhaft forschen möchte, muss einen bestimmten Weg gehen. Man sollte zum Beispiel häufig umziehen und hat vermutlich weniger Chancen, wenn man dies nicht macht. Bei vielen Förderprogrammen soll man beispielsweise zeigen, dass man international mobil war, wobei Auslandsaufenthalte während des Studiums leider nicht zählen. Für mich ist das gerade schwierig, denn die Geburt meines zweiten Kindes steht bevor und ich muss mich jetzt entscheiden, ob ich nach meiner Promotion ins Ausland gehe: Versuche ich, so meine Chancen auf eine Karriere in der Forschung bestmöglich zu nutzen, oder mache ich es nicht, was aber meine Chancen verringert? Mit einer Familie ins Ausland zu gehen erfordert mehr Organisation, als wenn ich das alleine machen würde. Aber es ist möglich und es gibt verschiedene Optionen.

Wenn du Studierenden einen Rat geben könntest, welcher wäre das?
Wenn man dauerhaft in die Forschung möchte, sollte man sich bewusst sein, dass man nie ankommt. Es sind immer Zwischenschritte, vieles ist nicht langfristig planbar und man durchlebt Höhen und Tiefen. Man sollte daher Faszination und Begeisterung für die Forschung mitbringen, wenn man diesen Weg einschlagen möchte. NachwuchsforscherInnen sollten sich überlegen, ob sie das können, und sich fragen, wie sie leben wollen. Denn sonst haben sie womöglich nicht viel Freude an ihrer Berufswahl. Außerdem: Kein Karriereschritt und keine Lebensentscheidung bieten die Sicherheit, dass ab da alles reibungslos funktioniert. Hätte ich also erst nach einem PostDoc meine Kinder bekommen, wäre auch das keine Garantie für eine sichere Karriere.

Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Spaß und motiviert dich dabei?
Mich motiviert, zu verstehen. Man macht immer wieder etwas Neues, geht neuen Fragestellungen und seinen Interessen nach. Man kann genau das machen, wo man mit Herzblut dabei ist. Die Forschung ist ein vielseitiges Gebiet, in dem man sich entwickeln kann. Und sie ist auch ein kreatives Feld, denn man muss überlegen, wie bestimmte Sachverhalte oder Faktoren zusammenhängen und Experimente entwickeln, mit denen Thesen überprüft werden können. Kürzlich habe ich festgestellt, dass sich manche T-Zellen anders verhalten, als erwartet. Ich habe eine Hypothese dazu aufgestellt, warum das so ist, und mehrere Experimente durchgeführt, die meine Vermutung bisher bestätigen. An der Publikation dazu arbeite ich gerade, deswegen kann ich keine Details nennen. Aber eine neue Erkenntnis zu gewinnen und eine eigene Idee zu entwickeln und zu überprüfen, ist ein ziemlich gutes Gefühl.

Was möchtest du in Zukunft mit deiner Forschung erreichen?
Ein Ziel ist es ganz klar, molekulare Mechanismen aufzuklären. Ich will besser verstehen, wie Immunzellen funktionieren. Diese Grundlagenforschung ist enorm wichtig. Oft stellt sich erst viel später heraus, welche Anwendungen sich daraus ergeben.

Wie findest du im Alltag Ausgleich?
Gerade mit Kind ist man mehr gefordert, in den Alltag eine Organisation hinein zu bringen. Aber ich habe das Glück, dass mein Partner und ich alles gut aufteilen, zum Beispiel wer das Kind in die Kita bringt. An bestimmten Tagen kann ich früher gehen und die Zeit mit meinem Kind verbringen, was mir wichtig ist. Auf der anderen Seite habe ich auch Tage, an denen ich länger bleiben und zeitintensive Experimente machen kann. Wenn man dann nach Hause kommt und zum Beispiel zusammen Fußball spielt, ist das ein schöner Ausgleich. Generell finde ich es wirklich wichtig, dass man Ausgleich findet und seine Zeit mit Dingen verbringt, bei denen man auf andere Gedanken kommt und nicht an die Arbeit denkt.

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Katrin Albaum ist Redakteurin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am BIOSS. Sie hat Allgemeine Sprachwissenschaft, Philosophie und Englisch an der Universität zu Köln studiert. Nach dem Studium lernte sie bei einem zweijährigen Volontariat in der Pressestelle der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg alle Facetten der Hochschul- und Wissenschaftskommunikation kennen. Zusätzlich zu ihrer Stelle beim BIOSS arbeitet sie als Mitarbeiterin für Marketing und PR beim Gründerbüro der Universität Freiburg.

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