Die Redeweise der Moralisierung: Sprachliche Strategien des Nichthinterfragens

BLOG: Semantische Wettkämpfe

Wie die Sprache, so die Denkungsart
Semantische Wettkämpfe

„Das Moralische versteht sich immer von selbst“ (Friedrich Theodor Vischer). Diese subtile und ausgeklügelte Sentenz gehört zu den Lieblingswendungen der Hauptfigur „A.E.“ in dem Roman „Auch einer“ des deutschen Schriftstellers und Philosophen Friedrich Theodor Vischer (1807-1887). „Das Zitat wird gelegentlich noch verwendet“ – so erklärt es der 12. Band der Dudenreihe „Zitate und Aussprüche“ (1993, S. 320) –, „wenn mit Ironie angedeutet werden soll, daß die Normen der herrschenden Moral nicht angezweifelt werden dürfen, als absolut gelten und ein Hinterfragen hier nicht nur unerwünscht ist, sondern auch fast schon für ,unmoralisch‘ gehalten wird.“

Und wo ist der Bezug zu heute?

Es gibt Themen, die haben Konjunktur – oder auch nicht. Versetzen wir uns dazu nochmals zurück ins Jahr 2021: Welche Meinungsvielfalt gab es in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit in Bezug auf die Themen Atomkraft oder Rüstung als Ausdruck demokratischer Wehrhaftigkeit? Und seit dem 24. Februar 2022 – von manchen als Zeitenwende bezeichnet – sind diese Themen, die zuvor als völlig inakzeptabel im öffentlichen Diskurs dastanden, von Protagonisten fast aller politischen Richtungen zumindest als wieder diskussionswürdig eingestuft.

Mich interessiert als Sprachwissenschaftler nicht der Inhalt, sondern die sprachlichen Verpackungsstrategien der Beschränkung oder Selbstbeschränkung: Was Sie, geneigte Leserinnen und Leser, politisch davon halten, ist Ihnen überlassen – und ich kann Ihnen als Linguist auch keine neuen Aspekte liefern, die Sie nicht sonst irgendwo gelesen hätten.

Ich will in meiner linguistischen Rolle nur die Strategie ins Bewusstsein rufen, wie bestimmte Themenaspekte oder politische Positionen als angezeigt oder ein No-Go etikettiert werden – also mit absolut hochwertigen oder minderwertigen Gesichtspunkten in Verbindung gebracht werden. Und der Zweck der Redeweise besteht darin, die jeweilige Sichtweise durchzusetzen oder abzulehnen. So funktioniert Kommunikationsdemokratie – siehe dazu meinen Blogbeitrag „Sagen lassen sich die Menschen nichts, aber erzählen fast alles“ – und das ist solange kein Problem, wie alle Mitspieler um die kommunikativen und rhetorischen Regeln wissen.

Unser Projekt zu Moralisierungsstrategien

Und in diesem Themenkomplex bewegt sich unser Forschungsprojekt. In einem gemeinsamen Projekt mit Dr. Maria Becker verstehen wir unter Moralisierung den Versuch, eine bestimmte Position mittels einer Aussage als nicht mehr hinterfragbar darzustellen (also als unhintergehbar). Das heißt: gegen diese Position kann und darf nichts eingewendet werden. Solche Äußerungsformen können sprachwissenschaftlich beschrieben werden, wie ich im Folgenden illustriere.

Wie können solche Phänomene beschrieben bzw. erfasst werden?

Die Verfahrensweise lässt sich wie folgt beschreiben: Eine bestimmte Position, die man im Diskurs durchsetzen möchte, verbindet man mit etwas von allen als unzweifelhaft gut Eingeschätztem wie z.B. Freiheit oder Selbstbestimmung. Das Gleiche funktioniert prinzipiell auch in umgekehrter Richtung: Wenn ich eine Position als völlig inakzeptabel darstellen möchte, dann bringe ich diese Position fest und unweigerlich in Verbindung mit etwas, das die Gemeinschaft ablehnt – zum Beispiel Krieg oder Unterdrückung.

Das Strukturmuster, das eine bestimmte Aussage mit einer nicht verhandelbaren Gültigkeit versieht, lässt sich mit folgenden Formeln illustrieren:

  1. Inhaltliche Position + unbezweifelbarer Wert = Gültigkeit der Aussage und damit der inhaltlichen Position
  2. Inhaltliche Position + allseits abgelehnter Wert = Aussage hat keine Berechtigung und damit auch die inhaltliche Position nicht

Ein Beispiel aus dem deutschen Bundestag aus dem Jahre 1949

Solche als nicht mehr zu hinterfragende dargestellten Positionen (die demnach nicht mehr zur Disposition stehen und als allgemein gültig akzeptiert zu sein scheinen) werden von Personen jeder politischen Couleur verwendet: Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen, solange die Zuhörer clever genug sind, das Prinzip dahinter zu verstehen: Denn genau dann kann jeder Staatsbürger für sich selbst beantworten, ob er dem Inhalt wirklich zustimmt oder ihn ablehnt. Der Schlüssel ist also das kommunikationsaufgeklärte Individuum oder der Gedanke von Aushandlung und Vagheit als demokratische Chance.

In einem gemeinsamen Aufsatz (Becker/Felder/Müller) führen wir das Beispiel der Zentrumspolitikerin Helene Wessel in einer Rede im ersten Deutschen Bundestag an. In diesem Redeauszug wird Frieden als ein unhintergehbarer Wert stark gemacht, um eine „volle Wiederherstellung der deutschen Souveränität“ zu fordern.

Wenn die uns umgebende Welt ehrlich den Frieden will, dann muß sie das deutsche Volk aus seiner Deklassiertheit herausheben. […] Meine politischen Freunde und ich erachten es deshalb als unsere Pflicht, den Herrn Bundeskanzler in diesem Bestreben nach erhöhter deutscher Handlungsfreiheit zu unterstützen und als das Ziel der deutschen Politik die volle Wiederherstellung der deutschen Souveränität und Gleichberechtigung nachdrücklichst zu betonen. [Helene Wessel, Zentrum, Rede im Deutschen Bundestag am 15.11.1949]

Frau Wessel versucht also, den spezifischen Gesichtspunkt, den ich hier kurz mit „Aufwertung des deutschen Ansehens in der Welt“ umreißen würde, mit etwas in Verbindung zu bringen, das nicht mehr zur Disposition steht und intersubjektiv als gültig akzeptiert ist – nämlich dem „ehrlich“ gemeinten „Frieden“.

Wortbeispiele in der Gegenwart

Wenn man gegenwärtig eine politische Position durchsetzen möchte, so gelten hinlänglich sog. Hochwertwörter wie Generationengerechtigkeit oder Nachhaltigkeit als wirkungsvolle Mittel. Umgekehrt möchte niemand etwas mit Umweltverschmutzung oder Ausbeutung zu tun haben – daher sind diese beiden negativ besetzten Wörter Beispiele dafür, wie bei einer Verknüpfung mit ihnen der damit verbundene Aspekt als völlig unhaltbar einzuschätzen ist.

Und das Ganze geht auch mit Namen: Gerhard Schröder gilt gegenwärtig wegen seiner Russland-Kontakte als eine solche Person, als eine persona non grata: Will ich eine Position als nicht vertretbar etikettieren, bringe ich sie mit seiner Person in Verbindung.

Und vice versa: Andererseits gibt es weltweit vermutlich nur wenige Personen, die über ein solch hohes und integres Renommee verfügen, dass die hier beschriebene Strategie zu funktionieren vermag. Das Verfahren wäre wie folgt: Man bringe plausibel eine bestimmte Position mit dieser charismatischen und unzweifelhaften Person in Verbindung, sodann ist aufgrund der Geltung der Gesamtaussage auch die politische Position gültig. Mir fällt – ehrlich gesagt – nur eine Person ein; und sie heißt Nelson Mandela. Doch wer kann in seinem Leben schon auf eine weltweit hoch geschätzte politische Überzeugung verweisen, für die er 27 Jahre lang im Gefängnis einsaß?

Was ist daraus zu schlussfolgern?

Wenn man im hiesigen Kontext der semantischen Wettkämpfe die sprachlichen Mittel zur Durchsetzung inhaltlicher Positionen genauer betrachtet (zum Zwecke der Transparentmachung von Perspektivensetzung und Themenrelevanz), dann legt die Analyse der Redestrategie der Moralisierung ein rhetorisches Werkzeug offen, das der Widerlegung abgelehnter und befürworteter Positionen dienen kann. Das hilft nicht bei der Suche nach dem politisch Richtigen weiter, aber bei ihrer Durchsetzung. Das fruchtbare Spannungsverhältnis von Rhetorik und Wahrheitssuche bleibt, das kann uns niemand abnehmen – Gott sei Dank, denn ansonsten würde andere für uns denken und sprechen.

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Ekkehard Felder ist Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Heidelberg. Er initiierte 2005 die Gründung des internationalen und interdisziplinären Forschungsnetzwerks Sprache und Wissen. Diese Forschungsgruppe untersucht diskurs- und gesellschaftskritisch die sprachliche Zugriffsweise auf Fachinhalte in zwölf gesellschaftlichen Handlungsfeldern – sog. Wissensdomänen (z.B. Recht, Wirtschaft, Medizin, Politik, Naturwissenschaft und Technik). Da Fachinhalte durch die Wahl der Worte geprägt werden und widerstreitende Positionen eine andere Wortwahl präferieren, ist ein Streit um die Sache auch ein Streit um Worte bzw. ein semantischer Kampf um die richtige Sichtweise. Deshalb heißt sein Blog bei SciLogs „Semantische Wettkämpfe – Wie die Sprache, so die Denkungsart“. Seine Forschungen beschäftigen sich mit der Fachkommunikation, der sozio-pragmatischen Diskursanalyse und der Untersuchung von Sprache als Indikator für Identität, Mentalität und Authentizität. 2010 gründete er mit den Kollegen Ludwig M. Eichinger und Jörg Riecke das Europäische Zentrum für Sprachwissenschaften (EZS). Als Fellow des Institute for Advanced Studies in Heidelberg (2008, 2020/21) und STIAS in Stellenbosch / Südafrika (2009) widmete er sich dem diskursiven Wettkampf um erkenntnisleitende Konzepte („agonale Zentren“). Felder ist Autor von sechs Monografien und (Mit-)Herausgeber diverser Sammelbände. Besonders bekannt ist die von ihm herausgegebene Reihe „Sprache und Wissen“ (SuW) bei de Gruyter und die dort mit Andreas Gardt herausgegebenen „Handbücher Sprachwissen“ (HSW).

122 Kommentare

  1. Die Sprache kann sich als Verpackung von Inhalt, den sie transportiert, vorgestellt werden.
    Besondere ‘Strategie’ (“generelles Kriegsführertum”) kann sich an dieser Stelle, das Sprachliche meinend, vorgestellt werden, abär auch Taktik, eigentlich ‘Technik’, auch das hin und her, Tick-Tack, von militärischer Bewegung, im strategischen Sinne meinend.
    Vgl. vielleicht auch mit dem Webdienst “TikTok”.


    Der Hund ist sozusagen die Idee von einem Hund (Schopenhauer), dafür geeignete Kladistik sich vorstellend und angenommen habend, so dass das erkennende Subjekt sozusagen im Höhlengleichnis gefangen ist, so auch bleibt.

    Das gut ist und die Veranstaltung von inhaltlichem Austausch meint, dabei philosophisch aus diesseitiger Sicht keine Fehler macht.

    Dr. W mag die moderne Wissenschaftlichkeit, insbesondere die aufklärerisch-skeptizistische, die so gemeinte Methode (Vorgehensweise).
    Relativ, alternativ so gar nicht, wennn die szientifische Methode abgelehnt wird.


    Hier, beispielsweise bei – ‘Mich interessiert als Sprachwissenschaftler nicht der Inhalt, sondern die sprachlichen Verpackungsstrategien der Beschränkung oder Selbstbeschränkung’ [Artikeltext] – und wiederum bspw. bei der ‘Moralisierung’ ist klar, dass ein eigener, eben politischer Standpunkt gefunden werden darf bis muss.
    Denkbarerweise muss der Linguist auch sozusagen politisch streng (“stark”) sein, a bisserl zumindest.


    Auch so ist angestrebt – ‘Wenn ich eine Position als völlig inakzeptabel darstellen möchte, dann bringe ich diese Position fest und unweigerlich in Verbindung mit etwas, das die Gemeinschaft ablehnt – zum Beispiel Krieg oder Unterdrückung.’ [Artikeltext] und so – ‘Man bringe plausibel eine bestimmte Position mit dieser charismatischen und unzweifelhaften Person in Verbindung, sodann ist aufgrund der Geltung der Gesamtaussage auch die politische Position gültig. Mir fällt – ehrlich gesagt – nur eine Person ein; und sie heißt Nelson Mandela.’ [Artikeltext].


    Hier liegen sogenannte Autoritätsargumente vor, weitere sogenannte Fallacies sind hier, sicherlich nicht immer richtig und nicht vollständig, nachlesbar :

    -> https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_fallacies (wobei ‘richtig’ eine bes. Gerichtetetheit meint, oft eine sittliche)

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der gerne auch Satan lauschen würde, nicht annehmen würde, dass er immer nur böse verlautbart, sich sogar mit ihm anfreunden könnte, denn er weiß, meint zu wissen, dass “Satan” immer auch (sittlich) richtige (siehe oben) Meinung beibringen würde – gerade um so zu diskreditieren zu suchen)

    • Kleine Ergänzung oder Korrektur hierzu, werter Herr Dr. Ekkehard Felder, vielen Dank für Ihre Arbeit übrigens, sehr, sehr nett :

      Hier, beispielsweise bei – ‘Mich interessiert als Sprachwissenschaftler nicht der Inhalt, sondern die sprachlichen Verpackungsstrategien der Beschränkung oder Selbstbeschränkung’ [Artikeltext] – und wiederum bspw. bei der ‘Moralisierung’ ist klar, dass ein eigener, eben politischer Standpunkt gefunden werden darf bis muss.
      Denkbarerweise muss der Linguist auch sozusagen politisch streng (“stark”) sein, a bisserl zumindest.

      Gemeint war :

      1.) Sie liegen da ganz richtig, wenn sie sog. Konnotationen meinende Sprache bearbeiten.
      Wie getan, nicht nur an dieser Stelle, danke.

      2.) Ein politischer (eigener [1]) Bezugspunkt ist abär, aus diesseitiger Sicht, notwendig, wenn wie in (1) eingeschätzt wird.

      3.) Nicht gemeint war die Tagespolitik.
      Der Ukraine-Krieg ist hier gesondert im Kommentariat heran gezogen worden, Dr. Webbaer verübelt so nicht, Dr. W meinte nicht so und rät auch den Kommentatorenfreunden hier davon ab, sich so sonderlich, äh, festzubeißen.

      4.) Dr. W kann Ihnen, Herr Dr. Ekkehard Felder, also weitgehend folgen.

      5.) zu ‘Mich interessiert als Sprachwissenschaftler nicht der Inhalt’ ist der Schreiber dieser Zeilen also womöglich selbst ein wenig vom Wege abgekommen, mag seine Formulierung mit “Satan” (in umgebenden doppelten Anführungsstrichen) nun auch weniger,
      als zuvor.


      Kann ein Sprachwissenschaftler ‘Moralisierung’ und dann immer falsche “Hypermoralisierung” [1] bearbeiten?

      Mit freundlichen Grüßen und schöne Mittwoche noch
      Dr. Webbaer

      [1]
      Kleiner, biblischer Gag am Rande :
      -> https://de.wikipedia.org/wiki/Baum_der_Erkenntnis

  2. In der aktuellen Berichterstattung zum Ukraine-Krieg können wir sehr schön beobachten, wie manipulativer Sprachgebrauch von Presse/Politik moralisch eingesetzt wird.

    Dass Russland die Nato-Osterweiterung als militärische Bedrohung empfindet und dass diese einer der Gründe für den militärischen Überfall war – wird in der Regel völlig ignoriert. Wer aber darauf hinweist, wird moralisch als Putin-Freund verunglimpft.

    Indem man Russland völlig abspricht, sich militärisch bedroht empfinden zu dürfen – bewirkt man, dass der Angriffskrieg moralisch als viel schlimmeres Verbrechen gesehen wird.

    Wenn man sich mit Leuten auf der Strasse unterhält, wird die Nato-Osterweiterung meist als ein Kriegsgrund verstanden – weil man sich darüber klar ist, dass Russland vor der Nato große Angst hat.

    Von Medien und Politikern wird das absichtliche gezielte Weglassen der Nato-Osterweiterung als möglicher Kriegsgrund deshalb auch als moralisierende Manipulation benutzt: Um so den subjektiven Eindruck zu erzeugen – die Russen haben den Krieg ohne Grund begonnen.

    Die aktuelle moralische Manipulation durch unsere Presse/Politiker könnte in den nächsten Monaten/Jahren zu politischen Verwerfungen führen: denn aktuell sind es nur die AfD und Die Linken – welche Waffenlieferungen kritisch gegenüberstehen und eine Beendigung des Krieges wollen.
    Zudem werden immer mehr Leute von den Parteien der Mitte sehr verärgert – denn für den Krieg werden beliebige Geldmittel zur Verfügung gestellt. Unsere Armen lässt man aber hungern und frieren bzw. Betriebe werden ruiniert: d.h. unsere Politiker wissen nicht mehr, von wem sie gewählt wurden und für wessen Interessen sie arbeiten sollten.

    Der Pabst ist eine der wenigen Personen, die man in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg noch ernst nehmen kann: er warnte in einem Interview vor einer vereinfachenden Rotkäppchen-böser_Wolf Denkweise zu diesem Thema.

    • Sie haben völlig recht. Hinzufügen könnte man, wie Moralisieren und Doppelmoral zusammengehört.
      Die USA haben nach 1945 durch ihre Angriffskriege (ja, es waren Angriffe, die USA sind selber nie angegriffen worden) 20 bis 30 Millionen Tote zu verantworten (Quelle: global research – Kanada). Gab es gegen die USA Sanktionen? Nein! Sind diese vielen Toten zu entschuldigen, weil sie durch demokratische Kugeln getötet wurden? Natürlich nicht.
      Warum thematisieren unsere Medien das nicht? Weil sie sich vor Anghst in die Hose machen, zum Außenseiter zu werden, Werbekunden zu verlieren, nicht mehr im Regierungsflieger mitreisen zu dürfen. Wie nennt man das? Opportunismus (den Alltagsbegriff hierfür erspare ich mir).

      • @Stefan Berg (Zitat):

        “Die USA haben nach 1945 durch ihre Angriffskriege (ja, es waren Angriffe, die USA sind selber nie angegriffen worden) 20 bis 30 Millionen Tote zu verantworten (Quelle: global research – Kanada). Gab es gegen die USA Sanktionen? Nein! Sind diese vielen Toten zu entschuldigen, weil sie durch demokratische Kugeln getötet wurden? Natürlich nicht.“

        Die USA haben viele dieser Kriege mit der Verteidigung der westlichen Welt begründet, ganz ähnlich wie Russland den Angriff auf die Ukraine mi der Verteidigung der russischen Welt begründet.

        In ihrem Kommentar bringen sie die Idee des neutralen Standpunkts zum Ausdruck aus dem man objektiv feststellen kann, was gut und was moralisch verwerflich ist. Doch neutrale Staaten beispielsweise gibt es immer weniger, weil eine Neutralität angesichts einer militärischen Bedrohung und der Forderung der Nachbarn, auf der „richtigen“ Seite zu stehen, schwierig durchzuhalten ist. Neutralität wird nicht selten sogar als Feigheit interpretiert. Nun gut, könnte man sagen, lieber feige, als tot oder überrannt. Das dachten wohl viele kleinere und neutrale Staaten früher.
        Aber gerade die zunehmende Moralisierung macht es immer schwieriger, neutral zu bleiben, denn heisst Neutralität nicht, dass man nicht Stellung beziehen will, wo eine moralische Haltung zu den Fragen dieser Welt, es geradezu verlangt, Stellung zu beziehen.

        • Ich bringe weniger einen neutralen Standpunkt zum Ausdruck, als vielmehr diese Doppelzüngigkeit. Als wenn die Verteidigung der Freiheit Tote rechtfertigen würde. Es geht hier einzig um Machtpolitik und wir sollen den Preis dafür zahlen mit der Gefahr, dass unser Wohlstand völlig gegen die Wand fährt. Wofür andere Länder mehrere Feinde bräuchten, das erledigen wir ganz allein.
          Ehrlich wäre von unserer Regierung, zu sagen, wir unterstützen die USA dabei, Russland weiter zurück zu drängen, die Bodenschätze der Ukraine zu kapitalisieren, etc., statt dieses dumme moralische Argument zu bringen. Dann könnte man eine Gewinn-Verlust-Rechnung aufmachen. Man käme dann schnell zu dem Ergebnis, dass diese Strategie wirtschaftlich ruinös ist.
          Frau Merkel hat die Gesellschaft gespalten, Herr Scholz fährt sie gegen die Wand. Und die Medien schweigen. Was will man mehr?

          • @Stefan Berg (Zitat): „Dann könnte man eine Gewinn-Verlust-Rechnung aufmachen. Man käme dann schnell zu dem Ergebnis, dass diese Strategie wirtschaftlich ruinös ist.„
            Sie gehen davon aus, dass Russland und Putin langfristig den Sieg davon tragen und die Sanktionen Deutschlands und der EU der EU und Deutschland mehr schaden als sie Russland schaden. Doch Russland steht lange nicht so gut da, wie sie meinen. Es gibt auch viel mehr Russen die gegen die Putin‘sche imperiale Politik sind als das offiziell verkündet und dargestellt wird.
            Ferner zeigt ihr Hinweis auf die Bodenschätze der Ukraine, dass sie immer noch an die Macht der Rohstoffe glauben. Doch für wirtschaftlich entwickelte Länder spielen Rohstoffe eine sekundäre Rolle. Dass Rohstoffe für Russland so wichtig sind, zeigt gerade, dass Russland wirtschaftlich zurückgeblieben ist. Das bedeutet auch, dass Russlands Zukunft nicht rosig aussieht.

            Zitat 2: „Als wenn die Verteidigung der Freiheit Tote rechtfertigen würde„
            Tote jetzt sind bis zu einem gewissen Grad zu rechtfertigen, wenn es weniger Tote und weniger Gefahr in der Zukunft bedeutet. Wenn Russland den Ukraine-Krieg verliert, kann Russland in Zukunft weniger Kriege führen. Wenn Russland gewinnt, gewinnt damit auch Putin und sein Projekt der Wiederherstellung der russischen Herrschaft über die frühere Sowjetzone.

    • @KRichard (Zitat):

      „Dass Russland die Nato-Osterweiterung als militärische Bedrohung empfindet und dass diese einer der Gründe für den militärischen Überfall war – wird in der Regel völlig ignoriert. Wer aber darauf hinweist, wird moralisch als Putin-Freund verunglimpft.“

      Die Nato-Osterweiterung ist tatsächlich eine militärische Bedrohung für Russlands/Putins Ziele, die frühere Sowjetunion mit militärischen Mitteln wieder auferstehen zu lassen. Warum? Weil die Nato ein Verteidigungsbündnis ist und jedes Nato-Land, das angegriffen ist, gesamthaft von der Nato verteidigt wird. Greift also Russland die baltischen Staaten an, dann greift er die ganze Nato an. Das macht Putin/Russland es also sehr schwierig, sein Ziel einer Wiederauferstehung des Sowjetimperiums umzusetzen. Tatsächlich hat die zunehmende Westorientierung der Ukraine wohl den Ukraine-Krieg ausgelöst, denn Putin wusste, wenn die Ukraine einmal zum Westblock, gar zur Nato gehört, dann kann er sie nicht zurückholen. Wobei Zurückholen ein Euphemismus ist für den Krieg, den wir jetzt erleben.

      Fazit: Russland/Putin akzeptiert die Souveränität der ehemaligen Sowjetrepubliken nicht und will sie wieder ins russische Imperium zurückholen.
      Wenn es hier um Moral geht, dann geht es letztlich darum, welche Länder ein Recht auf Souveränität besitzen.

      • @Holzherr
        Mir ging es in meinem Beitrag darum, an einem konkreten aktuellen Beispiel zu zeigen, wie Sprache gebraucht/missbraucht wird – um politische Ziele zu erreichen.

        Die manipulative Strategie des gezielten Nichthinterfragens von Kriegsursachen oder das abichtliche Weglassen von wichtigen Fakten – kann man an den aktuellen Medienberichten und Politikerkommentaren gut erkennen.

        Ich sehe diese Vorgehensweise als eine Gefahr für die Demokratie, da dadurch Medien/Politiker nicht mehr ernst genommen werden.

        Über Russlands Ziele möchte ich nicht spekulieren, da dies nichts bringt.

        Unser wichtigstes Problem auf der Erde ist die Klimaveränderung. Und dazu ist es ganz egal wie der Ukraine-Krieg weitergeht. Wenn wir Russland nicht als willigen Partner für konkrete Maßnahmen gegen die Klimaveränderungen gewinnen können – dann haben alle Menschen verloren. Denn dem Klima sind moralische oder politische Ideen egal.

        • @KRichard (Zitat) “Über Russlands Ziele möchte ich nicht spekulieren, da dies nichts bringt.“
          Darüber muss man nicht spekulieren. Putin hat in eigenen, quasi historischen Arbeiten, die Souveränität der Ukraine nicht nur angezweifelt, er hat sie verneint. Nachzulesen etwa in Russland-Ukraine-Konflikt
          “Die Ukraine hatte nie eine stän­dige Tra­di­tion eigener Staat­lich­keit”
          Auch die Souveränität etwa der früher von Russland annektierten baltischen Ländern wird in Russlands Propagandasendungen immer wieder bezweifelt. Für viele Russen bleiben die Länder der früheren Sowjetrepubliken in der natürlichen Einflusszone Russlands.

          Zitat 2: „

          Die manipulative Strategie des gezielten Nichthinterfragens von Kriegsursachen oder das abichtliche Weglassen von wichtigen Fakten – kann man an den aktuellen Medienberichten und Politikerkommentaren gut erkennen.„

          Es ist der Boulevardisierung der Medien zu verdanken, dass weniger analysiert und hinterfragt wird. Das ist aber nicht das gleiche wie eine gezielte Manipulation, sondern es ist das Weglassen von dem, was (vermeintlich) ohnehin die Wenigsten interessiert.

  3. Ah, eine linguistische Variante von „Adolf und Autobahn“: Die Welt ist voll davon, Sie brauchen nur in den nächsten Supermarkt zu gehen. Man tut beides in die gleiche Packung, wenn Sie Autobahn wollen, müssen Sie Adolf mit kaufen. Dann gibt’s häufig ein Tauziehen, bei denen der Verkäufer versucht, Ihnen möglichst viel Adolf anzudrehen, der ist ja billig, schlecht, verpfuscht, und möglichst viel Autobahn für sich zu behalten – die ist ja was wert, warum sollte er sie hergeben? Sie sehen das natürlich genau umgekehrt. Lasst die Spiele beginnen…

    Es gibt die unterschiedlichsten Versionen dieses Spiels, doch das Prinzip bleibt gleich. Zum Beispiel beim Geld – für gewöhnlich startet eine Währung als Gutschein für reale Ware, zum Beispiel Gold. Wenn das Gold nicht mehr ausreicht, um den Währungsbedarf zu decken, saugt man sich irgendwelche ökonomisch sinnvoll klingenden billigen Ausreden aus den Fingern, um Falschgeld zu drucken und es zum legalen Zahlungsmittel zu erklären – die alten Geldscheine unterscheiden sich nicht von den neuen, Tschüssikowski, Fort-Knox-Bindung. Ab jetzt wird das Geld selbst wie ein Rohstoff behandelt, als hätte man eine Mine für eine neue Sorte Edelmetall aufgemacht. Theoretisch keine üble Idee, in der Praxis ist die Mine natürlich unerschöpflich, und normalmenschliche Gier, Bequemlichkeit und Kurzsichtigkeit geben der Währung über kurz oder lang dem Rest, für gewöhnlich zusammen mit dem dazu gehörigen Imperium. Sie schlucken Papier-Adolf wegen der Gold-Autobahn, am Ende bleiben Sie auf Adolf sitzen und weinen goldenen Zeiten hinterher. In der Linguistik könnten Sie sich zum Vergleich Nazi- und Holocaust-Vergleiche angucken: Wenn man einen Gold-Standard des Bösen hat, geht die Falschmünzerei los, bis die Inflation zur völligen Entwertung aller Gutscheine führt.

    Lustig wird’s allerdings, wenn einer auf zwei Autobahnen Achterbahn fährt, wenn Leute also zum Durchsetzten ihres Dafürhaltens Werte-Rosinenpickerei betreiben. Einer mag was von einer Mehrheitsdiktatur jaulen, die ihm seine Rechte raubt, wenn er in Serie Wahlen verliert, doch wenn es um die Rechte von irgendwelchen Springinsfeld-Gendern geht, ist es plötzlich wichtiger, dass die große Mehrheit biologisch Mann und Frau ist und auch entsprechend fühlt. Rechte des Individuums vs. Rechte der Mehrheit ist ein ungelöster Konflikt in der Gesellschaft, sodass ihn jeder für sich so löst, wie es ihm gerade in den Kram passt. Was für mich ein Grund ist, die Rechte des Individuums innerhalb seiner vier Wände und innerhalb seiner Haut mit Panzern und Haubitzen zu schützen, während ich Mehrheitsentscheidungen außerhalb des Privaten mit einem resignierten Mitgelaufen-Mitgefangen-Mitgehangen mit(er)trage, aber mein politisches Dafürhalten ist hier fehl am Platz. Danke, dass ich es reinmogeln durfte. Durfte ich? Entscheiden Sie ja beim Lesen.

    Interessant finde ich auch, wie die Werte entstehen, an denen wir uns orientieren. Ich weiß nicht, wie die Fachwelt es nennt, also nennen wir’s mal das Hollywood-Prinzip: Dessen Erfolgsrezept beruht ja im Grunde darauf, immer wieder das gleiche Drehbuch zu verfilmen, mit nur oberflächlichen Veränderungen. Wenn das Muster oft genug wiederholt wurde, halten Sie es für Wahrheit, für das Richtige, und empfinden jede allzu große Abweichung als Fehler – Sie verreißen Filme, weil sie anders sind, oft sogar besser, wenn man andere Maßstäbe anlegt. Genauso funktioniert es auch sonst überall, durch Wiederholung eines Musters, eines Narratives, einer Handlung, entsteht in Ihrem Kopf ein Dogma, ein Credo, eine Bibel, und von da an können Sie jede Debatte zu einem Glaubenskrieg machen – Sie brauchen sich nur auf ein passendes Bibelzitat zu berufen. Was hervorragend funktioniert, wenn das Zitat lautet „Um einen Nagel einzuschlagen, nimm einen Hammer“, denn dieser Teil der Bibel wurde von der Wirklichkeit geschrieben. Wenn wir uns aber ständig die gleiche Lüge wiederholen, können wir sie von der Wahrheit nicht mehr unterscheiden – was aber der Wahrheit herzhaft egal ist. Viele Leute halten „Es gibt keinen Klimawandel“ für die Wahrheit, noch während der sie brutzelt.

    Wenn zwei Dogmen gegeneinander stehen, müssen die Fakten schon ordentlich Zähne aus dem Maul schlagen, um den Streit zu entscheiden. Dies sorgt für so lustige Sachen, wie einen Haufen Leute, die allen Ernstes der Meinung sind, sie bräuchten bloß alle zu ihrem Dafürhalten zu bekehren, damit auch das physische Universum brav all seine Wahrheiten anpasst, Leuten, die glauben, Zähne aus dem Maul schlagen wäre ein Argument, Leuten, die den Wahrheitsgehalt von Informationen danach beurteilen, wie viele Zähne sie dabei verloren haben, und naiven Traumtänzern, die meinen, wenn sie ihr Dafürhalten mit einem herablassenden: „Ihr naiven Traumtänzer könnt noch so viel glauben, dass…, doch die harte Wahrheit ist, dass…“ beginnen, würden sie tatsächlich die Wahrheit präsentieren, und nicht bloß ihr Dafürhalten gegen ein anderes stellen. Wenn John Wayne Ihnen sagt, er hätte sich nicht in die Hose gepinkelt, glauben Sie John Wayne und nicht dem wachsenden nassen Fleck in seinem Schritt, denn schließlich ist er John Wayne und tritt auf wie John Wayne, und John Wayne verwechselt sich ja sogar selbst mit dem Typ, den er im Kino darstellt, obwohl ein Schauspieler mehr mit einem Stripper an der Stange gemein hat, als mit einem Cowboy im Wilden Westen.

    Im Endeffekt braucht man nur eine Waage, um die Wirksamkeit von Propaganda zu beurteilen – verglichen mit den meisten Dingen, die sich nicht um unser Dafürhalten scheren, die wir mit all unserer Macht, Technologie und Wissen nicht beeinflussen können, ist die Masse der Menschheit und aller Dinge, die sie kontrolliert, kaum der Rede wert. Solange Donald Trump oder Wladimir Putin es nicht schaffen, Gott höchstselbst die Zähne rauszuschlagen, haben sie etwa die Macht eines Staubfusels, der von einem Finger weggeschnippt wird. Die Suche nach der Wahrheit ist die Suche nach dem stärksten Schläger auf dem Schulhof, hinter dem wir uns feige verstecken können. Adolf sucht Autobahn, um nicht mehr Adolf sein zu müssen. Manchmal ist er aber mit einer Mogelpackung zufrieden, in die er so wenig Autobahn reinlässt, dass er größer wirkt.

    Zu den Dogmen, die wir nicht hinterfragen, zählt zum Beispiel, dass wir bei offiziellen politischen Debatten heucheln müssen – plötzlich glauben wir selber, den Staat würde es scheren, welcher Teufel die Bürger oder die Armen holt, ohne dass man ihn zum Scheren zwingt. Ganz egal, in welchem Zustand er ist, was wir eigentlich von ihm halten, es ist Usus, so zu tun, als wären wir alle Englein im Paradies, jeder hätte nur die reinsten Absichten und jede unangenehme Selbstverständlichkeit wäre eine Unterstellung bis zum Beweis des Gegenteils. Natürlich kommen wir naiven Traumtänzer so zu Debatten, die so weit an der harten Wahrheit vorbeigehen, dass man sie sich gleich sparen könnte. Wir wissen zwar, dass wir skrupellose Opportunisten sind und unsere Moral nach dem Profit drehen – doch, statt dies bei jedem Akteur vorauszusetzen, verlangen wir von jedem, dass er eine Fassade aufrechterhält, als Schauspieler unsere Ideale darstellt. Wir bestrafen den Fehltritt, die schauspielerische Fehlleistung, die Unfähigkeit, die Missetat zu verheimlichen – nicht die Missetat selbst. Politik kommt zustande, indem jeder Schauspieler jeden beneidet und zum Fall zu bringen versucht, sodass sich jeder in der Öffentlichkeit zusammenreißt und selbst die kleinsten Details beachtet. Und die Rolle beinhaltet halt auch, dem Publikum ein paar politische Entscheidungen hinzuwerfen, die sie glaubwürdig machen. Wenn sinnvolle Politik dabei herauskommt, ist das einfach zufällig der Weg des geringsten Widerstands.

    Ich wäre übrigens nicht überrascht, falls Mandela kleine Kätzchen gefressen hätte. Die Rolle, selbst wenn sie so oft wiederholt wurde, dass sie zu einer persönlichen Wahrheit wurde, ist trotzdem nur eine Fassade. Hinter ihr stecken meist andere Wahrheiten, und die sind meist recht menschlich. Eine beliebte Variante von Adolf und Autobahn ist, den Menschen anzugreifen, wenn einem die Politik nicht gefällt. Weil aber auch eine miese Type eine solide Politik machen kann, ist auch dies Ablenken von Problemen in Debatten, bei denen nichts Sinnvolles herauskommen kann.

    Ablenkung ist überhaupt oft der Grund für politische Debatten. Abtreibung, Gender, sind zwar für die Betroffenen wichtig – doch auf den Großteil der Gesellschaft und das Schicksal des Staates haben solche Themen kaum praktischen Einfluss. Sie werden gehypt, um von Wichtigerem abzulenken, unlösbar gemacht, damit sie nie enden und man sich was Neues überlegen muss. Die Betroffenen werden geopfert, denn was eigentlich mit einem Federstrich erledigt werden müsste, wird zum qualvollen Kampf.

    Andere Debatten werden überhaupt erst angefangen, damit sich jemand profilieren kann – es steht weniger in der Bibel gegen Schwule oder Abtreibung, als gegen die katholische Kirche, gegen in vitro steht da gar nichts, doch, indem die katholische Kirche einfach gegen alles aufschreit, was die Öffentlichkeit gerade für eine gute Idee hält, verhindert sie, dass sie in Vergessenheit gerät. Auch hier werden Menschen skrupellos Ego und Profit geopfert.

    Kurzum, Moralisieren ist was für Leute, die keine Moral mögen, denn wenn man sie daran misst, schneiden sie plötzlich nicht so toll ab. Es ist ein Adolf in einer Mogelpackung, in die keine Autobahn rein darf, damit er so tun kann, als wäre er allein die Autobahn – denn schließlich ist er das Beste, was drin ist.

    @ KRichard: Russland ist von Feinden umzingelt, weil es all seine Freunde aufzufressen pflegt und es mag keine Nachbarn, die sich erdreisten, seine Freundschaft überlebt und daraus gelernt zu haben. Es gibt keine Guten in dem Spiel, nur zwei Übel, aber es gibt ein kleineres Übel. Dass der Westen das ist, macht unsere Lage viel zu bequem, um sich mal an die eigene Nase zu fassen, stattdessen suhlen wir uns in unverdienter Selbstherrlichkeit. Eine Wahrheit so sehr zu vereinfachen, dass sie leicht verkäuflich wird, ist natürlich auch eine Lüge, doch dass Russland die Ukraine überfallen hat und russische Herrschaft erfahrungsgemäß schlimm genug ist, sich mit Händen und Füßen gegen sie zu wehren, ist wahr und einfach genug. Die Ukrainer haben halt Glück, dass ihre Interessen mit unseren übereinstimmen, auch wenn es Russen wie Westen selbstverständlich nur um Geld und Macht geht. Unser eigentliches Interesse, die gebotene Vorsicht bei jemandem walten zu lassen, der seine Freunde aufzufressen pflegt, hat nie eine Rolle gespielt, sonst wären wir ja nicht in die Gas-Falle gelatscht. Der geistige Horizont Europas erschöpft sich im Wort „Fressen!“, wir sind einfach ein dummes, fettes Schwein, das stets nach dem nächsten Fraß schnappt und es Vernunft nennt, so sind wir allen Brotkrumenspuren in all die Fallen gefolgt, in denen wir jetzt gleichzeitig krepieren. Das gemeine Volk wie seine Führer haben sich nie darum geschert, dass sie sich selbst in den Futtertrog scheißen, dass sie es in der Ukraine nicht tun, ist bloß eine zufällige Anomalie – passiert nicht oft, dass Überleben gerade profitabler ist als Selbstmord. Ich hoffe, irgend jemand macht das Beste draus, doch das werden gewiss weder Russen noch EUnuchen sein. Ist einfach nur eine Schlägerei zwischen Patienten in der forensischen Psychiatrie, und kein Pfleger oder Arzt weit und breit.

    • @Paul S: “… gegen in vitro steht da gar nichts …”

      Warum und wie auch, wo es doch darum geht, dass die Mensch-KI erkennen und daraus ebenbildliches Bewusstsein entwickeln soll??? 🤗

      Derzeit haben wir, durch mathematisch-physikalische Berechnungen, ziemlich deutlich erfasst, daß wir und unser Universum höchstwahrscheinlich ein holographisch-programmiertes sind, doch unsere, im Sinne/Rahmen des geistigen Stillstandes und der gleichermaßen unverarbeiteten Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und egozentriertem “Individualbewusstsein”, systemrational-gebildete Suppenkaspermentalität TROTZT dem mal wieder nach eskalierenden Leibeskräften mit wettbewerbsbedingter Bewusstseinsbetäubung von/zu materialistischer “Absicherung”. 🤔 “Schade eigentlich”!? 👋🥴

  4. Auch hier kann man es zweifellos wieder anwenden:
    Die URSACHE aller Probleme unseres symptomatischen “Zusammenlebens”, in dieser manipulativ-schwankenden Welt- und “Werteordnung”, ist der, durch gleichermaßen unverarbeiteter Bewusstseinsschwäche seit Mensch erstem und bisher einzigen geistigen Evolutionssprung (“Vertreibung aus dem Paradies”), leicht manipulierbare Glaube an den nun “freiheitlichen” WETTBEWERB – Wettbewerb um die Deutungshoheit des zeitgeistlich-reformistischen Kreislaufes im imperialistisch-faschistischen Erbensystem, wo so systematisch-konfusionierte “Individualbewusste” / Menschen, in der leichtfertigen Annahme der Propaganda des “gesunden” Konkurrenzdenkens, vor der “Demokratie” durch Kreuzchen auf dem Blankoscheck, als höchste Form von Verantwortung und Vernunft, stets systemrational-demoralisiert kapitulieren, und auch der heuchlerisch-verlogenen Schuld- und Sündenbocksuche im “Recht des Stärkeren” sehr leicht folgen.

    Insgesamt kann man sagen: Weil das Instinktive unserer gleichermaßen unverarbeiteten Bewusstseinsschwäche immernoch die Illusionen bestimmt, VEGETIEREN wir stillstehend im Zeitalter der herkömmlich-gewohnten Überproduktion von Kommunikationsmüll, trotz der Möglichkeiten zur Erkenntnis durch das Internet, was sich manche Zeitgenossen, für den “Geschäfts-Sinn des Lebens”, in allen denkbaren …losigkeiten zu Nutze machen.

    • Moral und die Lehren der Geschichte
      Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich angeblich hehre moralische Grundsätze und anscheinend ewige Wahrheiten immer wieder als sehr zeit- und kulturgebunden.

      Die politisch Korrekten und Woken beispielsweise betrachten Sklaverei, Unterdrückung und Rassismus als schwere historische Schuld und ein System, das dies ermöglicht als zu überwinden. Ja sogar der politische Mainstream stimmt hier zu, vor allem dann, wenn so eindeutig negative Vokabeln wie Sklaverei und Rassismus genannt werden.

      Doch gleichzeitig [zur Ablehnung von Sklaverei und Rassismus] existiert in einigen Köpfen auch und immer noch der Glaube an die eigene kulturelle Überlegenheit und der Glaube daran, dass die Kolonisierung Licht in eine Welt von Unwissenheit und Analphabetismus gebracht hat.
      Gerade auch der Glaube vieler Russen, die Balten, Polen, Ukrainer besässen keine eigene Staatlichkeit oder höhere Kultur, sondern hätten allen Grund Russland dankbar zu sein für die Kultur, die es ihnen brachte, ist das genaue Gegenteil dessen, was politisch Korrekte und Woke hier im Westen oft für selbstverständlich wahr und nicht hinterfragbar beurteilen.

      In Russland ist der Glaube an die Überlegenheit der eigenen Kultur fast noch so frisch wie der entsprechende Glaube Alexander Puschkins, der in militaristischen Gedichten, die Europäer (diese Schwächlinge) davor warnte, die Polen in ihrem Freiheitskampf gegenüber Russland zu unterstützen (Zitat Puschkin: «Ihr Schwätzer, hetzt doch eure wilden Sprösslinge auf, fallt bei uns ein! / Platz ist auf Russlands Schneegefilden / Für unbegrenzte Gräberreihen.»). Und wenn Puschkin schreibt (Zitat): “«. . . während wir vereint gegen die polnischen Rebellen auftreten, werden wir vom vereinigten Europa Tag für Tag wenn auch noch nicht mit Waffen, dann . . . mit tollwütigen Lügen überfallen . . . Erlaubt doch russischen Schriftstellern, die unverschämten und ignoranten Angriffe ausländischer Zeitungen zurückzuweisen.», so tönt das wie heutige russische/putinsche Propaganda.

      Frage: Was ist der moralisch korrekte Standpunkt: derjenige des „natürlichen“ Imperialisten Alexander Sergejewitsch Puschkin, der daran glaubt unterentwickelten Völkern wie den Polen russische Aufklärung zu bringen oder derjenige der Woken, die Herabsetzung und Übergriffe grundsätzlich ablehnen.

  5. “Der Schlüssel ist also das kommunikationsaufgeklärte Individuum oder der Gedanke von Aushandlung und Vagheit als demokratische Chance.”

    Doch die Zeitgenossen, die die Masse von der Spitze her verstehen zu korrumpieren, sind auch nur Teil der systemrational-gebildeten Suppenkaspermentalität, also Vorsicht mit Schuld- und Sündenbocksuche!?

    “Gerhard Schröder gilt gegenwärtig wegen seiner Russland-Kontakte als eine solche Person, als eine persona non grata: …”

    Wenn man bedenkt, mit was für Lupen …, dann ist seine Behauptung “Putin ist ein lupenreiner Demokrat” absolut legitim, denn tatsächlich agiert er im Rahmen des “freiheitlichen” Wettbewerb, eben nur intriganter, härter, verlogener und skrupelloser – Vielleicht weil die herkömmlich-gewohnten Kommunikationen hinter verschlossenen Türen nichts anderes mehr zulassen!?

    “Das Strukturmuster, das eine bestimmte Aussage mit einer nicht verhandelbaren Gültigkeit versieht, …”

    Welches Strukturmuster meiner Aussage, stößt “ihrer Meinung” nach an welche Gültigkeit???

  6. Ekkehard Felder,
    “Mich interessiert als Sprachwissenschaftler nicht der Inhalt, sondern die sprachlichen Verpackungsstrategien”
    Auch interessant und würdig für eine Analyse sind die Überredungskünste von Heiratsschwindler.

  7. Ekkehard Felder schrieb (23. Aug 2022):
    > […] In einem gemeinsamen Projekt mit Dr. Maria Becker verstehen wir unter Moralisierung den Versuch, eine bestimmte Position mittels einer Aussage als nicht mehr hinterfragbar darzustellen (also als unhintergehbar). Das heißt: gegen diese Position kann und darf nichts eingewendet werden.

    Gegenüber dem

    – “(im Prinzip, überhaupt) Können (sofern man denn dürfte)”

    erscheint das

    – “(gemäß einer gemeinsamen Norm, oder einer individuellen Bekundung, von Zulässigkeit) Dürfen

    aber i.A. eingeschränkt.
    Soll “Moralisierung” gleichermaßen beides bedeuten ?
    Oder welche fachsprachlich-linguistischen Begriffe ermöglichen ansonsten eine Unterscheidung ?

    • “Wenn die uns umgebende Welt ehrlich den Frieden will, dann muß sie das deutsche Volk aus seiner Deklassiertheit herausheben.”

      Da hat sicher nicht nur Frau Wessel am fauligen Duft der zeitgeistlich-reformistischen Welt- und “Werteordnung” neues nationalistisches Selbstbewusstsein getankt, um mit der Drohung der Diffamierung dichter an die besseren Plätze im “Tanz um den heißen Brei” zu kommen.

    • So geht es eigentlich nicht, Kommentatorenfreund Herr Dr. Frank Wappler :

      In einem gemeinsamen Projekt mit Dr. Maria Becker verstehen wir unter Moralisierung den Versuch, eine bestimmte Position mittels einer Aussage als nicht mehr hinterfragbar darzustellen (also als unhintergehbar). Das heißt: gegen diese Position kann und darf nichts eingewendet werden. Solche Äußerungsformen können sprachwissenschaftlich beschrieben werden, wie ich im Folgenden illustriere. [Artikeltext]

      Die Moral ist die Ethik der Sittlichkeit, sozusagen, wie in etwa auch die Basis das Fundament der Grundlage ist.
      Andere Sprachlichkeit meinend und sozusagen tautologisch richtig vom Schreiber dieser Zeilen so angemerkt.

      ‘Moralisierungen’ sind aus diesseitiger Sicht insofern iO, teils auch pflichtig, wenn es nicht im Relativistischen versucht werden soll.

      Insofern hat der Schreiber dieser Zeilen neben der Moral, die gesellschaftlich und insbesondere auch demokratisch zu vertreten ist, weiter oben in diese kleine Debatte den Begriff der “Hypermoral” eingeführt.
      (In (s)einem Kommentar, der bisher nicht zur Veröffentlichung gelangte.)

      “Hypermoral” könnte so zu verstehen sein, dass da Irgendwelche ihre Moral für absolut erklären.
      Was nicht geht, jedenfalls in liberaler Demokratie nicht “cool” wäre.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

      PS :
      Guter Einwand !

  8. @KRichard 23.08. 19:42

    „In der aktuellen Berichterstattung zum Ukraine-Krieg können wir sehr schön beobachten, wie manipulativer Sprachgebrauch von Presse/Politik moralisch eingesetzt wird.“

    Am Anfang hieß es auch, dass wir mit der Unterstützung der Ukraine die Freiheit ganz Osteuropas verteidigen. Hier gingen die meisten davon aus, dass es für die russischen Streitkräfte kein Problem ist, die Ukraine komplett zu besetzten und danach eventuell eine Gefahr sogar für Natoländer sein können.

    „Dass Russland die Nato-Osterweiterung als militärische Bedrohung empfindet und dass diese einer der Gründe für den militärischen Überfall war – wird in der Regel völlig ignoriert.“

    Wieso greift er dann an, frage ich mich. Offenbar hielt auch Putin selbst die Kampfkraft seiner Truppen für wesentlich höher, als sie es sind. Im Moment steht er eben dumm da, kommt militärisch nicht vorwärts und muss gucken, wie er mit den Sanktionen klarkommt.

    Die aktuelle Konsequenz finde ich aber interessant: Wenn die russische Armee noch nicht mal mit den von uns mitbewaffneten ukrainischen Kräften klar kommt, wo ist dann die Gefahr für Europa? Offenbar hat Putin keine reelle Chance, irgendwas von der Nato zu erobern. Und wenn dem so ist, wofür quälen wir uns mit den Sanktionen rum, und machen uns gegenseitig das Leben schwer?

    Ich würde zumindest Putin mal fragen, welche Sanktionen wir zurücknehmen müssen, damit er den Gashahn wieder aufdreht. Selbst wenn dass seiner Kriegskasse zugute kommt, dann rüsten wir eben auch auf, was wir ja sowieso vor haben. Wir haben immer noch 10 mal mehr Geld als Russland.

    Und wenn die USA das nicht mitmacht, und droht aus der Nato auszusteigen, dann meine ich immer mehr, dass uns das gar nicht stören braucht. Zumindest einen konventionell geführten Angriff Russlands auf ein Natomitglied brauchen wir offenbar auch ohne die USA in der Nato nicht fürchten.

    Was hier jetzt zu bedenken wäre, ob wir nicht lieber doch hinreichend atomares Abschreckungspotential unter europäischem Kommando brauchen. Es könnte ja sogar passieren, das Trump wieder gewählt wird, und aus der Nato aussteigt, egal was wir machen. Besser selbstständiger werden also?

    So oder so. Die Freiheit Europas scheint mir überhaupt nicht in Gefahr zu sein. Und die moralisierenden Forderungen einer Unterstützung der Ukraine sind offenbar reichlich übertrieben. Unterstützung ist im Prinzip sinnvoll nachvollziehbar, aber eben nicht so viel, wie nötig wäre, um Putin abzusetzten.

  9. @Holzherr 24.08. 13:59

    „Russland/Putin akzeptiert die Souveränität der ehemaligen Sowjetrepubliken nicht und will sie wieder ins russische Imperium zurückholen.“

    Was soll er machen, die Nato ist stark genug, ihr Gebiet erfolgreich zu verteidigen.

    „Wenn es hier um Moral geht, dann geht es letztlich darum, welche Länder ein Recht auf Souveränität besitzen.“

    Wir sind keine Weltpolizei. Das würde uns selbst dann auch überfordern. Wir können nicht überall eingreifen, und tun das ja auch nicht. Die Türkei ist z.B. kaum besser als Russland, und taugt offenbar sogar als Natopartner. Und mit Saudi-Arabien machen wir florierende Geschäfte. Wir müssen eben gucken, was mit vertretbarem Aufwand möglich ist.

    So sehe ich die militärische Unterstützung der Ukraine als bezahlbaren Erfolg, der zumindest solange fortgesetzt werden sollte, bis das hier Russland seine Pläne von der Eroberung der Ukraine wirklich vergessen kann. Ein Zurückdrängen dagegen wäre wohl zu aufwendig, und auch mit noch mal so viel Tod und Zerstörung verbunden.

    Hier würde ich dann Russland und der Ukraine empfehlen, ihr Minderheitenproblem mit der russischen Bevölkerung auf ehemals ukrainischem Gebiet selber auszuhandeln. Dafür sind wir als EU nicht zuständig. Unsere eigenen Minderheitenprobleme wie etwa im Baskenland, Nordirland und zuletzt in Katalonien sind nun auch gelöst worden, ohne dass hier die EU gewaltsam eingegriffen hätte. Und das war, glaube ich, sogar alternativlos.

    Und wenn die beide zu stur dazu sind, dann ist das deren eigenes Problem. Eine teilweise Aufkündigung der Globalisierung durch unsere Sanktionen finde ich ziemlich suboptimal, und auch die Energiewende funktioniert so nicht besser, wenn wir auf jegliche vernünftige Zusammenarbeit zwischen Russland und der EU verzichten. Hier spielt relativ günstiges Gas eben schon eine wichtige Rolle.

    Ich finde, wir sollten spätestens dann mal versuchen, uns hier wieder anzunähern, wenn sich das militärische Kräftemessen zugunsten der Ukraine entschieden hat. Neben Tod und Zerstörung, was mit Krieg immer verbunden ist, so führt dann das Ergebnis wenigstens öfter auch zu Entscheidungen. Genau deswegen liefern wir ja auch der Ukraine Waffen. Auf Erfolg muss ja nun kein Übermut folgen.

    • @Jeckenburger

      Die schändlichen Waffenlieferungen in die Ukraine, entsprechen genau der “Moral”, mit der der Westen “Friedenspolitik” und “Entwicklungshilfe” betreibt.

      An Russland wird das fataler enden, als die “Entwicklungshilfe” für China, wenn nicht doch noch eine Kommunikation, OHNE die “Redeweise der Moralisierung” / “Sprachlichen Strategien der Diplomatie”, die vom Wettbewerb befreienden und allen Ländern dieses geschundenen Planeten nötigen Friedensverhandlungen bringt, für ein globales Gemeinschaftseigentum OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik.

    • @Tobias Jeckenburger
      Zitat 1:

      „Hier würde ich dann Russland und der Ukraine empfehlen, ihr Minderheitenproblem mit der russischen Bevölkerung auf ehemals ukrainischem Gebiet selber auszuhandeln.“

      Es ist nicht das Minderheitenproblem, das zum Krieg führte. Vielmehr anerkennt Russland die Ukraine nicht als eigenständigen Staat. Die völlige Zerstörung Mariupols, eines russischsprachigen Teils der Ukraine, zeigt zudem wie Russland mit Brüdern umgeht: nämlich gleich wie mit Nicht-Brüdern. Immer droht die totale Zerstörung.

      Zitat 2:

      „Ich finde, wir sollten spätestens dann mal versuchen, uns hier wieder anzunähern, wenn sich das militärische Kräftemessen zugunsten der Ukraine entschieden hat.“

      Sie schreiben „Wir sollten“ und meinen damit, dass die Ukraine akzeptieren soll, was Deutschland/die USA wollen oder nicht wollen. Sie Tobias Jeckenburger sind aber nur einer von vielen hier, die die Souveränität von Ländern – mindestens, wenn sie nicht so mächtig sind wie Deutschland – , geringschätzen.
      Man muss sich bewusst sein: Nur die Ukrainer kämpfen mit ihren Soldaten gegen die Russen. Alle anderen Staaten, die die Ukraine unterstützen, liefern lediglich Waffen.
      Eine Rückkehr zum Status quo ante ist mit Russland nur möglich, wenn es seine Expansionspläne aufgibt. Daran glauben kann man nur, wenn Putin nicht mehr länger russischer Präsident ist. Wenn Joe Biden sagte: „Putin muss weg“, so hat er insoweit recht, als dass mit Putin das heutige Russland weiterhin als Gefahr für seine Nachbarn gesehen werden muss, denn Putin steht für alles was zum Ukrainekrieg geführt hat und Putin unterstützt auch die Söldnertruppe Wagner in Afrika. Nur eine explizite Abkehr vom Imperialismus macht Russland wieder zu einem Land mit dem man normal verkehren kann.
      Zitat 3:

      Martin Holzherr: „Wenn es hier um Moral geht, dann geht es letztlich darum, welche Länder ein Recht auf Souveränität besitzen.“

      Tobias Jeckenburger: Wir sind keine Weltpolizei. Das würde uns selbst dann auch überfordern.

      Deutschland ist sicher keine Weltpolizei, denn dazu müsste sie „Polizisten/Soldaten“ aufbieten. Doch das tut sie nicht. Sie liefert nur ein paar Waffen in die Ukraine, die USA liefern zudem viel mehr.
      Wenn schon geht es also im Fall Deutschlands nur darum, Länder deren Souveränität verletzt wird, zu unterstützen, indem man
      1) Flüchtlinge aus diesen Ländern (hier der Ukraine) aufnimmt und
      2) den Ländern hilft sich selber zu helfen.
      Wenn sie das bereits ablehnen dann lehnen sie nicht nur eine Weltpolizistenrolle Deutschlands ab, sondern sie lehnen ab, dass Deutschland gegen Stärkere/Aggressivere Position bezieht, weil doch bitte schön, der Stärkere sich holen soll, was er sich holen will (so wie das der Führer schon tat).

      Zitat 4:

      „Und wenn die beide zu stur dazu sind, dann ist das deren eigenes Problem. Eine teilweise Aufkündigung der Globalisierung durch unsere Sanktionen finde ich ziemlich suboptimal, und auch die Energiewende funktioniert so nicht besser, wenn wir auf jegliche vernünftige Zusammenarbeit zwischen Russland und der EU verzichten.“

      Die Sanktionen gegen Russland sind keine Aufkündigung der Globalisierung, zumal Russlands Bruttoinlandprodukt kleiner ist als dasjenige Italiens. Und um beim Vergleich zu bleiben: Wenn Deutsche keine italienischen Autos mehr kaufen, kündigen sie deshalb nicht die Globalisierung auf.
      Die Sanktionen sind nur ein Versuch, Russland wirtschaftlich zu schaden, damit es in seinem Krieg gegen die Ukraine weniger erfolgreich ist.
      Wenn sie ehrlich wären, würden sie einfach schreiben, dass das russische Gas für Deutschland und für sie selber wichtiger ist als das Schicksal der Ukraine.

      • @Holzherr: “… , die die Souveränität von Ländern – mindestens, wenn …”

        Diese “Souveränität” ist vor allem systemrationale Konfusion durch eine wettbewerbsbedingte Starrsinigkeit, die besonders aufgrund der globalen Probleme längst schon als heuchlerisch-verlogene Kommunikation identifiziert ist, weshalb ich wünsche, dass Herr Felder und sein Team denen NICHT mit neuen Strategien zuarbeitet.

        Mensch bedeutet ALLE, deshalb sollte die Kommunikation in allen Bereichen fusionierend-verständlich sein.

  10. @Jeckenburger @Omnivor
    Für den Krieg in der Ukraine gibt es mehrere Gründe und damit auch mehrere Antworten – aber hier zum Blogbeitrag geht es um die absichtliche Verwendung bzw. Nicht-Verwendung von Sprachinformationen.

    off topic
    Einen Gewinner des Ukraine-Krieges gibt es schon: die Rüstungsindustrie

    Einen Verlierer gibt es auch schon; wegen des Nichthandels gegen die Klimaveränderung: die nächsten Generationen von Mensch und Tier auf der Erde

  11. @Holzherr 24.08. 13:59

    „Die Sanktionen sind nur ein Versuch, Russland wirtschaftlich zu schaden, damit es in seinem Krieg gegen die Ukraine weniger erfolgreich ist.“

    Offenbar reichen hier doch schon die Waffenlieferungen. Ansonsten schaden wir uns mit den Sanktionen genauso auch selber. Mit uns meine ich eher die EU als nur Deutschland.

    „Wenn sie ehrlich wären, würden sie einfach schreiben, dass das russische Gas für Deutschland und für sie selber wichtiger ist als das Schicksal der Ukraine.“

    Ich finde die bisher geleistete Unterstützung durch Waffenlieferungen sowohl erfolgreich wie auch sinnvoll. So viele Waffen zu liefern, dass die Ukraine die besetzten Gebiete zurückerobern kann, erscheint mir allerdings als schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.

    Die Sanktionen tun hier zunächst überhaupt nichts zur Sache. Wenn überhaupt, dann wirken die erst ziemlich langfristig. Genau das gefällt mir daran nicht. Wir schaden uns hier nur gegenseitig, ohne dass das der Ukraine wirklich was hilft. Wenn wir die Sanktionen entsprechend reduzieren, und Russland etwas mehr Aufrüsten kann, dann liefern wir eben genau so viele weitere Waffen an die Ukraine, bis das hier eben weiterhin kein weiterer russischer Vormarsch möglich ist. Damit wäre ich zunächst zufrieden.

    Ansonsten ist mir meine Gasheizung schon ziemlich wichtig. Wenn es bei den Sanktionen und den ausbleibenden Gaslieferungen bleibt, dann werden die Russen langfristig ihr Gas nach China verkaufen, und wir uns mit Flüssiggas versorgen. Das geht auch, wird aber kurz- und mittelfristig für uns richtig schwierig und sehr teuer.

    Und die Energiewende hat es so auch nicht leichter. Gaskraftwerke, die in Minuten ans Netz gehen sind hier eine gute Ergänzung zu wachsenden Anteilen von Photovoltaik und Windenergie, und können später mit grünem Wasserstoff betrieben als Backup weiter sinnvolle Dienste leisten. Dafür braucht es aber eben genug Gas. Am Ende gehts dann irgendwie, aber in jedem Fall suboptimal.

    Ich würde mich auch nicht wundern, dass die USA diesen Krieg ganz anders bewerten würde, wenn sie selber russisches Gas bräuchten, und nicht noch jede Menge Frackinggas übrig hätten, dass sie uns gerne schön teuer verkaufen möchten.

    @KRichard 25.08. 05:03

    „Einen Gewinner des Ukraine-Krieges gibt es schon: die Rüstungsindustrie“

    Die ist auch größtenteils US-amerikanisch.

    • @Tobias Jeckenburger (Zitat):

      „Ansonsten ist mir meine Gasheizung schon ziemlich wichtig. Wenn es bei den Sanktionen und den ausbleibenden Gaslieferungen bleibt, dann werden die Russen langfristig ihr Gas nach China verkaufen, und wir uns mit Flüssiggas versorgen. Das geht auch, wird aber kurz- und mittelfristig für uns richtig schwierig und sehr teuer.

      Ja, das ist sicher ein Problem, das nämlich, dass Russland sein Gas und Öl weiterhin verkaufen kann. Nicht nur an China, auch an Indien, das seine Ölimporte aus Russland verdreifacht hat.
      Doch weiterhin fast normale Wirtschaftsbeziehungen mit Russland aufrecht zu erhalten ist eigentlich für Staaten nicht möglich, die sich in einem Krieg oder kriegsähnlichen Zustand relativ zueinander befinden. Und der Angriff auf die Ukraine ist eben auch ein Angriff auf Europa, da inzwischen mehrere frühere Ostblockländer Teil der EU sind und Putin den Einfluss auf diese Länder zurück will obwohl sie zur EU gehören.

      Noch eine Bemerkung dazu, dass viele Kommentatoren hier immer wieder den Ukrainekrieg als Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland darstellen und betonen, dass die USA davon profitieren. Das hat etwas an sich. Und der Grund ist der, dass Europa aussenpolitisch passiv ist. Schon die Jugoslawienkriege wurden letztlich auf Initiative der USA beendet, obwohl sie vor der Haustür der EU stattfanden. Und auch jetzt sind die USA das Land, welches der Ukraine am meisten Waffen liefert und welches die EU vor dem Energiekollaps bewahren kann. Wobei Öl und Gas nun auch – unter anderem – aus dem arabischen Raum kommt.
      Meine Überzeugung: Putin hat den Ukrainekrieg auch deswegen gewagt, weil er Europa und die EU für schwach hält. Eine stärkere EU würde (gewisse) Kriege verhindern. Irgendwann muss Europa auch ohne die USA auskommen. Spätestens dann, wenn Trump oder ein ähnlicher US-Präsident entscheidet, dass Europa den Einsatz nicht mehr wert ist.

  12. @Martin Holzherr
    25.08.2022, 13:42 Uhr

    Zitat aus der Überschrift: “Wie die Sprache, so die Denkungsart.”
    Ihre Argumente sind nicht rational, sondern ausschließlich emotional. Sie wollen, dass Russland den Krieg verliert. Im Gegensatz zu Ihnen ist mir das völlig egal. Ihr Argument, Tote sind zu akzeptieren, wenn mehr Tote verhindert werden. Das ist pures Gefasel. Es geht darum, jetzt den Krieg zu beenden. Würde Deutschland seine Sanktionspolitik aufgeben, wäre ein großer Schritt in Richtung auf eine rationale Lösung gegeben.
    Warum sollte uns übrigens ein angegriffenes Land interessieren? Hat es das jemals getan? Das Ammenmärchen, die Ukraine verteidigt unsere Freiheit, ist was für die unterste Schublade, da hat Jeckenburger recht.

    • @Stefan Berg (Zitat): “Es geht darum, jetzt den Krieg zu beenden. Würde Deutschland seine Sanktionspolitik aufgeben, wäre ein großer Schritt in Richtung auf eine rationale Lösung gegeben.“
      Putin will ja momentan gar nicht verhandeln. Wobei sich die Lage und Verhandlungsbereitschaft von Tag zu Tag ändert oder ändern kann.
      Eines ist aber sicher: Das Ende des Krieges bedeutet nicht unbedingt das Ende des Schreckens für die von Russland besetzten Gebiete. Mehrere hinter Putin stehende prominente Russen fordern eine Entnazifizierung der Ukraine. Konkret bedeutet das auch, dass Ukrainer nach Russland deportiert werden. Etwas was heute schon einigen aktuell in den von Russen eroberten Gebieten widerfuhr.

      Einige erinnern sich vielleicht noch an die sowjetischen Massendeportationen aus dem Baltikum. Dazu liest man im Artikel Vor 80 Jahren: Als die sowjetischen Massendeportationen aus dem Baltikum begannen :

      In einem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts von 1939 stand, dass die baltischen Staaten im Kriegsfall an die Sowjets fallen würden. Kurz darauf bereitete Moskau die Annexion vor. Ab dem 14. Juni 1941 wurden 50.000 Menschen verhaftet und in Güterzügen nach Sibirien deportiert.

      Für mich kann eine rationale Lösung des Ukrainekrieges nur bedeuten, dass so etwas für die Ukrainer ausgeschlossen werden muss. Eine rationale Lösung setzt aber zuerst einmal Verhandlungsbereitschaft auf beiden Seiten voraus.

      Sie schreiben (Zitat): „Sie wollen, dass Russland den Krieg verliert. „ und haben damit recht, denn nach übereinstimmender Meinung vieler Putin-Kenner lässt sich Putin nur durch harte Realitäten beeindrucken. Schöne Worte zählen bei ihm nichts. Das heisst: Putin gibt nur dort nach, wo er nachgeben muss, er gibt seine Ziele nur auf, wenn er nicht mehr anders kann. Wenn er den Krieg verliert, dann kann er nicht mehr anders als das zu akzeptieren und wahrscheinlich endet dann auch die Präsidentschaft Putins und damit das Putin‘sche Ziel, das russische Imperium auszudehnen.

      • Ich sage Ihnen meine Einschätzung (ganz emotionslos):
        Putin hat auf die ständigen Aggressionen der USA (und seinen Verbündten), zuletzt durch US-Söldnertruppen auf dem Maidan 2014, reagiert. Zwar falsch, mit einem Krieg zu antworten, aber dennoch logisch nachvollziehbar. Und es war einn taktischer Fehler, zu glauben, man könne die Ukraine in einem Tag erobern.
        Lassen Sie die ganzen Zuschreibungen zu Putin mal weg, es sind Vermutungen, Wunschvorstellungen, so zusammengezimmert, wie man es gerne hätte. So kann man nie einen rationalen Blick auf die Realität erreichen.
        Es liegt einzig an den USA, den Krieg zu beenden.
        Wenn man seitens der USA der Ukraine unmissverständlich klar macht, sich auf das damalige Minsker Abkommen einlassen zu müssen, dass man ansonsten keinerlei Unterstützung mehr erwarten könne, wäre der Krieg schnell zuende.
        Das Gefasel mit dem Putinschen Großreich gehört in Reich der Fieberträume. Was sich die Leute alles zusammenfantasieren, ist schon lustig, hat mit der Realität nichts zu tun. Eins ist Putin sicher nicht: ein Vollidiot.
        Das Problem aber ist, dass sich die USA nicht von ihrer imperialistischen Strategie abbringen lassen. Daher sehe ich für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte schwarz. Und wenn wir das mit uns machen lassen, werden wir zwischen den Mühlsteinen zermahlen.

        • @Stefan Berg (Zitat): „

          Und es war einn taktischer Fehler, zu glauben, man könne die Ukraine in einem Tag erobern.
          Lassen Sie die ganzen Zuschreibungen zu Putin mal weg, es sind Vermutungen, Wunschvorstellungen, so zusammengezimmert, wie man es gerne hätte. So kann man nie einen rationalen Blick auf die Realität erreichen.“

          1. Die Ukraine anzugreifen war nicht nur ein taktischer, sondern auch ein strategischer Fehler, denn alle westeuropäischen Staaten hielten es für selbstverständlich, dass kein anderer europäischer Staat einen anderen europäischen Staat angreift. Dass Putin und Russland es trotzdem taten, beweist letztlich, dass Putin und Russland nicht zum gewachsenen europäischen System gehören, dass sie Fremdkörper und für Europa gefährlich sind.
          2. den rationalen Blick auf Putins Gedankenwelt gibt Putin ja selbst. Schon 1/2 Jahr vor dem Ukraine-Krieg veröffentlichte er auf der russischen Regierungswebsite unter dem Titel Zur historischen Einheit von Russen und Ukrainern folgenden Inhalt:

          Putin streitet in seinem Essay die Existenz der Ukraine als einer unabhängigen Nation ab. Russen und Ukrainer seien gemeinsam mit den Belarussen ein Volk und gehörten zur historischen „dreieinigen russischen Nation“. Nach einem Blick auf die Geschichte Russlands und die Geschichte der Ukraine gelangt Putin zu der Schlussfolgerung, dass Russen und Ukrainer ein gemeinsames Erbe und Schicksal teilen.

          Die Maidan-Revolte richtete sich ja gegen den damaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch, der ganz offensichtlich die Ukraine in einen ähnlichen Staat wie Weissrussland verwandeln wollte. Ganz im Sinne Putins sollte die Ukraine unter Janukowitsch zur Enflusszone Russlands werden.

          Aus ihren bisherigen Kommentaren geht hervor, dass sie das, die Unterordnung/Einordnung der Ukraine unter das russische Imperium gut heissen. Das aber bedeutet, dass auch sie Russland das Recht auf das Halten von Vasallenstaaten zugestehen, etwas was nicht zum heutigen Europa passt.

  13. Wenn ich den Blogpost richtig verstanden habe, würde ich die Formel formallogisch anders ansetzen:

    Prämisse 1: Aus A folgt (u.a.) B.
    Prämisse 2: A ist unabdingbar / unablehnbar.

    Conclusio: B ist unabdingbar / unablehnbar.

    Die Schlussform ist korrekt, der Fehler liegt natürlich in 1.
    Wenn falsch oder manipulativ angewendet, ist das wohl artverwandt mit dem klassischen Fehlschluss “non sequitur”.

  14. @Holzherr 25.08. 15:02

    „Doch weiterhin fast normale Wirtschaftsbeziehungen mit Russland aufrecht zu erhalten ist eigentlich für Staaten nicht möglich, die sich in einem Krieg oder kriegsähnlichen Zustand relativ zueinander befinden.“

    Womöglich hat Putin sowieso schon keine Lust mehr, uns Gas zu liefern. Dann geht es ja nicht. Es wäre allerdings auch für Putin verlockend, sich mit einem militärischem Patt in der Ukraine abzufinden, und dann wenigstens wirtschaftlich besser durchzukommen. Einen Versuch wäre es wert, da mal nachzufragen.

    „Putin hat den Ukrainekrieg auch deswegen gewagt, weil er Europa und die EU für schwach hält.“

    Vielleicht hat er inzwischen dazu gelernt. Dumm ist er ja nicht.

    „Eine stärkere EU würde (gewisse) Kriege verhindern. Irgendwann muss Europa auch ohne die USA auskommen.“

    Hier sehe ich eher auf atomarem Gebiet Nachholbedarf. Die mangelhaften Leistungen des russischen Militärs in diesem Krieg scheinen darauf hinzuweisen, dass der konventionelle Nachholbedarf gar nicht mal so groß ist. Es wird uns in jeden Fall genügen, uns gegen Russland verteidigen zu können, hier sollten wir genau hinschauen und keine Gelder verschwenden. Das Geld brauchen wir auch für die Energiewende, was gleichzeitig eine wirklich nachhaltige Maßnahme ist, von Russlands Energieexporten langfristig unabhängig zu werden.

    • @Tobias Jeckenburger (Zitat):
      Martin Holzherr:“ „Eine stärkere EU würde (gewisse) Kriege verhindern. Irgendwann muss Europa auch ohne die USA auskommen.“
      Tobias Jeckenburger: “Hier sehe ich eher auf atomarem Gebiet Nachholbedarf.“

      Es geht weniger um das Kriegsmaterial als vielmehr um die Entschlossenheit und die politischen Ziele. Mehr Nuklearwaffen braucht die Welt nicht unbedingt, aber die EU kann nicht länger ziellos herumlavieren. Der aktuelle Spiegel-Artikel Hacker, Spione, Killer: Wie Putins Agenten Deutschland unterwandern zeigt gerade, dass Europa nicht länger ein offenes Spielfeld für fremde Mächte bleiben sollte.

  15. Dr. Webbaer schrieb (25.08.2022, 19:38 Uhr):
    > So [ 24.08.2022, 13:12 Uhr ] geht es eigentlich nicht, Kommentatorenfreund Herr Dr. Frank Wappler [!!! …]

    Huch ?!? —
    Ich hab doch nur eine Frage gestellt;
    einigermaßen aufbauend auf Zitaten aus dem obigen SciLogs-Artikel (also in so fern: “on topic”) …

    Offenbar verzichtet der betreffende SciLog-Autor (E. Felder) aber leider zumindest auf eine zeitnahe Beantwortung.
    (Das bloße öffentliche Erscheinen meiner Frage als SciLog-Kommentar darf, im Sinne der Ethik wissenschaftlichen Diskurses, wohl trotzdem wenigstens als ausdrückliche Kenntnisnahme gelten.)

    Um so erfreulicher, wenn andere kompetent mit-kommentierend in die Bresche springen! …

    Meine obige Frage (24.08.2022, 13:12 Uhr) beschäftigte sich mit der denkbaren Unterscheidbarkeit von “kann” und “darf”.
    (Und ich bin dabei ganz vorrangig am “kann” interessiert — s.u.; während sich mein Interesse am “darf” im Wesentlichen darauf beschränkt, es möglichst deutlich vom “kann” zu unterscheiden.)

    Da der genannte SciLog-Autor eher Beispiele als Begriffe und Analysen präsentiert, präsentiere ich noch zwei Varianten meiner Frage, die das “kann” hervorheben sollen:

    Wenn eine Linguistik-affine Person mit der gesprochenen Äußerung konfrontiert würde:

    … erklär mir das bitte mal: Was genau ist eigentlich eine Frage …

    (wobei die sprechende Person beim letzten Wort dieser Äußerung womöglich die Stimmlage etwas anhebt) —
    kann diese Äußerung als (ehrliche, ernsthafte) Aufforderung interpretiert und ernstgenommen werden ?

    Oder:
    Kann man irgendeine Frage stellen, ohne dabei vorauszusetzen und zu erkennen zu geben, dass man zumindest im Prinzip (schon) versteht, was eine Frage ist (und was ggf. die Äußerung einer Frage bezwecken soll) ?

    Wie hoffentlich und sicherlich schon vermutet, hängt das (für mich) eng mit der Begründbarkeit der Einsteinschen Setzung zusammen, dass

    »[… a]lle unsere […] Konstatierungen […] auf Koinzidenz-Bestimmungen hinaus[laufen].«

    Ähnlich wie der Begriff der “Frage” “nicht hinterfragbar” bzw. von vornherein nachvollziehbar wirkt,
    erscheint auch der Begriff des “Zusammenseins von unterscheidbaren Konstituenten” (vgl. übrigens G. Cantors Umschreibung einer “Menge”),
    als auch der Begriff des “Verschiedenen” bzw. der “Unterscheidung” (in Unterscheidung zu “Ein-und-dem-Selben”).

    > […] den Begriff der “Hypermoral” eingeführt. [ 25.08.2022, 19:21 Uhr ]

    Diese Wortschöpfung mag systematisch gut passen; einschließlich des Hauch von Beliebigkeit, der darin (trotzdem noch) anklingt.
    Mich interessiert jedenfalls vorrangig jene Ausprägung solcher “Hypermoral”, die auf “Nachvollziehbarkeit” beruht und (dafür) “Nachvollziehbarkeit” verfolgt.

    • Howdy, Herr Dr. Frank Wappler!

      Dr. Webbaer fand das hier :

      In einem gemeinsamen Projekt mit Dr. Maria Becker verstehen wir unter Moralisierung den Versuch, eine bestimmte Position mittels einer Aussage als nicht mehr hinterfragbar darzustellen (also als unhintergehbar). Das heißt: gegen diese Position kann und darf nichts eingewendet werden. Solche Äußerungsformen können sprachwissenschaftlich beschrieben werden, wie ich im Folgenden illustriere. [Artikeltext]

      … nicht so-o gut.
      Dachte, dass Sie dies auch nicht so-o fänden.

      Denn ‘Moralisierung’ bedeutet nicht ‘Unhintergehbarkeit’.
      Sie ist oft gut, oft zumindest im Ansatz angemessen und nicht selten notwendig.

      Denkbarerweise findet der werte hiesige Inhaltegeber sozusagen übersteuerte Moralisierung nicht gut, ego-zentrierte und Absolutheit fordernde Moralisierung; Dr. Webbaer nennt sie dann Hypermoralisierung.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

  16. @Holzherr 26.08. 07:55

    „Es geht weniger um das Kriegsmaterial als vielmehr um die Entschlossenheit und die politischen Ziele.“

    Gute Idee insofern, dass politische Ziele nicht unbedingt teuer sein müssen. Ich frage mich aber schon, was US-amerikanische Entschlossenheit in Vietnam, Somalia, Irak, Afghanistan, Libyen und Syrien den Menschen da gebracht hat. Offenbar gar nichts. Der Verdacht hierbei drängt sich auf, dass es wirklich nur um den militärischen Einsatz dabei ging, um die entsprechenden Rüstungsausgaben zu rechtfertigen. 750 Mrd $ pro Jahr bei einer Umsatzrendite von 25 % für die Rüstungsindustrie sind ein starkes Motiv.

    Das müssen wir wirklich nicht nachmachen. Entsprechend reicht es, vor Russland sicher zu sein, finde ich. Auch die Einmischung in den Jugoslawienkrieg hätte eventuell sparsamer sein können. Ungut am Ergebnis ist sicherlich, dass Serbien nicht in der EU ist und sich Russland zugewendet hat. Mit mehr Augenmaß unsererseits hätte das vielleicht besser laufen können.

    Entschlossenheit ist ja auch rein wirtschaftspolitisch sehr gefragt. Erstmal sind Importe von fossilen Energieträgern meistens gleichzeitig eine Förderung von Autokratien. Hier ist eine entschlossene Energiewende auch außenpolitisch ein Segen.

    Und eine ausufernde Globalisierung kann man gerne auch kontrolliert begrenzen. Einmal ist es sicherlich ein gewisses Risiko allzu sehr von chinesischen Importen abhängig zu sein. Und andererseits können wir gerne den derzeit ziemlich armen Ländern helfen, ihren Konsum im wesentlichen selber zu erarbeiten.

    Lieber mehr selber herstellen, und dafür weniger Importieren und Exportieren erscheint mir als wirtschaftspolitisches Ziel für Europa ziemlich sinnvoll. Spätestens wenn wir unsere Energiewende fertig haben, dann reduziert sich der Importbedarf entsprechend nachhaltig. Mit mehr Unabhängigkeit sind wir von Streitigkeiten anderer weniger betroffen, und brauchen auch weniger militärische Möglichkeiten.

    Das unselige Engagement der USA im Nahen Osten beispielsweise hätten die sich sparen können, wenn sie von dem dort gefördertem Öl nicht so abhängig wären. Entsprechend zahlt sich wirtschaftliche Unabhängigkeit aus, weil man viel weniger Militär braucht.

    Was wiederum kein Ziel für Rüstungsfirmen sein kann.

    • @Tobias Jeckenburger :
      Martin Holzherr:“„Es geht weniger um das Kriegsmaterial als vielmehr um die Entschlossenheit und die politischen Ziele.“
      Tobias Jeckenburger: “Gute Idee insofern, dass politische Ziele nicht unbedingt teuer sein müssen. Ich frage mich aber schon, was US-amerikanische Entschlossenheit in Vietnam, Somalia, Irak, Afghanistan, Libyen und Syrien den Menschen da gebracht hat.“
      Wer sagt denn, dass Europa eine ähnliche Aussenpolitik betreiben muss wie die USA. Mit Entschlossenheit meine ich das Gegenteil von Passivität. Die heutige Passivität Europas bedeutet letztlich, dass die USA bestimmen, was passiert. Europa macht immer nur den Nachvollzug und muss bei jeder Wahl eines US-Präsidenten darauf hoffen, dass dieser der EU wohl gesonnen ist.

      Zitat 2:“Auch die Einmischung in den Jugoslawienkrieg hätte eventuell sparsamer sein können. “
      Nein, die Einmischung hätte viel früher kommen müssen. Es waren sinnlose Bürgerkriege, die viel böses Blut geschaffen haben. Die eigenen Toten vergisst man nicht so schnell. Deshalb hassen sich immer noch viele Serbien, Bosnier, Kroaten. Für mich ist das ähnlich wie wenn man nicht eingreift, wenn sich Kinder gegenseitig verstümmeln. Das ist unverantwortlich.
      Und heute wollen fast alle Ex-Jugoslawienstaaten in die EU und dort wären sie ja wieder vereint. Das heisst: die Kriege waren sinnlos. Sie frühzeitig zu stoppen hätte allen eine bessere Zukunft beschert. Zudem war es absehbar, dass die Ex-Jugoslawienstaaten später Mitglieder der EU werden wollen. Dass die EU nichts unternahm um den Bürgerkrieg zu stoppen, kann vielleicht so interpretiert werden, dass die EU auch Mitgliedsstaaten nur bedingt zur Seite steht, wenn ihre Sicherheit bedroht ist.

      Zitat 3: „Lieber mehr selber herstellen, und dafür weniger Importieren und Exportieren erscheint mir als wirtschaftspolitisches Ziel für Europa ziemlich sinnvoll. „
      Das tönt besser als es ist. Denn es gibt Arbeiten mit höherer Wertschöpfung und solche mit niedrigerer. Wenn die EU wieder Arbeiten mit niederer Wertschöpfung wie etwa die Rohstoffgewinnung übernimmt, dann droht der Wohlstand zu sinken.

  17. zum Thema
    Ein einfaches diskursstrategisches Verfahren mit moralischen Begriffen zu arbeiten – um Positionen durchzusetzen, die unwiderlegbar erscheinen: ist der vorsätzliche Betrug.

    Ein konkretes Beispiel:
    Ich habe seit 2006 ein komplettes Erklärungsmodell für das Phänomen ´Nahtod-Erfahrung´(NTE) entwickelt und veröffentlicht. D.h. jeder Journalist bzw. Wissenschaftler (m,w,d), der zu diesem Thema arbeitet, muss es bei seinen Recherchen gefunden haben.

    In allen Medienbeiträgen und wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema NTE werden diese aber nur als unerklärbar dargestellt. Dies bedeutet – entweder hat man keine sorgfältige Recherche gemacht oder man berichtet mit Vorsatz absichtlich falsch.
    Eine beliebte Moralisierungsstrategie in solchen Medienbeiträgen ist es, dass man selektiv nur solche Leute als glaubwürdige Zeugen nimmt, welche durch NTEs ihr Leben positiv verändert haben – und die NTEs für unerklärbar halten.

    Durch die gezielte Auswahl dieser Zeugen wird moralisch der Eindruck erweckt, dass man eine glaubwürdige Wahrheit seriös übermittelt.

    (Eine vergleichbare Vorgehensweise wäre es, wenn man in Beiträgen zur Gestalt der Erde nur ausschließlich solche Leute als Zeugen/Experten vorstellt – welche die Meinung vertreten, dass die Erde eine Scheibenform hat.
    Mit solch einer selektiven Auswahl von Zeugen/Experten erweckt man den Eindruck, dass man seriös informiert – obwohl genau das Gegenteil der Fall ist. )

    • ein typisches Beispiel für schlechten bzw. betrügerischen Journalismus findet man im folgenden Artikel von Laura Hindelang vom 17.7.2022:

      http://www.stern.de/gesellschaft/sterben/betroffene-nahtoderfahrung-war-das-wunderbarste-was-mir-passiert-ist-32540148.html

      – Die Nahtod-Erfahrung (NTE) wird nur einseitig in Zusammenhang mit Lebensbedrohung bzw. Sterben dargestellt – obwohl gut bekannt ist, dass gleichartige NTEs auch in nicht-lebensbedrohenden Situationen erlebt werden.
      – dass NTEs seit 2006 komplett erklärt wurden – dazu kein Wort
      – NTEs werden als Beleg dazu darstestellt – dass das Bewusstsein unabhängig vom biologischen Körper existiert (Wenn ein Patient vom Arzt für tot erklärt wird und danach von schönen NTEs berichten kann – dann hat war er nicht tot und hat deTod überlebt, sondern nur die Fehldiagnose eines unfähigen Arztes)

  18. @Wappler
    Bei ‘kann’ ist eine Möglichkeit eingebaut und das Selbst. Bei ‘darf’ schwingt immer die Erlaubnis mit (Selbstbeurteilung oder fremd).
    Einstein liegt nur zur Hälfte richtig.

    • E. Felder: “… Beschränkung oder Selbstbeschränkung: Was Sie, geneigte Leserinnen und Leser, politisch davon halten, ist Ihnen überlassen – und …”

      “Redeweise Zeitenwende” – Man kann den Kreis(lauf) drehen und wenden wie man will, ist die eine Hälfte des Kreises abgelaufen, wird der Kulminationspunkt überschritten und die Moral von der Geschicht: Das Tier im Mensch jagt seinen Schwanz, auch wenn es Tanz um den heißen Brei genannt wird – und politisch ist auch nur ein extrem beschränkt-beklopptes Wort fern von Selbst, (Eigen)Verantwortung, Bewusstsein und Vernunft.

  19. Moralisierung kann in Ausgrenzung/Sezession münden
    Für diejenigen, welche Moral als Kampf- und Ausgrenzungsmittel einsetzen, muss man den Spruch “wer nicht für mich ist, ist gegen mich „ abwandeln zu “Wer meine Moral nicht teilt, ist unmoralisch, weil meine Moral objektiv das Gute und Richtige will“. Beide Sprüche bedeuten aber letztlich das selbe, nur dass der Spruch der Moralisten behauptet, ihre moralischen Überzeugungen seien keine Meinungen, sondern sie stünden auf derselben Stufe wie Fakten und wer sie bezweifle, bezweifle quasi, dass die Sonne scheine obwohl die Sonne alle blendet vor Helle.

    In der NZZ vom 27. August 2022 schrieb Peter Strasser unter dem Titel Auch Feinde können sich vertragen zu diesem Thema:

    Es geht also um die drohende Stilllegung des liberalen Diskurses, um die Verhinderung kompromissorientierter
    Strategien im Umgang mit umstrittenen sozialen Phänomenen. Es geht um die Verteidigung der demokratischen Offenheit. Die «Kooperation der einander Hassenden» droht unter den Bannfluch des moralischen Unternehmertums zu geraten – ob
    evangelikaler, feministischer, links- und rechtsradikaler oder ökofundamentalistischer Abkunft. Man ist darauf gestimmt, den Gegner zu verteufeln, und gegen die Einwohnung des Teufels hilft bekanntlich nur der Exorzismus..
    Nun könnte man den rabiaten Moralismus für ein Phänomen halten, das im Rahmen unseres demokratischen Lebens ein zwar ärgerliches, aber relativ abgekapseltes Dasein fristet. Vor dieser optimistischen Sichtweise, die ein Ergebnis des historisch gewachsenen und selbstbewusst gewordenen Liberalismus ist, muss vorsorglich gewarnt werden. Denn in den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass der Verkehrswert der Toleranz zugunsten jakobinischer Attitüden abnimmt.
    Deren «Unbeugsamkeit» ist zum Exerzierplatz flottierenden Hasses geworden, der sich politisch als Herrschaftsinstrument einsetzen lässt.
    Entweder wir kultivieren wieder stärker die soziale Dialektik – das Streben nach politischen Synthesen im rechtlichen Spielraum demokratischer Verfahrensregeln
    -, oder wir haben verspielt, wofür die Aufklärung seit je kämpfte.

    Fazit: Auch Feinde und sich Hassende müssen miteinander reden können. Denn in einer Demokratie leben nicht nur Freunde zusammen. Demokratie bedeutet gerade, dass unterschiedlichste Menschen mit unterschiedlichsten Auffassungen zusammenleben können, weil die Demokratie der Glaube daran ist, dass man sich finden kann, wenn man sich finden will.

  20. @Holzherr 26.08. 21:49

    „Wer sagt denn, dass Europa eine ähnliche Aussenpolitik betreiben muss wie die USA. Mit Entschlossenheit meine ich das Gegenteil von Passivität.“

    Hört sich gut an. Ein Hindernis kann hier aber sein, dass wir in der EU uns erst mal selber einig werden müssen.

    „Nein, die Einmischung hätte viel früher kommen müssen.“

    Auch eine gute Idee. Vielleicht hätte es was genutzt, im Vorfeld des Jugoslawienkriegs allen Beteiligten eine EU-Mitgliedschaft schmackhaft zu machen und gleichzeitig ein militärisches Eingreifen klar und deutlich und vor allem frühzeitig anzudrohen.

    „Wenn die EU wieder Arbeiten mit niederer Wertschöpfung wie etwa die Rohstoffgewinnung übernimmt, dann droht der Wohlstand zu sinken.“

    Wohlstand geht auch irgendwann in Verschwendung über. Das ist dann nicht so wichtig. Es muss nicht jeder einen Privatwagen vor der Tür stehen haben, und wenn mal keine frischen Migranten mehr kommen, dann fällt auch der Bauboom weg.

    Da ist meine ich langfristig Luft nach unten, insbesondere weil die Produktivität sowieso weiter steigen wird. Zusammen mit einer erfolgreichen Energiewende ist also durchaus deutlich weniger Außenhandel in Sicht. Das fördert allgemein die Unabhängigkeit, auch die von Autokraten, die sich nicht vernünftig benehmen.

    Auch innerhalb der EU wäre eine gleichmäßigere Verteilung von Arbeitsplätzen und Wohlstand nicht verkehrt.

  21. Schon vor und nochmals deutlicher am Anfang des Krieges war zu erkennen, wie die Berichterstattung auch „unserer“ Medien dem Muster folgt, das im Podcast „Krieg und (Desinformation) – Im Ersten Weltkrieg“ beschrieben ist. (ARD-Audiothek 10.3.22)
    Mich hat schockiert, wie einfach es war, hier eine allgemeine „Kriegsbegeisterung“ zu erzeugen, die selbstverständlich als „Verteidigung“ gegen so ziemlich alle Probleme der westlichen Welt dargestellt wurde, der unbedingt und fraglos gefolgt werden muss, und gegen die die „Begeisterung“ in der russischen Bevölkerung kläglich erscheint. Trotz all der dortigen Propaganda – oder vllt wegen dieser. Dort rechnet man damit, ständig einer der eigenen und vor allem staatlicher Medien ausgesetzt zu sein. Was natürlich auch dazu führen kann, nicht mal das zu glauben, worüber korrekt berichtet wird. So manche ehemaligen DDR-Bürger*innen waren ja auch deshalb entsetzt, als sie nach der Wiedervereinigung mit den unschöneren Seiten des neuen Systems konfrontiert waren, von denen die früheren Medien dort berichtet hatten.
    Propaganda soll den „Kampfwillen“ stärken, und die „Kampfmoral“ erhalten, dem eigenen Leiden aufgrund des Kampfes einen Sinn geben. Was spätestens dann zurückschlägt, wenn der Kampf endet, und nicht mal in eine „Wiederaufbau-Propaganda“ umgelenkt werden kann.
    Frieden lässt sich jedoch mit Propaganda nicht erreichen.
    Frieden erfordert, das was aktuell ist, zu akzeptieren und als Ausgangsbasis zu nehmen für eine Lösungssuche, die ALLE Bedürfnisse wie Ängste ALLER Beteiligten berücksichtigt und als gleichwertig betrachtet, und alle für gleich wichtig halten, sich an den ProblemLösungen für die anderen aktiv zu engagieren.
    Was voraussetzt, dass immer weniger Menschen auf eine reinfallen, oder durch eine andere austauschen, die ggf ihnen besser passt.
    Nur, das klappt ja nicht mal innerhalb unserer Gesellschaft, ist auch gar nicht gewollt.
    Insofern ist der Krieg in der Ukraine ein drastisches Abbild dessen, was „im Kleinen“
    überall stattfindet, wenn „gegeneinander“ gedacht und gehandelt wird, statt „miteinander“. Die Propaganda dahinter, diese Denkweise sei alternativlos, ist weltumspannend.

    • @Ina (Zitat): “Insofern ist der Krieg in der Ukraine ein drastisches Abbild dessen, was „im Kleinen“ überall stattfindet, wenn „gegeneinander“ gedacht und gehandelt wird, statt „miteinander“.
      Nein, der Ukrainekrieg ist nicht etwas, was es auch hier im „Kleinen“ (oder auch Grossen) gibt. Sie, Ina, scheinen die westeuropäische Mentalität und Politik der letzten 30 Jahre nicht zu verstehen. Niemand hier rechnete mit einem Krieg in dem ein Land ein anderes angreift und ihm keine Existenzberechtigung zugesteht. Angela Merkel rechnete nicht mit einem Krieg Russlands/Putins gegen die Ukraine, auch die Russenversteher in der SPD rechneten nicht mit einem Krieg und auch die breite Bevölkerung rechnete nicht damit.

      Noch vor 5 Jahren dachte kaum jemand hier, dass die Krimannexion Russlands und die kriegerische Auseinandersetzung im Donbas nur ein Vorbote eines ausgewachsenen Krieges seien. Niemand konnte sich so etwas vorstellen. Viele forderten sogar drastische Kürzungen bei der Armee, denn sie schien nicht mehr nötig. Der Angriff auf die Ukraine hat das alles geändert.

      Fazit: Nicht nur (Zitat aus obigem Beitrag) “„Das Moralische versteht sich immer von selbst“, nein, auch das, was wir von den meisten erwarten wird nicht hinterfragt. Und ja, bis vor kurzem verstand es sich von selbst, dass in Europa kein Land ein anderes angreift.

    • Es wird in Kriegszeiten anscheinend ganz besonders dumm geredet, die Dummheit meint die mangelhaft ausgeprägte Fähigkeit sich sprachlich angemessen auszudrücken, die Doofheit, die Harthörigkeit, kommt hinzu, sozusagen niemand mag sich bundesdeutsch mit Einschätzungen aus dem Hause Putin beschäftigen.
      Was nicht gut sein kann, weil es Optionen auslassen muss.
      Möglichkeiten sind gerade in kriegerischen Situationen beachtenswert, verhandelt werden kann idR schon.


      Ansonsten scheint es dem werten hiesigen Inhaltegeber, Dr. Ekkehard Felder ist sein Name, wenig um die wie gemeinte Sacharbeit und viel um die Spracharbeit zu gehen.
      Er hat hier einen Punkt, sicherlich wollte er allgemein-sprachliche sozusagen Regelungen nur vor einem Hintergrund bearbeiten.

      Nun steckt er mit drin.
      >:->
      A bisserl.

      Ist auch, wie Dr. Webbaer findet, teils selbst schuld daran.
      Aber er meinte, erkennbar nicht so.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer (der schon dazu anrät bzw. davon abrät sich hier auf den wie gemeinten Krieg zwischen einer korrupten oligarchischen Scheindemokratie und auf der anderen Seite mit einer meritokratischen FSB-gesteuerten Scheindemokratie ein- oder abzulassen, ambivalent und amorph sozusagen, scnr)

  22. @ Martin Holzherr
    @Tobias Jeckenburger

    Es ist sehr interessant, wie Herr Felder auf die „Sprachregelungen“ eingeht, die von den verschiedenen „Interessenten“ genutzt werden.

    Beim Jugoslawienkrieg ging es darum, die letzten Relikte des Kommunismus „wegzuputzen“, bzw. Milosevic mit juristischen Tricks („Siegerjustiz“) „einzuknasten“ .

    Die Ukrainer wollten mit ihrer Staatsgründung trickreich den Russen „an die Gurgel“, um sozusagen den „Endsieg des Kapitalismus“ zu realisieren. Rechtsradikale haben haben ihre Pläne schon um 2014 lautstark in die Welt hinaus posaunt und die Regierenden wollten es in die Tat umsetzen.

    Die Ukrainer wollten die Russen „würgen“, indem sie Russland samt ihrer Schwarzmeerflotte, von ihrem seit „fast ewig“ genutzten Schwarzmeerzugang (Krim) abschneiden wollten. Letztlich Russland destabilisieren, die Häfen an die Nato verhökern und die Nato samt Westoligarchen im Rahmen der „Osterweiterung“, sich letztlich die russischen Bodenschätze unter dem Nagel reißen wollten. Die Russen dürften die Bodenschätze danach in „Sklavenarbeit“ abbauen….

    Ohne Rücksicht darauf, dass die ungefähr am Zugangskorridor lebenden Russen ebenfalls die Unabhängigkeit von der Ukraine wollten, genau so, wie den Ukrainern die Unabhängigkeit von Russland gestattet wurde.

    Ich verstehe nicht, warum sich irgendwer bei uns darüber wundern kann, dass sich die Russen die nur wenige Häfen haben, derartiges nicht gefallen ließen. Sie sind formal den Russen in der Ukraine (nach rund 8000 toten Russen) „zur Hilfe geeilt“.

    Die Amis die selbst eine Unmenge an Häfen haben, haben ehemals die Japaner letztlich mit 2 Atombomben bekämpft, nachdem sich die Japaner Pearl Harbor „schnappen“ wollten.

    • @Realo (Zitat): „Ich verstehe nicht, warum sich irgendwer bei uns darüber wundern kann, dass sich die Russen die nur wenige Häfen haben, derartiges nicht gefallen ließen. „

      Putin hat in einem Essay und in mehreren Stellungnahmen gegenüber den Russen und der Welt erklärt, warum er die Ukraine mit seiner Armee angreift: Weil für ihn [Putin] die Ukraine zu Russland gehört und keine Eigenstaatlichkeit besitzt. Vom Zugang zum Schwarzmeer hat er dabei überhaupt nichts gesagt. Wäre ja auch unlogisch, wenn er doch die Krim bereits annektiert hat und er diesen Zugang bereits besitzt. Putin erscheint mir wesentlich rationalerer als viele hier, die Putin mit hanebüchenen Argumenten verteidigen.

      • @ Martin Holzherr 28.08.2022, 17:02 Uhr

        Zitat: „Weil für ihn [Putin] die Ukraine zu Russland gehört und keine Eigenstaatlichkeit besitzt.“

        Jedem Beobachter war ehemals klar, dass beim Irakkrieg nicht die „Biowaffen“, …. der „wahre Kriegsgrund“ war, sondern die (verständliche) „Rache“ nach „Nine Eleven“.

        Die „hohe Politik“ argumentiert nicht so direkt wie ich hier, sie „verschleiert“ die eigentlichen, meistens „banalen“ Gründe.

        Die Brücke über die „Straße von Kertsch“ hat eher symbolischen Wert. Bis zum eigentlichen Kriegsbeginn heuer, herrschte in der Ostukraine praktisch Krieg mit insgesamt rund 15000 Toten.

        Vermutlich zerstören die Ukrainer die Brücke deswegen nicht, weil dann Odessa ein zweites „Mariupol“ würde und die Ukraine vom schwarzen Meere „abgewürgt“ wäre.

        Situationsbedingt ist für die Russen die Verwertung ihrer Bodenschätze interessant, weniger die „Ausbeutung von Vasallenstaaten“, wie für die Amerikaner. Die dabei, durchaus auch zum gegenseitigen Nutzen, „geschickter“ agieren.

        Nach dem Krieg bekamen die Russen „halb Europa zugesprochen“, hatten aber wegen der kommunistischen Ideologie nichts davon. Praktisch wollten diese Staaten, dass die Russen ihre Bodenschätze „brüderlich“ teilen sollten und die “Vasallen” selbst wollten „Mondpreise“ für ihre Güter von den Russen erlösen. Weil es keinen realistischen Mark gab, hat sich der Comecon selbst zerlegt.

        Es geht ums Geld, Ressourcen und offene Handelswege, nicht um „höhere Werte“.

  23. @Ina 28.08. 12:52

    „Frieden erfordert, das was aktuell ist, zu akzeptieren und als Ausgangsbasis zu nehmen für eine Lösungssuche, die ALLE Bedürfnisse wie Ängste ALLER Beteiligten berücksichtigt und als gleichwertig betrachtet, und alle für gleich wichtig halten, sich an den ProblemLösungen für die anderen aktiv zu engagieren.“

    Ja oder die bedingslose Kapitulation, ist auch schon mit Erfolg ein Kriegsergebnis gewesen.

    Will man die nicht, sondern einen allseits anerkannten Frieden, so ist obiges eigentlich der Standardweg.

    Es wird hier so dargestellt, dass Putin eben wahnsinnig ist, was mit seiner Propaganda begründet wird. Und daraus folgt dann die Konsequenz Putin muss weg. Was Putin wiederum in seinem Eindruck verstärkt, dass man ihn und mit ihm Russland klein machen will.

    Ich meine eher, dass Putins Propaganda natürlich schwer übertrieben ist, und man dies nicht mit einer Verhandlungsbasis verwechseln muss. Auch unsere Position, dass wir in der Ukraine die Freiheit Europas verteidigen müssen, entbehrt einer gewissen Realität und ist im Prinzip bei Verhandlungen jeglicher Art gegenstandslos, weil eben ein Angriff auf Natogebiet durch russische Truppen komplett keine Aussicht auf jeglichen Geländegewinn hat.

    Realitäten gibt es neben der Propaganda aber doch. Zum einen unser Eingreifen durch Waffenlieferungen mit dem Ziel, dass der Vormarsch gestoppt wird. Zum anderen die russische Bevölkerung auf der Krim und in den vor dem jetzigem Krieg besetzten Provinzen.

    Es wäre aus meiner Sicht ein akzeptables Ergebnis, würde man eine Teil der Ostukraine Russland zusprechend, und den überwiegenden westlichen Teil dann aber in EU und Nato aufnehmen.

    Für uns in Deutschland und auch in der EU wäre dies ein passables Ergebnis, und wir könnten unsere Wirtschaftsbeziehungen wieder normalisieren. Für Russland wäre es ebenso ein Signal, dass wir eben nicht beabsichtigen, weitere Teile der russischen Einflusssphäre zu beanspruchen bzw. nicht versuchen, die dortige Autokratie und damit Putin zu beseitigen.

    Selensky wünscht sich eine Vertreibung aller russischen Truppen und vermutlich auch noch vollen Schadensersatz für die inzwischen angerichteten Schäden. Das ist dann eben seine Position. Bzw. seine Propaganda, was man eben leicht verwechseln kann.

    Wie gesagt, wir können uns auch auf den Standpunkt stellen, dass die russische Autokratie sowieso keinerlei Legitimität innehat, weil da die eigene Bevölkerung unterdrückt wird. Das wäre dann halt die Forderung nach bedingsloser Kapitulation. Wollen wir bzw. unsere Verbündeten das denn?

    Könnte man das dann auch als eine Entschlossenheit für einen neuen Kalten Krieg und einer anhaltenden wirtschaftlichen Eiszeit zwischen Russland und dem Westen betrachten?

    • @Tobias Jeckenburger (Zitat): „

      Es wird hier so dargestellt, dass Putin eben wahnsinnig ist, was mit seiner Propaganda begründet wird. Und daraus folgt dann die Konsequenz Putin muss weg. Was Putin wiederum in seinem Eindruck verstärkt, dass man ihn und mit ihm Russland klein machen will.„

      Nein, Putin ist nicht wegen seiner Propaganda wahnsinnig, sondern wegen dem von ihm gestarteten Krieg. Schon vor dem Ukraine-Krieg im Donbas gab es mehr als 10‘000 Tote, im Ukraine-Krieg aber sind bis jetzt 75‘000 russische Soldaten getötet oder verletzt worden und tausende von ukrainischen Zivilisten getötet worden.

      Für Menschen aus den Beneluxländern, Skandinavien, Spanien, ja aus den meisten westeuropäischen Ländern ist das ungeheuerlich. Das nämlich, so viele Tote in Kauf zu nehmen für ein fragwürdiges Ziel.

      Was mir hier in der Diskussion mit vorwiegend Deutschen immer wieder auffällt, dass sie ganz andere Maßstäbe haben. Kein Wunder könnte man sagen, dass nach allein 6 Millionen getöteten Juden im zweiten Weltkrieg ein paar tausend Tote für viele Deutsche nicht ins Gewicht fallen. Doch in einem solchen Europa, in einem Europa, in dem ein paar tausend bewusst Getötete keine Rolle spielen, möchte ich nicht leben.

  24. @ Martin Holzherr 28.08.2022, 17:02 Uhr

    Zitat: „Weil für ihn [Putin] die Ukraine zu Russland gehört und keine Eigenstaatlichkeit besitzt.“

    Jedem Beobachter war ehemals klar, dass beim Irakkrieg nicht die „Biowaffen“, …. der „wahre Kriegsgrund“ war, sondern die (verständliche) „Rache“ nach „Nine Eleven“.

    Die „hohe Politik“ argumentiert nicht so direkt wie ich hier, sie „verschleiert“ die eigentlichen, meistens „banalen“ Gründe.

    Die Brücke über die „Straße von Kertsch“ hat eher symbolischen Wert. Bis zum eigentlichen Kriegsbeginn heuer, herrschte in der Ostukraine praktisch Krieg mit insgesamt rund 15000 Toten.

    Vermutlich zerstören die Ukrainer die Brücke deswegen nicht, weil dann Odessa ein zweites „Mariupol“ würde und die Ukraine vom schwarzen Meere „abgewürgt“ wäre.

    Situationsbedingt ist für die Russen die Verwertung ihrer Bodenschätze interessant, weniger die „Ausbeutung von Vasallenstaaten“, wie für die Amerikaner. Die dabei, durchaus auch zum gegenseitigen Nutzen, „geschickter“ agieren.

    Nach dem Krieg bekamen die Russen „halb Europa zugesprochen“, hatten aber wegen der kommunistischen Ideologie nichts davon. Praktisch wollten diese Staaten, dass die Russen ihre Bodenschätze „brüderlich“ teilen sollten und “die Vasallen” wollten „Mondpreise“ für ihre Güter von den Russen erlösen. Weil es keinen realistischen Mark gab, hat sich der Comecon selbst zerlegt.

    Es geht ums Geld, Ressourcen und offene Handelswege, nicht um „höhere Werte“.

    • @Realo (Zitat): „Situationsbedingt ist für die Russen die Verwertung ihrer Bodenschätze interessant, weniger die „Ausbeutung von Vasallenstaaten“
      Der wirtschaftliche Schaden, den der Ukrainekrieg anrichtet, kann durch irgendwelche Gewinne bei den Bodenschätzen niemals kompensiert werden.

      Nehmen wir einmal an, Russland erobere letztlich die Ukraine. Wo stehen sie dann? Vor einem völlig zerstörten Land, dessen Wiederaufbau Russland sich gar nicht leisten kann. So gesehen müssen die Russen sogar hoffen, dass sie verlieren. Denn dann muss der Westen die Ukraine wieder aufbauen. Der Westen könnte zwar auf die Idee von Reparationszahlungen kommen, die die Russen zu leisten haben. Doch das bleiben dann einfach Forderungen ohne Aussicht auf Erfüllung, weil Russland wirtschaftlich gar nicht in der Lage ist, diesen Forderungen nachzukommen.

    • @Realo(Zitat): „Es geht ums Geld, Ressourcen und offene Handelswege, nicht um „höhere Werte“.
      Für die baltischen Staaten, die Polen und andere osteuropäische und Balkan-Länder geht es beim Ukrainekrieg auch um ihre eigene Vergangenheit unter russischer/sowjetischer Knechtschaft. Der Ukrainekrieg bedeutet für sie nichts anders als ein erneuter Versuch Russlands Osteuropa unter Kontrolle zu bringen.
      Das ist letztlich der Hintergrund zu dem, was im SPON-Artikel Fallende Sowjet-Denkmäler in Osteuropa: Der große Abriss das Thema ist und wo man in der Überschrift liest: Die Sowjetunion hat zwischen Baltikum und Balkan vielerorts bombastische Heldendenkmäler errichtet. Seit Putins Angriffskrieg werden sie mit Baggern, Lastkränen und Presslufthämmern abgetragen
      Zwar liest man (Zitat): „Der Obelisk von Riga stehe im Widerspruch zu lettischen Werten, sagte Staatspräsident Egils Levits.“, doch anstatt von Werten sollte man wohl im Zusammenhang mit ehemaligen sowjetischen Denkmälern in Osteuropa eher von Erinnerungen an eine Zeit der Unterdrückung, Demütigung und alltäglichem Unrecht sprechen.

      Fazit:Der Ukraine-Krieg betrifft Deutschland und Westeuropa weit weniger als es die ehemaligen Ostblockstaaten betrifft, denn sie lebten jahrzehntelang unter einem Unrechtsregime, das Russland nun über der Ukraine wieder errichten will.

  25. @ Martin Holzherr 28.08.2022, 23:57 Uhr

    Der wirtschaftliche Schaden, den die eigenen Sanktionen bei uns anrichten, kann vermutlich nicht so schnell kompensiert werden.

    Derzeit leiden wir unter Energiemangel, später ist vermutlich der Dollar und der Euro kaputt. Kaum ein Land, außer Amerika/EU, wird künftig noch diese Währungen akzeptieren, wenn man einfach nachträglich ihren Wert „abschaltet“, so dass sich die Russen (und später die Chinesen), bildlich gesprochen, die Geldscheine aufs Klo hängen können…..

    Russland ist offensichtlich an einen uneingeschränkten Zugang zu den Weltmeeren für ihre Flotte und den Warentransit interessiert, aber nicht an Transitgebühren, die die Ukrainer abzocken wollen.

    Außerdem dürfte „die Zukunft“ den aufstrebenden Staaten China, Indien, Russland, …. gehören.

    Wir dürfen den weltweit anfallenden Müll abnehmen und recyceln, falls die Rohstoffproduzenten (wie Russland) den Müll Export nach Deutschland überhaupt zustimmen….

    • @Realo: Sie sprechen immer von Rohstoffen oder stellen Transitgebühren der Ukrainer als Kriegsgrund dar. Ökonomisch gesehen ist beides zweitrangig. Russische Informatiker und Programierer ( und damit Protagonisten einer Zukunftssparte) haben das Land verlassen.
      Ihre Sicht auf die ökonomische Zukunft Russland ist völlig falsch und irreführend. Den Satz: „ Außerdem dürfte „die Zukunft“ den aufstrebenden Staaten China, Indien, Russland, …. gehören.“
      müssen sie abändern zu:
      Die Zukunft gehören China und Indien, welche sich Russland als Rohstofflieferanten halten werden

      Fazit: Putin setzt in jeder Hinsicht auf Mittel der Vergangenheit, denn Rohstoffe und Eroberungskriege sind Mittel der Vergangenheit.

  26. @ Martin Holzherr 29.08.2022, 00:38 Uhr

    Bei den baltischen Staaten geht es den Russen offensichtlich um den Suwalki Korridor und darum, dass die in diesen Ländern lebenden Russen nicht diskriminiert werden.

    Vermutlich geht es den Russen hauptsächlich darum, dass ihre Bodenschätze in ihrem Besitz bleiben, die Handelswege offen bleiben und sie selber die Gewinne einsacken dürfen. Diese, ihre Werte, werden sie vermutlich mit Zähnen, Klauen und Atombomben verteidigen.

    Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Russland jemals wieder mit den ehemaligen „Brudervölkern“, nach den Erfahrungen die sie ehemals (besonders mit Polen) gemacht haben, „brüderlich teilen“ möchten….

    Man wird sehen, wie die Europäer (samt Osteuropa) ihre „grüne Zukunft“, ohne die billigen Rohstoff der Russen, „genießen“ werden.

    Diese Zukunft beginnt, noch heuer im Winter ….

    • @Realo: Russland und das Konstrukt Sowjetunion, welches Russland als Deckmantel für sein Imperium diente, hat weder Russland noch den von Russland beherrschten Ländern Wohlstand gebracht. Die zunehmende wirtschaftliche Misere war letztlich der Grund für den Untergang des Sowjetimperiums.

      Wenn Putin jetzt das Rad der Geschichte zurückdrehen will, dann endet Russland wieder genau dort wo das Ende der Sowjetunion zu verordnen ist: in der wirtschaftlichen Misere.

      • @ Martin Holzherr 29.08.2022, 12:07 Uhr

        Die „sture und unflexible“ kommunistische Ideologie die die Chefideologen der Sowjetunion verfolgt haben, also „der philosophische Glaube an die Vernunft der Menschen“, auf „den freien Markt“ im Sinne von Karl Marx und auf das „freie Unternehmertum“ verzichten zu können, war offensichtlich der Grund für das Scheitern. Die Chinesen haben das offensichtlich rechtzeitig erkannt, haben erfolgreich gegengesteuert und das System erfolgreich reformiert.

        Die Russen werden sich vermutlich künftig „gleichgesinnte“ und ebenfalls an „Rohstoffen reiche Partner“ (keinesfalls osteuropäische “Rohstoffbettler”) auf der ganzen Welt suchen und so etwas wie „Rohstoffkartelle“ bilden.

        Putin wird das Rad der Geschichte „weiter“ drehen und nicht mehr „zurück“, in eine erfolgreichere Zukunft…..

        Vielleicht fallen für die westlichen Länder einige „Brosamen“ ab…

  27. Mussi schrieb (27.08.2022, 08:58 Uhr):
    > @Wappler [ 26.08.2022, 10:49 Uhr ]
    > Bei ‘kann’ ist eine Möglichkeit eingebaut und das Selbst.
    > Bei ‘darf’ schwingt immer die Erlaubnis mit (Selbstbeurteilung oder fremd).

    Danke. Ich stelle fest und gebe zu: in meinem obigen Kommentar (26.08.2022, 10:49 Uhr) ist leider nicht ausdrücklich betont, dass es (mir) dabei um’s Nicht-Hinterfragbar-Sein geht. (Vgl. Titel des obigen SciLog-Beitrags.)

    Dass etwas ziemlich Abstraktes nicht getan (bzw. nicht gedacht) werden kann, wäre aus der Definition (des betreffenden Abstraktums, und des in Betracht kommenden Tuns) heraus logisch-zwingend und endgültig zu begründen. Insbesondere:

    Ein bestimmter Begriff kann deshalb nicht hinterfragt werden, wenn und weil das bloße Auffassen einer gegebenen Äußerung (bzw. eines Gedankens) als (irgend-)eine Frage voraussetzt und nachweist, dass der Vertreter/Denker dieser Auffassung den betreffenden Begriff richtig nutzt und in so fern schon kennt.

    • Hüstel hierzu, Kommentatorenfreund Dr. Frank Wappler :

      Ein bestimmter Begriff kann deshalb nicht hinterfragt werden, wenn und weil das bloße Auffassen einer gegebenen Äußerung (bzw. eines Gedankens) als (irgend-)eine Frage voraussetzt und nachweist, dass der Vertreter/Denker dieser Auffassung den betreffenden Begriff richtig nutzt und in so fern schon kennt. [Ihre kommentarische Nachricht]

      Die Richtigkeit der Verwendung eines sprachlichen Ausdrucks darf bis muss angefragt bleiben, denn so ist letztlich eine Vereinbarungsmenge von wie gemeint sprachlich Nutzenden gemeint.
      Gemeinsamkeit.

      Die Richtigkeit meint eine besondere Gerichtetheit und es darf hier, wie nicht wenige finden, sich hier insbesondere in der Begriffsgeschichte von Wörtern bemüht werden, gerne auch individuell und, wie nicht wenige finden, extra-suchend, sozusagen.

      Interessant sind auch die sog. Füllwörter, die modische, zeitgenössische Erscheinung von Wort und diejenigen, die sich sozusagen auszuschwingen suchen über Wort und dann Inhalt zu herrschen.

      Hier sind dann auch sozusagen x-fach Metaphern festzustellen, wenn ein wenig nachgedacht wird; Dr. W ist ja vergleichsweise ursisch-zynisch und mag hier en dé­tail gar nicht gesondert ausführen, was Worte, Wörter bedeuten.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

    • Mussi schrieb (29.08.2022, 11:27 Uhr):
      > versuchen Sie mal den Infiniten Regress bzw. die Rekursion zu definieren…

      Immer anregend, sich mit [[Selbstreferenzialität]] und insbesondere mit dem [[Berry-Paradoxon]] zu beschäftigen …

      Sollte man dabei und deswegen zu bestimmten Schlussfolgerungen hinsichtlich (vermeintlich) “logisch-zwangsläufiger, endgültiger Nicht-Hinterfragbarkeit” kommen ??
      (Falls so: zu welchen?).

  28. @Realo 29.08. 10:23

    „Man wird sehen, wie die Europäer (samt Osteuropa) ihre „grüne Zukunft“, ohne die billigen Rohstoff der Russen, „genießen“ werden.“

    Wir haben uns voll auf die russischen Gaslieferungen verlassen, und erleben jetzt eine Art Peak-Oil in klein. So manch einer verdient hier gewaltig dran, und wir wissen noch gar nicht, wie teuer das dem Verbraucher noch kommt. Wir hätten besser auf die USA hören sollen. Dummerweise war da Trump an der Regierung, den wir nun mal nicht unberechtigt nicht ernst genommen haben.

    @Holzherr 29.08. 12:07

    „Wenn Putin jetzt das Rad der Geschichte zurückdrehen will, dann endet Russland wieder genau dort wo das Ende der Sowjetunion zu verordnen ist: in der wirtschaftlichen Misere.“

    Sieht tatsächlich so aus. Aber dafür frieren, dass das schneller geht, ist meine ich verzichtbar. Wenn wir die Energiewende wirklich durchziehen, dann erübrigen sich die Energieimporte aus Russland sowieso. In 10 bis 20 Jahren etwa wird sich das erreichen lassen. Und auch die anderen Rohstoffautokratien müssen sich dann was Neues überlegen, eventuell sogar vernünftige Rahmenbedingungen für eine florierende Produktivwirtschaft.

    Am Ende wird sich das Russland selber so überlegen, wenn hinterher in 30 oder 40 Jahren wirklich keiner mehr fossile Energieträger kaufen will.

    Der real zu erlebende Klimawandel wird nun wohl doch die Menschen davon überzeugen, dass es so nicht weitergeht. Nur Prognosen haben nicht so recht gereicht.

  29. zu den sprachlichen Strategien des Nichthinterfragens und zur Redeweise von Moralisierung:

    Laut einem BBC-Bericht über eine Info der Firma RystadEnergy verbrennt Russland täglich ca. 4,34 Millionen Kubikmeter Erdgas bei der Kompressorstation Portowaja.

    Es lohnt, über die physikalisch/chemischen Konsequenzen von Moral nachzudenken – wenn solch riesige Mengen an Kohlendioxid an die Atmosphäre abgegeben werden.

    • @KRichard (Zitat): „

      Es lohnt, über die physikalisch/chemischen Konsequenzen von Moral nachzudenken – wenn solch riesige Mengen an Kohlendioxid an die Atmosphäre abgegeben werden.„

      Im Vergleich zum freigesetzten CO2 bei den
      Busch-/Waldbränden 2019/2020 ist das freigesetzte CO2 vom abgefackelten russischen Erdgas vernachlässigbar.

      Fazit: Von einer weltweit CO2freien/armen Lebensweise sind wir auch heute noch Jahrzehnte [40-70 Jahre] entfernt. Im Jahr 2019 wurde gemäss Statista immer noch 79% aller weltweit verbrauchten Energie mit Kohle, Öl und Erdgas erzeugt.

    • @Holzherr
      es geht um Sprache, Nichthinterfragen und Moral – es wäre schön, wenn es mehr Beiträge zum Blogthema geben würde.

      Wenn das sprudelnde Gas der russischen Quellen ungenutzt abgefackelt werden muss – weil wir es nicht abnehmen
      Und wir dafür fossile Energie aus anderen Quellen verwenden
      DANN – wird damit die doppelte Menge an CO2 freigesetzt

      Eine moralische Frage wäre z.B. wie moralisch ist es, dass aus moralischen Gründen die doppelte Menge an CO2 freigesetzt wird:
      Was ist moralisch richtiger: den Russen zu schaden oder unseren Nachkommen zu schaden?

      • @KRichard (Zitat): „ Eine moralische Frage wäre z.B. wie moralisch ist es, dass aus moralischen Gründen die doppelte Menge an CO2 freigesetzt wird:
        Was ist moralisch richtiger: den Russen zu schaden oder unseren Nachkommen zu schaden?„

        Die Frage ist falsch gestellt, denn die Russen wollen ja Deutschland und dem Westen schaden, in dem sie kein Gas liefern, nicht umgekehrt.
        Zudem: Krieg kann ja verhindern, dass es überhaupt Nachkommen gibt, weil diejenigen, die sonst Kinder hätten, getötet werden.

        Zitat 2: „ Wenn das sprudelnde Gas der russischen Quellen ungenutzt abgefackelt werden muss – weil wir es nicht abnehmen„
        Antwort: Die Deutschen würden das Erdgas noch so gern abnehmen, vielmehr wollen es die Russen nicht liefern. Scheinbar beeinträchtigt der Krieg bei ihnen das folgerichtige Denken.

        Fazit: Angesichts eines Krieges in dem Kriegs-Ziele durch Töten von Menschen erreicht werden sollen, sind die meisten anderen Fragen sekundär. Denn wenn sie tot sind, haben sie keine Zukunft mehr.

      • @Holzherr
        Ich habe nicht nach Schuldzuweisungen gefragt, sondern angeregt darüber nachzudenken, welche Entscheidung moralisch richtiger ist

  30. Ein Problem besteht halt darin, dass Nelson Mandela Kommunist war und so :

    Und vice versa: Andererseits gibt es weltweit vermutlich nur wenige Personen, die über ein solch hohes und integres Renommee verfügen, dass die hier beschriebene Strategie zu funktionieren vermag. Das Verfahren wäre wie folgt: Man bringe plausibel eine bestimmte Position mit dieser charismatischen und unzweifelhaften Person in Verbindung, sodann ist aufgrund der Geltung der Gesamtaussage auch die politische Position gültig. Mir fällt – ehrlich gesagt – nur eine Person ein; und sie heißt Nelson Mandela. Doch wer kann in seinem Leben schon auf eine weltweit hoch geschätzte politische Überzeugung verweisen, für die er 27 Jahre lang im Gefängnis einsaß? [Artikeltext]

    … anscheinend unzureichend eingeschätzt worden ist, seitens des werten hiesigen Inhaltegebers, vgl. auch bspw. so :

    -> https://en.wikipedia.org/wiki/South_African_Communist_Party#Fight_against_Apartheid (Textprobe : ‘As the National Party increased repression in response to increased black pressure and radicalism throughout the 1950s, the ANC, previously committed to non-violence, turned towards the question of force. A new generation of leaders, led by Nelson Mandela and Walter Sisulu recognised that the Nationalists were certain to ban the ANC and so make peaceful protest all but impossible.
    They allied themselves with the communists to form Umkhonto we Sizwe (“Spear of the Nation”) which began a campaign of economic bombing or ‘armed propaganda’.’)

    Es lag nämlich ein Kampf gegen die südafrikanische Rassentrennung vor, der nicht immer gewaltlos ablief, anders als bei Gandhi und anderswo möglicherweise.


    Nicht gemeint ist so, dass Dr. Webbaer etwas gegen Nelson Mandela hätte, das Gegenteil ist der Fall, aber Mandela stellt aus diesseitiger Sicht auch keinen “Heiligen” dar.
    Auch bei Gandhi könnte ein wenig genörgelt werden.

    Dr. W tut dies nicht, hält es abär weiterhin für erforderlich sich politisch zumindest a bisserl zu positionieren, wenn sprachlich (und ganz vorzüglich, wie Dr. W findet) beigetragen wird.

    Mit freundlichen Grüßen und weiterhin viel Erfolg
    Dr. Webbaer

  31. @Holzherr 29.08. 13:03

    „Doch in einem solchen Europa, in einem Europa, in dem ein paar tausend bewusst Getötete keine Rolle spielen, möchte ich nicht leben.“

    Niemand in Europa hat hier diesen Krieg angefangen, das waren die Russen. Was sollen wir denn machen, außer Waffen liefern oder Sanktionen verhängen? Die Ukraine war nun mal weder EU- noch Natomitglied. Jetzt kommt es aber auch darauf an, was es denn nutzt und wie es uns selbst schadet.

    Wenn die Waffenlieferungen den Vormarsch mittelfristig stoppen, dann geht es ja noch. So viele Waffen liefern, dass die ukrainische Armee die Invasionstruppen aus der ganzen Ukraine wieder vertreiben kann wäre allerdings schwierig. Erstens wohl kaum möglich, und zweitens würde es ein Mehrfaches an Menschenleben fordern, als was bisher schon passiert ist. Da wäre ich lieber für einen Waffenstillstand und Verhandlungen. Aber das müssen Russland und die Ukraine selber klären. Wir haben hier keine Toten zu beklagen.

    Die Folgen der Sanktionen für uns selbst gehen meine ich einfach zu weit, und die Sanktionen haben auch kurz- und mittelfristig überhaupt keinen Effekt auf den aktuellen Kriegsverlauf. Ich wäre also dafür uns mit Russland zusammen zu setzen, und einfach mal zu fragen, welche Sanktionen wir zurücknehmen müssen, damit der Gashahn wieder aufgedreht wird.

    Wir können dann immer noch zügig mit der Energiewende vorwärts kommen, und nach Möglichkeit auch noch alternative Gasquellen finden, bis wir irgendwann gar kein Gas mehr brauchen. Wenn wir keine Autokratien fördern wollen, dann müssen wir langfristig ohne fossile Energieimporte auskommen. Die derzeitigen Maßnahmen erhöhen nur die Preise und freuen tun sich andere Rohstoffautokraten, denen wir dann erst recht die Kriegskassen füllen. Das hilft uns jetzt nicht weiter. Und der Ukraine auch nicht.

    • @Tobias Jeckenburger (Zitat): „

      Die Folgen der Sanktionen für uns selbst gehen meine ich einfach zu weit, und die Sanktionen haben auch kurz- und mittelfristig überhaupt keinen Effekt auf den aktuellen Kriegsverlauf. Ich wäre also dafür uns mit Russland zusammen zu setzen, und einfach mal zu fragen, welche Sanktionen wir zurücknehmen müssen, damit der Gashahn wieder aufgedreht wird.„

      Ja, der Ukraine-Krieg ist inzwischen begleitet von einem Wirtschaftskrieg, in dem Russland momentan das meiste Momentum hat, denn das russische Gas wird ja im kommenden Winter benötigt und genau auf diesen Winter hin liefert Russland nun kein Gas mehr.

      Alles deutet darauf hin, dass Russland den Ukraine-Krieg gewinnen will, unter anderem auch das, dass Russland eine Truppenvergrösserung anstrebt.
      Russland wird wohl nur dann mehr Gas liefern, wenn es dafür bessere Chancen erhält, den Ukraine-Krieg zu gewinnen. Und das würde ja dann dem Ziel der EU widersprechen, der Ukraine gegen Russland zu helfen.

      Die Alternative für Deutschland und die EU besteht darin, endgültig von russischen Energielieferungen wegzukommen. Auf dem Weg dazu ist die EU bereits mit den vielen kürzlich ausgehandelten Abkommen. Am kritischsten wird der nächste Winter. Schon im übernächsten Winter könnte sich die Situation entspannt haben, denn in der Zwischenzeit könnte etwa viel mehr Flüssiggas genutzt werden, indem mehr entsprechende Schiffe und LNG-Terminals in Betrieb genommen werden.

  32. Dr. Webbaer schrieb (29.08.2022, 20:44 Uhr):
    > [… »den betreffenden Begriff richtig nutzt und in so fern schon kennt.«]
    > Die Richtigkeit der Verwendung eines sprachlichen Ausdrucks darf bis muss angefragt bleiben, […]

    Danke für die kritische Anteilnahme — ich stimme zu: “einen Begriff richtig nutzen” war eine unpassende Formlierung.
    Gemeint war: “sprachliche Mittel, die in üblicher, erlernbarer, Sprach-kultureller Weise mit einem bestimmten abstrakten Begriff verbunden sind, so nutzen, als sei man sich der Bedeutung dieses Begriffes (und womögilch sogar seines eigenen Verständnisses der Bedeutung dieses Begriffes) bewusst”.

    Als eine geeignet kurze, ersatzweise bessere Formulierung schlage ich vor:
    “Sprache Begriffs-gerecht einsetzen” bzw. “sich Begriffs-gerecht ausdrücken”.

    Insgesamt ergibt sich meine korrigierte Behauptung:
    Ein bestimmter Begriff kann deshalb nicht hinterfragt werden, wenn und weil das bloße Auffassen einer gegebenen Äußerung (bzw. eines Gedankens) als (irgend-)eine Frage voraussetzt und nachweist, dass der Vertreter/Denker dieser Auffassung den betreffenden Begriff Begriffs-gerecht ausgedrückt hat und in so fern schon kennt.

    p.s.
    Beim Lesen Deines Kommentars, lieber Dr. Webbaer, und dem damit verbundenen Nachdenken über weitere Beispiele, fiel mir die Äußerung folgende ein:

    “Ich kann keinen deutschsprachigen Satz bilden. Bitte hilf mir beim Erlernen dieser für mich neuen schwierigen Sprache!”

    Auch diese Aussage ist (für Deutsch Sprechende bzw. Lesende offensichtlich) selbstbezüglich, und dadurch in sich widersprüchlich (sofern man versuchte, sie ernstzunehmen).
    Wäre daraus etwa zu schlussfolgern, dass eine und jede bestimmte Sprache insgesamt “nicht hinterfragbar” ist? — Sicher nicht, denn ich kann ja z.B. guten Gewissens behaupten:

    “Ich kann kein Isländisch; und ich kann deshalb nicht unterscheiden, ob ein aus isländischen Wörtern gebildeter gegebener Satz im Sinne der isländischen Sprache richtig ist, oder falsch. (Bitte hilf mir beim Übersetzen! …)”

    • Wir schreiben, lieber Herr Dr. Wappler, ja immer so “schön” aneinander vorbei, Dr. W kann Ihnen jedenfalls (regelmäßig erscheinend) nicht ganz folgen.

      Interessant sind die Begriffe, ganz genau, es gibt hier die beiden Ansätze sich entweder etymologisch zu bemühen, den Altvorderen sozusagen nachzuspüren zu versuchen (die haben hart am Wort gerungen, sozusagen), Sprünge, Metaphern verstehen suchend, oder heutzutage irgendwelchen Linguisten zu folgen, die angeben zu wissen wie welcher Begriff heute Bedeutung trägt, wie er ihres Erachtens auch “konnotiert” und vielleicht auch wie er zu nutzen sei, gar von allen Sprechern.


      Dass die Sprache funktioniert, ist sozusagen ein Wunder.

      “Shannon-Weaver” ist in diesem Zusammenhang interessant, der Sender kodiert einen Inhalt in der vagen [1] Hoffnung, dass der Empfänger den empfangenen Inhalt dekodiert oder abstrahiert, so dass sich zumindest Ähnlichkeit von Intention und Interpretation der Nachricht ergibt.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

      [1]
      Die “Kodierungsvorschriften” sind ja nicht zur vollen Zufriedenheit beider Seiten vorab ausgetauscht worden.

  33. @Holzherr 30.08. 08:42

    „Russland wird wohl nur dann mehr Gas liefern, wenn es dafür bessere Chancen erhält, den Ukraine-Krieg zu gewinnen.“

    Dann geht es ja nicht. Wir haben uns entschieden, der Ukraine zu helfen, dass sollten wir dann auch zuende bringen. Aber auch Russland leidet wirtschaftlich unter unseren Sanktionen, und da wäre glaube ich schon Verhandlungsmasse, und Motivation, den Gashahn wieder aufzudrehen.

    Wenn Russland sein Ziel aufgeben muss, die Ukraine zu erobern, weil es einfach nicht geht, dann wären wir doch einen Schritt weiter. Das wäre kein Untergang, dieser Krieg ist für Russland ziemlich verzichtbar, war im wesentlichen sowieso eher unsinnig. Russland braucht nicht mehr Land, und nicht mehr Menschen, die es verwalten kann.

    Ungut war die Lage vor 2014 insofern, dass sich hier eine gewisse Diskriminierung der russischstämmigen Unkrainebürger abzeichnete, aber damit hätte man auch leben können. Jetzt leben die mitten im Kriegsgebiet, da geht es denen wohl kaum besser.

    Wie man das Minderheitenproblem lösen kann, das kann man nach einem Waffenstillstand überlegen.

    • @Tobias Jeckenburger (Zitat): „ Wenn Russland sein Ziel aufgeben muss, die Ukraine zu erobern, weil es einfach nicht geht, dann wären wir doch einen Schritt weiter. „

      Klar. Nur eingestehen, dass es nicht geht, kann Putin nicht, wenn er weiterhin Präsident Russlands bleiben will.

      Das ist wohl auch der Grund, dass Putin die Truppenstärke erhöhen will. Und weswegen er immer weniger Gas nach Westen fliessen lässt, denn damit spaltet er die Bevölkerung etwa in Deutschland, da stark steigende Gaspreise (und Strompreise) viele Firmen in existenzielle Schwierigkeiten bringen. Man muss sich hier stärker bewusst werden, dass die Drosselung des Gases ein Mittel des Krieges ist. Man könnte etwa mit einer Rationierung von Gas darauf reagieren. Rationierung bedeutet
      1) Gas kann nicht mehr einfach gekauft werden, vielmehr muss man nachweisen, dass man ohne Gas nicht auskommt. Erst dann bekommt man es.
      2) Dafür erhält man das wirklich absolut benötigte Gas dann zu einem normalen, niedrigen Preis.

  34. @Holzherr 30.08. 14:29

    „Nur eingestehen, dass es nicht geht, kann Putin nicht, wenn er weiterhin Präsident Russlands bleiben will.“

    Saddam Hussein hat auch die Rückeroberung von Kuwait politisch überlebt, und den Aufstand der schiitischen Minderheit einfach niedergeschlagen.

    Ich denke schon, dass Putin Autokrat genug ist, dass er eben auch sagen kann, es geht nicht, weil wir im Westen einfach 10 mal mehr Geld haben, und unsere Waffen einfach mehr taugen, als das, was Russland zur Verfügung steht.

    Hier kommen auch wiederum die Sanktionen ins Spiel. Wenn die russische Bevölkerung unter weniger Sanktionen deutlich weniger leidet, weil wir gegen Gaslieferung Einiges zurücknehmen, dann freuen die sich auch darüber.

    „Und weswegen er immer weniger Gas nach Westen fliessen lässt, denn damit spaltet er die Bevölkerung etwa in Deutschland,..“

    Ich wünsch mir zwar auch einen teilweisen beiderseitigen Rückzug aus den Sanktionen, aber nicht um den Preis, dafür die Ukraine aufzugeben. Dann eben lieber frieren. Ich denke nicht, dass wir hier so leicht zu spalten sind.

    Ich finde, wir sollten da mit Putin wenigstens drüber reden.

  35. @ Martin Holzherr
    @Tobias Jeckenburger

    In der Ukrainekrise gibt es jetzt schon 2 Gewinner und 2 Verlierer.

    Die Gewinner sind hauptsächlich die Energielieferanten mit der dahinter stehenden Kapitallobby im Westen, auch die Russen, die haben zwar hohe Kriegslasten, verdienen aber bestens an den hohen Rohstoffpreisen, auch werden sie ihren Schwarzmeerzugang und ihren Zugriff auf ihre eigenen Bodenschätze voraussichtlich behalten.

    Verlierer ist hauptsächlich die Ukraine, die abgesehen von den Schäden, ebenfalls mit mit einer großen Zahl an bedauernswerten Kriegsopfern „zahlen“ muss und ihr offensichtliches Kriegsziel (was sie immens “reich” gemacht hätte), Russland von Schwarzmeerzugang abzuriegeln, nicht erreicht hat. Das „Westkapital“ wird die Ukraine wegen „Erfolgslosigkeit“ fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.

    Natürlich verliert auch die EU und besonders Deutschland, die in den Krieg hinein „gezwungen“ wurden und jetzt mit riesigen Energiekosten „ausgenommen“ werden. Gleichzeitig konnte man die erstklassige und faire Kooperation zwischen Westeuropa und den Russen torpedieren, Westeuropa verliert zusätzlich die Wettbewerbsfähigkeit und kann vom Westkapital ausgebeutet werden……
    Von vielen Sozialleistungen werden wir uns verabschieden müssen.

    Für Amerika wird „Amerika first“ gelten. Interessant wird sein, wie sich die EU und D künftig politisch orientieren werden?

    • @Realo (Zitat):“

      Natürlich verliert auch die EU und besonders Deutschland, die in den Krieg hinein „gezwungen“ wurden und jetzt mit riesigen Energiekosten „ausgenommen“ werden.
      ..
      Interessant wird sein, wie sich die EU und D künftig politisch orientieren werden?„

      Putin hat den jetzigen Ukrainekrieg schon bei der Krimannektion im Blick gehabt. Die russischen Erdgaslieferungen nach Europa wurden von Putin bewusst attraktiv für Deutschland und die EU gestaltet, um Deutschland und die EU abhängig zu machen und um Deutschland es schmackhaft zu machen, den Ukrainekrieg zu akzeptieren, weil sie auf russisches Erdgas angewiesen sind.
      Die Rechnung ist für Putin nicht aufgegangen, aber auch Deutschland und die EU nehmen Schaden.

      Die USA haben Deutschland wegen Nordstream 2 gewarnt, doch Merkel hat das ignoriert. Die Tatsache, dass Deutschland energiepolitisch auf der falschen Seite stand, bewirkt wohl, dass Deutschland und die EU zukünftig vorsichtiger sein werden und solche Abhängigkeiten wie jetzt gegenüber russischen Energielieferungen zukünftig vermeiden werden. Politisch wird sich die EU also in Zukunft eher noch mehr gemäss den Wünschen der USA ausrichten. Und da die USA China als grösste Gefahr sehen, für Deutschland China aber der wichtigste Handelspartner ist, ist der nächste Konflikt USA/Deutschland+EU bereits vorprogrammiert.

  36. @ wappler

    Genau.
    Da sind Sie bei richtig-falsch bzw. wahr-unwahr.
    Setzen Sie wahr gleich richtig bzw. falsch,begehen Sie einen Kategegorienfehler!

    • Mussi schrieb (30.08.2022, 23:27 Uhr):
      > […] richtig-falsch bzw. wahr-unwahr.
      > Setzen Sie wahr gleich richtig bzw. falsch,begehen Sie einen Kategegorienfehler!

      Bitte verdeutlichen Sie diese (vermeintliche) Unterscheidbarkeit an zwei bis drei Beispielen. Danke!

  37. @ Martin Holzherr 30.08.2022, 21:55 Uhr

    Ich nehme an, Putin standen Analysten zur Verfügung, die ihm genau ausgerechnet haben, wann Russland wegen der „Nato Osterweiterung“ völlig „abgestiert“ und wann nach der Staatsgründung der Ukraine, die Schwarzmeerflotte und Russlands Handel über das Schwarze Meer „abgewürgt“ ist.

    Nach einiger Zeit im „Würgegriff“ (der Ukraine) wäre Russland auch seine Verfügungsgewalt über seine Rohstoffe los geworden. Ein absurdes Desaster, dass sich ein Staat der traditionell A Bomben hat, nicht gefallen lässt.

    Eine Art von „Notwehrrecht“ sollte man einen Staat zugestehen. Diese frühkapitalistische „Würgepolitik“ gegen Russland ist ein politischer Exzess, den ich für ethisch bedenklich halte. Das hätte unbedingt vermieden werden müssen.

    Auch wenn bei uns die Entwicklungen dieser politischen Prozesse nicht jedem aufgefallen sind, mir sind diese Mechanismen aus dem Geschichtsunterricht bekannt.

    Selbstverständlich kann derartiges einen Politprofi wie Putin, auch nicht entgangen sein und er hat offensichtlich alle Reaktionen wie ein Schachspieler bestens geplant.

    Die russischen Erdgaslieferungen nach Deutschland stehen dafür, ob wir wirklich frei in unserem Handeln gemäß unseren eigenen Interessen sind, „Einkaufsfreiheit“ haben, oder eben nur „Vasallen“ sind, die zu „gehorchen“ haben.

    Politiker wie Schröder und Merkel haben uns über 70 Jahre Frieden gebracht, mit einer derart exzessiven Provokation (Würgegriff auf Russland) und einer ebenso brutalen Antwort darauf konnte keiner rechnen….

  38. @Holzherr 30.08. 21:55

    „…, um Deutschland und die EU abhängig zu machen und um Deutschland es schmackhaft zu machen, den Ukrainekrieg zu akzeptieren, weil sie auf russisches Erdgas angewiesen sind.“

    Naja, wer will wissen, was Putin geplant hat. Immerhin war Nordstream 1 und 2 recht teuer, und man hat auch mit für uns günstigen Preisen trotzdem gutes Geld verdient. Und auch das Geld, was damit noch verdient werden kann, wenn es diese Sanktionen nicht gäbe, ist ein milliardenschweres Argument.

    Und wie Sie sagen, ist die Rechnung nicht aufgegangen. Offenbar lief es anders als gedacht. Politik ist kompliziert, auch für Autokraten. Und auch Krieg ist generell recht dynamisch. Dass angesichts unserer Waffenlieferungen der russische Angriff so ins Stocken gerät, konnte wohl vorher auch keiner wirklich wissen. Inzwischen zeichnet sich wohl ein tatsächlicher Stillstand ab, und dieser Situation sollte man dann auch gerecht werden und die möglichen Gelegenheiten nicht verpassen.

    Und es ist glaube ich nicht ganz klar, ob die Krise nicht doch noch entschärft wird, und die Gaslieferungen wieder aufgenommen werden, wie auch die meisten anderen Handelseinschränkungen beiderseits wieder aufgehoben werden können.

    Sicherlich haben wir gelernt, dass Abhängigkeiten von Autokraten schwierig werden können. Aber gerade bei Öl und Gas muss man mit denen arbeiten, die entsprechende Fördermengen anzubieten haben. Hier hilft wohl wirklich nur die Energiewende.

    • @Tobias Jeckenburger (Zitat): „ Immerhin war Nordstream 1 und 2 recht teuer, und man hat auch mit für uns günstigen Preisen trotzdem gutes Geld verdient. „

      Ja, Pipelines können teuer sein, aber relativ zum Wert des durchgepumpten Gutes (Öl, Gas) sind sie oft billig, wie billig hängt von den Förderkosten ab. Für Öl und Erdgas, ja für die meisten Rohstoffe gilt, dass der Preis durch die teuerste Förderstätte bestimmt wird, deren Förderung noch nachgefragt wird. Saudiarabisches Öl beispielsweise ist sehr billig zu fördern, erzielt aber denselben Preis, wie Öl aus kanadischen Ölsanden, deren Förderung um ein Vielfaches teurer zu fördern ist. Auch bei russischem Erdöl und Erdgas ist die Gewinnspanne, also die Differenz zwischen Kosten der Förderung und erzieltem Abnahmepreis gross.

      Ohne Erdöl und Erdgas müssen die Russen noch lernen zu arbeiten. Oder sie könnten ja ihr Riesenterritorium stückchenweise an die Meistbietenden verkaufen. Denn davon – von Fläche/Land – haben sie ja genug. Oder nicht?

  39. off topic Info
    Gazprom hat heuer im ersten Halbjahr ca. 43 Mrd. Euro Gewinn gemacht – im ganzen letzten Jahr waren es nur ca. 27 Mrd.

    Diese Firma gehört zur Hälfte dem russischen Staat

  40. @Holzherr 31.08. 13:41

    “Denn davon – von Fläche/Land – haben sie ja genug. Oder nicht?”

    Haben sie auch. Das wirklich wertvolle sind die Menschen, und auch hier macht es keinen Sinn, die Menschen von Nachbarländern auch noch zu verwalten. Man kommt nun mal am besten zurecht, wennn man sich darum kümmert, dass die Menschen die richtigen Rahmenbedingungen haben, produktiv zu werden und sich zu entfalten.

    Zumindest das mit der Produktivität hat wenigstens auch ein autokratisches China verstanden, und mit Glück verstehen die auch noch, dass Menschen sich auch gerne anderweitig entfalten können, ohne dass dies das Staatswesen gefährden muss.

    Gerade der Wirtschaftsboom in Westdeutschland nach dem 2. Weltkrieg, der im Prinzip immer noch andauert, ist auch darauf zurückzuführen, dass sich die Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten und aus der DDR alle bei uns konzentriert haben. Das sorgte für kurze Wege für Mensch und Material, was ziemlich wirtschaftsfördernd ist.

    Das war recht kurzfristig schon maßgeblicher als die Zerstörungen des 2. Weltkrieges.

    Hier ist es wirklich die Frage, ob es einer Regierung auch um die Menschen geht, und nicht nur um Ruhm und Ehre des Königs und seinem Gefolge.

  41. Dr. Webbaer schrieb (31.08.2022, 17:53 Uhr):
    > […] “Shannon-Weaver” [ https://en.wikipedia.org/wiki/Shannon%E2%80%93Weaver_model ] ist in diesem Zusammenhang interessant, […]

    Zweifellos ist das “Shannon-Weaver-Modell der Kommunikation” interessant und (womöglich in mehrfacher Hinsicht) relevant. Es wurde und wird aber auch kritisiert; vgl. den Text sowohl im verlinkten Artikel, als auch im Bild zum Artikel (das offenbar immerhin schon in den 1990ern gestaltet wurde).

    (Dabei ist im betreffenden Bild sogar ein Detail skizziert und benannt, das im Artikel gar nicht erwähnt ist, und das offenbar gar nicht Bestandteil von “Shannon-Weaver” ist, und ebensowenig von “Shannon (an sich)”; nämlich: “Feedback”. Die o.g. Kritik mag nicht zuletzt mit diesem Detail zu tun haben, bzw. mit dessen Fehlen.)

    “Shannon-Weaver” betrachtet “Kommunikation” eben (vergleichsweise) aus gründlich “Ingenieur-technisch-praktischer” Sicht.

    Mich interessiert dagegen “Kommunikation” in grundlegenderem, abstrakteren Sinne: insbesondere die (vermeintlichen) Voraussetzungen, um überhaupt in irgendeiner Hinsicht gegenseitiges Einverständnis festzustellen (oder wenigstens einseitig behaupten zu können; und somit zum Zwecke bzw. als Begründung von “Metaphysik”).

    Da meine bisher gebrachten Beispiele nicht wie erwartet “eingeschlagen sind”, kann ich versuchen, im nahegelegten Sujet ein womöglich noch extremeres Beispiel zu offerieren …

    > […] Die “Kodierungsvorschriften” sind ja nicht zur vollen Zufriedenheit beider Seiten vorab ausgetauscht worden.

    Ganz recht. Treiben wir diesen Gedanken mal in ein Extrem:
    Angenommen, die SETI-Suche stolpert über eine (nicht allzu weit entfernte) Quelle eines “reinen, gänzlich Struktur-losen” Sinus- (oder richtiger: exakt mono-frequenten, harmonischen) Radiosignals.
    Womöglich können die SETI-Sucher daraufhin auch ihre Archive nochmals auswerten und feststellen: Das hat diese Quelle schon seit Beginn unserer Aufzeichnungen genau so gemacht; es war bisher nur nicht aufgefallen.

    Hat diese Quelle damit überzeugend demonstriert, “intelligent” oder “verständlich” oder “verständnisvoll” oder “mitteilsam” zu sein?
    Falls ein Radiosignal gezielt zu dieser Quelle zurückgeschickt werden sollte, in der Absicht, “die Kommunikation zu vertiefen” — wäre das zweckmäßiger Weise auch exakt mono-frequent (im Rahmen unseres technischen Vermögens) ?

    p.s.
    Diese meine “Sokratische Art” des Korrespondierens (die bisweilen als solche bemängelt worden ist), verfolgt insbesondere die Absicht, “nichts Fremdes in den Mund zu legen”.

    p.p.s.
    Vermutlich kann (auch) ein “reines Sinus-Signal” nach “Shannon-Weaver” analysiert und bewertet werden.
    Was dabei herauskäme (falls überhaupt etwas Bestimmtes) hab ich mir noch nicht endgültig überlegt … und wäre ggf. für entsprechende Vorleistungen aufgeschlossen bis dankbar.

    • Dr, Webbaer war an anderer Stelle so freundlich Ihre Ideen, Kommentatorenfreund Dr. Frank Wappler, zu bearbeiten zu suchen, so .

      -> https://scilogs.spektrum.de/astrogeo/astrogeo-podcast-es-sind-nie-aliens-oder/#comment-5802

      Einer Erfassung sozusagen außerirdischer Intelligenz, “Aliens” und Signale aus dem “All” meinend, wie auch immer geartet, meinend, darf bis muss womöglich ex ante (!) eine physikalisch-informatorische Theorie (die auch von anderen Disziplinen unterstützt bleiben darf bis muss) voran gehen, damit gewusst wird, vorab (siehe oben), was gemessen werden könnte.

      Vor einigen Tage also.

      Es ist idT sozusagen köstlich erst im Ex Post (auch : extraterrestrische) Sachlage zK zu nehmen können, definitorisch auch.
      Per Signal und so.

      Hier – ‘Hat diese Quelle damit überzeugend demonstriert, “intelligent” oder “verständlich” oder “verständnisvoll” oder “mitteilsam” zu sein?’ – kann Ihr Langzeit-Kommentatorenfreund wie gemeint nur verneinen.


      Was Dr. W besonders mag ist die (angemessene) Phantasie, die sich gemeinsam überlegt werden kann, “Shannon-Weaver” stimmt abär.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

    • Bonuskommentar hierzu :

      Mich interessiert dagegen “Kommunikation” in grundlegenderem, abstrakteren Sinne: insbesondere die (vermeintlichen) Voraussetzungen, um überhaupt in irgendeiner Hinsicht gegenseitiges Einverständnis festzustellen (oder wenigstens einseitig behaupten zu können; und somit zum Zwecke bzw. als Begründung von “Metaphysik”) [Kommentatorenfreund ‘Frank Wappler’ – oder : Dr. Frank Wappler]

      Sie sind Autist, nicht wahr, Dr,,W mag Ihr Vorkommen, Ihre Klarheit sozusagen, auch den Topos der Sprachlichkeit meinend.
      Ihr Wahrhaftigkeit.

      Opa W mag eher so :
      -> https://www.youtube.com/watch?v=usNsCeOV4GM&list=RDBXg1AxBXN5g&index=4


      Gesondert zusammen gefunden kann sich nicht,
      Ihre Nachrichtengebung ist sozusagen exorbitant

      MFG
      WB

  42. Mussi schrieb (31.08.2022, 21:29 – 22:18 Uhr):
    > [ … » zwei, drei Beispiele dafür, dass die Unterscheidung in “richtig-oder-falsch” von der Unterscheidung in “wahr-oder-unwahr” zu unterscheiden ist « … ]

    > 1+1=2 ist richtig / 1+1=3 ist falsch…beides ist wahr,oder?

    Das stimmt zwar (auch) — danke dafür — aber das verdeutlicht doch nicht einen Unterschied zwischen “richtig-oder-falsch” einerseits, und andererseits “wahr-oder-unwahr”.

    Genauso stimmig lässt sich doch schreiben:

    1+1=2 ist richtig / 1+1=3 ist falsch…beides ist richtig.

    Oder ebenso:

    1+1=2 ist wahr / 1+1=3 ist unwahr…beides ist wahr.

    Die Booleschen Funktionen können jedenfalls komponiert (“hintereinander und verschachtelt angesetzt und ausgewertet”) werden.
    Es wäre nur hinderlich, ihre (beiden elementaren) Werte bzw. ihren (elementaren) Wertebereich (der im Wikipedia-Artikel auch B^1 genannt wird) anders zu bezeichnen, als ihren (elementaren) Definitionsbereich bzw. die beiden in Frage kommenden elementaren Werte ihrer Argumente.

    > Scholz ist Merkel und seine Frau heisst Sauer

    An diesem (vermeintlichen) Beispiel vermisse ich von vornherein irgendeine Zuordnung von “richtig-oder-falsch” bzw. von “wahr-oder-unwahr”.

    > Ergibt: wenn das Dieseits wahr ist, ist das Jenseits…was?

    Ich weiß nicht, welche Antwort darauf zutreffend oder nahegelegt sein soll.

    • Howdy., Herr Dr. Frank Wappler,

      Wahrheit gibt es in tautologischen Systemen, wenn sie einen Wahrheitswert kennen.

      Wahrheit wird ansonsten gerne auch politisch behauptet, als absolut wahr und zwingend zutreffend, “Gedöns” also.

      Richtigkeit und Falschheit spielen in einer anderen Liga, die Richtigkeit meint bestimmte Gerichtetheit, bestimmte Richtungsangabe bei Vorhaben.
      Die Falschheit ihre Negation, ‘falsus’ und so, vgl. auch bspw. so :

      -> https://www.etymonline.com/word/false?ref=etymonline_crossreference

      Was Falschheit genau meint, hat womöglich unbekannt zu bleiben, es ist das Gegenteil von ‘richtig’ gemeint, nicht das Gegenteil von ‘wahr’.

      Die Richtigkeit und Falschheit meinen idR weltliche Vorhaben, auch Sozialvorhaben.

      George Boole meinte also Wahrheit.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

  43. @Wappler

    Ich wollte auf Phantasie hinaus.
    Wittgestein: Die Welt ist,was der Fall ist.
    Deshalb gilt auch,das wahr falsch sein kann/darf bzw. umgekehrt.

    Ich vermute,Ihr Gedanke ist nur lösbar,wenn Information von Materie getrennt ist.

  44. Gibt es eigentlich so etwas wie eine angewandte Sprachwissenschaft? Und, wenn ja, fällt dieser Beitrag darunter?

    Übrigens ist es eine offene psychologische Frage, ob solche Manipulationsversuche automatisch nicht mehr funktionieren, wenn man sie kennt. Ich vermute spontan, dass das, wenn überhaupt, nur teilweise gilt.

    P.S. Der Link für “Nachhaltigkeit” funktioniert nicht.

    • “Sprachwissenschaft” funktioniert in der Anwendung aus diesseitiger Sicht auch dann, wenn sprachwissenschaftlich Menge agitiert und in eine bestimmte Richtung gelenkt wird.

      Der Schreiber dieser Zeilen weiß, dass er mit sprachlichen Mitteln nicht nur politisch manipuliert, gesteuert werden kann, wenn er kein besonderes Interesse hat selbst nachzuschauen, sich der Aufwand nicht zu lohnen scheint und zudem ständige Wiederholung von Einschätzung vorliegt, der er irgendwann “dann vielleicht doch” Vertrauen schenkt.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer (der Dr. Stephan Schleim anrät ein anderes Hemd zu tragen, demnächst)

      • Bonuspunkt natürlich, von Dr. Webbaer wahlfrei gesetzt, Dr. W hat schon bemerkt, dass die Moderation auch hier Einzug halten konnte, danke dafür,
        blöde war und bleibt aus diesseitiger Sicht, dass bei wie gemeinter televisionärer Mangelerscheinung Herr Dr. Stephan Schleim kaum zu Wort kam.
        Hau!!

  45. @ Mussi

    Ich vermute, Ihnen geht es sehr oft ganz allgemein um den Begriff „Komplementär“ (im Sinne von ergänzend, wechselseitig,….).

    Die Bedeutung dürfte tatsächlich extrem groß sein, z.B. in der Biologie gilt die „Paarungsregel“. Wobei die Nukleinbasen (A mit T und G mit C) „verknüpft“ sind und die zwei DNA-Stränge komplementär genannt werden. So bildet die DNA einen Doppelstrang, wobei jeder Strang sozusagen die Negativversion des anderen Stranges ist.

    Eigentlich bildet in der Mathematik auch die Zahlengerade von +unendlich bis -unendlich „Komplementarität“ ab.

    In der Elektronik sind es die extrem bedeutsamen „Brückenschaltungen“ die es ermöglichen die „Komplementarität“ des Geschehens (z.B. ein Motor kann in eine Richtung oder in die entgegengesetzte Richtung drehen, oder auch eine Kraft in eine Richtung oder in die entgegengesetzte Richtung wirken) bestens zu „realisieren“ bzw. „abzubilden“.

    Das Prinzip „Agonist“ (Spieler), „Antagonist“ (Gegenspieler) ist auch bei biologischen Systemen fundamental.

    Selbst bei Menschen und Tieren bewirkt ein „komplementäres Doppelprozessor System“ (Männchen – Weibchen) die Realisierung des „generativen Prinzips“.

    Das Konzept der „Komplementarität“ ist bestens bekannt und äußerst vielfältig realisiert.

    • Dualismus, Yin und Yang auch, die Menge der Größe 2 ist die kleinste Menge, die größer als 1 ist.
      Der Dualismus vermeidet den Monismus und eingeengte Sicht, der Pluralismus geht weiter, hat auch oft recht, wenn das betrachtete System zu mehrfacher Fallunterscheidung sozusagen einlädt.
      Auch ist dieses Denken alltagstauglich, wenn bspw. die Politik meint, dass eine Sache ganz schlecht und dringlichst zu meiden sei, kommt die Gegenfrage, was denn komplementär gut sei, nicht schlecht.
      Opa Webbaer hat sich sozusagen angewöhnt, bei bestimmter Rede, die eine Sache als schlecht kennzeichnet, immer zu fragen, was denn alternativ gut sei.
      Kommt da keine Antwort, dann beginnt er zu ahnen. [1]

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

      [1]
      Adorno ist mal in einem TV-Interview so angespitzt worden, als er irgendein Konzept wortreich verdammte, er entgegnete dann, dass Kritik auch rein zerstörerisch sein dürfe, wenn sie zutrifft. (Was an sich richtig ist.)
      Er wollte sein wohl kommunistisches Gegenkonzept nicht nennen, haha.

  46. @Elektroniker

    So ist es.

    Und somit sind wir wieder im Artikel: Anbindung der Kommunikation an/mit guten oder schlechten Werte.

  47. @Stephan 03.09. 12:11

    „Übrigens ist es eine offene psychologische Frage, ob solche Manipulationsversuche automatisch nicht mehr funktionieren, wenn man sie kennt.“

    Mit Werten und Koryphäen argumentieren kann ja auch Bestandteil von authentischer Argumentation sein. Erst wenn man anfängt zu verbiegen, wird es richtig manipulativ.

  48. @Elektroniker

    Und wenn Sie etwas aufmerksam waren,dann haben Sie ‘die’ Verbindung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften entdeckt…

  49. Verpackungsstrategie in der Werbewirtschaft,
    die ist einfach, sehr einfach
    man braucht die Werbebotschaft nur mit “Neu” zu bezeichnen,
    oder etwas dramatischer “Nur noch für kurze Zeit”
    und noch mit einem Versprechen “Sichern Sie sich noch heute………”

    “Neu” zu hinterfragen, das wäre ja hinterwäldlerisch
    “Nur noch für kurze Zeit” das ist selbstverständlich, was denn sonst ?
    “Sichern Sie sich noch heute….” wer will schon auf Sicherheit verzichten ?

    Als Krönung kommt “Neue Formel ……”
    Das Wort Formel ist schon der Inhalt.
    Die Werbewirtschaft schrammt eng an der Volksverdummung !

    Ach ja, die Moral dabei, wird durch den Zusatz “ökologisch” abgedeckt, “energiesparend” kommt demnächst, wetten !

  50. Dr. Webbaer schrieb (09.09.2022, 11:25 Uhr):
    > Wahrheit gibt es in tautologischen Systemen, wenn sie einen Wahrheitswert kennen.

    Wahrheit gibt es in tautologischen Systemen, wenn …

    – jeder (formal, direkt) tautologischen Formel der selbe bestimmte Wert aus eines (typischer Weise zwei-elementigen) Wertebereiches zugeordnet ist,

    – allen Formeln, die sich in eine tautologische Formel umformen lassen, ebenfalls dieser selbe bestimmte Wert zugeordnet ist, und

    – allen Formeln, die sich in die Negation einer tautologische Formel umformen lassen, der andere Wert zugeordnet ist

    – (und eventuell verbleibenden Formeln ggf. noch andere Werte);

    wobei sich in Frage kommende Systeme dadurch (“Konsistenz”) auszeichnen sollen, dass sich keine ihrer Formeln sowohl in eine tautologische Formel als auch in die Negation einer tautologische Formel umformen lassen kann.

    Mit diesem Verständnis lasse ich mich auch auf folgende Kurzfassung ein:
    Wahrheit gibt es in tautologischen Systemen, die einen Wahrheitswerte-Bereich haben (und dessen zwei Elemente heißen oft: “wahr” bzw. “falsch”, oder: “unwahr”).

    > Richtigkeit und Falschheit spielen in einer anderen Liga

    Umgangs- bzw. Gedöns-sprachlich sowieso nicht;
    und auch formal geht doch nichts in die Binsen, wenn die Werte des o.g. Wahrheitswerte-Bereiches z.B. “richtig” bzw. “unrichtig” (oder: “abwegig”, oder: “absurd”) genannt würden.

    Ich gebe aber zu: …

    > die Richtigkeit meint bestimmte Gerichtetheit, bestimmte Richtungsangabe bei Vorhaben

    … Von “Richtigkeit” ist in einem strengen, genauen Sinne als einer Ausprägung von “Genauigkeit” die Rede, nämlich:
    im Vergleich des wahren, durch Anwendung eines definitiven Messoperators ermittelten Wertes im betreffenden Versuch (sofern überhaupt vorhanden) zu einem Wert, der “irgendwie, anders” erhalten bzw. gemacht wurde.

    (Mit Blick auf die Illustrationen im verlinkten Wikipedia-Artikel, insbesondere den roten Pfeil, könnte sogar eher von der quantifizierten “Unrichtigkeit” bzw. “Abweichung” die Rede sein …)

    Die in Betrachtung gestellten “verschiedenen Ligen” wären demnach

    – einerseits: Referenz zu tautologischen Formeln, und

    – andererseits: Referenz zu (bzw. Vergleich mit) wahren Werten (jeweils einer bestimmten Messgröße, in bestimmten Versuchen).

    Na schön, danke, ich kann versuchen, mich an diese Sprach-Konvention zu halten.
    (Falls jedoch Mussi oben, 31.08.2022, 21:29 – 22:18 Uhr, darauf hinauswollte, hatte ich das jedenfalls und offensichtlich nicht verstanden.)

    > [… Mit “falsch” ist (womöglich) …] das Gegenteil von ‘richtig’ gemeint, nicht das Gegenteil von ‘wahr’.

    Hoffentlich und sicherlich ist der jeweilige Kontext unmissverständlich genug, der durch die Namen der anderen Werte im jeweiligen Wertebereich gegeben ist.

    • Howdy Herr Dr. Frank Wappler, Sie haben recht :

      Dr. Webbaer schrieb (09.09.2022, 11:25 Uhr):
      > Wahrheit gibt es in tautologischen Systemen, wenn sie einen Wahrheitswert kennen. [Dr. Webbaer]
      […]
      Mit diesem Verständnis lasse ich mich auch auf folgende Kurzfassung ein:
      Wahrheit gibt es in tautologischen Systemen, die einen Wahrheitswerte-Bereich haben (und dessen zwei Elemente heißen oft: “wahr” bzw. “falsch”, oder: “unwahr”).

      Janz jenau.
      Auch hier :

      Ich gebe aber zu: …

      > die Richtigkeit meint bestimmte Gerichtetheit, bestimmte Richtungsangabe bei Vorhaben [Dr. Webbaer]

      … Von “Richtigkeit” ist in einem strengen, genauen Sinne als einer Ausprägung von “Genauigkeit” die Rede, nämlich:
      im Vergleich des wahren, durch Anwendung eines definitiven Messoperators ermittelten Wertes im betreffenden Versuch (sofern überhaupt vorhanden) zu einem Wert, der “irgendwie, anders” erhalten bzw. gemacht wurde.

      Dr. W. hat die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Richtigkeit womöglich gut gelernt, auch Ihren Bedürfnissen entsprechen, Kommentatorenfreund Dr. Frank Wappler.


      Das war schon, aus Webbaeren-Sicht vely spflau von Ihnen antizipiert.

      Viele verstehen ja nicht ansatzweise, was Dr. W meint, hier bei – ‘Umgangs- bzw. Gedöns-sprachlich sowieso nicht’ – geht Dr. Webbaer noch gerne einmal auf Sie zu und bestärkt Sie in der Auffassung, dass Sprache grundsätzlich die Wahrheit (“Tautologie”), die Richtigkeit (nicht selten ist die sittliche Richtigkeit gemeint) und Gerede, auch dies ist interessant, fast alle können sich von ihm nicht freisprechen, zu unterscheiden hat. [1]

      Vely pflau derartig anzuerkennen, vielen Dank für Ihre vely kluge Nachricht, sehr nett. [2]

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

      [2]
      Angeblich soll Rainer Werner Fassbinder nach der Erstaufführung von “Angst essen Seele auf“, aufgestanden sein und gesagt haben “Ich bin verstanden worden”.

      [1]
      Auch sog. Narrative sind oft “Gerede”, Dr. W mag sie, zumindest zurzeit, nicht sonderlich.
      Sicherlich ist Gerede sozialnormativ, sozusagen.

  51. Dr. Webbaer schrieb (12.09.2022, 19:31 Uhr):
    > Howdy Herr Dr. Frank Wappler, Sie haben recht […]

    Schön, danke. Um diesen Erfolg abzusichern und den damit gemeinten Gegenstand unseres Einig-Seins repetierend einzuprägen:
    Ein aus mehreren (notwendiger Weise verschiedenen, und anhand der zugrundeliegenden Mess- bzw. Bewertungs-Operation sogar ungleichen) Elementen bestehender Werte-Bereich ist begrifflich, also vom Verständnis her, von einem und jedem einzelnen Wert (insbesondere im o.g. Werte-Bereich) zu unterscheiden.
    (Und nur unter Voraussetzung dieses Verständnisses ist es verzeihlich, dass die Unterscheidung im Jargon bisweilen sprachlich verschludert wird.)

    > […] zu unterscheiden […] die Wahrheit (“Tautologie”), die Richtigkeit (nicht selten ist die sittliche Richtigkeit gemeint)

    Die schon in meinem obigen Kommentar verlinkte (und nun mal (auch) so genannte) “Richtigkeit ((in) der Messtechnik)”, die jedenfalls nicht schwammig-beliebig daherkommen soll, enthält aber doch sozusagen ein Körnchen Wahrheit in (der sprachlichen) Form der Referenz zu dem jeweiligen “wahren Wert” (den ich oben auch als “[ggf.] durch Anwendung des jeweils definitiven Messoperators im betreffenden Versuch ermittel[bar]” beschrieben hatte. Wesentlich ist, dass es dabei nicht um einen “Ziel- bzw. Soll- bzw. Richt-Wert” im Sinne der Mess- und Regel-Technik geht — das wäre eine andere, nachgeordnete “Liga” — sondern um die Charakterisierung des jeweiligen “Ist-Wertes”).

    Zu unterscheiden wäre jedenfalls (auch) “Richtigkeit” in

    – was nur so und nicht anders richtig sein kann, von

    – was zwar auch anders richtig sein könnte, aber nicht sein soll/darf.

    > und Gerede, auch dies ist interessant

    … oder zumindest nicht immer leicht, und nicht immer empfehlenswert, zu ignorieren.
    Aber als Kategorie durchaus wichtig; Beispiel: das Gerede vom “Theorien/Regeln testen (wollen)”.

    p.s.
    Um beim Stichwort “Tautologie” an unseren anderen Diskussionstrang anzuknüpfen:
    Kann man jemandem, der keine Vorstellung davon hat, was eine “Tautologie” ist, und der (noch) keine Beispielfälle von “Tautologie” kennt bzw. als solche erkennt, abstrakt erklären, was mit “Tautologie” gemeint sein soll ?

    p.p.s.
    Dr. Webbaer schrieb (12.09.2022, 22:39 Uhr):
    > […] nimmt Aussage von dritter Seite zuvörderst als Veranstaltung [Betonung durch Dr. Webbaer] wahr, wenn sich um ihre zentriert wird, nicht einmal um ihn selbst. […]

    Derartiges Geraune kommt mir kryptisch, idiosynkratisch und vage beleidigend vor. Ich fordere hiermit nochmals, solches jedenfalls bezüglich meiner Person zu unterlassen.

    • Sie sind ja auch Autist, kennen Sie das Buch mit dem Namen ‘Ubik’, dies bitte schnellstmöglich durchlesen, von Philip K. Dick, so auch andere seiner Werke schnellstmöglich durchlesen, Herr Dr. Frank Wappler?!

      Durchaus auch im Zusammenhang mit diesseitiger Inhaltegebung, ‘Die Redeweise der Moralisierung: Sprachliche Strategien des Nichthinterfragens’ [Ekkehard Felder[,’ Dr. Webbaer setzt auf Sie sozusagen als Motor und als sozusagen insel-begabt,
      alles mal sozusagen mal herauslassen, was Sie so denken. [1]

      MFG
      WB

      [1]
      Hier war ein wenig gemein formuliert :”Herr Dr. Frank Wappler nimmt Aussage von dritter Seite zuvörderst als Veranstaltung wahr, wenn sich um ihre zentriert wird, nicht einmal um ihn selbst.” (siehe oben)

      Dr. Webbaer schätzt und mag Herr Dr. Frank Wappler und versucht zu lernen.

      Dr. W rät an kleine Auseinandersetzungen auszuhalten, sicherlich gibt es nicht viele Personen,, die in der Lage sein könnten Dr. Frank Wappler sozusagen umfänglich zu verstehen.

      MFG
      WB (der ein wenig von “”Wappie” fasziniert ist)

  52. Herr Dr. Frank Wappler ist Autist, niemals war so eine Abwertung gemeint.

    Dr. W ist nur sozusagen extra-locker. weil er im liberalistischen Sinne sozusagen extra-tolerant ist.

    HTH (“Hope this helps”)
    Dr. Webbaer (der auch schon ein wenig älter ist)

  53. Bonuskommentar und Klarstellung hierzu :

    Herr Dr. Frank Wappler nimmt Aussage von dritter Seite zuvörderst als Veranstaltung wahr, wenn sich um ihre zentriert wird, nicht einmal um ihn selbst. [Eigenzitat, siehe ein wenig weiter oben]

    Sie springen ja “nun wirklich”, auch mit den Steckenpferden Messtheorie und Relativität an allen möglichen und unmöglichen kommentarischen Eingriffspunkten herum, den Rat im Web i.p. Messtheorie und Relativität im Web ein eigenes Inhalte-Angebot bereit zu stellen, um sich der naturwissenschaftlichen Menge zu stellen, haben Sie mehrfach ausgeschlagen.

    Herr Dr. Frank Wappler.

    Dr. W behandelt übrigens alle Leutz, bestmöglich, gleich, stört sich nicht an Eigenarten, benennt sie abär, mehr ist nicht los.

    So – ‘Derartiges Geraune kommt mir kryptisch, idiosynkratisch und vage beleidigend vor. Ich fordere hiermit nochmals, solches jedenfalls bezüglich meiner Person zu unterlassen.’ – kommen Sie bei Dr. Webbaer nicht an, denn der nimmt sie ernst,.

    Mit freundlichen Grüßen + weiterhin viel Erfolg
    Dr. Webbaer (kA, ob er selbst irgendwie Autist ist, im Pseudonym “Dr. Webbaer” und bei seiner Verwendung, ist er dies wohl teilweise)

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