Lasst die Pandas aussterben!

Tagebücher der Wissenschaft

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Wenn es um das Thema Fortpflanzung im Tierreich geht, steht der Große Panda nicht gerade auf der ersten Seite – ein populäres, aber bei Weitem nicht das größte Problem. Um die 1600 dieser ulkigen Bärchen gibt es noch in freier Wildbahn, wie es so schön heißt. Die Lebensraum-Situation ist kritisch, die Kosten für den Erhalt in Zoos dieser Welt sind exorbitant. Da werden plötzlich auch Stimmen laut, die für ein Ende des WWF-Wappentieres plädieren.

Als Nashorn-Experte bin ich ja Leid gewohnt. Wilderei, kostenintensive Schutz-Maßnahmen und medizinische Besonderheiten sind Herausforderungen jeglicher Form des Artenschutzes oder -erhaltes. Zwei Faktoren könnten dem Panda allerdings tatsächlich auf lange Sicht die Zukunft verhageln.

Beginnen wir mit den Lebensraum. Der Große Panda lebt nur dort, wo auch Bambus wächst, was nicht nur ein wichtiger Bestandteil seiner Nahrung ist, sondern der Hauptteil. Tatsächlich ernährt er sich von nichts anderem, was direkt zum nächsten Problem führt. Bambus ist nicht besonders nährstoffreich, es braucht also 20 bis 30 Kilo am Tag für einen wohlgenährten Panda. Ein nicht zu unterschätzender Aufwand und Kostenfaktor für Zoos.
Bis 1998 wurden die Bambus-Wälder Chinas in Ackerland umgewandelt, was zur Fragmentierung des Lebensraumes führte und den Tieren das a Finden von Partnern zur Paarung erschwerte.

Der zweite Punkt ist – nun ja – man kann da nur schwer ernst bleiben: die notorische Lustlosigkeit bezüglich sexueller Aktivitäten, die mittlerweile schon legendär ist. Man konnte glauben, dass die Tiere sich einfach nicht fortpflanzen wollen. Vermutlich ist der große Panda die erste Tierart, die sich Porno-Filme anschauen musste, um da mal endlich auf’n Flash zu kommen – natürlich ohne Erfolg, was nicht verwundert, wenn man in diesem Film-Genre mal intensiver recherchiert. Laut einem Artikel bei Bloomberg wurde einigen Tieren sogar Viagra verabreicht – auch das ohne Erfolg. Wer auch immer auf die Idee bekommen ist, hatte offensichtlich selbst die eine oder andere Pille genascht, denn Viagra ist nun mal kein Sahne-Steif, das funktioniert nur in Zusammenarbeit mit einem sexuellen Reiz und Lust. Ohne diesen neuronalen Rahmen wirken die blauen Hart-Macher lediglich Gefäß-erweiternd – das freut den Kardiologen, harte Tatsachen weiter unten könnt Ihr aber knicken.

Jetzt sind Fruchtbarkeits-Störungen bei Tieren in Zoos nichts Neues, die Gründe können vielfältig sein: mangelnde Fitness, eine nicht optimale Tier-Betreuung/Management oder schlicht unsympathische Sexualpartner. Bei Panda-Weibchen gibt es nur ein sehr kleines Zeit-Fenster für die Befruchtung.
Zudem entnehme ich der Seite des WWF, dass ein Panda-Weibchen nur alle zwei bis drei Jahre ein Junges zur Welt bringt.

Ehrlich gesagt kann ich dem Bloomberg-Artikel von Timothy Lavin und seinen Quellen wie Chris Packham (1) nicht wirklich viel abgewinnen. Nichts gegen wilde Polemiken, hier allerdings die Evolutions-Karte zu spielen halte ich für großen Unsinn. Sicher, der Große Panda mag nicht das rattigste Tier auf den Planeten sein. Die Zerstörung und damit einhergehende Fragmentierung des Lebensraumes sowie Wilderei in der Vergangenheit haben allerdings den Grundstein für das Dilemma gelegt. Eine Panda-Expertin zu zitieren, die die Auswilderung von Pandas als so sinnvoll erachtet wie runtergelassene Hosen bei einem Furz, liest sich zwar lustig, ist aber ebenfalls keine überwältigende Neuigkeit im Artenschutz – und wenig überzeugend noch dazu.

Wenn der Große Panda noch eine Chance haben soll, muss der Fokus klar auf den Lebensraum gerichtet sein. Baby-Betten, die randvoll sind mit Panda-Babys und PflegerInnen, die sich als Pandas verkleiden mögen Menschen verzücken, wirklich zielführend kann das aber wirklich nicht sein. Trotzdem sind es genau solche Bilder und Videos wie dieses, die sich großer Beliebtheit erfreuen:

Leider hilft diese Praxis genau gar nicht, wenn der eigentliche Lebensraum keine Zukunft bietet – in diesem Punkt muss ich Lavin und Packham Recht geben.

Anmerkungen

1.   Chris Packham ist BBC-Journalist und plädiert auch recht lautstark für das Panda-Ende wir auch für jenes des Tigers. Schleißlich seien Tiger tot weitaus mehr wert als lebendig. Das ist nicht völlig falsch. Allerdings gibt es viele Beispiele auf dem afrikanischen Kontinent, wo Wilderer die Seiten gewechselt haben und Ranger geworden sind. Kann man mal drüber nachdenken. China wird sich nicht umonst den Panda-Schutz was kosten lassen. Darüberhinaus hält Packham die menschliche Vermehrung für die Wurzel allen Übels.

Quellen

  • Veröffentlicht in: Allgemein

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Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

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