Hirn im Klo

BLOG: ScienceZest

Forschung lecker zubereitet
ScienceZest

Ich lebe in zwei Welten.

Auf Arbeit: Klospülung. Zwischen 5 und 7 Litern (ich habe nicht gemessen) Trinkwasser werden mit Nährstoffen vermischt und landen im Klärwerk.

Zu Hause: Das Trockentrennklo hat nicht mal einen Wasseranschluss. Wir kompostieren.

Modernes Kompostklo in einer Autobahnraststätte in Schweden (Wikimedia Commons)

Man mag denken, dass sei unhygienisch. Immerhin hat die Erfindung des Wasserklosetts im späten 19. Jahrhundert einer Menge Menschen das Leben gerettet. Denn damals wurden Nachttopf-Inhalte einfach in ein Loch im Boden gekippt, manchmal recht nah an Wasserpumpen, was unweigerlich zu Epidemien führte (z.B. Cholera).

Kein Wunder also, dass sich Mensch am WC festhält, als ob es ums nackte Überleben ginge. Außerdem reden wir nicht gern übers „Geschäft“. Höchstens, wenn wir frischgebackene Eltern sind. Dann werden Ausscheidungen unseres winzigen Nachwuchses zum täglichen Thema. Da zuckt dann auch keiner die Mundwinkel nach untern. Erwachsenenkaka wird selten diskutiert.

Warum wir mehr Hirn beim täglichen Geschäft einsetzten müssen und das Runterspülen eine unmoderne Unsitte ist, soll Thema der nächsten Artikel sein.

Wer es nicht abwarten kann – hier schonmal ein Video der Zeitschrift SCIENCE: A new way to go

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Annelie Wendeberg ist eigentlich Umweltmikrobiologin. Doch eines schönen Wintermorgens klappte sie die Augen auf und dachte sich "ich schreib mal was". Seither versucht sie ihre Leidenschaft Forschung leicht verständlich und spannend in kurzen Blogartikeln zu vermitteln. Meistens schreibt sie über alles Mögliche was irgendwie mit Forschern, Biologie, Umwelt, Ökologie und vor allem Mikrobiologie zu tun hat. Des Nachts bringt Annelie Wendeberg Leute um. Auf dem Papier. Für den KiWi Verlag.

22 Kommentare

  1. Interessant

    Eine Toilette ohne Wasser kann ich mir noch nicht wirklich vorstellen. Aber um ehrlich zu sein, habe ich darüber auch noch nicht nachgedacht.
    Zu selbstverständlich ist das Klo mit Wasserspülung.

    Ich bin gespannt auf die nächsten Artikel zu dem Thema 🙂

  2. The Home where shit happens

    Unsere Zukunft ist die Raumschiffökonomie. Es ist nur die Frage ob das Raumschiff die Erde ist oder das eigene Haus.
    Mit dem Haus als Raumschiff ergibt sich ein ganz kurzer Kreislauf: Unten Raus – Oben Rein – Unten Raus.
    Aber so schlimm das tönt, es ist wohl der Traum der Autarkisten, vor allem derjenigen die für eine totalitäre Autarkie sind. Einer Autarkie, die nicht einmal Handel, geschweige denn Welthandel zulässt. Zuende gedacht lebt jeder in seinem Haus, das sich und den Bewohner selbst versorgt und nur schon des Überlebens willens lässt man niemanden herein auch keinen Besucher, denn man weiss ja nie was die für Krankheiten mit sich bringen. Es ist dann ein Leben wie es früher ein paar Heilige geführt haben, die ihre Zelle nie verlassen haben.

  3. Trockentrennklo

    Hallo,
    wäre es eventuell möglich, dass Sie etwas näher auf das Trockentrennklo eingehen?
    Das würde mich brennend interessieren.
    Aber hier sieht man mal wieder, dass unsere nordischen Nachbarn erfinderisch besonders in Umweltfragen sind

  4. Spirituelle Entleerung

    Könnte es sein, dass das Trockentrennklo das letzte Örtchen ist, wo man/frau (wie im Mittelalter meistens sitzend) heute noch mystische Erfahrungen machen kann? Bei der spirituellen Entleerung werden die Exkremente auf geheimnisvolle Weise kompostiert und nicht einfach runtergespült.

    Wenn dies keine freakige bis subkulturelle Nischenerfahrung bleiben, sondern ein zukunftsweisendes Programm werden soll, düngt mich, dass diese Artvon „Hirn im Klo“-Ideologie genau zu der von Martin Holzherr trefflich beschriebenen autokratischen Gesellschaft führt, in der der Große Bruder die Geschlossenheit jeglichen Systems, ja jeder menschlichen Ausscheidung, ja Regung überwacht und uns das Leben zur Hölle macht.

    Kurz: Das Trockentrennklo als neuer, mystisch überhöhter Ausbund eines öko-diktatorischen Weltverständnisses.

  5. Mystisch

    Da die Kompostierung von Faeces weitestgehend unter oxischen Bedingungen abläuft, kann ich beruhigen: Erhöhte Produktion von H2S (haluzinogenes Gas) ist auszuschliessen. Sollte jedoch das, bei Parties gelegentlich zu beobachtende, verzweifelte Umarmen der Keramikschüssel mit gleichzeitigem Ausruf “Oh mein Gott!” als mystische Erfahrung einstufbar sein, dann habe ich dies bisher noch nie bei Kompostklos beobachten können, sonder lediglich bei WCs.

  6. Das wusste ich nicht ..

    .., dass es auch Trockenklo’s gibt. Naja lebe wahrscheinlich in solchen Sachen noch ein wenig hinter dem Mond.

    Aber dennoch sollte sich jeder schon ein wenig Gedanken machen. Selbst wenn wir hier genug Wasser haben (zum. in den letzten Wochen), kostet doch die Aufbereitung enorme Resourcen. Aber es ist wie mit vielen Dingen im Leben, man trennt sich nur ungern oder erst wenn es zu spät ist.

  7. Ich habe als Kind noch jedes Jahr im Urlaub wochenlang ein Quasi-Trockenklo benutzt. Damals aber noch mit zeitgemäßer Chemie, die ebenso stank, wie das Geschäftliche.

    Da kamen tatsächlich auch mystische Momente auf, wenn man da so sitzt – auf dem Donnerbalken. Auch ging man keinen schmalen Flur entlang zur Toilette, sondern einen längeren Weg vom Wohnwagen zum zünftigen Holzverschlag auf 4 Fundamentsteinen.

  8. Woher kommt Ihre Fixierung auf den Entsorgungsvorgang von Fäkalien? 😉
    Gehen Sie so auch mit Geld um? Was würde der alte pseudowissenschaftler Freud dazu sagen? Und hätte das Erkenntnis- oder nur Unterhaltungswert?

    Ich wünschte mir Trockenklos im gesamten Rhein-Main-Gebiet, insbesondere in den Mehrfamilien- und Mietshäusern; das Rhein-Main-Gebiet hat faktisch ein Wasserknappheitsproblem, dass nennenswerte Einwohnersteigerung verhindert. Die Nutzung von Trockenklotechnologie würde leicht die Verdopplung der Einwohnerzahlen ermöglichen, also ersteinmal den diesbezüglichen Druck herausnehmen.

    ps. schöne Schreibe.
    pss. heißt das nicht eigentlich “in der Arbeit” und “auf dem Bau”/”uff dä Bauschtell”? – ich benutze das wie Sie, werde aber dafür scheel angeguckt.

  9. @homeboy

    Fixierung auf Fäkalienentsorgung kam daher, weil mein erster Artikel in der Richtung so herrliche Kommentare hervor gebracht hat. Ich schreib lieber was kontroverse Diskussionen erzeugt (im Englischen passt der Begriff “Shit Storm” hier ganz toll).
    Bei mir heisst das übrigens “auf der Arbeit”, weil mein Schreibtisch sieht wie ‘ne Baustelle aus.
    🙂

  10. Wobei

    die Minderung des Ressourcenverbrauchs, entgegen anderer Meinung aus dem Lager der Ökologisten, kein Ziel an sich sein kann, sondern nur ein Mittel um den Menschen und seine Umgebung harmonisch zusammenzubringen.

    Das oft geforderte “Sparen” (es ist ja kein Sparen, Sparen ist hier ein Euphemismus) beim Ressourcengebrauch um zu “Sparen” ist denn auch ein wichtiges Merkmal für die Erkennung von postreligiösem Ökologismus.

    HTH
    Dr. Webbaer

  11. Begriff des Sparens

    Wie man in Änfängervorlesungen der BWL und VWL lernen kann, ist eine vermiedene Ausgabe das gleiche wie eine Einnahme. Daher ist der Verzicht auf Wasserverbrauch mit “Wassersparen” korrekt beschrieben.

    Angesichts der Endlichkeit des Trinkwassers als knappes Gut (ansonsten hätte es keinen Preis) ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit dieser Ressource kein “postreligiösem Ökologismus”, sondern rationales ökonomisches Denken.

  12. Sparen

    Daher ist der Verzicht auf Wasserverbrauch mit “Wassersparen” korrekt beschrieben.

    meint das Anhäufen von Ressourcen, nicht einen Wenigerverbrauch die Ressourcen belastend.

    Man spart in praxi nicht dadurch indem man “nur” €1k oder $1k vom Konto abzieht sondern indem man dem Konto Geld hinzufügt.

    -> http://www.duden.de/rechtschreibung/sparen

    HTH
    Dr. W

  13. Trockenklo:70% leben 2050 in Städten

    Mit meinem begrenzten Wissen erfüllt ein Trockenklo ein Nischenbedürfnis. 70% aller Menschen werden 2050 in Städten wohnen und ein Klo egal welchen Prinzips muss in diese urbane Situation hineinpassen und soll Hygiene und Gesundheit sichern und nicht etwa unkontrollierbar machen oder von Praktiken des Einzelnen allzu stark abhängig machen.
    Wenn ein Trockenklo Wasser spart ist das nicht per se gut und erstrebenswert sondern hängt wiederum von der Umgebung ab. In vielen Teilen Deutschland gibt es nicht zuwenig Wasser, wie man ja kürzlich miterleben konnte. Wenn ein Trockenklo die Wahrscheinlichkeit von Infektionen oder Selbstinfektionen erhöht, dann ist das schlecht in einer urbanen Situation, wo eine Person (z.B. als Lehrer) mit tausenden andern in Berührung kommen kann.
    Viele Visionen zukünftiger “nachhaltiger” Städte rechnen bereits mit Fäkalien und Urin, die per Kanalisation gesammelt und dann aufbereitet werden. So etwas sollte aber nur streng kontrolliert gescheheh. In unqualifizierten Händen ist eine Aufbereitung und Wiederverwendung menschlicher Ausscheidungsprodukte ein Gesundheitsrisiko.

  14. Toilette ohne Wasser

    Eine Toilette ohne Wasser ist das wirklich die Lösung?
    Wenn man sich die Wasserknappheit im Rhein Main Gebiet in den Sommermonaten anschaut, macht es schon fast Sinn… Aber ich denke es wird bessere Lösungen geben.

  15. @Trulligans

    Welche denn? Mit dem Kacken aufhören?
    Schlag was vor, ansosnten ists die nächst beste und vor allem bereits existente, sprich verfügbare, Lösung.

  16. Absolut neu für mich

    Ein Kompost-/Trockenklo ist für mich absolut neu. Ich habe vor diesem Artikel noch etwas davon gehört.
    An sich ist die Sache eine gute Idee. Wir verschwenden immerhin so viel Wasser für unser stilles Örtchen. Wenn alle ein solches Klo hätten, würden wir also enorm viel Wasser sparen.
    Sofern in Zukunft eine vertrauenswürdige Lösung da ist, dann kann ich mir einen Umstieg sehr gut Vorstellen. Ich finde z.B. auch die wasserlosen Urinale bei McDonalds und auf Autobahnraststätten echt super.

  17. Trockenklos

    Sind die eigentlich “belastbar”, funktionieren die einwandfrei?

    Der Schreiber dieser Zeilen weiß um ein (ehemals in Funktion gewesenes) TK im Wochenendhaus, hat lange nichte mehr davon gehört, so dass auch nicht mehr nachgefragt worden ist. Soll mal nachgefragt werden?

    MFG
    Dr. W (der goutiert, dass Werbe-Webverweise, bspw. wie bei ‘Trulligans’, moderiert worden sind)

  18. An den Titelmissbraucher Braunbär

    Um es Ihnen mal klarzumachen als Freigeist (also frei von jeglichem Geist):

    Sie haben 10 € und 10 € Schulden. Vermögen also gleich null. Nun werden Ihnen die Schulden erlassen, also sind Sie 10 € im Plus. Dies ist eine vermiedene Ausgabe.

    Sie haben 0 €. Sie verdienen sich 10 € (Einnahme). Also ebenfalls eine Vermögenszunahme um 10 €.

    Verstanden? Ich glaube nicht, wie man Ihren bisherigen Beiträgen entnehmen kann.

    PS: Falls Sie weiterhin Polemiken gegen mich vornehmen, weise ich Sie auf die §§ 187 ff StGB hin.

  19. Herr Statistiker

    Ihr Kommentatorenfreund kann beim ‘Sparen’ nur auf die Etymologie (“Bedeutungslehre”) verweisen und dieses Wort germanischen Ursprungs, aber auch anderssprachig bekannt, meint das Unversehrt-Halten eines Gegenstands, der auch eine Ressource sein kann.

    “Sparen Sie mich aus Ihren Vorhaben bitte aus!” – vielleicht haben Sie dies schon einmal gehört.

    -> http://de.wiktionary.org/wiki/sparen

    MFG
    Dr. W (der dieses Thema aber nicht vertiefen wird, sich nun auch gerne ausklinkt)

  20. In der Süddeutschen (Printausgabe) war heute ein längerer Artikel zu dem Thema.
    Es klang schon plausibel, Phosphor und Stickstoff zurückzugewinnen. Das wäre mir auch wesentlich sympathischer als feste Substanz statt Urin auf den Feldern…..

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