Der Science Slam zur WM
BLOG: Science@Stage
Wissenschaft im Rampenlicht
Der WM Slam am 10.6. im SO36 in Berlin/Kreuzberg als benefiz-Veranstaltung für mit Fußball in Zusammenhang stehenden sozialen Projekten sollte die ideale Vorbereitung auf die am nächsten Tag beginnende Fußballweltmeisterschaft sein. Geladen waren ausschließlich Wissenschaftler, die ihren Fachbereich mit Fußball in Verbindung gebracht haben, sei es aus Passion oder aus beruflichen Gründen.
Die Palette der betroffenen Bereiche war erstaunlich groß, immerhin sechs Slammer aus dem ganzen Bundesgebiet waren nach Kreuzberg gereist, um gegeneinander anzutreten. Dabei waren u.a. ein Pfarrer und Doktor der Philosophie, ein Diplomvolkswirt, ein Doktor der Humanwissenschaften und ein Autor, der über den ersten Fußballehrer der Deutschen, Konrad Koch, zu berichten wußte. So bunt die Vorträge war, so begeistert war das Publikum, wobei die Show wesentlich mehr Zuspruch verdient hätte. Doch bei 32 Grad Außentemperatur und strahlend blauem Himmel – einer der ersten, an einer Hand abzuzählenden Parktage in der Berlin in diesem Jahr – war es drinnen entsprechend schwül-warm. Alle schwitzen und konnten nur mühsam mit Bier und Wasser kompensieren, was Vortragenden und Publikum von der Stirn lief. Das ist schade, denn der Organisator Gregor Büning hatte ein neues, überraschend belebendes Element in show eingebaut: eine Jury aus Prominenten aus der Fußballwelt. Auf der Bühne saßen Viola Odebrecht, frischgebackene Champions-League-Siegerin von Turbine Potsdam, Zecke Neuendorf, ehemals und bald wieder Spieler bei Hertha BSC und im Mittelfeld zu Hause wie Viola, sowie Sven-Ole Knuth vom WM Studio Mitte. Im Anschluss an jeden Slam wurde von der Jury und unter der strengen Hand des eloquenten Moderationsmeisters Marc Zeugner auf der Bühne diskutiert, kritisiert und bewertet – nach einem Punkteschema.
Die Slamdarbietungen waren im Schnitt wirklich gut, dabei gab es leider zwei Ausfälle – einer davon total. Malte Oberschelp, der ein Buch über Konrad Koch geschrieben hat, gab eine traurige Figur ab, monoton erzählte er, wie Koch die Begrifflichkeiten heutiger Fußballeidenschaft prägte. Arm an Gestik und nicht sehr motiviert – die Jury senkt die Daumen. Der nächste Ausfall war die einzige Slammerin des Abends, was besonders schade war, denn ihr Thema hätte Potential gehabt. Auf der Bühne machte sie leider mehr Werbung für ihre eigene website, ließ ihre Sprechzettel fallen, hatte technische Probleme und wirkte gemeinhin unvorbereitet. Nein, sie wirkte nicht, sie war, denn schließlich hatte sie sich erst Mittags für den WM-Slam gemeldet, da das Magazin 11 Freunde einen entsprechenden Veranstaltungshinweis gepostet hatten. Was die beiden vermissen ließen, rissen die anderen vier aber locker wieder raus, der Pfarrer, der philosophierte und Kunststücke mit dem Ball vorführt, eine empirische Untersuchung der Fußballweisheit, daß der Gefoulte nicht selber schießen darf, und, noch viel interessanter und nützlich für den Fan, der häufig nicht weiß, wann er sich freuen darf und wann nicht: die Auswirkungen von roten Karten auf das Spiel. Es wurde den Fußballbegeisterten gezeigt, daß die Heimmannschaft nicht immer von der Unterzahl der Gastmannschaft profitiert: Es kommt dafür auf den Zeitpunkt der roten Karte an. So lautete das Fazit des Slams: vor der 70. Minute “laufen lassen”, nach der 70. Minute “umhauen”.
Trotz der coolen show, die die Jury zu bieten hatte, blieb das Publikum bei der Abstimmung keinesfalls außen vor, sein Votum hatte dasselbe Gewicht wie das der Jury. Während die Jury sich auf der Bühne Luft zufächelte und wohl froh war, daß es nicht mehr als 150 Zuschauer gewesen sein dürften, wählten diese ihren Sieger – wie gewohnt in einer Applausabstimmung. Und an diesem Donnerstag hatte das Publikum einen anderen Favoriten als die Experten-Jury, so daß es zum Stechen kam. Die beiden Finalisten mußten Fragen in Sachen Fußball beantworten und wer zuerst die Antwort wußte, bekam einen Punkt. In ihren Fachbereichen wohl topfit, offenbarten sich bei den Slammern im allgemeinen Fußballwissen jedoch schnell gewisse Schwächen und nach 5 Fragen stand es lediglich erst 1:1. Zusatzfragen mußten her, bis der Gewinner endlich feststand: der Pfarrer glänzte durch intime Kenntnisse der Tattoo-Szene in der englischen Nationalmannschaft. Ein amüsantes Prozedere, die Begeisterung beim Publikum schnell in die Höhe trieb.
Schön an der Idee war die Tatsache, daß alle, die zum Gelingen dieser Veranstaltung einen persönlichen oder materiellen Beitrag geleistet haben, dies ohne eigenen finanziellen Vorteil gemacht haben. Mein besonderer Dank gilt daher den an dieser Stelle für den WM-Slam dienstbaren Geistern, Firmen und Organisationen – egal ob sie nun Fußball, Science oder Soziales dabei im Kopf hatten.