Sommernachtsblinken im Gleichtakt

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Science and the City

Erst kürzlich habe ich mich in einer lauen Sommernacht im Westerwald der vielen Glühwürmchen erfreut, die dort über Büsche und Wiesen schwirrten – Romantik pur! Vor allem, weil wir ja alle wissen, dass das Blinken dem Liebesspiel der Käfer (nicht Würmer!!!) dient. Trotzdem kommen mir als Biologin beim Anblick des feenhaften Leuchtens zwangsläufig auch Luziferase-Reaktionen und andere unsinnliche Details in den Sinn. Was ich aber bislang nicht wusste: Die Dinger glühen synchron! Zumindest manche Arten.

Diesem Phänomen sind US-Wissenschaftler der Universitäten von Connecticut und Georgia auf den Grund gegangen (Andrew Moiseff, Jonathan Copeland, Science, Bd. 329, S. 181). Sie wollten wissen, welchen Vorteil die Leuchtinsekten vom Synchronblinken haben und erschufen eine virtuelle Schimmerwelt für Glühwürmchendamen, die sie zuvor im Nationalpark Great Smoky Mountains im Bundesstaat Tennessee gefangen hatten. Mit Leuchtdioden, die im artspezifischen Muster blinken, gaukelten die Forscher den Käferweibchen die Anwesenheit potentieller Geschlechtspartner vor. Dabei glühten die Elektromännchen mal simultan, mal wild durcheinander.

Tatsächlich schienen die Weibchen vor allem auf das Gemeinschaftsblinken abzufahren: Mehr als 80 Prozent reagierten auf das synchrone Leuchten ihrerseits mit typischen Blitzen. Strahlten die vermeintlichen Männchen dagegen völlig unkoodiniert, ließen sich weniger als 10 Prozent der Damen zu einer Antwort herab.

Offensichtlich, so glauben die Forscher, fällt es weiblichen Glühkäfern leichter das Signal ihrer Männchen zu erkennen, wenn diese sich synchronisieren. Vermutlich erhöht das Simultanblinken den Fortpflanzungserfolg vor allem dann, wenn in einem Biotop viele verschiedene Arten gleichzeitig vorkommen, die alle in unterschiedlichem Rhythmus leuchten. Dann müssen sich die Weibchen nicht auf einzelne Kerle konzentrieren, sondern registrieren das Muster rundum in ihrem Gesichtsfeld.

Vielleicht finden die Damen das Synchronglühen aber auch einfach nur attraktiver. Und die Vorstellung, dass Ästhetik zählt und nicht nur Masse, erhält zumindest das romantische Gefühl beim Anblick der schwirrenden Leuchtpunkte. Ich glaube, wenn ich das nächste Mal in einer lauen Sommernacht im Freien sitze, werde ich diese Möglichkeit wählen!

  • Veröffentlicht in: Sex

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Die besten Geschichten schreibt bekanntlich das Leben, aber was sagt eigentlich die Wissenschaft dazu? Einst Biologin, heute freie Journalistin, gehe ich hier dieser Frage nach – in Deutschland und dem Rest der Welt. Denn wenn ich nicht gerade arbeite, bin ich am liebsten in meinem blauen Mercedes 508D unterwegs... wer mehr darüber wissen will: Unter www.team-ferdinand.de blogge ich Geschichten von unterwegs. Stefanie Reinberger

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