Soziale Medien: Neuland mit Altlasten

BLOG: RELATIV EINFACH

… aber nicht einfacher
RELATIV EINFACH

So richtig angefangen hat meine Beschäftigung mit sozialen Medien vor etwas mehr als zehn Jahren. Erst privat, dann auch als Werkzeug für die Wissenschaftskommunikation. Und mittlerweile scheinen wir ja in eine Zeit hineingeschlittert zu sein, wo unser Umgang mit sozialen Medien eine wichtige Rolle dafür spielt, wie es mit unseren Gesellschaften weitergeht.

Premiere in sozialen Medien: Mein erster Tweet. "Decided to start twittering on occasion of arriving at #dotastro 2011. Peer pressure, anyone?"
Mein erster Tweet, 2011

Mythos Filterblase

Eine der Gemeinheiten in der Wissenschaft wie im Leben ist ja, dass es sehr einfache Fragen gibt, auf die man nur sehr schwer eine Antwort findet. Beim Thema Online-Kommunikation und soziale Medien begegnen uns solche Fragen auf Schritt und Klick. Wie Twitter oder Facebook im Kleinen funktioniert, ist zwar nicht schwer zu verstehen. Ich schreibe kürzere oder längere Nachrichten, andere lesen sie und reagieren darauf (oder auch nicht).

Welche der Nachrichten von anderen Menschen mir der Online-Service dann in welcher Reihenfolge zeigt, ist deutlich undurchsichtiger, aber auch da gilt: Wenn ich mich für die Nachrichten eines bestimmten anderen Menschen besonders interessiere, dann gibt es Mittel und Wege, wie ich dessen Nachrichten besonders häufig zu Gesicht bekomme, ohne etwas zu verpassen.

Spannender sind die sozialen Aspekte. Da ranken sich um die sozialen Medien einige Mythen, die verschleiern, dass die Grundfragen online eigentlich dieselben sind wie im nicht-digitalen Leben. Die berühmte „Filterblase“ beispielsweise. Haben sie offline keine solche Blase? Haben sie einen diversen Freundes- und Bekanntenkreis, in dem sie regelmäßig die Meinungen von Schwarzen Menschen, Menschen mit Behinderungen, Umweltexperten, allgemeiner Menschen mit ganz anderem Hintergrund als sie selbst hören? Und immer einmal wieder die Meinung von Menschen, deren politische Haltung sich von ihrer eigenen grundlegend unterscheidet?

Die meisten Menschen, von denen ich so etwas weiß, haben ebenso wie ich eine Alltagsblase – im Freundeskreis ist man sich zumindest von den Grundfragen her einig, bei der Arbeit spart man kontroverse Themen nicht selten pauschal aus, zumindest bei einigen Kollegen, um konstruktiv zusammenzuarbeiten. Bei mir und noch allgemeiner ist es im Gegenteil so, dass ich gerade auf den sozialen Medien (das heißt bei mir derzeit vor allem: Twitter) auf besonders viele Menschen stoße, die ganz anders sind als ich. Wer auf Twitter Personen des öffentlichen Lebens folgt, insbesondere Politikern und Journalisten, kann überhaupt nicht vermeiden, vehemente Kommentare von Menschen mit gänzlich anderer Orientierung zu lesen.

Mythos Shitstorm

Die Vehemenz bringt uns direkt zum vielzitierten „Shitstorm“. Auch der ist eine Folge sozialer Konventionen. Diskutieren in der Bahn zwei Menschen hörbar über Klimawandel oder die AfD oder Kindererziehung oder irgendein halbwegs zu Kontroversen taugliches Thema, dann hätten zahlreiche Umsitzende sicher einiges an Zustimmung, Einspruch und Zusatzargumenten zu bieten. Sie melden sich aber nicht zu Wort, weil es als unhöflich gilt, sich in Gespräche fremder Menschen einzumischen.

Könnten wir diese Konvention mit einem Fingerschnipsen aus den Köpfen der Menschen verschwinden lassen, würde ein Großraumwagen eine ähnliche Dynamik entwickeln wie sie in den sozialen Medien an der Tagesordnung. Im Guten wie im Schlechten: Sicher würde man eine Reihe anregender Meinungen hören, auf die man im engeren Bekanntenkreis nie gestoßen wäre; sicher würde man gelegentlich interessante Gesprächspartner finden, die einem beim nicht-sozialen Bahnfahren entgangen wären. Allerdings würde auch dort gelten: Diejenigen, die sich am lautesten und penetrantesten in die Diskussion einbringen, sind nicht unbedingt diejenigen mit den spannendsten Redebeiträgen.

Und gelegentlich, jetzt sind wir beim Shitstorm, würde sich die Dynamik gegen Einzelne wenden: Wer eine These äußert, die bei zahlreichen der Anwesenden verärgerten Widerspruch hervorruft, würde auf einmal das Ziel vieler kritischer Anmerkungen. Selbst wenn dieser Gegenwind frei von Beleidigungen und unsachlichen Anwürfen bliebe (was gerade bei emotional aufgeladenen Themen nicht zu erwarten ist): Alleine der Umstand, in schneller Folge von vielen Menschen Paroli geboten zu bekommen, stellt psychologisch durchaus eine Belastung dar und wird von den meisten Menschen als unangenehm empfunden, selbst oder vielleicht gerade dann, wenn man den eigenen Standpunkt nach wie vor für richtig hält.

Zweifellos wird dieses Phänomen in den sozialen Medien auch gezielt genutzt. Wer in Diskussionen bestimmte Reizworte fallen lässt, bei den mir persönlich bekannten Beispielen geht es dabei um das Thema Feminismus, kann erleben, dass sich auf einmal zahlreiche Menschen, die im eigenen Umfeld bis dahin noch nicht in Erscheinung getreten waren, vehement mit kritischen Kommentaren (und, ja, dann leider auch Beleidigungen und Anwürfen) in den Diskussionsfaden einbringen.

Zeitskalen und Promi-Malus

Bei dieser und bei anderen Arten von Vernetzung versagen die Offline-Alltagsanalogien, nicht zuletzt, weil die Zeitskalen ganz andere sind. Ein Gerücht oder eine Nachricht hat sich zwar auch in der guten alten Zeit der Schnurtelefone und persönlichen Gespräche schon im Freundes- und Bekanntenkreis ausgebreitet, aber vergleichsweise langsam. Dass bei Online-Diskussionen binnen Minuten die Bekannten- und Vernetzungskreise der bereits Beteiligten mit hineingezogen werden können, wie es für einen Shitstorm nötig ist, der dann auch jenseits der sozialen Medien Aufmerksamkeit bekommt, ist neu, und wir haben noch nicht die richtigen sozialen Konventionen dafür entwickelt, mit solchen Phänomenen angemessen umzugehen.

Ein anderer Aspekt der Kommunikation auf sozialen Medien dagegen ist nicht neu. Wer durch Film, Fernsehen oder Zeitung vielen Menschen bekannt ist, für den galten auch im Alltag nie die üblichen Abstandsregeln. Der oder die wurde immer schon von wildfremden Menschen angesprochen und in Gespräche verwickelt, je nach Typus der Bekanntheit um ein Autogramm oder gemeinsames Foto gebeten. Die grundlegende Asymmetrie bestand und besteht darin, dass ein prominenter Mensch von vielen anderen Aufmerksamkeit und Aufforderungen zur Kommunikation bekommt, dass aber seine eigene Zeit wie die jedes anderen Menschen begrenzt ist. Selbst diejenigen Promis, die dereinst jeden Brief eines Fans beantwortet haben, können solche guten Vorsätze nicht ins digitale Zeitalter hinüberretten, wenn auf Twitter im Minutentakt die Fragen und Kommentare auf sie hereinprasseln.

Genau an diese Systematik muss ich denken, wenn schon wieder irgendein halbwegs Prominenter abfällige Bemerkungen darüber macht, dass ja “auf Twitter” alles so nervig und niveaulos ist. Sorry, aber speak for yourself. Das ist die Schattenseite des Umstandes, dass du einigermaßen bekannt bist und daher viel öfter von Menschen dumm angequatscht wirst. Meine Timeline funktioniert (toi, toi, toi) bislang noch deutlich anders, und die von den meisten anderen Menschen vermutlich auch.

Mit der Asymmetrie war immer schon Macht verbunden. Dass, wer prominent und gefragt ist, allein aus Zeitgründen nicht jedem Fragesteller antworten kann, war und ist allgemein einsichtig. Dass diese Macht zur Auswahl auch eine Möglichkeit bietet, unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen, ist nicht neu. Dass das Interesse vieler anderer eine Plattform schafft ebenso wenig, und auch am Influencer ist nur die anglisierte Wortwahl eine Neuerung; dass die Meinungsäußerungen Prominenter auch bei Themen jenseits ihres eigentlichen Kompetenzbereiches leichter und weiter Verbreitung finden als die Aussagen entsprechender Experten ist spätestens der Fall, seit es die Regenbogenpresse gibt.

YouTube und Regenbogenpresse

Was im Vergleich zu früher dagegen tatsächlich wegfiel, ist das Kalkül, mit dem die Regenbogenpresse politische Themen weitgehend als polarisierend und damit geschäftsschädigend vermeidet. Wer als YouTuber seine eigene Marke kreiert hat, ist deutlich freier darin, auch einmal Videos zu drehen, die den klassischen Marketingüberlegungen nach zahlreiche Fans verprellen könnten.

Rezo mit seinem Anti-CDU-Video ist zwar, und seine Kritiker haben ja auch bereits versucht ihm daraus einen Strick zu drehen, keine reine Privatperson. Sein Management durch die Firma TUBE ONE Networks GmbH „kümmert sich um die Entwicklung deiner Karriere,“ so das Versprechen an die Influencer die dort anheuern, und hinter der Firma steht das große Werbe-Konglomerat Ströer, das in Deutschland diverse Außenflächen ebenso bespielt wie die Nachrichtenwebseiten von t-online.de.

Aber immerhin lässt diese Betreuung (wie dem sozialen Medium YouTube angemessen!) den Influencern die Freiheit, nach den Musikvideos („BÄLLEBAD-Song!“) und Comedyangeboten („Die peinlichsten KINDERFOTOS von Joey und Rezo“) dann einmal in eine ganz andere Richtung zu gehen und ein Video zu Europawahl, Klimawandel und der deutschen Parteienlandschaft zu drehen. An dieser Stelle bräuchte dieser Text einen automatischen Zähler; zumindest zum Zeitpunkt des Abfassens wurde das Rezo-Video auf YouTube knapp 9.4 Millionen Mal abgespielt, jetzt wo ich ihn Einpflege über 15 Millionen.

Die wenigen und die vielen

Die Reaktionen aus den Reihen der CDU, die Rezo in seinem Video besonders aufs Korn nimmt, reichten von hilflos (das angekündigte und dann doch nicht gezeigte Video, die offizielle PDF-Stellungnahme) bis souverän (zum Beispiel Ruprecht Polenz). Dabei ist die Frage, die dahintersteht, eigentlich wieder einfach und alles andere als neu: Wie kommunizieren Politiker und Parteien denn eigentlich mit den ganzen Bürgern “da draußen”?

Die Gewohnheiten, die sich da herausgebildet hatten und jetzt zu Problemen führen, entsprechen noch den alten Kommunikationsformen: Die Bürgersprechstunden, die ein direktes Gespräch in geordnetem, kleineren Rahmen ermöglichen. Der durchaus nachvollziehbare Effekt, dass letztlich natürlich jene ihre Themen verstärkt einbringen, die bereit sind, sich dafür in einer Partei zu engagieren. Besonders aufrüttelnde Themen, die zu öffentlichen Demonstrationen, zu Sit-Ins, zu anderen Arten von Protest führten. Soziale Medien funktionieren aber nun einmal nicht ganz so.

Und mitten drin in zentraler Stellung die herkömmlichen Medien: Zeitungen und Fernsehsender, die einen Großteil dessen mitbestimmten und mitbestimmen, was von Seiten der Politik aus als Meinung des stereotypen Mannes (leider allzu oft: sic!) auf der Straße wahrgenommen wird. In einer Spitzenposition die vielgehasste und vielgelesene BILD-Zeitung, die so mancher, wie Edmund Stoiber es in einer ARD-Dokumentation zum 60jährigen Bestehen des Blattes formulierte, als „eine Art direkter Demokratie“ wahrnahm und wahrnimmt.

Unfreiwillig Butter bei die Fische

Jetzt, im Zeitalter sozialer Medien, hat sich die Lage grundlegend gewandelt, könnte man denken. All diejenigen, die sich immer auf die Fahnen geschrieben haben, auf die Sorgen und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger hören zu wollen, haben jetzt auf einmal weitgehende technische Möglichkeiten dazu – und sind erwartungsgemäß überfordert.

Der Großteil der Diskussion dreht sich wieder einmal um die entgegengesetzte Kommunikationsrichtung: um die Fake-News, die über die sozialen Medien verteilt werden, darum, wie man auf diesen Medien möglichst viele Menschen mit den eigenen Botschaften erreicht. Allein dass die Reaktion erst jetzt erfolgt, wo ein erfolgreicher Influencer sich des Themenkreises Europawahl und Klimawandel angenommen hat, lässt tief blicken, denn zahlreiche Altersgenossen und noch mehr Nicht-Altersgenossen dürften bereits lange vorher auf Twitter oder WhatsApp ganz ähnliches gesagt und diskutiert haben.

Aber letztlich hat sich die Lage dann doch wieder nicht so grundlegend gewandelt, wie man meinen könnte. Sicher machen die technischen Möglichkeiten es deutlich einfacher, mit anderen zu kommunizieren. Aber um diese Möglichkeiten zu nutzen, braucht es letztlich Menschen, die kommunizieren und die Zeit zur Kommunikation investieren müssen. Diese Lektion haben so ziemlich alle Organisationen und Unternehmen gelernt, die online erfolgreich unterwegs sind: echte Online-Kommunikation benötigt eine beträchtliche Investition an Zeit und Personal.

Seelenlose automatisierte Kampagnen von Großunternehmen können da floppen, wo beispielsweise der Charakterkopf eines kleinen englischen Landwirtschaftsmuseums Kult wird (und, zugegeben, inzwischen von Elon Musks Firma Tesla abgeworben wurde). Persönliches Engagement ist damals wie heute nötig – wer sich regelmäßig auch außerhalb der Wahlkampfzeiten in die Fußgängerzone stellte und die Passanten in politische Gespräche verwickelte, hat gute Chancen, auch in der neuen Online-Welt erfolgreich zu kommunizieren.

Und innerhalb der Parteien ist die Frage damals eigentlich auch dieselbe wie heute: Wie fließt die Rückmeldung, die man bei solchen Gesprächen von „denen da draußen“ erhält, wie fließt das, was man auf sozialen Medien an Rückmeldung bekommt in die eigene Politik ein? Organisiert man einen systematischen Kommunikationsfluss von der Basis in Richtung Spitze? Oder unternimmt man nichts dergleichen und betrachtet letztlich wieder die BILD-Zeitung, oder in modernerer Version die vielgeklickten Videos der Influencer, als Stellvertreter dafür, was, „die da draußen“ bewegt und umtreibt?

Neuland erkunden

Soziale Medien sind eine spannende Mischung aus neuen und alten einfachen Fragen mit alles andere als einfachen Antworten. Viele der Antworten haben wir noch nicht. An einer Reihe von Stellen sind wir aber leider offenbar noch nicht einmal soweit, dass wir gezielt und mit Priorität danach suchen würden.

Ich weiß nicht, ob Angela Merkel den Begriff Neuland damals mit diesem ganzen Themen im Hinterkopf benutzt hat; die Kritik an ihr fand ich ebenso wenig angebracht wie die an Donald Rumsfeld und seinen Unknown Unknowns. In einer Reihe wichtiger Hinsichten ist das Internet, sind soziale Medien Neuland, und Neuland muss man gezielt und systematisch erkunden. Das geschieht von Seiten vieler Individuen seit langem enthusiastisch und experimentierfreudig, von Seite der offiziellen Institutionen leider immer noch eher zaghaft. Um wieviel es dabei letztlich geht sollte aber hoffentlich inzwischen jede*r mitbekommen haben.

Avatar-Foto

Markus Pössel hatte bereits während des Physikstudiums an der Universität Hamburg gemerkt: Die Herausforderung, physikalische Themen so aufzuarbeiten und darzustellen, dass sie auch für Nichtphysiker verständlich werden, war für ihn mindestens ebenso interessant wie die eigentliche Forschungsarbeit. Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam blieb er dem Institut als "Outreach scientist" erhalten, war während des Einsteinjahres 2005 an verschiedenen Ausstellungsprojekten beteiligt und schuf das Webportal Einstein Online. Ende 2007 wechselte er für ein Jahr zum World Science Festival in New York. Seit Anfang 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, wo er das Haus der Astronomie leitet, ein Zentrum für astronomische Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, seit 2010 zudem Leiter der Öffentlichkeitsarbeit am Max-Planck-Institut für Astronomie und seit 2019 Direktor des am Haus der Astronomie ansässigen Office of Astronomy for Education der Internationalen Astronomischen Union. Jenseits seines "Day jobs" ist Pössel als Wissenschaftsautor sowie wissenschaftsjournalistisch unterwegs: hier auf den SciLogs, als Autor/Koautor mehrerer Bücher und vereinzelter Zeitungsartikel (zuletzt FAZ, Tagesspiegel) sowie mit Beiträgen für die Zeitschrift Sterne und Weltraum.

64 Kommentare

  1. Shitstorms sind kein Mythos, es stimmt aber, dass es ähnliche soziale Phänomene auch schon früher gab. Diese endeten dann in Lynchmorden, Hexenverbrennungen oder einem erzwungenen Exil. Heute kehren solche – in meinen Augen – aus dem Mittelalter stammenden Formen miteinander umzugehen wieder zurück. Genau wie im Mittelalter und in Zeiten vor dem Rechtsstaat kehren soziale Ächtung und Ausgrenzung allein aufgrund „falscher“ Ideen oder „falschen“ Engagements zurück. Kürzlich verlor etwa der Verteidiger von Harvey Weinstein seine Stellung als Fakultätsvorsteher in Harvard – weil er Weinstein verteidigen will. Dass jetzt sogar Universitäten und Akademiker Political Correctness und konformes Verhalten gemäss dem lokalen Codex für wichtiger halten als Freiheit und Diversität (hier meine ich eine andere Diversität als im üblichen Sprachgebrauch) zeigt auch, dass es keinesfalls nur der Pöbel ist, der anfällig dafür ist die Welt in schwarz und weiss einzuteilen und anstatt zu reden einfach mal zuzuschlagen.

    Filterblasen in der Form eines vermeintlichen Konsens aber gab und gibt es schon immer. Gerade las ich in einem Interview Ian McEwan‘s Aussage, er habe in seinem Bekanntenkreis niemanden gekannt, der den Brexit unterstützte, aber dieser niemand war dann die Mehrheit der Wähler.

    • Was Sie hier verbreiten, ist gerade der Mythos: Dass Shitstorms angemessen nur mit der Massenhysterie vor Lynchmorden, Hexenverbrennungen und anderem zu vergleichen sind. Meine Ansicht: Hängen Sie’s mal deutlich tiefer. Das meiste, das als “Shitstorm” bezeichnet wird, dürfte eher das Analogon dazu sein, dass Sie gegenüber mehreren Menschen eine aus deren Sicht abwegige oder anstößige Meinung äußern und dann von mehreren Menschen kontra bekommen. Umgekehrt wird “Shitstorm” dann ja von einigen gerne genutzt, um sich selbst eben in die Nähe der Opfer von Hexenverbrennungen und Lynchmorden zu rücken. Was das eigene Ego vermutlich weniger ankratzt als in entsprechenden Fällen beispielsweise zu erkennen, dass man da schlicht solchen toxischen Mist von sich gegeben hat, dass zahlreiche Menschen mehr oder weniger unabhängig voneinander beschlossen haben, da mit Worten kontra zu geben.

      “Political Correctness” ist schon wieder so ein Kampfbegriff, den ich (mindestens in letzter Zeit) fast nur dort höre, wenn sich Menschen darüber ärgern, dass bei Ihnen Anständigkeit angemahnt wird, aber zu feige sind zuzugeben, dass ihnen ihre Privilegien und das, was sie gewohnt sind, wichtiger ist als Anständigkeit. Dass darauf dann eine in eine ganz bestimmte Richtung verzerrte Wiedergabe des Falls von Ronald Sullivan folgt, wundert mich gar nicht. Dass es bei der betreffenden Rolle insbesondere um eine leitende Funktion an einem der “residential colleges” geht, inklusive einer Beratungsfunktion für die Studierenden (auch solcher, die selbst von sexuellem Missbrauch betroffen sind), sollte man da nicht unter den Tisch fallen lassen. Ich finde die Argumentation in The Crimson zumindest bedenkenswert. Und nichts, was man mit solch entstellenden Verkürzungen abtun sollte.

  2. @Markus Pössel: Das Spektrum dessen was als Shitstorm bezeichnet wird ist sicher gross. Aber häufig ist der Hintergrund doch eine Überinterpretation einer Aussage und in einigen Fällen führt das dann zum Jobverlust. Aktuelles (bewusst “harmloses”) Beispiel (Zitat aus Irritierend sind nicht Donovans Worte, sondern die Entschuldigung der UBS und die überzogene Reaktion Chinas ): In einem inzwischen entfernten Podcast hatte Paul Donovan, Chefökonom der Vermögensverwaltung bei der UBS, am Mittwoch die gestiegenen Lebensmittelpreise in China mit den hohen Preisen für Schweinefleisch erklärt. Die sind wegen der Afrikanischen Schweinepest, die in Asien wütet, in der letzten Zeit gestiegen. «Spielt das eine Rolle? Es ist wichtig, wenn du ein chinesisches Schwein bist. Es ist wichtig, wenn man gerne Schweinefleisch in China isst», hatte der Ökonom gesagt. Es war eine Erklärung, die in China falsch verstanden werden wollte – und es brachen wieder einmal alle Dämme.
    Solche (bewusste, bösartige?) Überinterpretationen (die es auch im Fall von Ronald S. Sullivan gab und gibt) sind genau der Grund warum ich von “Political Correctness” spreche. Damit meine ich ein Phänomen, dessen Schwerpunkt ich in gewissen US-Eliteuniversitäten verorte. Dieses Phänomen hat mit (Zitat) Anständigkeit und anständigem Verhalten wenig zu tun. Vielmehr gehört zur PC eine ganz andere Art die Welt warzunehmen und überall Mikroagressionen, Herabsetzungen, Missachtungen andere Identitäten, Kulturelle Aneignung (Indianerkostüm an Fasnacht) zu sehen, wobei der Begriff Political Correctness sich vor allem auf die Sprache bezieht aber typischerweise so weit geht, dass Kinderbücher umgeschrieben werden müssen.
    Zum weiteren Umfeld der PC gehören dann Safe Spaces, Trigger Warnings (Achtung Ovid könnte ihr Sittengefühl verletzen) und in Universitäten das immer häufigere Phänomen, dass eine missliebige Person ausgeladen wird und keinen Vortrag halten darf.
    Anständigkeit und Höflichkeit bedeutet etwas ganz anderes als Political Correctness und hat schon immer etwas ganz anderes bedeutet. Wenn das nicht so wäre, hätte der Begriff Political Correctness gar nie erfunden werden müssen.

    • Dann sind Sie offenbar auch dem Mythos der Political Correctness aufgesessen, der gerne von denen gepflegt wird, die sich einreden wollen, dass alle Beschwerden, die sie unter dem Begriff subsumieren (oder zumindest die allermeisten, oder zumindest diejenigen, bei denen sie sich an die eigene Nase fassen müssten) sämtlich nur auf Überreaktionen anderer Menschen beruhen, oder gar gezielte Manipulationsversuche darstellen. In dieser Analyse hier in der Zeit von April 2017 ist die Geschichte des Begriffs ganz gut beschrieben: Political Correctness: Vom Medienphantom zum rechten Totschlagargument.

      Meine persönliche Erfahrung ist, dass all das, was Sie da beschreiben (Mikroagressionen, Identitätsfragen, kulturelle Aneignung, Safe Spaces, Triggerwarnungen) jeweils einen durchaus vernünftigen Kern hat, bei dem es ganz zentral um Anstand und insbesondere um Rücksichtnahme geht. Ob man diesem vernünftigen Kern gemäß sein Verhalten anpasst oder ob man das alles mit einem arroganten “Die sollen sich nicht so anstellen!” beiseitewischt, sich verzerrend auf die Extrembeispiele konzentriert (über die man sich dann ja ach so herrlich lustig machen kann), alle diese Dinge unter dem Kampfbegriff “Political Correctness” abheftet und sich selbst gratuliert, dass man da ja nichts falsch gemacht hat sondern nur die anderen alle so schrecklich überempfindlich sind, ist natürlich jedem selbst überlassen.

  3. Ins weitere Umfeld der „Political Correctness“ gehört für mich auch die Entscheidung der New York Times, keine Karrikaturen mehr in ihrer internationalen Ausgabe zu veröffentlichen. Der von der NYT entlassene Chappatte schreibt dazu unter The end of political cartoons at The New York Times (Übersetzt von DeepL):
    Ich fürchte, es geht hier nicht nur um Cartoons, sondern um Journalismus und Meinung im Allgemeinen. Wir sind in einer Welt, in der sich moralistische Mobs auf Social Media versammeln und wie ein Sturm aufsteigen und in einem überwältigenden Schlag auf die Redaktionen fallen. Dies erfordert sofortige Gegenmaßnahmen der Verlage, die keinen Raum für Überlegungen oder sinnvolle Diskussionen lassen. Twitter ist ein Ort der Aufregung, nicht der Debatte. Die empörten Stimmen neigen dazu, das Gespräch zu definieren, und die wütende Menge folgt hinterher.

    Die deutlichsten negativen Beurteilungen der Political Correctness fand ich aber bei Hans Ulrich Gumbrecht, über den im von ihnen verlinkten Zeit-Artikel steht (Zitat): Zu den Ausnahmen zählen vereinzelte Konferenzberichte, in denen Politikwissenschaftler wie Claus Leggewie oder der USA-Kenner Hans Ulrich Gumbrecht als Verteidiger der neuen Korrektheit auftreten.

    Man lese dazu etwa den Artikel Die Dialektik der Mikro-Aggression
    Politische Korrektheit als neues 1968: Hat die neue Jugendbewegung Zukunft?

    • Chappatte: Genau, da haben wir ihn wieder, den Versuch, entsprechende Reaktionen schlechtzureden. Da werden legitime Situationen, in denen einer bestimmten Aktion oder Aussage von vielen Menschen parallel kontra geboten wird, mit “moralistisch”, “Mobs” und “wütende Menge” pauschal entwertet – so als sei alles dasselbe. Und die typische Twitter-Unkenntnis, die ich oben glaube ich auch erwähnt hatte (Twitter pauschal, als gäbe es keine Timeline) findet sich da auch wieder. Insofern: In der Tat ein Paradebeispiel für problematisch-ignoranten Umgang mit sozialen Medien, wie ich ihn oben thematisiere.

      Gumbrecht fängt zwar so an, wie das leider nicht selten zu laufen scheint (aus persönlichem Ärgern wird ein Problem der ganzen Umwelt abgeleitet), aber am Ende bekommt er ja doch noch eine interessante Kurve. Dass die betreffenden Studierenden eben nicht intellektuell fauler und weniger gewitzt sind als früher (solches Aburteilen geht ja nicht selten mit political-correctness-Kritik Hand in Hand), und dass man von der Art und Weise, wie sie ohne persönliche Verletzungen miteinander umgehen, durchaus etwas lernen kann. Beides ist alles andere als negativ.

  4. Der Zeit-Artikel Political Correctness: Vom Medienphantom zum rechten Totschlagargument will den Begriff Political Correctness als genuin linkes Projekt darstellen, indem er unterstellt, es seien die Rechten, die Primitivlinge, die sich über politische Korrektheit genauso lächerlich machten wie etwa über das Schicksal der Flüchtlinge oder die “Gutmenschen”, die nicht an sich sondern an die anderen denken.
    Doch das ist in meinen Augen und aufgrund meiner eigenen Lektüre ein Fehleinschätzung und Fehleinordnung. In meinen Augen dient “Politische Korrektheit” dazu, bereits liberal denkende Menschen auf die “richtige” Linie zu bringen, sie zu disziplinieren und wenn nötig zu entfernen. In diesem Umfeld passieren dann auch Dinge wie die Entlassung des New York Times Karrikaturisten Chappatte einfach darum weil Karrikaturen an und für sich politisch inkorrekt sind. Nicht zufällig waren schon bei früheren Vorfällen im Zusammenhang mit Karrikaturen viele “politsch Korrekte” nicht auf Seiten der Angegriffenen (bei den Karrikaturisten etwa von L’Hebdo ) sondern sie äussersten gar Verständnis für diejenigen, die sich an den Karrikaturen empörten.
    Auch das was Hans Ulrich Gumbert in Stanford erlebt hat, zeigt für mich aufs Deutlichste, dass praktizierte Politische Korrektheit nicht etwa gegen Rechts vorgeht, sondern gegen Professoren in ihren eigenen Reihen, also gegen liberal eingestellte. Diese von den Politisch Korrekten angegriffenen Liberalen sind einfach noch zuwenig auf Linie und müssen nun auf Linie gebracht werden.

    Im übrigen ist es in meinem Augen absurd, etwa Donald Trump “politische Unkorrektheit” zu unterstellen oder ihn dafür zu loben oder zu tadeln. Denn Donald Trump ist auch für jeden noch so konservativ Denkenden nicht nur ein Rüppel, sondern er verletzt andere Menschen ganz bewusst. Er pflegt offen Rassismus, er will andere erniedrigen und tut das auch wenn immer es ihm passt. Der Begriff “Politische Korrektheit” wurde – ganz anders als es der Zeit-Artikel darstellt – nicht für Leute wie Donald Trump erfunden, sondern er wurde gerade für liberal denkende erfunden, die noch nicht ganz auf der richtigen Linie sind – was immer die richtige Linie ist.

    • Nein, das ist aus meiner Sicht wiederum eine sehr verzerrte Darstellung, die den Kern der Sache unter den Tisch fallen lässt. Im Kern geht es um Rücksichtnahme auf benachteiligte Gruppen – ohne den “die sollen sich nicht so anstellen!”-Reflex, ohne ein unvollständiges in-die-Hineinversetzen auf dessen Grundlage die dominante Gruppe dann entscheidet, dass man das nicht ernstnehmen muss, oder dass da Betrug im Spiel ist – sprich, dass es um etwas ganz anderes geht; Ihrer persönlichen hier jetzt geäußerten Fehlvorstellung nach darum “bereits liberal denkende Menschen auf ‘die richtige’ Linie zu bringen.”

      Ich erinnere mich übrigens auch nicht, dass in meinen diversen Timelines jemand Donald Trump “politische Unkorrektheit” unterstellt hätte. Der Terminus kommt meiner Erfahrung nach, genau wie “politisch korrekt”, in der Regel als Kampfbegriff benutzt, siehe eben den ZEIT-Artikel. Stattdessen wurde dort eben kritisiert, wie Trump entsprechend Rassismus oder andere unschöne -ismen gefördert hat.

      Und nachdem wir hier jetzt doch einigermaßen vom eigentlichen Thema abgedriftet sind: In diesem SPIEGEL-Artikel kann man lesen, wie eine wirkliche Hetzjagd aussieht – mit Morddrohungen, veröffentlichter Adresse, gezielter Aufwiegelung von durchaus gewaltbereiten Gruppen und dergleichen. Das mit demselben Shitstorm-Begriff wie jene Situationen zu belegen, in denen sich lediglich zahlreiche Menschen über dieselben Aussagen oder Handlungen ärgern und auf den sozialen Medien entsprechende (zum Teil dann auch durchaus verärgerte!) Kritik üben, zeigt doch, wie sinnentstellend allgemein der Begriff mittlerweile verwendet wird.

  5. @Markus Pössel (Zitat): Im Kern geht es um Rücksichtnahme auf benachteiligte Gruppen Zustimmung, das ist das Programm dahinter und es erklärt dann Begriffe wie Safe Spaces, Trigger Warnings, Microagression etc.
    Nur, jetzt kommt der innere Widerspruch: Der Ausgangspunkt dieses Kümmerns um Opfer/Benachteiligte sind ja die US-Eliteuniversitäten, in denen Priviliegierte studieren (es ist ja bereits eine hochgradig selektierte Auswahl). Die junge Elite nimmt also nun Empfindlichkeiten für sich in Anspruch, die ihre Eltern niemandem – und zuletzt noch sich selbst – zugestanden hätten. Eine junge, privilegiert und in Wohlstand Aufgewachsene, die in Harvard etwa Literatur studiert weigert sich nun beispielsweise eine der Pflichtlektüren zu lesen, weil sie in einer Triggerwarning vor Darstellungen von nach heutigen Vorstellungen inadäquaten Geschlechterverhältnissen gehört hat.
    In der US-Provinz aber, wo es derber zu und her geht, und wo es mehr Menschen gibt, die nicht nur vorgeben traumatische Erlebnisse gehabt zu haben, sondern die wirklich solche hatten, dort spricht niemand von Triggerwarnungen und allem drum herum.
    Mir fällt es schwer die Political Correctness (mit allem drum und dran) wie sie an US-Eliteuniversitäten gepflegt wird, überhaupt zu verstehen (ich tendiere dazu den US-Puritanismus am Werk zu sehen). Und nicht nur mir. Viele europäische Dozenten, die dort doziert haben, und zwar solche sowohl aus dem liberalen als auch dem dezidiert linken Lager, gaben und geben sich ebenfalls irritiert. Dazu etwa: Slavoj Žižek thinks political correctness is exactly what perpetuates prejudice and racism

    Noch zum verlinkten Spiegel-Artikel, den sie im Zusammenhang mit dem Begriff Shitstorm bringen. Mir würde der Begriff Shitstorm dazu gar nie in den Sinn kommen. Sie schreiben ja auch nicht Shitstorm, sondern Hetzjagd stellen dann aber doch eine Verbindung zwischen den Begriffen her. Ich aber verbinde mit einem Shitstorm eher eine massive Reaktion von Lesern, die prinzipiell auf einer ähnlichen Wellenlänge wie der Sender (Schreiber) operieren, die nun aber etwas Unerhörtes, Rassistsches, etc, in den Text hinein interpretieren und sich dann bis zum geht nicht mehr empören.

    • Nein, was Sie da als Widerspruch konstruieren, ist künstlich verengt. Menschen, auf die man Rücksicht nehmen sollte, finden Sie überall. Das fängt zum Beispiel damit an, Menschen in Deutschland, die Ihren Maßstäben nach “fremd” aussehen, nicht automatisch danach zu fragen, woher sie denn kämen. Das deutsche #metwo bringt viele Beispiele an entsprechenden kleinen Rücksichtslosigkeiten. Und entsprechend wird der Kampfbegriff “political correctness” dann ja auch in solchen deutschen Debatten ins Feld geführt. (Und sorry, Slavoj Žižek scheint mir schlicht ein Provokateur zu sein; den kann ich nicht recht ernst nehmen.) Zum Spiegel-Artikel: Doch, die schreiben sehr wohl von einem “regelrechten Shitstorm rechter User”. Genau diese Vermischung ist das Problem.

  6. Dinge, die mit “Political Correctness” (in der Interpretation von Slavoj Žižek) zu tun haben , habe ich selbst und haben wohl schon viele erlebt. Beispiel: Eine Bekannte von mir, die in Zürich studierte aber aus einem sehr konservativen bis rückständigen Milieu oder Landesteil kam, sprach plötzlich über Lesben und Schwule als edleren Menschen. Für mich war sofort klar warum: Weil sie sich (mt ihrem Hintergrund) selber dazu überreden musste, Lesbisch oder Schwul-Sein sei nichts grundsätzlich Schlechtes. Deshalb übetrieb sie in die gegenteilige Richtung und sprach von Lesben und Schwulen so ähnlich wie man früher oft von den edlen Indianern gesprochen hat.

    “Political Correctness” als Ausdruck sprachlich/begrifflicher Sensibilität bedeutet letztlich nichts anderes, als dass man sich bewusst wird, dass sich in Sprache und Denken rassistische, herabsetzende Qualifizierungen eingeschlichen haben oder schon immer da waren. Oft sind es Subtiltitäten und nur sensible Sprecher realisieren überhaupt die Herabsetzung und innere Distanzierung, die aus einer sprachlichen Wendung spricht.
    Doch ist es tatsächlich die Lösung, die Sprache zu neutralisieren?
    Wäre nicht die richtige Lösung, den hinter den herabsetzenden und rassistischen sprachlichen Wendungen steckenden Rassismus und die dahinter steckende Arroganz und Distanzierung durch ein Umdenken/Umfühlen abzulegen. Für mich jedenfalls ist Denken und Fühlen nicht dasselbe wie Sprechen. Ein politisch korrekt sprechender Mensch ist noch lange nicht einer, der sich um andere kümmert. Er gibt vielleicht vor, das zu sein. Doch in erster Linie ist er einfach korrekt. Und Korrektheit ist oft etwas Oberflächliches.

    • Die Behauptung, dass “nur sensible Sprecher” da Probleme haben, ist schon Teil des verzerrten, und durchaus schädlichen, Narrativs, dass man irgendwie besonders empfindlich sein muss, um sich da gestört zu finden. Die entsprechenden Erfahrungen, die ich von den tatsächlich Betroffenen höre, klingen anders – nämlich dass die andauernde Wiederholung, die Summe der vielen kleinen Stiche und Herabsetzungen, das Problem ist. Und das kann dann auch Menschen treffen, die nicht von vornherein besonders empfindlich sind. Und diejenigen, die diesen Kontext nicht wahrnehmen, sondern nur vom Einzelfall ausgehend das “nicht so anstellen!” predigen, sind ein großer Teil des Problems.

      Der letzte Absatz ist wieder sehr abstrakt. Dabei ist es aus meiner Sicht vergleichsweise einfach: Die Betroffenen finden sich *jetzt* durch bestimmte Dinge gestört. Was ist denn so schwer daran, als Angehöriger der privilegierten Mehrheit den eigenen Sprachgebrauch etwas anzupassen und dadurch das, was die Betroffenen belastet, zu vermeiden? Sicher wäre es besser, wenn alle weniger Vorurteile hätten etc. pp. – aber die praktische Lösung auf unbestimmte Zeit aufzuschieben mit Verweis auf ein allgemeines grundlegendes Umdenken – das ist schon eine ziemliche Frechheit gegenüber denen, die sich *jetzt* gestört und beeinträchtigt fühlen.

  7. Dass die Idee der Political Correctness sich so lange gehalten hat und zunehmend auf Europa übergreift, ist vielleicht ein Hinweis darauf, dass es sie braucht, dass sie auf ein Problem reagiert.
    Doch Political Correctness erzeugt in meine Augen selbst wieder ein Problem: Es bedeutet über Dinge zu schweigen, die dennoch gedacht werden.
    Dies spricht der Artikel Rethinking Political Correctness an, wo eine (Business-) Atmosphäre beschreiben wird, in der Leute allerhand denken und vermuten, es aber nicht auszusprechen wagen – weil sie damit gegen die Political Correctness verstossen würden.
    In der Einleitung liesst man dazu:
    Eine weiße Managerin befürchtet, dass sie als rassistisch wahrgenommen wird, wenn sie ihrem Latino-Untergebenen kritisches Feedback gibt. Ein schwarzer Ingenieur, der bei der Beförderung übergangen wurde fragt sich, ob seine Rasse etwas damit zu tun hat, aber er zögert, diese Sorge zu äußern, denn er will nicht wahrgenommen werden als einer, der die “Rassekarte ausspielt”. Eine Mitarbeiterin, die Partnerin einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft werden will, widersetzt sich dem Suchen nach einem Coaching ihres Führungsstils, denn sie befürchtet, dass dies die Vorstellung bestätigen würde, dass Frauen nicht das Zeug dazu haben, Partner zu werden.
    Als nächstes wird sogar behauptet (die Amis müssen es ja mit ihrer längeren Erfahrung wissen): Diese Art von Ereignissen gibt es täglich in politisch korrekten (PC-)Kulturen auf, in denen unausgesprochene Kanons des Anstands das Verhalten in interkulturellen Interaktionen regeln – das heißt, Interaktionen zwischen Menschen verschiedener Rassen, Geschlechter, Religionen und anderer potenziell belasteter sozialer Identitätsgruppen.
    Schliesslich wird dieses Duckmäusertum im Artikel sogar als grosses Problem geoutet: Wir sind jedoch beunruhigt über die Hindernisse, die die politische Korrektheit für die Entwicklung konstruktiver, engagierter Beziehungen bei der Arbeit darstellen kann. In Kulturen, die von politischer Korrektheit geprägt sind, fühlen sich die Menschen taxiert (beurteilt) und fürchten, beschuldigt zu werden. Sie machen sich Sorgen darüber, wie andere sie als Vertreter ihrer sozialen Identitätsgruppen betrachten. Sie fühlen sich gehemmt und haben Angst, selbst die banalsten Themen direkt anzusprechen. Menschen ziehen private Schlussfolgerungen; ungetestet werden ihre Schlussfolgerungen unveränderlich. Ressentiments entstehen, Beziehungen zerfressen sich, und die Leistung leidet.

    Sollte das zutreffen und sollten sich Leute, die politisch korrekt miteinander umgehenden, gegenseitig neutralisieren, dann ist das wohl insgesamt wirklich kontraproduktiv.

    Allerdings ist das für mich nur etwas Angelesenes. Mit meiner eigenen Erfahrung kann ich es weder bestätigen noch widerlegen.

    • Genau solche Texte kommen heraus, wenn man “political correctness” (wie gesagt ein Kampfbegriff) vom allgemeinen Konzept der Rücksichtnahme abkoppelt. Wenn z.B. ein Kollege sein Kind bei einem Autounfall verloren hätte, wäre es im Betrieb vermutlich völlig selbstverständlich, dass man Rücksicht nimmt und zumindest für eine Weile bestimmte Gesprächsthemen meidet. Und niemand würde einen Artikel darüber schreiben, dass dann ja die Kolleg*innen, die eine tolle Autogeschichte zu erzählen hätten, ihre wahren Gedanken verbergen müssten. Auch bei anderen Varianten anständigen Verhaltens kenne ich solche Texte nicht. Nur “PC” wird da ausgesondert, und es machen sich dann womöglich am Ende wieder mehr Gedanken über die Gefühle der armen weißen Managerin als sich zu fragen, wie denn ihr Latino-Untergebener die Situation sieht und was es da evt. noch für andere Probleme gibt.

  8. Um ein Beispiel zum Thema “kulturelle Aneignung” zu nennen:

    Was ist daran so schlimm, wenn ein Europäer Nasi Goreng (indonesisch) zubereitet? Und im übrigen geht die PC meiner Meinung schon in einen “umgekehrten Rassismus” über, wenn man nichts gegen dunkelhäutige Menschen sagen darf aber “alte weisse Männer” ein beliebtes Feindbild der “politisch Korrekten” ist.

    • Nasi Goreng: In den allermeisten Situationen, in denen ein Europäer Nasi Goreng zubereitet, ist daran vermutlich gar nichts schlimm. Man macht das zuhause, hat sowieso keine Interaktion mit Menschen indonesischer Abstammung, niemand fühlt sich gestört und alles ist gut. Insofern kann ich mir derzeit in der Tat keine Situation vorstellen, wo das alleinige Zubereiten von Nasi Goreng zu Problemen führt. Falls doch, dann müsste man sich den Kontext anschauen, in dem das Problem auftrat. Wenn es da einen konkreten Fall gibt und es nicht nur ein abstraktes Beispiel war steckt da vermutlich mehr dahinter.

      “Alte weisse Männer”: Das Problem mit dem Begriff “umgekehrter Rassismus” ist, dass er hunderte von Jahre von Kolonialismus und massiver Ungleichbehandlung schlicht unter den Tisch fallen lässt. In der Rassismusdebatte spielt dieser Hintergrund aber nun einmal eine zentrale Rolle. Mal auf Deutschland eingeschränkt: mit einem “aha, ihr betrachtet da alte weiße Männer gesondert, also seid ihr *auch* Rassisten (und alles ist irgendwie symmetrisch!)” kann man erst ankommen, wenn alte weiße Männer regelmäßig auf ihre ungewöhnliche Hautfarbe angesprochen werden, freundlich aber jedes Mal wieder gefragt werden wo sie denn eigentlich herkommen, wenn potenzielle Vermieter aufgrund des nach altem weißem Mann klingenden Vornamens vorschützen, die Wohnung sei schon vergeben, entsprechende Job-Bewerbungen fast automatisch nach unten auf den Stapel kommen, man als alter weißer Mann in der Bahn regelmäßig wie zufällig von der Bundespolizei kontrolliert wird, die Mordserie auffliegt wo alte weiße Männer alleine deswegen von NSU-analogen Tätern mit Kopfschuss hingerichtet wurden, weil sie alte weiße Männer waren und derlei mehr. In den USA gäbe es da natürlich noch mit Sklaverei, Jim Crow, Segregation, Wohgebietsplanungen, den bis heute anhaltenden ökonomischen Folgen für Schwarze, War on Drugs und den unterschiedlich harten Strafen für Drogenbesitz, “driving while black” und so weiter noch viel weiteres deutlich sichtbares hinzuzufügen. Vor dem ganzen Hintergrund findet die Rassismus-Debatte statt, und das steckt auch beim üblichen Rassismus-Begriff mit drin – nicht nur “Menschen anhand bestimmter Äußerlichkeiten Gruppen zuordnen”, sondern diese ganze Diskriminierungsgeschichte. Vor diesem Hintergrund ist alles, was daherkommt mit Argumenten in die Richtung “ihr redet über alte weiße Männer als Gruppe, daher ist das jetzt auf irgendeinem Level genauso schlimm wie Rassismus gegen Schwarze/Menschen türkischer Abstammung/…” komplett daneben.

  9. @Markus Pössel 21. Juni 2019 @ 11:45

    Und was halten Sie von diesem Text. In einer nicht nur auch “archive” gespeicherten Version wird sogar von feministischen Terrorkommandos geschrieben. Ich halte diese Erklärungen von Ihnen zweifelhaft. Menschen sind als Individuen verantwortlich und nicht als Angehöriger einer Ethnie, Religionsgemeinschaft etc. Wer Hass gegen “alte weisse Männer” etc propagiert ist in meinen Augen dasselbe wie ein Neonazi.

    • Was in der jetzigen Version steht, klingt für mich recht harmlos und vernünftig. Was das mit den “feministischen Terrorkommandos” sollte, kann ich nicht nachvollziehen – geht aus dem Kontext denn hervor, dass es irgendetwas anders war als Überspitzung? Diejenigen, die über alte weiße Männer frustriert sind auf Basis einer inzwischen gelöschten, vermutlich überspitzt gemeinten Aussage und Neonazis gleichzusetzen, die (siehe die Hintergrundartikel jetzt im Umfeld des Falls Lübcke) in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl konkreter Gewalttaten verübt haben, ist jedenfalls völlig daneben und verwischt Grenzen, die man als anständiger Mensch bewahren sollte.

      “Alte weiße Männer” steht als Kurzform für das System, in dem eben alte weiße Männer seit Jahrhunderten besonders privilegiert sind (auch wenn der Trend glücklicherweise in die andere Richtung geht). Vor den konkreten systembedingten Problemen (ich nannte in meiner letzten Antwort ein paar) die Augen zu schließen und rein aufgrund der Redewendung “es ist aber alles symmetrisch, ihr geht auch nach den Äußerlichkeiten! Siehste!” zu rufen, ist jedenfalls keine Position, die ich ernstnehmen kann.

  10. @Markus Pössel 21. Juni 2019 @ 13:38

    Was müssen wir jetzt bewegen, damit die Zukunft sich für alle in eine positive Richtung wendet?
    „Wir müssen eine feministische Terror-Gruppe gründen und die alten weißen Männer aus dem Weg schaffen.“

    Und was halten Sie davon? Die sind eindeutige Mordphantasien aus dieser “Kopie. Dies war ihr wohl später zu peinlich. Und wegen der Gleichbehandlung von allen Menschen ist die Symmetrie für eine zivilisierte moderne Gesellschaft selbstverständlich. Selbst wenn es Diskriminierungen gibt, ist es kein Argument für Straftaten oder die Aufrufe zu diesen. Da gibt es für mich eine Grenze. Für Sie nicht?

    • Solange ich nicht weiß, mit welchem Gesichtsausdruck das gesagt wurde und inwieweit es ironisch gemeint war (wäre dem Rest des Interviewtextes nach meine Vermutung), kann ich das nicht beurteilen. Dass Sie es “eindeutig” nennen ist jedenfalls keine objektive Beurteilung. Wenn ich nach den Aktionen und nicht nach einem zusammenhanglosen Satz einer Einzelperson gehe, sehe ich nicht, dass wir in Deutschland ein Gewaltproblem mit feministischen Terrorgruppen haben. Mit rechtsextremen Gruppen sehr wohl. Wer das beides gleichsetzt, verwischt Unterschiede, die man als anständiger Mensch nicht verwischen darf. Und wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit anstatt auf die systematischen Probleme auf ein einziges Zitat einer Einzelperson versteifen, von der ich nicht wüsste, warum sie besonders repräsentativ sein sollte, dann ist das Whataboutism in Reinform.

  11. @Markus Pössel 21. Juni 2019 @ 14:27

    Und wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit anstatt auf die systematischen Probleme auf ein einziges Zitat einer Einzelperson versteifen, von der ich nicht wüsste, warum sie besonders repräsentativ sein sollte, dann ist das Whataboutism in Reinform.

    Ach nee. Dieser Begriff mit abwertender Bedeutung wird nicht nur von dieser “Einzelperson” benutzt. Und muß es erst zur Gewalt kommen, damit man solche Hassparolen kritisieren darf? In einem Zeitungsinterview siht man übrigens nicht den Gesichtsausdruck. Mich stört hier einfach die Doppelmoral.

    • Bei meinem Einzelperson-Kommentar ging es um den von Ihnen herausgestellten öffentlichen Aufruf (ich denke nach wie vor: ironisch) zum Gründen feministischer Terrorgruppen, die alte weiße Männer jagen. Das und das deutlich allgemeinere Thema “alter weißer Mann” sollten Sie hier nicht durcheinanderwerfen.

      Doppelmoral klingt wieder nach dem Symmetrie-Argument; warum das nicht zieht, hatte ich ja schon in einem vorangehenden Kommentar ausgeführt (Kontext und Geschichte).

  12. @Markus Pössel 21. Juni 2019 @ 16:55

    Zum Thema “Symmetrie-Argument”:

    Die einschlägigen Gesetze (Artikel 1 und 2 GG, Antidiskriminierungsgesetz, §130 StGB) beinhalten ja auch eine solche “Symmetrie”. Und das halte ich für vernünftig. Denn sonst kann man eine tatsächlich oder angeblich “privilegierte” Gruppe von Menschen zum Hassobjekt erklären. Polemisch gesagt: Der Antisemitismus der NSDAP stellte die Juden auch als “privilegiert” dar.

    • Wie gesagt, mit so engen Scheuklappen zu argumentieren blendet alle geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergründe aus. Kann man machen, aber kommt dann natürlich alles andere als überzeugend ‘rüber.

      Solange es beträchtliche Schieflage und Diskriminierung gibt (ich hatte einige Beispiele genannt) ist das die wichtigste Aufgabe. Für die in unserer Gesellschaft besonders diskriminierten ist “alte weiße Männer” eine griffige Kurzformel – natürlich keine analytisch-wissenschaftliche Definition (weil ja z.B. auch weiße Frauen bestimmte Privilegien haben, die nicht-weiße Frauen nicht haben), aber solche Kurzformeln richtig zu verstehen und damit umzugehen sollte man denjenigen, die sich ernsthaft an der Debatte beteiligen wollen, schon zutrauen.

      Sich an dem Begriff aufhängen zu wollen, geschichts- und kontextvergessene “aber das ist doch auch Rassismus”-Debatten lostreten zu wollen, die dann eben schon wieder die sowieso besonders Privilegierten in den Mittelpunkt stellen, führt die Schieflage fort und vermeidet es, sich mit den eigentlichen Problemen zu befassen.

    • “Neue Masche”? Als ob es die ganze Vorgeschichte nicht gegeben hätte? Solange “alte weiße Männer” eine Kurzformel dafür ist, dass diejenigen, die in unserem Land besonders privilegiert waren und es weitgehend noch sind, mal ihre Privilegien hinterfragen, habe ich kein Problem damit. Aber die Polemik, die versucht das auf “aufhetzen” und “Feindbild” und noch schlimmeres zu reduzieren und auf die Weise, unbewusst oder bewusst, von den eigentlichen Problemen (nämlich der Schieflage) abzulenken versucht, ist Teil des Problems, nicht einer vernünftigen Lösung.

  13. @Markus Pössel Heute 12:50

    In dem Artikel wurde beschrieben, daß es einen ganz anderen Konflikt als den durch Geschlecht und Rasse gibt. Und das ist das was man “Oben” und Unten” nennt. Wollen Sie wirklich ernsthaft behaupten, daß ein Mindestrentner gegenüber Frau Flick privilegiert ist? Oder auf die USA bezogen, daß Al Bundy gegenüber Michelle Obama währen der Präsidentschaft ihres Mannes privilegiert ist? Im Einzelfall ist diese Aussage lächerlich.

    • Irgendwann hoffe ich, dass wir als Gesellschaft soweit sind, dass solche Dinge soweit Grundwissen sind, dass man zumindest nicht immer dieselben Gegenfragen beantworten muss.

      Im Falle dieses Standardeinwandes ist die Antwort: Ja, Klassenunterschiede gibt es, aber die spezifischen Gruppen-Privilegien gibt es auch (und zusätzlich). In den USA ist ein Schwarzer Harvardprofessor sicherlich finanziell besser dran als ein weißer McDonalds-Verkäufer, aber dass der Harvardprofessor dann (realer Fall aus meiner Twitter-Timeline) beim Autofahren häufig anlasslos von der Polizei angehalten und kontrolliert wird (“driving-while-black”) ist trotzdem reale Diskriminierung. Und solche realen Fälle wischen Sie hier offenbar mit als “lächerlich” vom Tisch – wieso? Klassischer Whataboutism?

  14. @Markus Pössel 22. Juni 2019 @ 15:26

    Irgendwann hoffe ich, dass wir als Gesellschaft soweit sind, dass solche Dinge soweit Grundwissen sind, dass man zumindest nicht immer dieselben Gegenfragen beantworten muss.

    Ich hoffe eher, daß es ein Grundwissen darüber gibt, daß Hasparolen und Feindbilder wie das von mir genannte, geächtet werden. Und das die Intellektuellen, die solchen Unsinn verbreiten, ausgelacht werden.

    Und solche realen Fälle wischen Sie hier offenbar mit als “lächerlich” vom Tisch – wieso? Klassischer Whataboutism?

    Gibt es dies hier in Deutschland? Und werden hier Frauen am Steuer oder Menschen mit Migrationshintergrund öfters angehalten? Frau Funk lebt auch nicht in den USA sondern in Deutschland. Und umgekehrt wurden in Südafrika Hassparolen gegen Weiße verbreitet und in Simbabwe weiße Farmer bedroht und enteignet. Rassismus kann auch “schwarz” sein.

    • Geschichte/Hintergründe sind bei Ihnen irgendwie komplett ausgeblendet, oder?

      “Alte weiße Männer” ist aus meiner Sicht, wie gesagt, eine griffige Kurzfassung. Da nur laut “Feindbild! Hassparole!” zu schreien und die ganz realen Schieflagen, die es in punkto Diskriminierung nach wie vor gibt und um die es eigentlich geht, vornehm zu verschweigen ist keine akzeptable Haltung.

      Zu den realen Fällen: Dass die Bundespolizei häufiger Schwarze kontrolliert; dass Vermietern wenn sich einer/eine Schwarzer/r Deutscher/r (oder auch Nicht-Deutscher) meldet, oder auch jemand mit türkisch klingendem Nachnamen, plötzlich einfällt, dass die Wohnung doch schon vermietet ist; dass entsprechende Bewerbungen schonmal vorab aussortiert werden; dass Schwarzen Menschen etwas auf der Straße Unschönes hinterhergerufen wird gibt es in Deutschland sehr wohl. Insofern: Ja, das mit “lächerlich” und mit dem Verweis vom Tisch zu wischen, dass ja aber der Schwarze Rechtsanwalt, der gerade seine Traumwohnung nicht bekommen hat, immer noch mehr finanzielle Möglichkeiten hat als die Aldi-Verkäuferin, und dass man deswegen dieses ganze Diskriminierungs-Gedöns getrost vernachlässigen könne, ist menschenverachtend.

      Hassparolen in Südafrika gegen Weiße: Hm, könnte es sein, dass es da *auch* einen geschichtlichen Hintergrund gibt? Sowas wie knapp 50 Jahre Apartheid? Das heißt noch lange nicht, dass es OK wäre, wenn in Südafrika weiße Individuen bedrängt werden – ist es natürlich nicht. Aber alles, was in die Richtung geht, dass deswegen ja irgendwie alles symmetrisch sei, ist massive Verharmlosung. Und jede Gelegenheit, bei der Weiße es irgendwie hinbekommen, dass in einer Rassismus-Diskussion dann doch wieder vorwiegend über sie geredet wird und nicht über die viel weitergehenden Probleme, die bestimmte alte weiße Männer in der Vergangenheit verursacht haben, ist Teil des Problems.

  15. @Markus Pössel 22. Juni 2019 @ 17:00

    Ich bleib dabei “gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit” hat nicht nur weiße männliche Gesichter. Der Bürgerkrieg in Ruanda fand ohne “Weiße” statt. Und vor mehr als 500 Jahren wurden Teile Europas von Nordafrikanern und Arabern erobert. Ebenso wurde der Sklavenhandel nicht von Europäern “erfunden”. Soviel zur Geschichte.

    Zum Ausgangsthema Soziale Medien und ihre Phänomene. Das Internet und speziell seine Suchmaschinen erlaubt es auch mit “ausgefallenen Ansichten” aufzutreten und Gleichgesinnte zu verbinden. Wir kennen das ja mit dem Thema “Kritik der Relativitätstheorie” seit einiger Zeit. Ich wurde “analog” vor 40 Jahren auf dieses Thema durch ein Editorial in der Elektronik aufmerksam. Die Einwände von Herrn Preikschat wurden dort nur kurz genannt und man hätte sich diese für Geld schicken lassen müssen. Heute kann mit GOOGLE schnell und einfach auf solche Seiten gelangen. Es ist einfach eine grosse Zahl von Menschen, die sich zu einem Thema äussern.

    • Dass es ausschließlich “nur weiße männliche Gesichter” wären behauptet hier ja auch niemand. Aber vieles von dem, was heute akut noch nachwirkt, geht nun einmal auf weißen Kolonialismus und weißen Rassismus zurück. Und “es gab aber auch […]”-Argumentationen haben den Beigeschmack, manchmal ja auch das Ziel, von verharmlosender Relativierung (irgendwie haben ja alle irgendetwas schlimmes gemacht), die wiederum gerne genutzte Ausrede ist wenn es darum geht, dass man eigentlich irgendwie jetzt gar nicht aktiv werden möchte, zumal wenn es die eigenen Privilegien beschneidet oder anderweitig unbequem ist, wenn es um die Korrektur entsprechender Schieflagen geht.

      Ausgangsthema: Ja, dass Menschen mit seltenen Interessen (aber z.B. ja auch seltenen Krankheiten) Gleichgesinnte finden, ist auf alle Fälle ein wichtiger Effekt. Ich habe damals auch noch per Briefpost mit Relativitätskritikern diskutiert.

  16. In diesem Beitrag kommt Twitter ungewöhnlich gut weg. Als Pluspunkte werden Twitter die Möglichkeit zu einer direkteren, beschleunigten und demokratischeren Diskussion (bürgernäher etc) angerechnet. Die vermeintlichen Minuspunkte, von denen man immer wieder liest, wie die schnelle Verbreitung von Fake-News und von Hassbotschaften, die Distanzlosigkeit in der Anrede und das Vorbringen moralisierender Argumente, die jede Sachdiskussion abzuklemmen versuchen, all das sei nicht spezifisch für Twitter (oder andere soziale Medien), sondern habe vor allem mit der beschleunigten Kommunikation zu tun.
    SPON-,NZZ-, NewYork-Times und News Artikel in verschiedenen Onlineausgaben von Zeitungen dagegen machen Twitter und andere soziale Medien immer wieder für folgenschwere Fehleentwicklungen verantwortlich – entweder direkt oder indirekt.

    Twitter als Medium das Personen zu Zielen (von Hass, etc.) macht
    So kann man den Tagesspiegel-Artikel “Du trägst Mitschuld an seinem Tod” Tauber legt gegen Ex-CDU-Politikerin Steinbach im Fall Lübcke nach als indirekte Kritik auch am Medium Twitter interpretieren. Der ehemalige Generalsekretär Peter Tauber macht dort Erika Steinbach mitverantwortlich für den Tod von Walter Lübcke, der von einem Rechtsextremisten erschossen wurde. Denn Erika Steinbach habe sich auf Twitter gegen Walter Lübcke gestellt und dabei Zitate verwendet, die dann vom Attentäter als Rechtfertigung verwendet wurden. Erika Steinbach habe zudem – in den Augen von Peter Tauber – auf Twitter eine Selbstradikalisierung durchgemacht. Tauber forderte in dem Beitrag für “Die Welt” auch, dass Verfassungsfeinden das Recht auf freie Meinungsäußerung entzogen wird. “

    Für mich sind ebenfalls zuerst einmal die Personen, die Tauber zum Ziel gemacht haben, mitverantwortlich für seinen Tod. Mir scheint aber auch, dass es ohne Twitter gar nicht möglich gewesen wäre, Walter Lübcke zum öffentlichen Angriffsziel zu machen.
    Twitter scheint das ähnlich zu sehen, denn es will nun verstärkt gegen Tweets von Politikern vorgehen, die gegen die Verhaltensregeln des Kurzbotschaftendienstes verstossen.

    Political Correctness und damit auch Twitter begünstigen moralisiserende/ausgrenzende Argumentationsformen
    Der NZZ-Artikel Die folgsame Schar der Moralisten stellt fest:
    Wer heute keine guten Argumente hat, kann mit Verweis auf Identität, Gefühl und das persönliche Erleben dank dem Schutz einer folgsamen Schar von Moralisten leicht «recht bekommen».

    Es gibt aber auch ganz spezifische Twitter-Probleme wie man in Twitter’s rumored killing of the “like” button highlights its misplaced priorities liest:
    Viele Twitter-Nutzer stellen die Frage, wie Twitter seine Nutzer vor gezielter Belästigung, gewalttätigen Bedrohungen und Hassreden schützen könne?

  17. Nun Twitter kenne ich kaum, weil ich da nicht registriert bin. Ich bin zwar auf Facebook im Gange, wenn auch nicht dort besonders aktiv. Dort geht es auch hoch her, wenn es aber auch passieren kann, daß Kommentare “rückstandslos” gelöscht werden. Aber es soll doch dieses Gesetzt geben, daß “Hassbotschaften” gelöscht werden müssen.

    Zu Peter Tauber:
    Da die Verwirkung einiger Grundrechte vom Bundesverfassungsgericht beschlossen werden muss, wird das nicht so einfach sein. Gab es denn einen Antrag, die AfD zu verbieten?

  18. Ronald Sullivans Entlassung als Dean in Harvard weil er als Verteidiger von Harvey Weinstein auftreten will hat sehr viele Reaktionen ausgelöst. Im Brief von Juristen der Harvard Rechtsfakultät, der unter dem Artikel
    Harvard Law faculty speak in support of resident dean representing Weinstein
    abgedruckt ist, liest man dazu (übersetzt von DeepL):
    Über die letzten 10 Jahre, während er als Dekan der Fakultät des Winthrop House diente, hat Professor Sullivan Opfer sexueller Gewalt sowie Menschen vertreten, die wegen sexueller Gewalt, Mord und Terrorismus angeklagt sind.
    Wir fordern die Universitätsverwaltung auf, anzuerkennen, dass eine solche Rechtsvertretung im Dienste der Verfassungsprinzipien nicht nur voll und ganz mit Sullivans Rolle als Juraprofessor und Dekan eines Studentenwohnheims übereinstimmt, sondern auch mit einem der vielen möglichen Modelle, die residierende Dekane in der Lehre, Betreuung und Beratung von Studenten anbieten können. Die Universität hat eine entschlossene Antwort auf Vorwürfe wegen sexueller Belästigung und anderen sexuellen Fehlverhaltens gegeben. Wir respektieren das Recht der Studenten, gegen die Wahl der Kunden durch Professor Sullivan zu protestieren. Aber wir betrachten jeden Druck der Harvard-Administration, dass er als Dekan der Fakultät von Winthrop zurücktritt, wegen seiner Vertretung oder seines Auftretens im Namen von Kunden, als unvereinbar mit dem Engagement der Universität für die Freiheit, Ideen zu verteidigen, so unbeliebt sie auch sein mag.

    Und so interpretiere ich das: Professor Sullivan war während seiner Zeit als Harvard Dean schon in viele Rechtsfällen wie den jetztigen um Harvey Weinstein involviert – als Ankläger und Verteidiger. Niemand hat etwas dagegen eingewendet, ja dieses Engagement gilt sogar als sinnvoll und hilfreich für die Studenten.
    Allein die Prominenz des Harvey-Weinstein-Falls hat nun all dies umgekehrt. Nun war es nicht mehr ein sinnvolles Engagement an der Schnittstelle Rechtsrealiatiät/Studium sondern nun war es ein moralisches “Verbrechen” jemanden wie Harvey Weinstein zu verteidigen.

    Auch die Vereinigung der tschechoslowakischen Anwälte schrieb einen Brief und in dem wurden Parallelen zu Eregnissen in der vorkommunistischen und kommunistischen Vergangenheit der Tschechoslowakei gezogen, wo es für Anwälte von Nazi-Verbrechern oder später Regimegegner ebenfalls schwerwiegende Konsequenzen hatte. Allein deshalb weil sie Regimegegner verteidigten verloren sie Beruf und Ehre.

    Ich schätze mal, dass die meisten Juristen den Fall Ronald Sullivan ähnlich einschätzen wie ich und wie es im oben abgedruckten Brief zum Ausdruck kommt, denn wenn sich schwerwiegende Nachteile allein schon wegen der Übernahme eines Mandats ergeben, dann ist es mit der unabhängigen Justiz bald schon vorbei.

    • Halte ich für eine durch Vorurteile geleitete Fehlinterpretation. Zum Job des Winthrop Faculty Dean gehört auch der Umgang mit Beschwerden wegen sexueller Belästigung. Das ist selbst unter besten Umständen eine heikle Angelegenheit – bei der die Belästigten sich ja nicht zuletzt häufig fragen, ob sie sich den Universitäts-Organen überhaupt anvertrauen sollten. (Fälle, in denen es Universitäten danach vor allem darum ging, Image-Schäden zu begrenzen, gibt es ja leider.) Dazu gehört Vertrauen, und das diesbezügliche Vertrauen verspielt man als Ansprechpartner nun einmal in zahlreichen Fällen, wenn man gleichzeitig entscheidet, einen prominenten, wiederholten Belästiger zu verteilen. Das ist keine Frage davon, Beruf und Ehre zu verlieren – solche Übertreibungen sind unsachlich und polemisch – sondern davon, ob man für eine bestimmte Aufgabe geeignet ist oder nicht. Und solange es genügend Rechtsanwälte gibt, die keinen entsprechenden Aufgabenkonflikt haben, ist auch die unabhängige Justiz nicht bedroht – wieder so eine unsachliche Übertreibung.

  19. Nachtrag zu “..Alte weisse Männer..”

    “… Vor diesem Hintergrund ist alles, was daherkommt mit Argumenten in die Richtung “ihr redet über alte weiße Männer als Gruppe, daher ist das jetzt auf irgendeinem Level genauso schlimm wie Rassismus gegen Schwarze/Menschen türkischer Abstammung/…” komplett daneben….”
    (Zitatende)

    Nicht dass ich echten rassistischen etno- Chauvinismus (bzw. echten sozialdarwinistischen Rassismus) klein- reden möchte.
    Aber:
    Die Position von Markus Pössel unterstellt verdeckt- imlizit eine Behauptung (Und das erregt Propagandaverdacht). :
    Nämlich dass jegliche Kritik an überzogener PC und jeglicher Hinweis auf mögliche Heuchelei und “Doppelmoral inkonsistent bzw. unethisch sei, weil ja (irgendwie) klar sei, dass Kritik an “nichtweißen Ethnien ” oder “ausländisch aussehender” Menschen” ausschließlich nur durch rassistische Vorurteile motiviert sein könne.

    Das unterschlägt aber (propagandistisch gezielt ??) die faktisch durchaus betehende Möglichkeit, dass diese Personengruppen in der Tat überdurchschnittlich häufig irgendwo negativ in Erscheinung getreten sein könnten und dass diese Tatsache aber aufgrund einer Angst vor Rassismusvorwürfen bzw. einer “von oben ausgegebenen Agenda” dann tatsächlich heruntergespielt oder verheimlicht werden soll.
    Denn es gibt durchaus die Meinung, dass im Kampf für das Gute ALLE Mittel (also auch unethische) erlaubt und zulässig seien. Auch wäre das undifferenzierte Heiligsprechen einer Menschengruppe in der Tat selbst eine unzulässige Sonderbehandlung und widerspräche der grundrechtlich geforderten Gleichbehandlung Aller.
    Aus schlechtem Gewissen wegen rassistisch- kolonialer Traditionen so zu tun, als könne vorurteilsinduzierte Diskriminierung einzig und allein “Nichtweise ” oder “Geflüchtete” treffen, ist zumindest unredlich, wenn nicht gar unwissenschaftlich. Denn es gibt kein “Naturgesetz”, das besagt, dass Opfer von rassistischer Diskriminierung oder auch deren Nachfahren für alle Zeiten davor gefeit sind, selbst solche Einstellungen zu entwickeln oder selbst unethisch (kriminell) zu handeln bzw. selbst Menschen zu diskriminieren.
    Und natürlich ist es auch sozialdarwinistisch oder “rassistisch” davon auszugehen, dass die Nachfahren der “rassistisch kolonialistisch weißen Männer” wegen ihrer “Erbschuld” zu objektiver Beurteilung “nichtweiße Menschen” grundsätzlich unfähig seien und ihr Urteil über diese deshalb immer auf rassistischen Vorurteilen beruhen müsse.

    Allerdings möchte ich auch über Niemnden ein vorschnelles (selbstgerechtes) Urteil abgeben, der sich aus Gründen der eigenen Existenzsicherung gezwungen sieht, sich einer manchmal tatsächlich vorhandenen gefühlt oder tatsächlich “vorgeschriebenen (objektiv falschen) “Political Korrektness” zu beugen und deswegen “politisch korekt” mit den Wölfen heult.

    Fazit:
    Dass eine Kritik an ” Nichtweißen usw.” nie berechtigt und immer nur vorurteilsinduziert sei und der Hinweiß auf falsche Rücksichtnahmen aufgrund von “Political Correctness”
    immer nur einem rassistischen Menschenbild entspringen müsse, ist selbst ein unwissenschaftliches und eher politpropagandistisch inspiriertes Narrativ.

    • Wow, was für ein unsachlicher und von unhaltbaren Unterstellungen geprägter Beitrag. Erst etwas angebliches verstecktes Herausinterpretieren und dann ob der Verstecktheit noch “Propagandaverdacht” äußern – wo so operiert ist, haben es die eigenen Vorurteile in der Tat leicht, die eigene Weltsicht so zu färben, dass nichts gescheites Neutrales mehr herauskommen kann, sondern eben mit großer Wahrscheinlichkeit widerliches Geraune wie “mit den Wölfen heulen” und Verschwörungstheorien wie hier geäußert.

      Von “ausschließlich nur” war nie die Rede. Aber wer ein Pauschal-Konstrukt wie “political correctness” benutzt, das ja gerade nicht Einzelfälle betrachtet sondern eine Reihe von Anstandsfragen ganz allgemein kleinredet, muss sich natürlich kritisch fragen lassen, warum er/sie da nicht differenziert.

      Und ja, ich sehe in der Tat nicht, wie Kategorien wie “nichtweiße Ethnien” oder “ausländisch aussend[e] Menschen” etwas anderes als rassistisch sein können. Nach dem, was wir wissen, fasst so eine Kategorie willkürlich Menschen zusammen, die sich genetisch untereinander nicht weniger unterscheiden als im Vergleich zu Menschen der Komplementärgruppe (“weiße”), und sie fasst Menschen zusammen, die ganz unterschiedliche kulturelle Hintergründe und Herkunftsgeschichten haben. An der Stelle zu beschließen, von den vielen, und auch vielen sinnvolleren, Einteilungen der Menschen in Gruppen ausgerechnet die historisch extrem belastete Unterscheidung “weiß” vs. “nicht-weiß” (o.ä.) zu wählen, ist insofern in der Tat eine rassistische Handlung. (Deren Absurdität sich ja nicht zuletzt daran zeigt, dass sich dann ganz viel mit weiß vs. nicht-weiß beschäftigt wird, während statistisch gut abgesicherte Faktoren, z.B. dass junge Männer generell häufiger “negativ in Erscheinung treten”, geflissentlich ignoriert werden und man lieber stattdessen über weiß vs. nicht-weiß oder ähnliche Kategorisierungen redet.)

  20. @little Louis 3. Juli 2019 @ 16:37

    Aus schlechtem Gewissen wegen rassistisch- kolonialer Traditionen so zu tun, als könne vorurteilsinduzierte Diskriminierung einzig und allein “Nichtweise ” oder “Geflüchtete” treffen, ist zumindest unredlich, wenn nicht gar unwissenschaftlich. Denn es gibt kein “Naturgesetz”, das besagt, dass Opfer von rassistischer Diskriminierung oder auch deren Nachfahren für alle Zeiten davor gefeit sind, selbst solche Einstellungen zu entwickeln oder selbst unethisch (kriminell) zu handeln bzw. selbst Menschen zu diskriminieren.

    Das wird zwar nicht gesagt, aber dies darf wegen der kolonialen Vergangenheit nicht mit Rassismus der “Weissen” verglichen oder sogar gleichgesetzt werden. Siehe meine Beispiele aus dem südlichen Afrika.

    Und natürlich ist es auch sozialdarwinistisch oder “rassistisch” davon auszugehen, dass die Nachfahren der “rassistisch kolonialistisch weißen Männer” wegen ihrer “Erbschuld” zu objektiver Beurteilung “nichtweiße Menschen” grundsätzlich unfähig seien und ihr Urteil über diese deshalb immer auf rassistischen Vorurteilen beruhen müsse.

    Genau das sagt die “critical whiteness”. Ein weißer Mann ist wegen Hautfarbe und Geschlecht privilegiert. Daher kann er auch in einem afrikanischen Land (Subsahara) nicht “Rassismus erleben”.

    Gruss
    Rudi Knoth

    • Naja. Das scheint wieder nur ein Kommentar zu sein, der von vornherein diejenigen, die sich gestört fühlen, herunterputzt und, siehe das Lederhosenbeispiel, nicht verstanden hat, dass zu dem ganzen Komplex eben auch die ganze Vorgeschichte an Kolonialismus und Rassismus gehört. Insofern: Nicht wirklich interessant, so argumentieren halt die meisten, die das ganze Thema nur irgendwie vom Tisch haben wollen ohne die entsprechenden Beschwerden ernst nehmen zu müssen. Ist ja auch viel bequemer so. Es sei denn, man hat das Pech einer der betroffenen benachteiligten Personengruppen anzugehören. (So sieht ja gerade ein wichtiger Teil des Privilegs aus: das Thema Rassismus weitgehend ohne negative Konsequenzen ignorieren zu können, wenn man möchte.)

  21. @Markus Pössel 4. Juli 2019 @ 23:19

    Aber sicher kann sich ein Seutscher dann daran stören, wenn dies in Norafrika stattfindet. Denn vor 200 Jahren war es dort Brauch europäische Schiffe zu kapern und die Besatzung zu versklaven. Übrigens die USA machte dem damals ein Ende.

    • @Rudi Knoth 5.7.2019 um 6:27 – haben Sie irgendwelche Belege dafür, dass es da eine Kontinuität gibt? Bei den Themen, über die ich hier bislang redete (Rassismus in den USA und Deutschland, gemischt mit Kolonialismus) gibt es die durchaus. In den USA direkt von Sklaverei über Jim Crow und Segregation zu Zoning Laws; einige der Segregationisten waren ja bis vor kurzem noch in der Politik präsent (oder sind es sogar noch?). Und die heutigen Stereotype gegenüber Schwarzen haben sich auch direkt aus der Kolonialzeit zu uns gerettet. Gibt es bei Ihrem europäische-Sklaverei-Beispiel eine ähnliche Kontinuität? Soweit ich sehen kann nicht. Damit ist das kein Hintergrund der heutigen Debatte, sondern sieht aus meiner Sicht wie ein billiger Versuch aus, zu punkten und von dem, worum es geht, abzulenken.

  22. Der oben verlinkte Zeit-Artikel Political Correctness: Vom Medienphantom zum rechten Totschlagargument, aber auch SPON-Kolumnisten wie Sascha Lobo oder etwa der SPON-Artikel Plädoyer für Anstand Politisch korrekt – und stolz drauf definieren Politische Korrektheit alle als sprachliche Rücksichtsnahme auf Minderheiten/Ausländer etc. und sehen die Gegner der Political Correctness in der rechten Szene womit sie indirekt Linken und Liberalen auch zu verstehen geben, dass sie politischer Korrektheit positiv gegenüber stehen müssen.

    Auffallend nur, dass schon im oben verlinkten Zeit-Artikel Harald Schmidt angegriffen wird und letztlich wohl vor allem darum, weil er Satiriker ist. Unabhängig von der politischen Einstellung sind Karikaturisten schnell ein Ziel der Politisch Korrekten. Der Fall Ralf König (Zitat: “Er sei enttäuscht, vor allem aber irritiert, schreibt König, weil der Vorwurf des Rassismus und der Transphobie “alles negiert, wofür ich stehe”.), zeigt das deutlich. Man kommt zur Schlussfolgerung: Statire, Karrikatur geht für Politisch Korrekte gar nicht.
    Sarah Pines hat das im NZZ-Artikel Es geht nicht um Cartoons, es geht um Journalismus überhaupt: warum die «New York Times» den logischen Schritt macht, wenn sie keine politischen Karikaturen mehr abdruckt deutlich gemacht, wo sie schreibt:
    «I’m afraid this is not just about cartoons, but about journalism and opinion in general», schreibt Chappatte. Er hat recht. Journalisten, die das Wort nicht im Griff haben, und Cartoonisten, die das Bild nicht im Griff haben, haben bei der «NYT» keinen Platz. Radikale politische Korrektheit verlangt wertfreie Worte und Bilder, die Kategorien wie Rasse, Sexualität und Religion aussparen. Sie verträgt keine Zweideutigkeiten, keine Ambivalenzen, keinen Humor, keine ironischen Spitzen. Sie kann mit Bildwitz und pointierter Kritik nicht umgehen.

    Humor geht also nicht in einer politisch korrekten Umgebung. Wenn aber Humor weder in sprachlicher noch visueller Form noch möglich und erlaubt sind, dann ist Political Correctness wohl mehr als nur Sprachpflege. Es ist dann auch Gedankenpflege. Und zwar in dem Sinne, dass gewisse Gedankengänge selbst im Konjunktiv nicht mehr politisch korrekt sind und damit viele Dinge nicht mehr gedacht/überdacht werden dürfen.

    • Sie sind nach wie vor voll auf der Ach-die-armen-Weißen-Spin-Linie, wie ich sehe. Weswegen die benachteiligten Minderheiten, um die es hier geht, ja in Ihren ganzen Kommentaren nur am Rande vorkommen, sondern stattdessen immer konkrete (alte, weiße, männliche) Personen verteidigt werden. Woran man ja schon sieht, wer da (mit seinen bestehenden Privilegien) den Diskurs dominiert…

      Und den Humor unterschätzen Sie ganz gewaltig, finde ich. Wenn der nur dadurch, dass man sprachlich Rücksicht nimmt, verschwände, hätten Sie es mit einem ziemlich armseligen Humorbegriff zu tun.

  23. @ Marcus Pössel um 22:15
    Wenn Sie ihren ersten Absatz weggelassen hätten, hätte ich ihre Replik als (zumindest formal) nicht zu beanstandenden Diskussionsbeitrag werten können. Wie Sie wissen,”poentiert” man gelegentlich etwas, um es deutlicher zu machen. Meinen sie nicht auch, dass Ihr ” Rassismusdetektor” gelegentlich etwas überscharf eingestellt ist? Wer immer und überall angestrengt “wittert”, läuft Gefahr , dass sein
    Geruchssinn abstumpft oder bald nur noch Fehlalarme produziert. Oder sein Riechorgan wird bald von Anderen nicht mehr ernst genommen. Das aber ist gefährlicher, als hier oder da mal einen echten Nazi zu “übersehen”.
    Andererseits ist es aber auch ganz gut, dass Ihnen da ein wenig die (rhetorischen) Pferde durchgegeangen sind. Denn duch ihren esten Absatz fühle ich mich in meiner Argumentation von oben eher bestärkt.

    • Nee, wenn ich mir Ihren Text noch einmal durchlese sieht der nach wie vor so aus, dass Sie sich die Terminologie der Rassisten zu eigen machen und anklagend fragen, ob da nicht doch etwas dran sein könnte. Wenn der Sie-verlassen-jetzt-den-Bereich-der-Anständigkeit-Detektor da nicht anschlagen würde, wäre er falsch kalibriert. Und dass Sie das überspitzt-vereinfachende “Nazi” ins Spiel bringen, passt ins selbe Bild. Wenn Sie diese Fakten gekonnt übersehen und sich die konkrete Kritik nicht anders als durch durchgehende rhetorische Pferde erklären können, dann spricht das nicht gerade für Ihr Weltbild.

  24. Das You Tube Video resonanzraum #5 – Svenja Flaßpöhler vs. Margarete Stokowski hat zwei emanzipierte Frauen als Diskussionspartnerinnen ( Stokowski pro-#metoo und anti-#metooKritiker und Flasspöhler als Autorin eines #metoo kritischen Buches). Im Diskurs um politische Korrektheit und was damit zusammenhängt ist jedoch Stokowski auf der politisch korrekten, Flasspöhler auf der inkorrekten Seite (weil sie Frauen für ihre „Schwäche“ auch kritisiert). Zitat aus Text zum Video: „Svenja Flaßpöhler steht netzfeministischen Diskursen wie #metoo kritisch gegenüber. In ihrer Streitschrift ›Die potente Frau‹ fordert sie ein offensiveres Verständnis von Weiblichkeit und plädiert dafür, das weibliche Begehren zum handlungsbestimmenden Faktor zu machen, anstatt den Mann zu „kastrieren“.
    Für mich sind beide Frauen poltisch/weltanschaulich sehr nahe beeinander, dennoch wird Flaßpöhler vom Politisch Korrekten Lager (repräsentiert durch Stokowski) her schwer angefeindet und, wie sie selbst sagt, in die Nazi-Ecke gestellt (ein bisschen übertrieben formuliert). Flaßpöhler belegt die Feindschaft der „Politisch Korrekten“ ihr gegenüber mit der im Video erzählten Anekdote, dass der Mann, welcher ihr Buch „Die potente Frau“ gegengelesen hat und dessen Hilfe sie im Buchvorspann verdankt, daraufhin von der feministisch orientierten Gruppe, für die er arbeitete (also Texte schrieb) freigestellt wurde, denn eine Zusammenarbeit mit einem, der Flaßpöhler helfe, sei für ihre Gruppe nicht möglich.
    Für mich belegen die Anfeindungen gegen Svenja Flaßpöhler jedenfalls, was ich schon weiter oben schrieb, das es bei „Politischer Korrektheit“ nicht um Links versus Rechts geht, sondern darum Personen, die bereits linksliberal sind, die aber in der Auffassung der Politisch Korrekten nicht richtig ticken zu massregeln und sie im Extremfall sogar aus dem Verkehr zu ziehen.

  25. Nun für Sie scheint es Unterdrückung in einer Richtung (Europäer unterdrücken Nichteuropäer) zu geben. Betrachtet man die Geschichte, dann ist dies nicht so eindeutig. Auch ist doch gerade Winnetou ein Stereotyp des “edlen Wilden” wie es die echten Apachen wirklich nicht waren. Dann ist doch eher die Figur “Hadschi Halef Omar…” eher negativ (antimuslimisch) besetzt. Überhaupt ist es so, daß das Osmanische Reich bis 1918 existierte, als weder Türken, Syrer etc bis dahin Kolonialismus oder Rassismus erlebten.

  26. Für mich ist der Begriff “Political Correctness” mit dem Buch “Der menschliche Makel” (erschienen im Jahr 2000) von Philip Roth verbunden. Die zentrale Stelle im Buch, wo das Leben des Protagonisten umgestürzt wird (er verliert seinen Job als Lehrer für Literatur und seine Frau stirbt kurz darauf an einem Schlaganfall), dreht sich um die Interpretation seiner Aussage gegenüber zwei Studentinnen, die noch nie in seiner Vorlesung aufgetaucht sind (und die er nicht kennt), ob es sich denn da um Geister, um “spooks” handle. Diese Aussage nehmen die beiden afroamerikanischen Studentinnen zum Anlass, ihn wegen rassistischen Äusserungen vor der Schulleitung anzuklagen, was letztlich zu seiner Entlassung führt.
    Die Ironie daran ist, dass der wegen rassistischen Äusserungen Entlassene selbst ein Afro-Amerikaner ist, was er aber aufgrund seiner hellen Hautfarbe verbergen konnte und verbergen musste, um die Stelle als Literaturprofessor zu erhalten.

    Jeder der von “Politischer Korrektheit” spricht und der sich informiert hat in welchem Zusammenhang dieses Schlagwort in den USA auftaucht, weiss, dass es dabei eben nicht (nur) um Respekt vor dem Anderen, Fremden oder Nicht-US-Bürger geht, sondern auch darum, Personen Rassismus/Sexismus etc. unterzuschieben indem man ihre Äusserungen dementsprechend interpretiert. Die Empfehlungen an von US-Unis an Studenten betreffend Political Correctness, enthalten teilweise Dinge, die für europäische Ohren sehr fremd tönen. So las ich etwa, eine Studentin, ein Student solle nie eine Mitstudentin nach ihrem Herkunfstort fragen (wo kommst du he?r), weil das erniedrigend erscheinen könne für Leute, die nicht in den USA geboren wurden. Solch ein Satz verrät sehr viel über die Selbsteinschätzung des typischen US-Amerikaners und es offenbart auch, dass es tatsächlich tief sitzende Probleme bei den WASPs im Verhältnis zu nicht-WASPs gibt, denn für mich ist “Politcial Correctness” Ausdruck eines Schuldkomplexes der WASP’s .
    Wenn ich alles aufsummiere, was ich über “Political Correctness” in den USA gelesen habe, komme ich zur Einschätzung, dass es dabei um Ideal der Sozialhygiene handelt mit starkem Fokus auf sprachlichen Äusserungen und am besten noch auf wiederbelebte früherere calvinistischen/puritanischen Ideen und Idealen zurückzuführen ist.

    • Na toll: Jetzt kommt als Beleg ein fiktives Beispiel, geschrieben von einem, Überraschung, alten weißen Mann, der die aufmüpfigen Schwarzen Beschwerdeführerinnen so richtig schön vorführt. Fällt Ihnen das gar nicht auf, dass es bei Ihren diversen Versuchen, anständigen Umgang zur “political correctness” und jene als bloßes Anfeindungs- und Unterdrückungsinstrument gegen Weiße und/oder Männer zu deklarieren, gar nicht mehr um die (traditionell benachteiligten) Minderheiten geht, denen gegenüber man sich anständig verhalten sollte? Sprich: Dass es da wieder weiße Männer geschafft haben, dass sich die Diskussion letztlich nur noch um sie und um das dreht, was sie als Kränkungen empfinden?

  27. Um wieder auf die Kommunikation unter Twitter zurückzukommen. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht an die polarisierernden Anfeindungen gewöhnen, die man in vielen Twitter-Tweets Tag für Tag liest.
    Ein aktuelles Beispiel: https://twitter.com/Kachelmann/status/1146876902776459265
    Anlass für die Auseinandersetzung dort sind Äusserungen Kachelmanns, der den Zusammenhang Hitzewelle Waldbrände in Frage stellt. domebeck und Kachelmann tweeten (ziemlich unten) beide für mich unnötig polarisierend:

    Domebeck: Haben Sie schon verstanden woher der Wind weht @Kachelmann ? Retten Sie mit oder gehen Sie zur Seite!
    Kachelmann: Kommt dann auch ein Volksgericht sonst?
    Domebeck: Auweia! Paranoid auch noch? Sie bieten leider keinerlei Lösungen an sondern kritisieren nur auf unseriöse Weise Fachleute, die etwas verändern wollen.
    Kachelmann: Ich kenne die Formulierungen von Ihren rechten Brüdern im Geiste, die auch Menschen aus dem Weg haben wollen.
    usw. und so fort.

    Ist hier Kachelmann der “Schuldige”? Für mich sind es beide. Am besten würde man solche Stellen aus Twitter wieder entfernen denke ich.

    • Die polarisierenden Anfeindungen finde ich in meiner Timeline vor allem dort, wo Prominente oder wo bestimmte Schlagworte im Spiel sind. Der größte Teil meiner Timeline ist frei davon. Insofern: Diese Aussage sollten Sie nicht auf Twitter als Ganzes verallgemeinern.

      Zu dem zitierten Austausch: Sehen Sie da keinen Unterschied? Zumindest in dem Teil, den Sie zitieren, ist Kachelmann derjenige, der mit dem “Volksgericht” und den “rechten Brüdern im Geiste” ganz massiv eskaliert. Dagegen ist das was Domebeck schreibt, vergleichsweise harmlos.

  28. Noch zwei kleine Bemerkungen:

    Kulturelle Aneignung:
    Hier in er Weltwitschaft in München (Eine-Welt-Haus) werden Grichte aus Indien, Thailand, Karibik etc angeboten. Soll es dann für jede dieser Regionen dann einen eigenen Koch geben?

    Anstand:
    Sie sprechen von Anstand, finden aber wohl an Aussagen wir der von Mirna Funk und eventuell von Mely Kiyak über Thilo Sazzazin („lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur) als nicht so schlimm. Das nenne ich Doppelmoral.

    Rudi Knoth

    • Zur Weltwirtschaft in München: Hat sich da jemand konkret gestört gefühlt? Wenn ja, mit welchen Argumenten? Solange sich niemand gestört fühlt, sehe ich da kein Problem. Es geht doch hier nicht daran, irgendwelche abstrakten Prinzipien zu implementieren sondern darauf, an konkreter Stelle Rücksicht zu nehmen und auf die Menschen, die sich beeinträchtigt fühlen, einzugehen.

      Zu Mely Kiyak und Mirna Funk: Die beiden Personen haben Sie hier ins Spiel gebracht. Frau Funk ist mir soweit ich sehen kann bislang nur über den von Ihnen verlinkten Artikel untergekommen, in dem ich allerdings auch mit direkter Suche keinerlei Aussagen zu Sarrazin gefunden habe. Mir aufgrund der dreisten Unterstellung, ich würde irgendwelche Aussagen mittragen, die ich gar nicht kenne, Doppelmoral zu bescheinigen, ist auf alle Fälle komplett unanständiges und unangebrachtes Verhalten hier von Ihnen.

  29. Mir aufgrund der dreisten Unterstellung, ich würde irgendwelche Aussagen mittragen, die ich gar nicht kenne, Doppelmoral zu bescheinigen, ist auf alle Fälle komplett unanständiges und unangebrachtes Verhalten hier von Ihnen.

    Fals Sie dies so aufgefasst haben, bitte ich Sie um Entschuldigung. Ich habe im Fall Mely Kiyak auch das Wort eventuell benutzt. Ich habe angenommen, daß Sie dieses Thema kennen. Es war im Internet recht bekannt.

    • Ich sehe auch bei nochmaligem Lesen keine rechte Möglichkeit es anders aufzufassen und nehme Ihre Entschuldigung an. Die Kontroverse kannte ich nicht; zumindest in meinen Timelines erinnere ich auch nicht, dass das Thema aufgekommen wäre. Wie Sie darauf kamen, ich würde die entsprechende Aussage “nicht so schlimm” finden, kann ich nach wie vor nicht nachvollziehen. Ableismus finde ich ganz allgemein schlimm, und die von Ihnen zitierten Aussage gehört aus meiner Sicht dazu.

  30. Wenn ich diese Diskussion hier (oberflächlich) verfolge, denke ich dass wir immer noch viel zu sehr gewohnt sind, die Sozialen Medien als Orte zu sehen. “Du bis auf Twitter? Dann musst du doch diese Person kennen und jede Diskussion verfolgt haben.” In Wirklich kein ist ein Soziales Medium eben nur eine Methode Nachrichten auszutauschen. Welchen Inhalt diese Nachrichten haben, in welchen Stil man kommuniziert und in welchen Kreisen sie gelesen werden, ist sehr individuell. Deshalb ist Twitter auch für jede_n Nutzer_in anders.
    Mein Twitter zum Beispiel, enthält viel Wissenschaft, viele Albernheiten und fast keine Shitstorms.

  31. @Markus Pössel (Zitat): “Zu dem zitierten Austausch: Sehen Sie da keinen Unterschied? Zumindest in dem Teil, den Sie zitieren, ist Kachelmann derjenige, der mit dem “Volksgericht” und den “rechten Brüdern im Geiste” ganz massiv eskaliert”
    Den Unterschied sehe ich: Als Überreaktion von Kachelmann auf den “Abschiebeversuch” von Domebeck, der sagt: “Haben Sie schon verstanden woher der Wind weht @Kachelmann ? “
    Den ganzen “Austausch” zwischen Domebeck und Kachelmann sollte man meiner Meinung löschen, wobei man hier eben auch Kachelmann vor sich selbst schützen muss. Warum löschen? Weil er jede spätere Diskussion erschwert oder verunmöglicht, weil die beteiligten Personen in eine bestimme Ecke gestellt werden aus der sie nicht mehr herauskommen.

  32. @Markus Pössel (Zitat):

    “um die Fake-News, die über die sozialen Medien verteilt werden, darum, wie man auf diesen Medien möglichst viele Menschen mit den eigenen Botschaften erreicht.”

    Fake-News werden nach meinem Eindruck auch von Gegnern der Relativitätstheorie verbreitet. Vor ein paar Tagen habe ich z.B. auf Youtube nach einer Video-Animation für eine relativistische Erklärung des Sagnac-Effekts gesucht. Gefunden habe ich mit der Suche nach sagnac relativistic fast nur Videos, die mit dem Sagnac-Effekt die Relativitätstheorie widerlegen sollen. Bei Google finde ich mit der Suche nach sagnac relativistic als 1. Suchergebnis, noch vor Wikipedia, eine PDF-Veröffentlichung, in der die Relativitätstheorie mit einer falschen Argumentation für falsch erklärt wird.

  33. @Anonym_2019 31.07.2019, 01:41 Uhr

    Mit entsprechenden Methoden ist es möglich, die “Referenzzähler” (wie oft eine Seite aufgerufen wird) zu erhöhen.

Schreibe einen Kommentar