Pandemie-Aufbereitung: Wie haben die Menschen 2020–2022 die Schutzmaßnahmen eingeschätzt?

Ich wäre sehr dafür, den Umgang der deutschen Regierungen und allgemeiner der deutschen Gesellschaft mit der Covid-Pandemie richtig aufzuarbeiten. Aber wenn Bundespräsident Steinmeier jetzt fordert, die Bundesregierung müsse sich sofort an die Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen machen, bin ich ein wenig skeptisch. Dazu habe ich noch zu gut in Erinnerung, wie Steinmeier beim zentralen Pandemie-Gedenkakt im April 2021 in punkto Erbitterung und Frust lediglich diejenigen Menschen würdigte, die sich über ihrer Ansicht nach überzogene Schutzmaßnahmen ärgerten. Die Gruppe derjenigen, die sich – wir hatten immerhin gerade den Winter 2020/2021 mit vermutlich zehntausenden vermeidbaren Todesfällen durch Verzögerung der Gegenmaßnahmen hinter uns – die verbittert und frustriert waren, weil Bundesregierung und Landesregierung nicht genug getan hatten, war ihm offenbar egal. In den Worten von Christian Drosten: “Man hätte nur noch ein paar Wochen bis Monate länger konsequent sein müssen. Dann hätte man vielen Menschen das Leben gerettet.”
Aufbereitungs-Journalismus mit blindem Fleck
Und doch hören sich manche Beiträge zur Corona-Aufarbeitung auch heute noch so an, als gäbe es die Frage, ob wir zumindest in bestimmten Phasen zu wenig geschützt haben, gar nicht. Ein Beispiel ist der Beitrag “Woran krankt die Corona-Aufarbeitung?” von Britta Spiekermann vom 28.12.2024 im ZDF. Da wird ab 2:48 die Prozentzahl-Kurve derjenigen gezeigt, die die staatlichen Corona-Maßnahmen als “gerade so richtig” einschätzten. Gegenübergestellt werden dann, mit Videoaufnahmen verschiedener Querdenker-Demonstrationen diejenigen, die die Maßnahmen für überzogen hielten.
Dass es da noch eine dritte Möglichkeit gibt, diejenigen nämlich, die mit den Corona-Schutzmaßnahmen ganz oder zeitweise unzufrieden waren: Fehlanzeige. Diese Gruppe wird in dem Beitrag komplett ausgeblendet. Und obwohl dann noch diverse andere Aspekte angesprochen werden – etwa die (Dis-)Organisation der Teststationen, oder die Maskendeals, oder “Druck auf Ungeimpfte”, oder die Impfpflicht in Pflegeheimen oder Krankenhäusern, oder Hilfe für Long-Covid-Betroffene, oder Impfschäden durch die Covid-Impfung, oder die RKI-Protokolle – kommen die Fragen, ob bzw. wann wir als Gesellschaft bei der Infektionsbekämpfung zu träge waren, zu zögerlich, zu wenig getan haben, in jenem Beitrag schlicht nicht vor.
Zurück zu den Umfrage-Daten!
Schauen wir uns doch einfach mal die gesamten Daten der ZDF-Politikbarometerfrage zur Angemessenheit der Corona-Schutzmaßnahmen an! Hier ist die Grafik, die in der ZDF-Sendung gezeigt wurde als Screenshot:
Ein paar kleine Anmerkungen vorweg: Die Statista-Zahlen zum “ZDF Politbarometer” beginnen erst am 28. August 2020. Googeln von “site:zdf.de corona maßnahmen” ergibt zwischen 1. März und 30. August 2020 28 Treffer. Bei keinem davon habe ich Politbarometer-Daten zu den Corona-Schutzmaßnahmen gefunden. Die Suche nach “site:zdf.de politbarometer” für denselben Zeitraum ergibt drei Treffer, keiner davon zur Akzeptanz der Corona-Maßnahmen. Woher die ersten Datenpunkte der oben gezeigten Kurve stammen, ist mir dementsprechend ein Rätsel. Die durchgezogene Kurve ist gerade für 2022 zudem missverständlich. Zwischen Ende Januar und Oktober 2022 gibt es nämlich keinen Aufwärtstrend, sondern (zumindest laut Statista) lediglich die zwei Datenpunkte 28. Januar 2022 und 21. Oktober 2022. Letztes Mini-Problem: auf der Statista-Seite wurden entweder die Datumsangaben oder die Darstellung des vorletzten und vorvorletzten Werts (14. und 28. Januar 2022) vertauscht.
Aber kommen wir zu den schwerwiegenderen Problemen. Hier mein Plot der Datenpunkte, nach den Statista-Angaben für das ZDF-Politbarometer:

Erste Tatsache: über weite Teile des Befragungszeitraums, nämlich bei 75% der Datenpunkte liegt nicht nur die Zahl derer, die die Maßnahmen “gerade (so) richtig” finden, sondern auch die Zahl derer, die finden, dass zu wenig getan wird, über dem Anteil derjenigen, die die Maßnahmen übertrieben finden. Den Daten nach ist daher erst einmal völlig unverständlich, warum man die Gruppe derjenigen, die zu wenig an Maßnahmen sehen, ausblenden sollte.
Ganz klar missverständlich wird damit die Präsentation der obigen Grafik in der Sendung. Dort wird, wie gesagt, die Kurve derjenigen gezeigt, die die Maßnahmen “gerade richtig” fanden. Beim Aufbau der Kurve sehen wir: die Kurve geht drei Mal (Jahreswechsel 2020/2021, Frühjahr 2021, Ende 2021) zwischenzeitlich nach unten. Der Sprechtext geht dann weiter: “aber da gab es eben auch die vielen anderen, die weniger oder überhaupt nicht einverstanden waren, die Grundrechte und die Demokratie in Gefahr sahen, bis hin zu unversöhnlichem Misstrauen in alle staatlichen Institutionen”. Die Bilder zeigen dazu drei Querdenker-Demonstrationen, eine Anti-Querdenker-Demonstration, zwei weitere Querdenker-Demonstrationen. Im weiteren Verlauf des Beitrags werden von den “vielen anderen” dann allerdings ausschließlich diejenigen beschrieben, die die Maßnahmen für übertrieben hielten.
Das ist handwerklich einfach grottenschlecht. Das stellt die Daten in einen falschen Zusammenhang. Wenn man “Maßnahmengegner” einordnen möchte, dann hat man mehrere Möglichkeiten. Entweder fasst man, wenn es ein valider Vergleich Nicht-Maßnahmengegnern und Maßnahmengegnern sein soll, eben alle Nicht-Maßnahmengegner zusammen. Dann sieht die Grafik aber eben anders aus, nämlich so wie hier:Und dabei wäre dann deutlich geworden, insbesondere wenn man beide Kurven nebeneinander teilt: Die Nicht-Maßnahmengegner waren immer in der großen Überzahl. Selbst in der für die Maßnahmengegner günstigsten Situation, März/April 2021 als die Impfungen richtig angelaufen waren und sicher viele Menschen gehofft haben, dass die Einschränkungen nicht mehr lange gelten, liegt der Maximal-Zustimmungswert von 26% weit unter den 67% derer, die die Maßnahmen entweder für zu lasch oder für angemessen halten. 67%, das ist eine Zweidrittelmehrheit, in der Politik die non-plus-Ultra-Schwelle.
Die Formulierung der “vielen anderen” im Beitrag verwischt mit dieser vagen Formulierung, dass die Maßnahmengegner im gesamten Zeitraum, der hier untersucht wurde, eine kleine Minderheit war. Hätte man in der obigen Grafik die entsprechende Maßnahmengegner-Kurve mitgezeigt, wäre das ganz deutlich gewesen. Man hat sich, aus welchen Gründen auch immer, dagegen entschieden. Selbst wenn man keine falsche Dichotomie aufgemacht, sondern die kombinierten Werte “zu wenig + gerade richtig” gezeigt hätte, wäre die Lage klarer gewesen: große Zustimmung, über den gesamten Befragungszeitraum hinweg. Aber selbst das haben die Autor*innen jenes Beitrags nicht gemacht. Und das ist dann schon echte Irreführung. Die Daten waren da. Sie wurden irreführend präsentiert. Es wurde ein “die einen” vs. “die anderen” suggeriert, das so schlicht nicht stimmt. Der Umstand, dass die Maßnahmengegner immer deutlich in der Minderheit waren, wurde durch Weglassen der entsprechenden Datenpunkte grafisch unsichtbar gemacht, und durch die quantitativ im Vergleich eben nicht richtige Formulierung von den “vielen anderen” ersetzt.
Die verschwiegene (fast-immer-)Mittelgruppe
Dann ist da eben noch die Gruppe, die die meiste Zeit zwischen den Anteile von “gerade richtig” und “übertrieben” liegt. Hier ist deren Anteil noch einmal hervorgehoben:

Wie bereits gesagt: Bei 75% der Datenpunkte sind diejenigen, die finden, es werde zu wenig getan, die Mittelgruppe, und ihr Anteil liegt über jenem der Maßnahmengegner. Würde man nach den Daten gehen, sollte klar sein: Wer Unzufriedenheit mit den Coronamaßnahmen behandelt, kann diese Sorte der Unzufriedenen nicht einfach vernachlässigen. Schon gar nicht zugunsten der allgemein kleineren Gruppe der Maßnahmengegner. Wer es trotzdem tut, wie in dem oben genannten ARD-Beitrag oder eben auch in der Steinmeier-Rede vom April 2020, ignoriert die Daten, und trifft eine subjektive Auswahl entgegen der Datenlage.
Ebenso interessant ist, dass die zu-wenig-Fraktion etwas schafft, was den Maßnahmengegnern im ganzen Zeitraum kein einziges Mal gelingt: Sie werden bei fünf der Befragungen (also für rund 18% der Datenpunkte) die stärkste Gruppe. Einmal, nämlich Ende 2021, haben sie mit 52% sogar die absolute Mehrheit.
Wer diese Gruppe ignoriert, tut mit den Daten etwas, das wir mit Prozentzahlen in anderem Zusammenhang nie tun. Eine Partei, die bei aufeinanderfolgenden Wahlen nie weniger als 13% holt und einmal sogar eine absolute Mehrheit, würde unter Garantie niemals in der Berichterstattung totgeschwiegen. Was den Umgang mit Daten angeht, hat das Narrativ, das nur Maßnahmen-Zufriedene und Maßnahmengegner sieht, eine ungeheuerlicherliche Schieflage.
Bitte keine Aufarbeitungs-Schieflage
Dass sich solch eine Schieflage an exponierter Stelle durchsetzt, ohne dass entsprechende Gegenstimmen kommen, zeichnet davon, wie unsere Gesellschaft mit Daten und Fakten vs. “gefühlten Fakten” umgeht, leider kein gutes Bild. Ich hoffe sehr, dass diese Schieflage sich nicht fortsetzt, wenn es dann vielleicht doch endlich zu einer systematischen Untersuchung auf Bundesebene kommt. Schlimm genug, wenn große Teile der Sorgen der Bevölkerung – wie gesagt, zeitweise sogar der absoluten Mehrheit der Befragten – in journalistischen Beiträgen oder durch den Bundespräsidenten unter den Teppich gekehrt werden. Das bei der systematischen Aufarbeitung zu tun, wäre fatal.
Für die Eindämmung eines Virus ist es ziemlich egal, wie tödlich es ist. Wenn wir aber eins haben, das 1 von 100 Leuten tötet, reagieren wir entschlossen und enden vielleicht mit 1000 Toten. Wenn wir eins haben, das nur einen von 10 000 tötet, eiern wir halbherzig herum und enden mit 1 000 000 Toten. Ist halt so, weil die Regierung faule Kompromisse schließen muss zwischen Wohl und Bauchgefühl der Allgemeinheit – wenn das Risiko für den Einzelnen gering ist, wird er lieber ein paar Millionen Exemplare der Mit-Allgemeinheit ermorden, als einen FaceFuckPräser2 über der Nase zu ertragen. Das Bauchgefühl der Allgemeinheit ist, die Allgemeinheit soll verrecken, und die Allgemeinheit ist den individuellen Trägern des Bauchgefühls stets zahlenmäßig massiv überlegen. Mit anderen Worten, die Allgemeinheit will aus jedem Problem den Maximalschaden für sich herausholen, und überlebt nur, solange das Problem nicht das Potenzial hat, allzu viel Schaden anzurichten.
So kann uns kein lösbares Problem auf einmal töten, das schrecklich genug ist, um alle auf einmal in Todesangst zu versetzen, denn dann sind wir uns schnell einig, entschlossen zu agieren und ausreichend Ressourcen zu verwenden. Aber viele Probleme, die sich unterschwellig anhäufen, zermürben uns und fressen uns nach und nach auf. Corona hat es genauso geschafft, unser kognitiv- kollektives Immunsystem zu unterlaufen, wie die Russen oder der Klimawandel oder die Wirtschaftskrise. Alles darf uns nach Lust und Laune umbringen, solange es das erst morgen tut, und wenn Morgen Heute wird, muss es sich nicht mehr um unsere Erlaubnis scheren.
Unsere Maßnahmen waren also zutiefst populistisch – die große Last wurde auf die Bevölkerung geschoben, kaum vorhandene Ressourcen wie Intelligenz und Einsicht überstrapaziert, Unmenschlichkeit diverser Maßnahmen ignoriert oder gezielt übersehen, um die Staatskasse vor neuen Schulden, Politiker vor schlechten Umfragen und die Wirtschaft vorm Rühren eines Fingers oder gar Schwitzen zu verschonen, Schwarze Null und geiz-gier-geiler Total-Ausverkauf der Industrie über alles, die Bevölkerung durfte aber mit ihren Launen nerven und Chaos stiften, wie sie wollte, solange es nix kostete außer Nerven und Menschenleben. Keiner hatte Bock, der demokratische Souverän hatte gesprochen, das Virus hatte gefälligst den Kotau vor den Wünschen der Regierung, der Wirtschaft, des Volkes zu machen, und weil es das stattdessen lieber ausnützte, versuchten alle, die Belastungen und die Schuld aufeinander zu schieben, und machten alles mit all ihrer Kreativität, Vielfalt und Willenskraft solidarisch, zielstrebig und konsequent so viel schlimmer, wie sie nur konnten. Richtige Methode, falsches Ziel, das wurde aber höchst erfolgreich erreicht.
Es endete damit, dass wir Corona hilflos ausgeliefert waren. Nicht nur das, unser Herumeiern hat ja auch die gesamte Viren- und Bakterien-Welt ordentlich aufgemischt und zum Mutieren gebracht, während die langzeitige Isolation unseren Immunsystemen zusetzte. Für Krankheiten wäre es ein Leichtes, ihre Wirte zu töten, deswegen überleben nur die Schwächsten – die Viehzüchter, die sich selbst zügeln und nachhaltig wirtschaften können. Bei all den Laboren, Petri-Schalen, sich verzweigenden Mutanten-Strängen, dem Umweltdruck, den wir ausgeübt haben, ist allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwo in der großen, bunten, hyperaktiven Krankheitswelt ein Malheur passiert, eine Mutation die Selbstbeschränkung umgeht und eine neue Schwarze Pest entsteht, höher als je zuvor in der Menschheitsgeschichte. Wir tun alles, damit es passiert – die Krankheiten tun alles, damit es nicht passiert. Wir tun alles, um uns umzubringen, die Viren tun alles, um ihre Viehherden vor dem Menschenwahnsinn zu schützen.
Wieso sollte die Aufarbeitung weniger populistisch sein?
Wir glauben allen Ernstes, wir könnten das Wetter kontrollieren, indem wir über den Wetterbericht abstimmen. Unser wichtigster Problembewältigungsalgorithmus ist Kosten-Ghosten: Wenn wir ein Problem haben, aber die Lösung Kosten verursachen würde, gibt es kein Problem. Wenn wir etwas unbedingt haben wollen, gibt es keine Kosten. So handeln kleine Kinder, verwöhnte Promi-Kids und versnobte Puderperücken auf der Suche nach einer Guillotine.
Sie sehen also so was wie eine Sekte, die sich im Gruppenwahn eingerichtet hat. Wir sind Babys in einer Gebärmutter, gewöhnt, von einer Nabelschnur versorgt und von Mamis Körper beschützt zu werden. Jetzt ist Mami tot und wir verstehen das nicht. Wir können nur treten, zappeln, weinen, winseln, schreien, toben, fordern, betteln. Währenddessen eskalieren die Probleme, die Organversagen und Verwesung erzeugen. Wenn wir es nicht schaffen, geboren zu werden, Kontakt mit der Realität aufzunehmen, unsere Position in der materiellen Welt zu erkennen und zu lernen, mit ihr zu interagieren, statt sich bloß um unsere Gesellschaft, unsere Gefühle und unser Dafürhalten zu scheren, als wären sie das gesamte Universum und das gesamte Universum wäre Mami – war’s das.
So gesehen, reiht sich Corona einfach nur in eine sehr, sehr lange Reihe von Weckrufen ein, die wir komplett ignorieren, bis die Krisen so weit eskalieren, dass das Unterdrücken von Symptomen all unsere Ressourcen verschlungen hat, woraufhin sie freie Bahn haben werden, erst dann geht der ganze Sterbespaß richtig los, komplett mit Agonie und viel zu später Reue und dem ewigen Geheul, wer hätte das denn kommen sehen können und womit wir denn eine solche Strafe verdient hätten. Sterben ist langweilig, bei Individuen auf der Sterbestation im Krankenhaus sehen Sie analoge Verfallsmuster. Knallen Sie den Patienten mit Morphium zu, bis sein Körper nicht mehr kann, danach ziehen Sie den Stecker, den Rest besorgen die Maden. Auch hier gibt das Problem die Lösung vor, und auch hier macht Herumeiern und Leugnen alles nur noch schlimmer.
Wer leben will, raus hier. Der Rest – weitermachen. Passt schon.
Ich bereue schon, nicht den übliche Disclaimer mit dem Aufruf, sich bei Kommentaren kurzzufassen und bei der Sache zu bleiben, unter den Artikel gesetzt zu haben 🙂
Zur Sache: Machen Sie hier mit Ihrem Szenario nicht eigentlich das gleiche, was Sie den anderen vorwerfen – populistisch an der Sache vorbei argumentieren?
Die Umfragedaten, die im Blogbeitrag vorgestellt werden, zeigen doch gerade das Gegenteil. Nicht eine Bevölkerung, die egoistisch nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist, sondern eine Bevölkerung, in der es in jeder Phase, auch während der Teil-Lockdowns, auch nachdem im Prinzip die Impfung bereitstand, eine große Mehrheit dafür gab, als Gesellschaft geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Insofern finde ich Ihre Beschreibung übervereinfacht und unrealistisch. Die hier gezeigten Umfragewerte passen einfach nicht gut zu Ihrer Schwarzmalerei. Und letztlich ist solches Hände-in-die-Luft-werfen-der-Mensch-ist-schlecht-wir-werden-alle-zugrundegehen-und-können-eh-nichts-tun bei Krisen, ob Covid oder Klimakrise, Teil der Probleme, nicht Teil der Lösung.
Die original RKI Daten, eigene Analyse zeigt
1. Erster Log Down zu spät, unwirksam, kaum Infektionen im Vergleich
2. Lock Down dito
3. Lock Down passt, viele waren da schon geimpft.
Schweden hat Lock Down Nachteile vermieden bei gleicher Mortalität.
Siehe eventuell yt-video nur Hobby Analyse Grüße
OK? Ist für mich tatsächlich nicht nachzuvollziehen. Ich habe für den Winter 2020/2021 ein langes Zögern von Regierungsseite gesehen. Dann durch Verschärfung der Maßnahmen eine Abbremsung, aber zu wenig. Dann endlich die Trendumkehr. Und Schweden anzuführen, ohne auf die unterschiedlichen Einwohnerdichten einzugehen, ist doch einfach nur irreführend.
stimmt, die Bevölkerungsdichte, also formal Zahl pro Fläche, macht einen großen Unterschied (Dorf oder Großstadt)
Zu Beginn einer Pandemie sind nicht alle Personen gleich gefährdet.
Das muß der Fokus von Maßnahmen sein. Das Virus machte Probleme immer nur Vorort.
Karneval auf dem Dorf. Nicht hingehen. Einkaufen? Jemanden bitten .. der jung ist?
Die RKI Daten zeigen grob, wenn zu Beginn mehr als 70 000 000 nicht infiziert sind, alle in den Lockdown zu schicken, war deshalb uneffektiv, weil dadurch die Viren nicht weg waren.
In einer Demokratie kommt man um eine eigene Entscheidung nicht herum. Sinnvolle Empfehlungen gab es in den Medien. Auch unsinnige!
Zur Übersterblichkeit hat Our World in Data ja eine recht gute Sammlung mit interaktiven Grafiken, nämlich diese Seite hier. Wenn ich da Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen vergleiche, also in ein und derselben geografischen Region Dänemark mit höherer Bevölkerungsdichte, Finnland und Norwegen mit deutlich geringerer, und Schweden dazwischen, dann sticht schon heraus, dass Schweden in der ersten und zweiten Welle, sprich: bevor die Impfungen die Lage grundlegend änderten, deutlich höhere Übersterblichkeit hatte. Und wenn man da für denselben Zeitpunkt Deutschland und Schweden gegeneinander aufträgt, dann war Deutschland bei der ersten Welle trotz höherer Bevölkerungsdichte deutlich besser dran bei der Übersterblichkeit als Schweden. Bei der zweiten Welle (Winter 2020/2021) war der Verlauf in beiden Ländern dann ungefähr gleich. Das war dann auch die Zeit, als Deutschland sehr lange gezögert hat überhaupt die Maßnahmen zu verschärfen. Insofern sieht es für mich eher so aus, als ob die Daten zur Übersterblichkeit zeigen: die Maßnahmen im Frühjahr 2020 waren effektiv. Das Zögern bei den Maßnahmen im Winter 2020/2021 dagegen hatte drastische Folgen. Und all das heißt ja: die Maßnahmen, und inbesondere ob man sie ergriffen hat oder nicht, haben einen deutlichen Unterschied gemacht.
Dass “dadurch die Viren nicht weg waren” ist für mich kein besonders sinnvolles Kriterium – viel wichtiger war: wie viele Menschen konnte man vor einer Erkrankung bewahren, bis die Impfung verfügbar war und das Risiko für schwere Verläufe drastisch senkte? An der Stelle war Schweden bei der ersten Welle deutlich schlechter als Deutschland; bei der zweiten Welle hat Deutschland dann leider seine bei der ersten Welle erfolgreiche Strategie geändert und die Quittung in Form vieler vermeidbarer Sterbefälle bekommen.
Die RKI Daten sind unvollständig, meine abgeleitete Meinung ist unvollständig und sie und jede andere gehört auf den Prüfstand und zwar immet wieder – nicht nur, weil das Virus sich täglich ändert. Auch Demokratie nach der Pandemie, weil…
https://youtu.be/5Mf56PCC8w0?si=vn8B2srxeK8DVhKc
Das geht mir zu sehr in Richtung “ach, alles ist doch unsicher!” – und das lässt außer Acht, dass wir es in der Wissenschaft mit ganz unterschiedlichen Graden von Sicherheit bzw. Unsicherheit zu tun haben. Die alle pauschal über einen Kamm zu scheren, nützt vor allem denen, die Wissenschaft generell unbequem finden, und am liebsten an der Wissenschaft vorbei ihre Meinungen/Ideologien/Überzeugungen durchsetzen wollen.
Zu dem Video: finde ich in der Form tatsächlich zu naiv. Sieht man nicht zuletzt daran, wie sich gerade in den USA selbsternannte “Meinungsfreiheits-Absolutisten” populistisch an die Macht gebracht haben. (Und jetzt, wo sie an der Macht sind, natürlich kräftig Projekte, Forschungsrichtungen, Beiträge in Sozialen Medien und sogar Formulierungen und Worte in ihrem Einflussbereich verbieten. War halt nur vorgeschoben, dass es um die echte und umfassende Meinungsfreiheit ginge.) Insofern: Im Bereich Meinungsfreiheit, Reichweite-geben, moderierte vs. unmoderierte Diskussionen muss sich jede*r, der/die das nicht nur als Slogan vorschiebt, ernsthaft fragen, ob das, was er/sie sich da als Umsetzung jenes Grundsatzes vorstellt, wirklich mit dauerhafter Demokratie vereinbar ist oder nicht vielleicht doch Populismus/Reichweitenmanipulationen Tür und Tor öffnet.
In den Worten von Christian Drosten: “Man hätte nur noch ein paar Wochen bis Monate länger konsequent sein müssen. Dann hätte man vielen Menschen das Leben gerettet.” (Zitatende)
In den Worten eines orthodoxen religiös Gläubigen:
“Man hätte nur noch ein paar Wochen bis Monate länger konsequent beten
müssen. Dann hätte man vielen Menschen das Leben gerettet.”
In den Worten eines naiven Esoterikers::
“Man hätte schon ganz am Anfang mit unseren Apparaturen gegen die Poltergeister vorgehen müssen. Dann hätten sie bestimmt nicht monatelang die Menschen belästigt.”
Oder auch etwas leicht physikalisch- verschwörungstheoretisch:
“Dummerweise widersprechen atronomische Beobachtungen unserer seit Langem gut etablierten Theorie. Wir glauben aber, dass dunkle Kräfte , die von niemandem detektiert werden können, dafür verantwortlich sind. Deshalb ist es wissenschaftlich bewiesen, dass unsere gut etablierte Theorie doch weiterhin die einzig richtige bleibt.” Und weil die drei besten Theoretiker weltweit dasselbe glauben, ist das der aktuelle Stand der Wissenschaft und es gibt nichts mehr daran zu kritisieren.”
Ich verlinke auf den Blogartikel mit dem durchgerechneten Modell, Sie ignorieren das, versteifen sich stattdessen auf das Drosten-Zitat, und kommen hier mit verkrampft-polemischen Assoziationsspielchen. Aber wie Sie wollen, wenn Sie sich hier selbst entlarven wollen, nur zu. Hätten Sie auch kürzer und weniger umständlich fassen können als “Mich kümmern die Daten keinen feuchten Kehricht, ich glaube das alles nicht!” aber hej, jede*r wie er/sie will.
Aus meiner Sicht haben wir eine offene Flanke:
Die Beantwortung dieser Frage bezieht sich auf die Vergangenheit, ist eine Rückschau mit dem heutigen Wissen und der Kenntnis des Ablaufs des Geschehens.
Es fehlt imho eine Aufarbeitung, was wir gelernt haben könnten, was quasi ‘virusunabhängig’ sinnvoll war, was wir bei einem zukünftigen Virus mit zuerst noch unbekannten Eigenschaften tun oder lassen sollten, um Zeit zu gewinnen, mit möglichst wenigen Opfern eine Strategie/einen Impfstoff zur Abwehr/Eingrenzung des Virus zu erarbeiten.
Ich sehe das nicht unabhängig voneinander. Zu fragen, welche unserer damaligen Aktionen angemessen waren und welche nicht, ist ja auf alle Fälle richtig. Das Abstraktionsvermögen, den damaligen eingeschränkten Informationsstand zu berücksichtigen, muss man dabei natürlich mitbringen. Zu Beginn der nächsten Pandemie werden wir ja einen ähnlich unvollständigen Informationsstand haben. Und es ist ja nicht so, als ob es nichts zu lernen gäbe.
Sicher, wir werden bei der nächsten Pandemie einen ähnlich unvollständigen Informationsstand in Bezug auf die Einzelheiten von Übertragung, Einnistung, Infektiosität, Mortalität ( welcher Gruppe auch immer ) eines neuen Erregers haben. Wenn wir heute beispielsweise die Schulschließungen ( in Bezug auf Covid19 ) als überzogen kritisieren, so kann das vielleicht bei einem anderen Erreger unbedingt nötig sein. Das Verbot, ( allein ) auf einer Parkbank zu sitzen, erscheint mir, bei welchem Erreger auch immer, als definitiv überzogen. Die Sterbebegleitung in adäquater Schutzausrüstung ist eine Abwägung. Mein Ansatz zielt aber darauf ab zu fragen, ob wir genügend Vorräte an Schutzausrüstung aller Art haben werden, genügend Möglichkeiten der Unterbringung von hochansteckenden Infizierten bereitstellen, notfalls Infektionswege zurückverfolgen und vorhersagen können.
Eine Umfrage zu vergangenen Covid19-Maßnahmen im Sinne von ‘ausreichend’ oder ‘überzogen’ hat immer das aktuelle Wissen als Grundlage – und hilft daher nicht viel.
Ja, komplette Ausgangssperren gehen immer schon über reinen Infektionsschutz hinaus, sondern sind immer “Infektionsschutz, der mit den vorhandenen Ordnungskräften vergleichsweise einfach zu kontrollieren iist”. Sterbebegleitung mit Schutzausrüstung wäre in der Tat wichtig gewesen, insbesondere wenn das Fachpersonal so ausgebildet ist, dass es auf richtigen Schutz achten kann. Und die Frage nach Vorräten sowie nach Zurückverfolgungs-Kapazitäten sind berechtigt. Aber auch die erwähnten Umfragen haben ihren Wert. Für Akzeptanz der jeweiligen Maßnahmen zu sorgen, ist ein wichtiger Teil des Pandemiemanagements. In ungünstigen Fallen werden nicht akzeptierte Maßnahmen unterlaufen. In für den Infektionsschutz positiven Fällen ergreifen Menschen auch ohne behördliche Anordnung Maßnahmen, wenn man ihnen die Gefährlichkeit der Lage erfolgreich vermittelt hat. (War ja insbesondere am Anfang der Pandemie regelmäßig so – viele Menschen haben gesehen, was los ist, und waren dann bereits von sich aus vorsichtiger.) Und über die Akzeptanz geben diese Umfragen ja durchaus Auskunft. (Und im Falle der Winterwelle zeigen sie ja sogar: da hatten viele Menschen eine realistischere Einschätzung der Situation zu jener Zeit als das, was an zögerlichen politischen Kompromissen herauskam.)
Lange Rede, kurzer Sinn:
Wir werden bei der nächsten Pandemie erfahren, ob diese Umfrage einen Wert gehabt hat.
Meine Hoffnung wäre allerdings, dass ‘wir’ die sachlichen Vorbereitungen parat haben und dass über nachvollziehbare Informationen und sachgerechte Maßnahmen bei einer Mehrheit sich die Akzeptanz einstellt.
Nein, wieso sollten diese Umfragen irgendetwas über die nächste Pandemie aussagen? Vor allem geben uns die Umfragen Hinweise, worauf wir bei der Aufarbeitung achten sollten. Z.B. was in den Situationen schiefgelaufen ist, wo zwischenzeitlich eine beachtliche Zahl von Menschen die Maßnahmen nicht weitgehend genug fanden.
Ich finde die Vorgehensweise, in Umfragen zu bestimmen, ob zu viel oder zu wenig getan wurde, ziemlich schwierig, denn diese Umfragen werden ja von Menschen beantwortet, die durch die Medien vorher nur mit gefilterten Informationen gefüttert worden waren. Das bedeutet, die meisten – einschließlich vieler Politiker – konnte sich keine sachlich korrekte Meinung bilden.
Es hat sich inzwischen herausgestellt, dass in der Krise Informationen unterschlagen wurden und es wurde auch klar gelogen. Es wurden Andersdenkende gemobbt und unterdrückt.
DAS muss das Ziel der Aufarbeitung sein. Die Frage, wo die Krise politisch benutzt wurde, um Grundrechte auszuschalten, um Macht auszuüben, um die Demokratie zu beschädigen.
Man kann auch die Frage stellen, ob die Gegenmaßnahmen nicht mehr Schaden als Nutzen angerichtet haben. Das würde aber nur gehen, wenn man von dem Moralisieren abrückt und sachlich denkt. Ich bezweifle aber, ob das möglich sein wird, denn wir haben uns auch und gerade in der Wissenschaft zu sehr an das emotional / moralisierende Denken gewöhnt.
Sicher ist diese Vorgehensweise nicht perfekt. Aber die Argumentation ist ja erst einmal: wir müssen aufarbeiten, weil es dazu ein Bedürfnis in der Gesellschaft gibt. Solche Aussagen sollten sich halt nicht nach Gefühlen, persönlicher Überzeugung oder gar Vorurteilen richten, sondern verfügbare Daten zumindest einbeziehen.
Ihre weiteren Aussagen kann ich sämtlich nicht nachvollziehen. Mir ist vor allem Desinformation – zum Teil ja sogar grotesk falsche – aus der “Maßnahmenkritiker”-Ecke untergekommen, sowie von Seiten von Menschen, die die damalige Situation, inklusive der Dringlichkeit und der wahrscheinlich zehntausenden vermeidbaren Toten, rückblickend am liebsten ganz anders ausmalen würden. Pauschale Aussagen wie Ihre zum “emotional/moralisierende[n] Denken” in der Wissenschaft kenne ich eher von denjenigen, denen die Ergebnisse der Wissenschaft nicht ins eigene Weltbild passen, und die Wissenschaftler*innen, wenn es schon sachlich nicht gelingt, dann eben auf diese Weise am Zeug flicken wollen.,
Aber eine vernünftige Aufarbeitung sollte ja gerade nicht so laufen, dass entweder Sie oder ich oder wer sonst da bereits explizit bereits in die Untersuchungsbedingungen hineinschreiben, was unserer Ansicht nach am Ende herauskommen soll. Auf einen neutralen Auftrag sollten wir uns doch eigentlich trotz unserer offenbar sehr unterschiedlichen Einschätzungen der Lage einigen können: die Wirksamkeit der Maßnahmen sollte geprüft werden, die Frage wo in Anbetracht der damals verfügbaren Informationen angemessen entschieden wurde, wo unangemessen; die Frage, ob die Maßnahmen in bestimmten Phasen zu streng waren oder nicht umfassend genug; die Abwägung der verschiedenen Grundrechtseinschränkungen (Beeinträchtigung körperliche Unversehrtheit durch zu wenig Infektionsschutz, oder durch obligatorische Impfungen in bestimmten Bereichen; Versammlungfreiheit, Freizügigkeit und weitere), die Rolle der politischen Organe (wer hat wie entschieden, wurden die Parlamente angemessen beteiligt; war die Abstimmung zwischen den Bundesländern angemessen oder braucht es für derartige Krisensituationen zwischenzeitlich ein organisierteres gemeinsames Gremium von Bund und Ländern) und sonstige gesellschaftliche Dynamiken. Alles transparent dokumentiert und unter maßgeblicher Beteiligung der verschiedenen Wissenschaftsfelder.
Sicher erhofft man sich von einer Wiederaufarbeitung der Geschehnisse
Gesetzmäßigkeiten, die man bei allen Krisensituationen wiederfindet.
20 % lehnen die Maßnahmen des Staates als überzogen ab, 60 % bleiben ambivalent ,akzeptieren die getroffenen Maßnahmen und wieder 20 % ist der Staat nicht konsequent genug ,sprich: schwach.
Nein, dagegen sprechen ja schon die obigen Daten. Es gibt eine Vielzahl von Menschen, die zwischen den Positionen wechseln. Das ist in dem obigen Zeitverlauf sehr deutlich zu sehen: “Maßnahmen richtig oder zu wenig” bleibt als Summe weitgehend konstant. Aber je nach Situation (z.B. Verschlechterung in der Winterwelle vs. Impfung-ist-da) verändert sich der Anteil bei “Maßnahmen genau richtig” vs. “…zu wenig” deutlich. Zahlreiche Menschen haben also ganz im Gegenteil ihre Einschätzung an der Situation ausgerichtet. Nix mit automatischer Zustimmung, automatischer Ablehnung, automatischem “zu wenig”.
“Zahlreiche Menschen haben also ganz im Gegenteil ihre Einschätzung an der Situation ausgerichtet.”
Das bezeichne ich als ambivalentes Verhalten.
Es gibt eine Grundhaltung die mit dem Vertrauen zum Staat zusammenhängt.
Und in der Summe zeigt sich das als ein Prozentsatz, den ich bei 60 % einschätze.
Die “Wechselwähler” , die gibt es zum Glück ! Denn darin zeigt sich demokratisches Verhalten. Und der Staat muss sich das Vertrauen jeden Tag neu verdienen durch eine objektive Berichterstattung.
Ich gehe konform mit ihrem Beitrag.
@ M.Pössel und alle und zu:
“Man hätte nur noch ein paar Wochen bis Monate länger konsequent sein müssen. Dann hätte man vielen Menschen das Leben gerettet.” (Zitatende)
Ich ignoriere mal die Polemik in der Antwort auf meinen satirischen Kommentar. Weil mir gezielte Polemik zum Zwecke der Verdeutlichung manchmal auch Spaß macht.
Sachlich nüchterner aber schreibe ich jetzt:
Sobald Sie mir echte und unabhängig geprüfte empirische “Beweise” (keine “Modelle”, denen irgendwelche dogmatisierten Postulate zugrunde liegen und die Stellschrauben zur jederzeitigen Eigenjustierung enthalten) für Drostens Aussage vorlegen, bin ich durchaus bereit auf Ihren Erwiderungskommentar einzugehen. Vorher macht das wohl eher weniger Sinn.
Trotz allem rechne ich Ihnen positiv an, dass Sie (jetzt) überhaupt auf diese Themen eingehen. Lauterbach gibt im DLF -Interview ja neuerdings auch offen zu, dass alternative wissenschaftliche Perspektiven während Corona (und danach) gezielt diskreditiert wurden.
Ich sehe tatsächlich nicht, wo Ihre Polemik in bisherigen Kommentaren zu irgendeiner “Verdeutlichung” beitrüge. Zu einer Verunsachlichung und Polarisierung trägt sie ganz sicher bei.
Zur R-Wert-Rechnung An welcher Stelle waren meine Annahmen in der betreffenden Rechnung “dogmatisier[t]”, an welcher Stelle gab es übergroße Freiheiten für ggf. willlkürliche Anpassung? Ich habe transparent eine letztlich sehr einfache Rechnung vorgelegt und dabei alle Annahmen explizit gemacht. Sie dagegen kommen hier an mit (durchaus beleidigenden) Pauschal-Verurteilungen, ohne jede konkrete Begründung. Ich denke, diejenigen, die hier mitlesen, sehen recht genau wer von uns hier sachlich argumentiert und wer nicht.
P.S.: Hier ist das DLF-Interview mit Lauterbach zum Nachhören – woran machen Sie fest, Lauterbach sage darin “dass alternative wissenschaftliche Perspektiven während Corona (und danach) gezielt diskreditiert wurden”?
“Wie haben die Menschen die Schutzmaßnahmen eingeschätzt”
Sie haben sie richtig eingedschätzt, sie haben sich impfen lassen, sie haben die Maskenpflicht beachtet und sie haben mit homeoffice das Risiko einer Infektion verringert.
Jetzt, im Nachhinein kann man bei der Aufarbeitung unterscheiden zwischen der sachlichen Beurteilung des Infektionsrisikos , also der Maskenpflicht und der Notwendigkeit einer Impfung.
Auch hierbei bestätigen die Statistiken der Bundesregierung Augenmaß, Deutschland liegt mit dem prozentualen Anteil der Coronatoten im Mittelfeld der europäischen Länder.
Was zu bemängeln ist, die Aufarbeitung kommt zu spät, nach dem Motto: “Nach dem Markt sind alle Weiber klug.” Vor zwei Jahren hätte man mit einem bischen “Selbstlob” noch punkten können. Jetzt ist der falsche Zeitpunkt.
Im Augenblick durchschreiten wir den Tiefpunkt beim Vertrauen zur Bundesregierung, also der Ampelkoalition. Also, die Pandemie steht im Schatten der weltpolitischen Ereignisse, die uns mit einem unsicheren Ausgang belastet.
Herr Pössel, Sie scheinen in Fragen Corona im Jahre 2022 stehengeblieben zu sein:
“Bernhard Müller
@BMuellerSN
12h
Deutscher Kollege vom @HdAstro leider mit stabiler Realitätsverweigerung in Sachen Pandemie-Aufarbeitung.
Wenn man sonst nichts in der Hand hat, dann zurück zu den Umfragen von 2020-22 – nostalgischer Populismus.
scilogs.spektrum.de/relativ-…”
https://xcancel.com/BMuellerSN/status/1887004150225105009#m
Zeigen Sie gerne mit maximaler fachlicher, inhaltlicher Kritik, warum hier Ioannidis und Co in diesem preprint irren.
Sie können natürlich auch warten, bis der Reviewprozeß abgeschlossen ist.
Oder Sie ignorieren die Studie einfach.
Ich habe da schon eine Idee, wie Sie sich wohl verhalten werden…
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2025.01.22.25320783v1.full.pdf
Wer ist eigentlich dieser Ioannidis werden sich manche fragen:
https://med.stanford.edu/profiles/john-ioannidis
Falls das Twitter bzw. X ist: Sorry, auf dem Musk-Nazi-Trollnetzwerk bin ich schon länger nicht mehr!
Was Sie hier zitieren, bestätigt mich jedenfalls in meiner aktuell eher schlechten Meinung von der Argumentationsqualität bei Herrn Müller. Der Frust der Menschen in der betreffenden Zeit wird aktuell als Argument für eine Aufarbeitung der Schutzmaßnahmen durchaus ins Feld geführt. Darauf zu antworten, indem man darauf verweist, dass die Antworten der Menschen damals durchaus andere waren, als die nostalgische alle-fanden-die-Maßnahmen-überzogen-Rückschau behauptet, ist legitim. Dass Herr Müller das offenbar nicht sieht, spricht gegen ihn, nicht gegen mich. 🙂
Zu dem Preprint: Da warte ich gerne die Debatte innerhalb der entsprechenden Fachgemeinschaft ab. Dass es schwierig und mit größeren Unsicherheit behaftet ist, im Anschluss an eine komplexe Situation wie einer Pandemie aufgrund vergleichsweise einfacher Modelle nachträglich statistisch die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen herzuleiten, überrascht mich erst einmal nicht. Belastbare Vorschläge, wie man es prinzipiell anders hätte machen können, sehe ich in dem Artikel keine. Einem unbekannten Erreger erst einmal Vorlaufzeit zu gewähren, oder die Bevölkerung in Kontrollgruppe und Testgruppe einzuteilen, klingt für mich eher weniger nach einem verantwortungsvollen Umgang mit einer Pandemiesituation.
Danke für Ihre Antwort sowie den (framenden) Hinweis, dass x/twitter irgendwie ein “Nazi-trollnetzwerk” sein soll.
Ist daraus auch zu schließen, dass sämtliche Beiträge und Beitragenden dort unter einer Art “Nazi-trollnetzwerkverdacht” stehen?
Muss ich daraus schlußfolgern, dass ich mich mit dem Zitieren von X / Twitter unwissentlich in eine Art sehr rechtem Netzwerk argumentativ eingegliedert habe?
Zu meiner Entlastung hier noch eine eher unbedeutende(?) wissenschaftliche Stimme der “entsprechenden Fachgemeinschaft”, die den Preprint dieses Artikels empfiehlt und die mWn außerhalb jeglichen Nazi-trollwerkverdachtes steht:
“Gerd Antes
@gerdantes
Feb 3
Ein Dank an die Autoren dieses Beitrags zur Aufarbeitung.
Sollte Pflichtlektüre sein!
Uncertainty and Inconsistency of COVID-19 Non-Pharmaceutical Intervention Effects with Multiple Competitive Statistical Models”
https://nitter.net/gerdantes/status/1886323702498836922#m
“Dass es schwierig und mit größeren Unsicherheit behaftet ist, im Anschluss an eine komplexe Situation wie einer Pandemie aufgrund vergleichsweise einfacher Modelle nachträglich statistisch die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen herzuleiten, überrascht mich erst einmal nicht.”
Sind Modelle in diesem Kontaxt nicht immer auch teilweise falsch, da hier immer selektiv ausgewählte und komplexitätsreduzierend wirkende Annahmen über eine real-world-Situation getroffen werden müssen und je nach angewendetem statistischen Verfahren/Ansatz meist auch eine (gewünschte) Wirksamkeit hergeleitet werden kann?
Fazit: Nix ganz Genaues wissen wir nicht und werden wir nicht wissen können.
Zu X/Twitter: Das muss jede*r selbst entscheiden. Von “argumentativ[er]” Eingliederung habe ich nie geredet (und bitte, mir da nichts in den Mund zu legen), aber dass aktives Inhalts-Beisteuern auf einem so problematischen Netzwerk ein Problem ist (das dann individuell abgewogen werden muss gegen “aber da sind viele Leute, die ich erreichen möchte”), ist ja nun nicht ernsthaft zu leugnen, siehe Viele deutsche Unis verlassen Plattform X.
Mit der Debatte innerhalb der jeweiligen Fachgemeinschaft meinte ich den dazugehörigen wissenschaftlichen Prozess, also die Frage, wie der Artikel sich in Folgeveröffentlichungen niederschlälgt (zitiert, widerlegt, kritisiert etc.). Nicht Autoritätsargumente wie “hier, jener Mensch mit bekanntem Namen hat gesagt, das sei gut”.
Wie Sie Modelle beschreiben, finde ich höchst probematisch. Diese Art von Modelle-sind-sowieso-beliebig-wir-wissen-nix wird zu oft dort hochgehalten, wo Menschen unliebsame systematische Erkenntnisse diskreditieren wollen, um eigene vorgefasste Positionen durchzusetzen. Wichtig ist stattdessen, Modelle (wie gesagt, vor allem innerhalb der Fachgemeinschaft) zu diskutieren, insbesondere deren Annahmen. (An der Stelle fand ich übrigens nachgerade ironisch, wie sich Herr Müller über meinen Blogbeitrag aufregt, obwohl dort ja eine Sorte von Information besprochen wird – Einschätzungen der Maßnahmen und damit der Schwere der Situation – die geeignet wäre, eine der Schwächen der in seinem Preprint besprochenen Modelle zumindest teilweise auszugleichen. Dass seine Reaktion da nicht “oh, das könnte die Modelle verbessern” sondern “der Herr Pössel macht schon wieder nicht, was ich will, dass er macht” ist, fand ich recht bezeichnend.)
Robustheit von Modellen lässt sich prüfen (wurde in dem Preprint ja auch zum Teil getan), und jene Robustheit bei Modell-Ensembles ist eine wichtige und hilfreiche Information.
Mangel an sicherem Wissen dürfte aber etwas sein, das wir in Situationen wie einer Pandemie mit neuem Erreger nie loswerden. Das habe ich hier im Blog ja auch bereits mehrmals thematisiert. Inklusive der Frage danach, wie wir unter solch unsicheren Bedingungen die nötigen Entscheidungen treffen können/sollten.
“Wie Sie Modelle beschreiben, finde ich höchst probematisch. Diese Art von Modelle-sind-sowieso-beliebig-wir-wissen-nix wird zu oft dort hochgehalten, wo Menschen unliebsame systematische Erkenntnisse diskreditieren wollen, um eigene vorgefasste Positionen durchzusetzen.”
Sicherlich ist Ihnen dieses Zitat bekannt und im Sinne einer unvermeidlich verhandenen Limitation bzgl. der spezifischen Aussagekraft war es von mir gemeint gewesen:
“The phrase “all models are wrong” was first attributed to George Box in a 1976 paper published in the Journal of the American Statistical Association. In the paper, Box uses the phrase to refer to the limitations of models, arguing that while no model is ever completely accurate, simpler models can still provide valuable insights if applied judiciously.[1] In their 1983 book on generalized linear models, Peter McCullagh and John Nelder stated that while modeling in science is a creative process, some models are better than others, even though none can claim eternal truth.[2][3] In 1996, an Applied Statistician’s Creed was proposed by M.R. Nester, which incorporated the aphorism as a central tenet.[4]
Although the aphorism is most commonly associated with George Box, the underlying idea has been historically expressed by various thinkers in the past. Alfred Korzybski noted in 1933, “A map is not the territory it represents, but, if correct, it has a similar structure to the territory, which accounts for its usefulness.”[5] In 1939, Walter Shewhart discussed the impossibility of constructing a model that fully characterizes a state of statistical control, noting that no model can exactly represent any specific characteristic of such a state.[6] John von Neumann, in 1947, remarked that “truth is much too complicated to allow anything but approximations.”[1]
Discussions
Box used the aphorism again in 1979, where he expanded on the idea by discussing how models serve as useful approximations, despite failing to perfectly describe empirical phenomena.[7] He later reiterated this sentiment in his later works, where he discussed how models should be judged based on their utility rather than their absolute correctness.[8][6]
David Cox, in a 1995 commentary, argued that stating all models are wrong is unhelpful, as models by their nature simplify reality. He emphasized that statistical models, like other scientific models, aim to capture important aspects of systems through idealized representations.[9]
In their 2002 book on statistical model selection, Burnham and Anderson reiterated Box’s statement, noting that while models are simplifications of reality, they vary in usefulness, from highly useful to essentially useless.[10]
J. Michael Steele used the analogy of city maps to explain that models, like maps, serve practical purposes despite their limitations, emphasizing that certain models, though simplified, are not necessarily wrong.[11] In response, Andrew Gelman acknowledged Steele’s point but defended the usefulness of the aphorism, particularly in drawing attention to the inherent imperfections of models.[12]
Philosopher Peter Truran, in a 2013 essay, discussed how seemingly incompatible models can make accurate predictions by representing different aspects of the same phenomenon, illustrating the point with an example of two observers viewing a cylindrical object from different angles.[13]
In 2014, David Hand reiterated that models are meant to aid in understanding or decision-making about the real world, a point emphasized by Box’s famous remark.[14] ”
https://en.wikipedia.org/wiki/All_models_are_wrong
Die von Ihnen zitierten Menschen würden sich aber sicher dagegen verwehren, Ihre differenzierten Aussagen mit dem Fazit “Nix ganz Genaues wissen wir nicht und werden wir nicht wissen können” zusammengefasst zu bekommen. Fakt ist doch: Wir sind in einer Situation, wo in bestimmten Ländern massiv gegen Modelle Stimmung gemacht wird. Und wo die (zweifellos vorhandenen) Limitierungen von Modellen schamlos verabsolutiert und zur Diskreditierung von Wissenschaft allgemein genutzt wird. Wohin das führen kann, sehen wir gerade in den USA. Vor dem Hintergrund haben auch all diejenigen, die Modelle philosophisch oder anderweitig grundlegend diskutieren eine Verantwortung, nicht noch zu den entsprechenden Missverständnissen beizutragen oder für jene Instrumentalisierungen geeignetes Material zu liefern.
Mein Beitrag ist nicht “zur Diskreditierung von Wissenschaft allgemein” zu verstehen, da würden Sie leider “schamlos” verabsolutierend erneut einen falschen Rahmen setzen.
Ganz im Gegenteil ist m.E. Wissenschaft bekanntlich von kritischem und fairem Diskurs gekennzeichnet, so wie es beispielhaft auch die unten stehende Preprint Veröffentlichung auszeichnet.
Hier finden Sie bei tiefergehendem Interesse ein sehr aktuelles Interview (cave:? Youtube) mit Prof. B. Mueller zur wissenschaftlichen Methodik und den Schwierigkeiten in Vorbereitung der Studie “Uncertainty and Inconsistency of COVID-19 Non-Pharmaceutical Intervention Effects with Multiple Competitive Statistical Models”.
“Aktuell ist eine noch nicht begutachtete Evaluation der STOPPTCovidStudie erschienen. Ein Team von acht Wissenschaftlern, darunter der weltberühmte Medizinstatistiker Prof. John Ioannidis hat sich die Arbeit des Robert-Koch-Instituts angeschaut und auf ihre Fundiertheit geprüftt. Erstautor ist Bernhard Müller, außerordentlicher Professor an der
Fakultät für Physik und Astronomie der Monash Universität in Australien, der frühzeitig kritisierte, dass die der RKI-Studie zugrunde liegenden Daten nicht öffentlich waren und daher eine Begutachtung durch Dritte nicht möglich war.
Mit ihm spreche ich über die Methodik und die Ergebnisse der Studie und wie seiner Meinung nach eine Aufarbeitung der Pandemiepolitik aussehen könnte.”
https://www.youtube.com/watch?v=gXf7xR1sR-s&t=543s
Wer lesen kann, ist wie immer klar im Vorteil. Die Verantwortung in dieser Situation besteht darin, mögliche Missbräuche von vornherein mitzudenken, wohlwissend, dass es da draußen Menschen und Organisationen gibt, die nur darauf warten, die Wissenschaft diskreditierende Pauschalisierungen vorzunehmen. Denen spielen Verkürzungen/Zuspitzungen wie Ihr obiges Fazit in die Hände.
[Rest der Antwort nach einer Beschwerde an die Spektrum-Redaktion nach dem Prinzip “choose your battles” gelöscht – war eher ein billiger Wegwerf-Gag.]
Schön, dass Sie Ihren trockenen Humor niemals verlieren!
An Ihnen ist offensichtlich auch ein brillanter Kriminalist verloren gegangen. 🙂
Offen gestanden habe ich mich im ersten Post ein wenig an der Diktion eines Journalisten namens “Lübberding” orientiert.
[Anmerkung von Markus Pössel: Rest des Kommentars aufgrund einer Beschwerde an die Spektrum-Redaktion gelöscht, siehe oben.]
Dann noch viel Spaß,
[Rest der Antwort nach einer Beschwerde an die Spektrum-Redaktion nach dem Prinzip “choose your battles” gelöscht, siehe oben.]