Covid-Sterbezahlen bei Kindern, eine Bildungsministerin und ein misslungener ARD-Faktencheck

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… aber nicht einfacher
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Vorspiel zum Faktencheck-Faktencheck: Es war leider wieder eine unschöne Dynamik aus dem Zusammenspiel von herkömmlichen und sozialen Medien: Die Schleswig-Holsteinische Kultusministerin Karin Prien war bei der Talkshow “Markus Lanz” und äußerte sich über die Harmlosigkeit von Covid-19 bei Kindern und Jugendlichen. Das sorgte auf Twitter für kritische Diskussionen; einen der entsprechenden Tweets kommentierte dann wiederum Prien mit einer Tatsachenbehauptung zum Thema mit-oder-an-Covid sterbende Kinder. Jener Tweet sorgte für noch mehr Empörung (wie unten gezeigt: auf der Sachebene durchaus zu Recht). Zahlreiche Nutzer*innen auf Twitter kritisierten ihn – die meisten, deren Tweets ich gelesen habe, kritisch aber mit guten Sachgründen, und nicht selten mit einer dahinterstehenden Verzweiflung ob eigener besonders gefährdeter Schulkinder. Eine Reihe von Nutzer*innen griffen Prien auch jenseits der Sachebene an, und das in zum Teil unakzeptabler Weise, nämlich mit Bezug auf den Umstand, dass Prien Jüdin ist. Prien zog sich daraufhin von Twitter zurück und ließ das durch einen Sprecher auch auf Twitter mitteilen.

Soweit zu der Dynamik auf den sozialen Medien. Im nächsten Akt beginnt die Dynamik der herkömmlichen Medien. Hier der Tagesspiegel mit einer erfreulich neutralen und umfassenden Darstellung von Hintergründen und Dynamik der Sachdiskussion. Hier ein leider hinter einer Paywall befindlicher SZ-Artikel, dessen Überschrift leider nichts Gutes verheißt: Twitter-Diskussionen auf den “Shitstorm”-Aspekt zu reduzieren ist ja leider eine häufige und einseitige Verzerrung dessen, was da passiert, und macht unfairerweise all jene unsichtbar, die sich sachlich an der betreffenden Diskussion beteiligt haben. Das ähnliche übervereinfachte Shitstorm-Framing bringt ntv. Der NDR bekommt das besser hin. Soweit also business as usual, beziehungsweise eigentlich sogar besser als in der Vergangenheit, denn immerhin sind es nur noch einige der berichtenden Medien, die die Dynamik ebenso pauschal wie verzerrt als Shitstorm zusammenfassen. Dann kam aber noch eine weitere Stimme: ein ARD-Faktencheck. Und da wird es merkwürdig.

Ein Faktencheck springt Prien zur Seite

Der Faktencheck stammt von Patrick Gensing aus der Redaktion ARD-Faktenfinder und ist hier online auf tagesschau.de zu finden (mein Stand ist die Version vom 14. Februar 2022, 15:20 Uhr). Die Überschrift: “Faktenfinder Covid-19: Kinder deutlich weniger gefährdet”. Die Zusammenfassung: “Die CDU-Politikerin Prien wurde hart kritisiert, da sie darauf hinwies, dass nur wenige Kinder an Covid-19 sterben. Vorliegende Daten geben ihr recht.”

Ich komme mir ja schon etwas merkwürdig vor, wenn ich Selbstverständlichkeiten wiederhole. Aber: Ein Faktencheck sollte klar benennen, welche Aussagen er überprüft. Er sollte dann die für die Überprüfung entscheidenden Daten und Informationen benennen, auf die er sein Urteil stützt, dabei nichts Relevantes übersehen, und auf diese Weise am Ende zu einem Urteil über die genannten Aussagen kommen.

Wäre dieser Faktencheck ein Schulaufsatz, der Rand wäre voll mit roten Kommentaren

Der hier vorliegende ARD-Faktencheck macht das leider nicht. Er benennt in der Tat zwei konkrete Aussagen: Eine einer Nutzerin, auf deren Tweet Prien geantwortet hat, und zweitens die Antwort von Prien, welche die Kritikwelle auf Twitter auslöste. Aber in der nachfolgenden Analyse geht es zum großen Teil um viel allgemeinere Aussagen dazu, wie gefährlich oder harmlos Covid-19 bei Kindern und Jugendlichen ist. Priens spezifische Tweet-Antwort wird gar nicht richtig analysiert – was wichtig wäre, denn wie wir unten sehen werden: den besten verfügbaren Daten nach ist Priens Aussage falsch. Auf der Basis der allgemeineren unspezifischen Analyse kommt der Faktencheck dann aber trotzdem zu dem Schluss, die Daten gäben Prien recht.

Wäre der Faktencheck ein Schulaufsatz, da würde vieles am Rand in rot stehen: “Nein, das ist eine andere Aussage!” – “Bleib bitte beim Thema!” – “Thema verfehlt!” – “Nein, das eine folgt nicht aus dem anderen!” – “Bitte nicht die Ausgangsthese aus dem Blick verlieren!” Allerdings ist es ja peinlicherweise kein Schulaufsatz, wo das richtige Argumentieren in einer einigermaßen geschützten Umgebung geübt werden soll, sondern ein Faktencheck der ARD, also eigentlich ein Aushängeschild für die extrem wichtige Funktion des Journalismus in den aktuellen Debatten, uns auf den Boden der gut recherchierten Tatsachen zurückzuholen. In diesem Format so problematisch zu agieren wie in diesem Falle richtet also durchaus Schaden an. Aber eins nach dem anderen:

Was soll denn nun gefactchecked werden?

Klären wir erst einmal, was da denn überhaupt einem Faktencheck unterzogen wird. Das wird, wie es sich gehört, zum Einstieg beschrieben. Erst ein Absatz dazu, dass Prien sich zurückgezogen hat, also Hintergrundinformationen, und dann der einzige Teil des Haupttextes, der checkbare Aussagen präsentiert, ich zitiere hier vollständig:

“Zuvor hatte ein Tweet der KMK-Präsidentin für heftige Kritik gesorgt. Eine Nutzerin schrieb beispielsweise: ‘Wir haben in den letzten 4 Wochen 17 tote Kinder gehabt. 17 – in VIER Wochen. Und es geht immer schneller. Bis Oktober 21 hatten wir 27 tote Kinder, seit Oktober 38. Also in 4,5 Monaten mehr als in 18 Monaten. Insgesamt sind 65 Kinder verstorben.’ Darauf antwortete Prien: ‘Bitte differenzieren: Kinder sterben. Das ist extrem tragisch. Aber sie sterben mit COVID_19 und nur extrem selten wegen COVID_19.’ Auf Priens Antwort folgten zahlreiche – teils beleidigende – Reaktionen.”

Der Tweet der “Nutzerin” ist mit einer Twitter-Suche leicht auffindbar; die Wiedergabe ist korrekt. Der Prien-Tweet ist mittlerweile natürlich nicht mehr zugänglich, weil Prien sich (ggf. zeitweise) von Twitter zurückgezogen hat, ist aber soweit ich sehen kann bzw. erinnere auch korrekt wiedergegeben. Soweit, so gut. Der Text drumherum ist allerdings bereits falsch, denn er führt den Tweet der Nutzerin ja als Beispiel für heftige Kritik an einem Tweet von Prien an. Der Tweet von Prien, der so heftig kritisiert wurde, ist aber der hier wiedergegebene, also die Antwort auf den Tweet jener Nutzerin. Das vermischt, was da auf was folgte, aber gut: Handwerklich nicht überzeugend, aber Nebensache.

Weitere zu factcheckende Aussagen finde ich in dem ARD-Text wie gesagt nicht als solche angeführt – wobei dann allerdings die Zusammenfassung die hier konkreten Aussagen bereits nicht richtig wiedergibt: Prien hat in dem zitierten und für die Kritikwelle maßgeblichen Tweet ja nicht behauptet, dass “nur wenige Kinder an Covid sterben”, sondern sie hat konkret eine Aussage zu Sterbezahlen “mit” vs. “an” (oder genauer: “wegen”) Covid bei Kindern getroffen. Aber auch das: Handwerklich nicht toll, aber letztlich Nebensache.

Factcheck zu den Sterbezahlen

Der nächste Absatz des Factchecks, mit dem Untertitel “Insgesamt 47 Todesfälle bei unter 20-Jährigen”, widmet sich den Zahlenangaben der Nutzerin. Er zitiert zunächst den RKI-Wochenbericht vom 10. Februar, Abschnitt 1.8, in dem von 47 validierten an das RKI gemeldeten Fällen die Rede ist. Er weist, ebenfalls korrekt, darauf hin, dass in der RKI-Sterbezahlen-nach-Alter-Liste die (geringen) Sterbezahlen bei Kindern und Jugendlichen “aus Datenschutzgründen” leider nur vage mit “<4” angegeben sind, so dass man nicht weiß, ob in einer gegebenen Woche 1, 2 oder 3 Sterbefälle in einer jener Kategorien dazukamen. Das ist RKI-seitig schade, weil es natürlich eine datenbasierte Diskussion sehr erschwert. Es ist insbesondere sehr schwierig, genau zu rekonstruieren, wie die Sterbezahlen der Kinder und Jugendlichen ggf. schneller ansteigen – und dabei wäre doch gerade das eine für die öffentliche Diskussion wichtige Information. Da fände ich schon wichtig, dass das RKI die für die Debatte nötigen Zahlen auch bereitstellt.

Am Ende des Abschnitts folgt das erste Urteil des Faktenchecks: “Woher die Angaben stammen, es habe zuletzt ’17 tote Kinder’ gegeben, bleibt unklar.”

Das ist natürlich subjektiv richtig. Andererseits: Mit nur etwas Recherche lässt sich die Unklarheit beseitigen. Ich hatte hier zunächst argumentieren wollen: Es gibt entsprechende Zahlen bei dem Statistikdienstleister DESTATIS STATISTA, basierend auf RKI-Zahlen. Und da ist es derzeit, der auf der Webseite angegebene Stand ist der 9. Februar 2022, in der Tat so: die Gesamtzahl der Sterbefälle in der Altersgruppe 0 bis 19 Jahre beträgt insgesamt 65. Ich habe die entsprechende Resource bei meinem eigenen Nachrecherchieren, worauf sich die ursprüngliche Tweeterin und Frau Prien beziehen, recht schnell gefunden.

Es geht aber sogar noch einfacher. Der oben zitierte Tweet der Nutzerin ist ja nur Teil einer zusammenhängenden Kette von Tweets, in diesem Falle insbesondere eine Verkettung von Fragen und Antworten. In einigen davon wird die Nutzerin gefragt, woher ihre Zahlen den stammen. Einmal antwortet sie nur “RKI”, beim anderen Mal gibt sie direkt diesen RKI-Link an. Und da findet man in der Tat dieselben Zahlen, auch dort mit “Datenstand 9.2.2022”: Altersgruppe 0 bis 19 Jahre insgesamt 65 gemeldete Todesfälle:

Faktencheck beim RKI: Schnappschuss der Excel-Tabelle, bei der man für den 9.2.22 auf 65 Sterbefälle zwischen 0 und 19 Jahren kommt.

Und woher die “zuletzt ’17 Tote Kinder'”-Aussage stammt, steht in dem Tweet auch, mit Verweis auf einen weiteren Tweet von einer/einem anderen Nutzer/in: Da sind zwei Screenshots aus zwei solchen RKI-Situationsberichten zu sehen. Einmal Stand 12.1.2022, Gesamtzahl in Altersgruppe 0 bis 19, insgesamt 48 Todesfälle. Der Vergleich ergibt: Da sind innerhalb eines Monats tatsächlich 17 dazugekommen, genau wie die Nutzerin schreibt. Das ergibt der Vergleich der unterschiedlichen RKI-Dokumente. Ich habe leider über die Wayback-Machine nur die Version vom 5.1.2022 und die Version vom 19.1.2022 gefunden, nicht die vom 12.1.2022, aber die Zahlen (47 am 5.1. und 53 am 19.1.) sind konsistent mit dem Stand von 48 am 12.1., den man im Screenshot des oben erwähnten Tweets findet.

Woher die Diskrepanz zur RKI-Aussage kommt? Das weiß ich nicht. Eventuell ist das, was in dem zuletzt genannten RKI-Dokument steht, ja noch nicht vollständig validiert. Checkbarer Fakt ist aber: Die von der Nutzerin genannten Zahlen stimmen, es gibt entsprechende RKI-Angaben. Und ja, das ist im Vergleich zu vorher ein beeindruckend starker Anstieg. Auch wenn da gegebenenfalls einige Nachmeldungen dabei wären – das würde ja für den größten Teil der Vergleichszahlen für den Zeitraum davor auch gelten. Wäre gut, wenn dem mal journalistisch jemand nachgehen würde, das ist ja für die aktuelle Situation eine wichtige Information, ob die Covid-bezogene Sterblichkeit von Kindern und Jugendlichen in den letzten Monaten deutlich zugelegt hat. Angesichts der Tatsache, dass besonders gefährdete Kinder und Jugendliche in den Schulen derzeit ja offenbar nicht geschützt werden, wäre das ungleich wichtiger als ein Faktencheck zu einer Twitter-Kontroverse. Just sayin’.

Wo der Faktencheck von Patrick Gensing beim Urteil “unklar” bleibt, zeigt eine nur etwas weitergehende Online-Recherche also: Die Zahlen der Nutzerin haben Hand und Fuß, und stammen direkt vom RKI. Für die eine der beiden konkret benannten Aussagen kommen wir damit also schonmal zu einem deutlich anderen Urteil als der ARD-Faktencheck. Der an jener Stelle offenbar nicht tief genug recherchiert hat. Wenn man “hm, ich lese einfach mal den ganzen Twitter-Thread durch” überhaupt mit einem so hochtrabenden Begriff wie “tief genug recherchieren” belegen will. Das sind ja doch recht naheliegende Schritte, wenn man über einen Tweet berichtet.

(Fun fact: Ich war selbst aber zunächst auch falsch abgebogen, hatte erst noch bei den Statista-Zahlen weitergesucht und war dank eines Nutzers auf diese leider nicht sehr übersichtliche RKI-Tabelle gestoßen. Bis mich dann ein weiterer Nutzer darauf aufmerksam machte, dass die Information sämtlich in dem ursprünglichen Tweet-Thread verlinkt ist. Insofern war ich da am Anfang auch nicht besser als Herr Gensing. Aber habe meinen unvollständigen Zwischenstand immerhin nicht als ARD-Faktencheck veröffentlicht. Bis zum Schreiben dieses Blogbeitrags hatte ich alle Informationen beisammen.)

Factcheck zu – ja, zu was eigentlich?

Was bliebe von den konkret zum Anfang des Faktenchecks genannten Aussagen also noch zu checken? Die Aussage von Frau Prien: Kinder “sterben mit COVID_19 und nur extrem selten wegen COVID_19”. Dann schauen wir mal, was Herr Gensing dazu zu bieten hat.

Nächster Absatz, Überschrift “Viele Patienten mit Corona im Krankenhaus”. Sprecher der Kinderkliniken des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein: generell mehr Kinder mit als wegen Covid stationär aufgenommen, vereinzelt schwerere Verläufe, gerade bei Vorerkrankungen, das Entzündungssyndrom PIMS, das bei Kindern auftreten kann, sei wichtig.

Hm. Nichts zum Sterben von Kindern/Jugendlichen mit Covid-19 versus wegen Covid-19.

Nächster Absatz, Überschrift “‘Leichte Zunahme'”. Ein Oberarzt von einer pädiatrischen Intensivmedizin in Rostock wird zitiert, etwas mehr erkrankte und hospitalisierte Kinder als vorher, etwas mehr schwere Verläufe, PIMS sei wichtig, aber zumindest deswegen keine Todesfälle. Ein Arzt vom Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE, Hamburg) ergänzt: Anzahl der hospitalisierten Kinder weiter sehr gering, kein Anstieg in den letzten zwei Wochen.

Hm. Immer noch nichts zum Sterben von Kindern/Jugendlichen mit Covid-19 versus wegen Covid-19.

Nächster Absatz, Überschrift “‘Bislang keine Hinweise auf schwerere Verläufe'”. Ein Survey der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI) und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) zeige, dass viele Hospitalisierungen von Kindern, die dann als Corona-Fälle mitgezählt werden, nicht wegen Covid-19 erfolgen. Eine Fachärztin ergänzt, derzeit gäbe es keine Hinweise, dass Omikron bei Kindern zu schwereren Verläufen führte. Ein UKE-Professor ergänzt, bei Kindern sei das Risiko schwerer Verläufe geringer als bei Erwachsenen, aber insgesamt kämen schwere Verläufe auch bei Kindern vor.

Hm. Immer noch nichts zum Sterben von Kindern/Jugendlichen mit Covid-19 versus wegen Covid-19.

Nächster Abschnitt, Überschrift “‘Gefährdungslage weiter abgesunken'”. Ein Sprecher des BVKJ erklärt, es gäbe “nach zwei Jahren Pandemie etwa 41 Todesfälle von unter 18-Jährigen”, also viel, viel weniger als bei Erwachsenen. Erwähnt knapp 700 PIMS-Fälle. Eine Sprecherin eines Bremer Klinikverbundes ergänzt: Mit Omikron habe sich die Lage von Kindern und Jugendlichen sogar noch gebessert. Schwere Verläufe seien rar. Vermutlich werde die Zahl der PIMS-Patient*innen mit steigenden Infektionszahlen in den nächsten Wochen zunehmen. Zu Long Covid könne man noch nichts agen.

Hm. Immer noch nichts zum Sterben von Kindern/Jugendlichen mit Covid-19 versus wegen Covid-19.

Nächster Abschnitt?

Oh wait. Es gibt keinen nächsten Abschnitt. Das war der gesamte Faktencheck. Es folgen nur noch Tags, Links zu anderen Artikeln, sowie der kryptische Hinweis auf die Zeitreisefähigkeiten der Öffentlich-rechtlichen, nämlich “Über dieses Thema berichtete MDR aktuell Radio am 29. Oktober 2021 um 11:00 Uhr.”

Kurz rekapituliert: Der Faktencheck hatte im Haupttext überhaupt nur zwei konkrete Aussagen genannt. Eine der Twitter-Nutzerin, eine in der Antwort von Karin Prien. Die Aussage der Twitter-Nutzerin wurde unvollständig gefactchecked. Und die konkrete Aussage von Karin Prien wurde überhaupt nicht gefactchecked.

Stattdessen viel zu Hospitalisierungen, PIMS, Gefährlichkeit oder auch nicht von Omikron, das mit jenen konkreten Aussagen nichts zu tun hat.

Und in der Zusammenfassung liest sich das dann wie gesagt als “Die CDU-Politikerin Prien wurde hart kritisiert, da sie darauf hinwies, dass nur wenige Kinder an Covid-19 sterben. Vorliegende Daten geben ihr recht.” 

Tja. Man könnte auch sagen: Thema verfehlt. Die einzige überhaupt zitierte Aussage von Frau Prien wurde schließlich gar nicht überprüft. Nun gut, wenn Herr Gensing das nicht machen möchte oder kann, was auch immer, dann schaue ich mal.

Faktencheck für die Prien-Aussage

Na gut, das ist chronologisch falsch. Ich fange nicht erst an dieser Stelle des Blogbeitrags mit eigener Recherche an. Soweit ich erinnere war ich damals auf einen entsprechenden Hinweis des ja ebenfalls twitternden ehemaligen CDU-Generalsekretärs Ruprecht Polenz hin erstmals auf den Covid-19-Survey von DGPI und DGKJ gestoßen. In dem oben verlinkten Tagesspiegel-Text wird ein Tweet von einem weiteren Nutzer verlinkt, der zu demselben Schluss kommt wie ich. Und, alles andere als unwichtig: Das ist derselbe Survey, den Patrick Gensing in seinem Faktencheck seinerseits zitiert, wenn auch zu anderen Kennzahlen als denjenigen, die als Faktencheck für die Prien-Aussage wichtig sind. Zugang zu den Informationen, um die es gleich gehen wird, hatte Herr Gensing also auf alle Fälle.

Aber vorher ist es wichtig – und wäre auch für jeden Faktencheck zum Thema wichtig – auf eine Begriffsverwirrung hinzuweisen. Alltagssprachlich wird “an oder mit Covid” ja immer einmal wieder interpretiert, als sei in der Kategorie “mit” wirklich alles mitgezählt – beispielsweise auch wenn ein positiv PCR-Getesteter anschließend einen tödlichen Autounfall hat, der nichts mit Covid zu tun hat. Das ist allerdings falsch. Der Begriff ist viel weniger weit gefasst, wenn es um RKI-Zahlen zu Covid-Sterbefällen geht. Ich zitiere hier einmal direkt aus dem entsprechenden FAQ des RKI, RKI-Zitat Anfang:

Wie werden Todesfälle erfasst? In die Statistik des RKI gehen die COVID-19-Todesfälle ein, bei denen ein laborbestätigter Nachweis von SARS-CoV-2 (direkter Erregernachweis) vorliegt und die in Bezug auf diese Infektion verstorben sind. Das Risiko an COVID-19 zu versterben ist bei Personen, bei denen bestimmte Vorerkrankungen bestehen, höher. Daher ist es in der Praxis häufig schwierig zu entscheiden, inwieweit die SARS-CoV-2-Infektion direkt zum Tode beigetragen hat. Sowohl Menschen, die unmittelbar an der Erkrankung verstorben sind („gestorben an“), als auch Personen mit Vorerkrankungen, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren und bei denen sich nicht abschließend nachweisen lässt, was die Todesursache war („gestorben mit“) werden derzeit erfasst. Generell liegt es immer im Ermessen des Gesundheitsamtes, ob ein Fall als verstorben an bzw. mit COVID-19 ans RKI übermittelt wird oder nicht. Bei einem Großteil der an das RKI übermittelten COVID-19-Todesfälle wird „verstorben an der gemeldeten Krankheit“ angegeben.”

Verstorbene, die zu Lebzeiten nicht auf COVID-19 getestet wurden, aber in Verdacht stehen, an COVID-19 verstorben zu sein, können post mortem auf das Virus untersucht werden.

Darüber hinaus wird in fast allen Bundesländern der vertrauliche Teil der Todesbescheinigung an das Gesundheitsamt gesendet. Dort kann ein Abgleich mit den Meldedaten erfolgen, wenn auf der Todesbescheinigung als Todesursache eine Infektionskrankheit angegeben ist (siehe auch “Was ist beim Umgang mit an COVID-19-Verstorbenen zu beachten?“).

Stand: 02.12.2020″

– RKI-Zitat Ende. Ein schöner Faktencheck des Bayrischen Rundfunks führt das noch näher aus (und hat dazu auch direkt beim RKI nachgefragt): Das Risiko, an Covid-19 zu versterben, so heißt es da, sei bei Personen mit bestimmten Vorerkrankungen höher, und daher sei es in der Praxis häufig schwierig zu entscheiden, inwieweit die SARS-CoV-2-Infektion direkt zum Tode beigetragen habe. Letztlich entscheide das Gesundheitsamt nach den Informationen insbesondere auf dem Totenschein. Ein Unfalltod würde also nur in dem unwahrscheinlichen Falle mitgezählt, dass das Gesundheitsamt zu dem Schluss kommt, die Covid-Infektion habe bei dem Unfall eine Rolle gespielt.

Das ist die RKI-Bedeutung von “mit Covid”. Die Bedeutung, die maßgeblich ist, wenn von “an oder mit Corona” Verstorbenen die Rede ist, denn das ist mit dem entsprechenden “mit” gemeint.

Nach dieser Vorbemerkung nun zu dem erwähnten Survey, insbesondere zu dem hier wiedergegebenen Teil, in dem es um “Outcomes” geht. Aber der Reihe nach: Der Survey ist freiwillig – Kliniken, die teilnehmen, geben dort ihre Daten zu Kindern und Jugendlichen an, die mit oder wegen Covid hospitalisiert wurden. Erfasst wird der gesamte Krankenhausaufenthalt vom Anfang über die Symptome, Kennzahlen wie Alter, Geschlecht etc. bis zum “Outcome”, also der Art und Weise, wie der Krankenhausaufenthalt zuende ging. Das sind keine so umfassenden Zahlen wie bei den RKI-Meldungen, die ja gesetzlich vorgeschrieben sind, aber immerhin sind dort 3636 stationäre Aufenthalte aus 192 meldenden Zentren erfasst. Soweit ich sehen kann, sind das die besten Daten, die wir haben, wenn es darum geht zu verstehen, unter welchen Umständen Kinder und Jugendliche in Deutschland an oder mit Covid-19 sterben. Deutlich umfassender und systematischer beispielsweise als die Aussagen von Ärzt*innen zu der Lage in ihren einzelnen Kliniken, wie sie der ARD-Faktencheck zu anderen Themen zitiert.

Die entscheidende Grafik habe ich hier wiedergegeben:Faktencheck zur Prien-Aussage anhand der Zahlen des DGPI Covid-19-SurveyGlücklicherweise in den allermeisten Fällen, knapp 72%, wurden die Kinder und Jugendlichen gesund entlassen. Bei knapp 27% gab es Restsymptome oder Folgeschäden. Die letzten vier Kategorien sind die traurigsten, aber eben auch die, die wir für den Faktencheck brauchen. 0,2% sind in ein Hospiz oder ähnliches übergewechselt, sprich: palliative Therapie (z.B. Schmerztherapie) um den Übergang zum Sterben zu erleichtern. 0,3% sind im Krankenhaus an Covid verstorben. 0,1% sind im Krankenhaus nachweislich nicht an Covid verstorben. Und bei 0,1% ist unklar, ob sie an Covid-19 oder an einer Grunderkrankung verstorben sind – diese letzte Kategorie wäre das, was der oben genannten RKI-Definition von “mit Covid” entspricht.

Damit ist der Faktencheck zu Frau Priens Aussage schnell erledigt. Die Aussage war, wie gesagt: Kinder “sterben mit COVID_19 und nur extrem selten wegen COVID_19”.

Den Daten des DGPI-Covid-19-Survey unter hospitalisierten Kindern nach ist das falsch, und zwar unabhängig davon welche der beiden möglichen Lesarten für Frau Priens “mit” man zugrundeliegt. Nach der RKI-Definition, wie es bei Bezugnahme auf die “an oder mit”-Sterbezahlen richtig wäre, sterben drei Mal mehr Kinder an (bzw. wegen) Covid-19 als “mit”. 0,3% an Covid Verstorbene versus 0,1% in der Kategorie “Unklar, ob an Covid-19 oder Grunderkrankung verstorben”.

Nimmt man die Alltagslesart, dann sind in der Stichprobe des Survey 0,3% nachweislich Covid-infiziert, aber nicht ursächlich an Covid gestorben (im Krankenhaus oder aller Wahrscheinlichkeit nach in der anschließenden Palliativbehandlung), 0,3% sind an Covid gestorben, und bei weiteren 0,1% ist es unklar, wieviel Covid zu ihrem Sterben beigetragen hat. In dieser Lesart sind die beiden Fallklassen also ungefähr gleich groß. Nur dem Sterben an Covid ein “extrem selten” beizuordnen, und damit einen den Daten nach nicht vorhandenen Kontrast zum Sterben von Covid-infizierten Kindern und Jugendlichen an anderen Ursachen herzustellen, der schlicht nicht vorhanden ist, ist missverständlich.

Soweit ich sehen kann, sollten die Daten des Survey recht gut beantworten können, was hier die Frage ist. Fälle, die hier naturgemäß nicht erfasst werden – direkt tödliche Unfälle ohne Krankenhausaufenthalt von positiv getesteten Kindern – dürften eine noch deutlich seltenere Kombination sein.

Ein Faktencheck direkt der Aussage von Frau Prien kommt also gerade zum gegenteiligen Schluss als der ARD-Faktencheck, der das direkte Nachprüfen ja irgendwie generell umschifft hat. Die Aussage von Frau Prien ist mit ihrem Kontrast von “mit” und “wegen” Covid-19 verstorbener Kinder und Jugendlicher den verfügbaren Zahlen nach falsch.

Zusammenfassung

Insgesamt also ein durchaus problematischer Faktencheck, den die ARD da veröffentlicht hat. Thema verfehlt: Der Faktencheck liefert viele für die allgemeine Diskussion durchaus relevante Informationen, nur eben keine Überprüfung der einzigen konkret angeführten Aussage von Frau Prien, die er im ersten Abschnitt präsentiert. Aufgrund der allgemeinen Analyse bescheinigt er Frau Prien, die Daten sprächen für sie; die tatsächlich für die konkrete Aussage relevanten Daten (die dem Autor zudem, wie wir wissen, zur Verfügung standen) werden nicht genannt. Sie weisen im Gegenteil darauf hin, dass jene Aussage von Frau Prien falsch beziehungsweise missverständlich war.

Der Faktencheck zur Aussage der Nutzerin ging umgekehrt nicht weit genug. Selbst ein Schritt, von dem man meinen könne, er sei bei jener Art von journalistischen Recherche ein Selbstläufer (“Schauen wir doch erst einmal: Was steht denn noch in jenem Twitter-Thread?”) wurde offenbar versäumt. Den Zahlen der Nutzerin wurden an einer Stelle kritisch unklare Herkunft bescheinigt, wo jene elementare Recherche direkt gezeigt haben, wie die Nutzerin von RKI-Veröffentlichungen aus zu jener Aussage kam.

Fair is foul, and foul is fair: Die kritisierte Nutzerin hat bei minimal genauerem Hinsehen im Gegenteil Recht. Die konkrete Aussage von Frau Prien, der pauschal “Vorliegende Daten geben ihr recht” bescheinigt wird, erweist sich im Gegenteil als unrichtig oder als sehr missverständlich.

So weit, so gut.

Von den 41,000 Nutzer*innen (für meine Verhältnisse eine große Ausnahme), die meinen entsprechenden Tweet-Thread, die Vorform dieses Blogbeitrags, gelesen haben, Stand 23 Uhr am 14.2., habe eine ganze Reihe Herrn Gensing, der ebenfalls auf Twitter ist, auf meine Analyse hingewiesen. Die Fakten liegen also auf dem Tisch – sowohl zur Herkunft der Zahlen der Nutzerin als auch zu den Problemen mit der konkret im Faktencheck zitierten Prien-Aussage. Jetzt bin ich gespannt, wie es weitergeht. Ob sich Herr Gensing weiter dazu äußert, und viel wichtiger: Ob und wenn ja wie der ARD-Faktencheck-Beitrag korrigiert wird.

Gerade weil Faktenchecks in der jetzigen Zeit mit ihrem Übermaß an Corona- und anderer Falschinformation so wichtig sind, ist es entsprechend wichtig, dass die Faktenchecks selbst verlässlich sind. Wozu zwingend gehört, dass man sich in dem hoffentlich unwahrscheinlichen Falle, dass ein Faktencheck so danebenliegt wie dieser hier, darauf verlassen kann, dass schnell, gründlich und transparent nachgebessert wird. Die zusätzliche Analyse zu den zwei konkreten Aussagen wirft den Kern des Faktenchecks komplett um: Fair is foul and foul is fair. Da dürfte es mit einer kosmetischen Nachbesserung, bei der die zusammenfassende Beurteilung aber gleich bleibt, nicht getan sein. Schaun wir mal.

14.2.22, 23:10 Erster Nachtrag noch während ich diesen Artikel hier zur Veröffentlichung fertigmache: die betreffende Nutzerin hat jetzt direkt noch einmal in Richtung Tagesschau getweetet, woher sie die Zahlen hat

15.2.22, 23:30 Zweiter Nachtrag. Der ARD-Faktencheck hat jetzt zumindest eine seiner Aussagen korrigiert. Anstatt der Aussage, woher die Zahlen der Nutzerin kämen, sei “unklar”, steht in der Version vom 15.2.22 10:51 Uhr jetzt:

“Die erwähnte Behauptung einer Twitter-Nutzerin, es habe in den vergangenen vier Wochen “17 tote Kinder” gegeben, basiert auf einer Rechnung mit ungeprüften Zahlen, die das RKI zu verschiedenen Zeitpunkten veröffentlicht hatte. Das Institut weist in der entsprechenden Statistik allerdings extra darauf hin, dass sich die jeweiligen Angaben noch verändern könnten, da sämtliche gemeldete Todesfälle bei den unter 20-Jährigen geprüft werden. Die bestätigten Zahlen werden mit einem Meldeverzug im Wochenbericht genannt.*”

Immerhin. Und klar: Im Wortsinne ist es eine “Rechnung”, wenn man zwei Zahlen voneinander abzieht. Das “ungeprüft”, das hier so betont wird, finde ich allerdings irreführend. Richtig ist, dass die Zahlen nicht der zusätzlichen Prüfung unterzogen wurden, die man für Todesfälle bei unter-20-jährigen (zu Recht!) anwendet. Aber soweit ich sehen kann sind die RKI-Zahlen, die jene Nutzerin verwendet hat, damit genauso geprüft bzw. ungeprüft wie die Todesfallzahlen der Gesamtbevölkerung, die das RKI veröffentlicht. Und wenn die Tagesschau selbst jene Zahlen verwendet, etwas hier wo der aktuelle Stand von 100.119 Toten weiterberichtet wird, dann weist sie nicht gesondert darauf hin, jene Zahlen seien in irgendeiner Weise “ungeprüft”. Hier bei der Nutzerin scheint das im Gegenteil anmerkenswert zu sein.

Nun ja, alles eine Nebensache im Vergleich zu dem Umstand, dass das Hauptmanko nach wie vor besteht: Der Faktencheck überprüft die konkret genannte Aussage von Frau Prien überhaupt nicht, sondern lässt sie links liegen; die zur Überprüfung nötigen Zahlen hätten dem Journalisten selbstverständlich zur Verfügung gestanden (denn er nutzt denselben Survey an anderer Stelle); das pauschale Urteil “Vorliegende Daten geben ihr recht.” steht deswegen also auf wackligen Füßen bzw. ist, wenn man dann wie oben geschehen tatsächlich nachprüft, was Frau Prien gesagt hat, in dieser Allgemeinheit und speziell auf die einzige von Frau Prien wörtlich zitierte Aussage falsch. Nun gut: Anlass, meine eigene Einschätzung zu revidieren, der ARD-Faktencheck von Patrick Gensing sei misslungen, sehe ich angesichts dieses nach wie vor bestehenden gravierenden Defizits auch nicht. 

Nachtrag 19.2.22: Hier ein weiterer Artikel, diesmal in der taz, der die Debatte einigermaßen differenziert darstellt. Und dieses ebenfalls differenzierende Interview mit Nicole Diekmann im NDR muss ich noch nachreichen. Die diversen Äußerungen im Umfeld der Diskussion von Patrick Gensing auf Twitter zusammenzufassen wird mir allerdings zuviel – zumal mir bislang kein Tweet untergekommen ist, in dem er tatsächlich mal auf die grundlegende Kritik eingeht, dass sein Faktencheck das Thema verfehlt, weil er die konkret dort wiedergegebene Prien-Aussage eben nicht faktencheckt. (Der eingangs genannte taz-Artikel tut das dagegen.)

Anmerkung zu den Kommentaren

Bei einem Thema wie diesem werden Diskussionen bisweilen unübersichtlich oder laufen ganz aus dem Ruder. Alle Kommentare in diesem Blog sind moderiert, und ich werde nur Kommentare freischalten, die sich direkt auf das Thema dieses Blogbeitrages beziehen und die keine Beleidigungen enthalten. Es gibt genügend allgemeine Foren, um über die Pandemie zu diskutieren; direkt hier bei diesem Blogbeitrag möchte ich die Diskussion auf das Beitragsthema einschränken: den erwähnten Faktencheck und seine Sachhintergründe.

Nachbemerkung

Danke an Ralph Einfeldt und Nutzer @Stephan61734839 für hilfreiche Anmerkungen zu der Tweetserie, auf der dieser Blogbeitrag basiert. 15.2.22 um 16:40 Uhr: Dank an Sanddrn für den Hinweis auf meinen Fehler, DESTATIS zu schreiben, aber STATISTA zu meinen; der Hinweis geht (siehe Kommentar unten) offenbar ursprünglich auf Andrej Reisin (NDR, tagesschau) zurück.

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Markus Pössel hatte bereits während des Physikstudiums an der Universität Hamburg gemerkt: Die Herausforderung, physikalische Themen so aufzuarbeiten und darzustellen, dass sie auch für Nichtphysiker verständlich werden, war für ihn mindestens ebenso interessant wie die eigentliche Forschungsarbeit. Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam blieb er dem Institut als "Outreach scientist" erhalten, war während des Einsteinjahres 2005 an verschiedenen Ausstellungsprojekten beteiligt und schuf das Webportal Einstein Online. Ende 2007 wechselte er für ein Jahr zum World Science Festival in New York. Seit Anfang 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, wo er das Haus der Astronomie leitet, ein Zentrum für astronomische Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, seit 2010 zudem Leiter der Öffentlichkeitsarbeit am Max-Planck-Institut für Astronomie und seit 2019 Direktor des am Haus der Astronomie ansässigen Office of Astronomy for Education der Internationalen Astronomischen Union. Jenseits seines "Day jobs" ist Pössel als Wissenschaftsautor sowie wissenschaftsjournalistisch unterwegs: hier auf den SciLogs, als Autor/Koautor mehrerer Bücher und vereinzelter Zeitungsartikel (zuletzt FAZ, Tagesspiegel) sowie mit Beiträgen für die Zeitschrift Sterne und Weltraum.

66 Kommentare

  1. “in der Stichprobe des Survey”

    Cave: Der Covid-19-Survey der DGPI ist keine “Stichprobe” im herkömmlichen Sinn des Wortes, sondern der Versuch einer Vollerhebung stationär behandelter Kinder und Jugendlicher (siehe Auftrag: https://dgpi.de/covid-19-survey-der-dgpi/).

    “In dieser Lesart sind die beiden Fallklassen also ungefähr gleich groß.”

    Man darf den Anteil “an Covid-19 verstorben” aus dem besonders selektierten und dokumentierten Covid-19-Survey der DGPI nicht einfach auf die nach IfSG gemeldeten Sterbefälle bei Kindern und Jugendlichen anwenden. Das sind zwei paar Stiefel. Die zitierten 0,3 % aus dem Survey absolut: 11 Fälle. Auch bei diesen Fällen lagen vermutlich schwere Vorerkrankungen vor.

    Eine für Kinder, gerade vorerkrankte, immer völlig harmlose Erkrankung ist Covid-19 natürlich gleichwohl nicht. Siehe zur Bewertung der Datenlage die Impfempfehlungen der STIKO, zu Kindern aktuell EpiBull 1/2022 (https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2022/Ausgaben/01_22.pdf?__blob=publicationFile).

    • OK? In welchem Sinne ist es keine Stichprobe? Der Versuch einer Vollerhebung ist, solange man nicht wirklich garantieren kann dass alle melden, ja noch keine Vollerhebung – und damit eine Stichprobe. Zumal “besonders selektiert” in Ihrem Folgesatz dann ja wieder gegen eine Vollerhebung spricht.

      Die Frage der Rolle von Vorerkrankungen ist dann ja noch einmal eine andere. Die hat in der Prien-Debatte selbstverständlich eine Rolle gespielt, im Faktencheck dagegen nicht. Da ist ja vor allem das wichtige: Inwiefern macht eine schwere Vorerkrankung es “besser” – oder umgekehrt: haben Kinder mit schwerer Vorerkrankung keinen oder einen geringeren Anspruch darauf, vor einer Covid-19-Infektion geschützt zu werden? Das war dann ja in der Twitter-Diskussion nicht selten der Punkt, wo mit einiger Berechtigung der Brückenschlag zur Eugenik kam. Den ganzen Komplex habe ich hier ausgeklammert.

      Zu der Verallgemeinerung der Covid-19-Survey-Daten: Anders gefragt, was spricht denn gegen die (näherungsweise) Repräsentativität des Covid-19-Surveys der DGPI?

      • @ Markus Pössel:

        1. „besonders selektiert“: Es sind zunächst einmal nur Krankenhausfälle, und hier wiederum die der teilnehmenden Kliniken.

        2. Repräsentativität: Repräsentativ für was? Für alle hospitalisierten Fälle? Für alle Fälle der teilnehmenden Kliniken? Für alle nach IfSG gemeldeten Fälle? Für alle Fälle kumulativ oder die derzeit interessierenden Fälle der letzten 1-2Monate? Für alle Sterbefälle? …

        3. Vorerkrankungen: Ich bitte sehr darum, mir hier nichts zu unterstellen. Natürlich sollen diese Kinder sogar ganz besonders geschützt werden. Mir ging es darum, dass bei den verstorbenen Kindern eine dichotome Einteilung „mit“ und „an“ in der Regel nicht einfach und mitunter nicht klar zu treffen ist. Schauen Sie sich am besten einmal die verlinkte STIKO-Empfehlung an, was dort zu den Sterbefällen steht.

        • Danke!

          Zu 1: Wie hoch schätzen Sie denn die Zahl der Sterbefälle mit Bezug auf Covid, gerade in der Altersgruppe 0-19 Jahre ein, bei denen kein Krankenhausaufenthalt involviert ist? Bzw. wie würde solch ein Sterbefall überhaupt ablaufen – gibt es Eltern, die bei heftigen Symptomen da nicht den Notarzt rufen? Kann ich mir schwer vorstellen. Zu den teilnehmenden Klinik: Welche Faktoren könnten denn darauf hinwirken, dass das die Repräsentativität überhaupt beeinträchtigt? Beide Punkte spreche ich ja durchaus im Haupttext an.

          Zu 2: Konkret für den Aussagen-Faktencheck benötigen wir Repräsentativität für alle Sterbefälle, die als “an und mit Covid” eingestuft werden oder, in der anderen Interpretation, bei denen PCR-positive Kinder/Jugendliche verstorben sind.

          Zu 3: Wo habe ich da etwas unterstellt? Dass jene Aspekte von Vorerkrankungen eine Rolle spielen, ist in der heutigen Situation so, das kann man nicht ignorieren. Dass das kompliziert ist, schreibe ich ja auch im Haupttext so. Wobei im RKI-Sinne “mit” und “an” ja doch einigermaßen dichotom ist. Unklar gehört jener Definition nach ja automatisch zu “mit”.

          • @ Markus Pössel:

            Zu 1: Die Zahl dieser Kinder wird nicht allzu hoch sein. Trotzdem sprechen wir mit Blick auf die Survey-Daten zunächst von ca. 10 Fällen, nicht von den 47 oder 65, von denen oben im Blogbeitrag die Rede ist. Ob das, was für die 10 gilt, für alle gilt, ist offen. Man kann hier nicht einfach Repräsentativität voraussetzen.

            Ich wäre übrigens auch vorsichtig, die Kinder, die aufgrund einer anderen Erkrankung als Covid eine palliative Therapie bekommen haben, pauschal als verstorbene Kinder zu zählen. Woher wissen Sie das? Vielleicht schauen Sie mal im Internet, wozu Kinderpalliativmedizin insgesamt da ist.

            Mir scheint, manches in Ihrem Faktencheck-Faktencheck beruht darauf, was Sie glauben, nicht was Sie wissen. Ich will Sie damit in keiner Weise ärgern, nur dazu anhalten, zu prüfen, ob das stimmt, was Sie glauben.

            Zu 3, Stichwort Unterstellung, Sie haben mich gefragt: “haben Kinder mit schwerer Vorerkrankung keinen oder einen geringeren Anspruch darauf, vor einer Covid-19-Infektion geschützt zu werden?” Das habe ich mit keinem Wort infrage gestellt und habe daher die Frage als Unterstellung wahrgenommen. Wenn das nicht der Fall war, ist ja alles gut. Zu meiner Position zu solchen Fragen siehe z.B. https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2020/05/07/coronakrise-den-demokratischen-diskurs-zur-frage-wie-weiter-initiieren-teil-6-aber-nicht-mit-dem-gesunden-volksempfinden/

          • 1) Man kann Repräsentativität aber auch nicht pauschal absprechen, wenn einem das Ergebnis nicht passt. Das sind soweit ich sehen kann die bislang repräsentativsten Zahlen, die wir haben. Auf die Einschränkung weise ich hin.

            Palliativ: In der Tat, das ist eine Annahme. Aber eine Annahme, die *gegen* die Schlüsse arbeitet, die ich ziehe, also in dem Sinne konservativ ist. Lasse ich jene Kinder ganz weg, liegt Frau Prien bei jener Interpretation noch weiter daneben.

            Ich hoffe eigentlich jeweils offengelegt zu haben, wo es sich in meinem Text um Annahmen handelt – sehen Sie das anders?

            Stichwort Unterstellung: Ich habe ja auch nie behauptet, Sie hätten da etwas infrage gestellt. Aber das ist nunmal das Thema, das hier im Hintergrund steht. Insofern: Vorsicht mit den Unterstellungen dazu, was ich angeblich unterstelle :-/

      • Das ist ja mehr als hanebüchen. Genauso falsch wie Gensing. Es ist erstaunlich, dass sie das RKI für bare Münze nehmen. Keine der dort gelieferten Zahlen sind valide. Soviel steht fest. Nachfragen werden beim RKI ungern gesehen, man gebe nur Fachpersonal Auskünfte. Anfragen nach dem IFG werden monatelang nicht bearbeitet und dann abschlägig mit Absurden Begründungen abgelehnt.
        Es gibt weitere Datenquellen: Das statische Bundesamt und die InEK.
        Aus den Daten des Statistischen Bundesamtes können sie entnehmen, dass 2020 kein Kind und Jugendlicher (Alterskohorten 0—19) an Corona gestorben ist (Todesursache U07.1). Dieses deckt sich mit den InEK—Daten, sofern man denn imstande ist die richtige Neben— und Hauptdiagnosen auszuwählen.
        Und dann kann der Autor ja die gleiche Abfrage beim InEK auf Basis der 2021 Daten machen und die Zahl der Toten heraussuchen.

        Die Dame, die dort getwittert hat, verbreitet vollkommen Panik.

        Den Vorwurf bezüglich Eugenik kann man eher dem PEI und dem RKI machen bezüglich der angeblichen Impfung. Stirbt da ein Kind, war es angeblich die Vorerkrankung. Rückfragen werden von beiden Institutionen nicht gestattet. Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz werden abschlägig bescheinigt oder monatelang (mehr als ein Jahr) nicht bescheinigt und Unterlagen nicht herausgerückt.

        • Nein, da halte ich Ihre Kritik in einer ganzen Reihe von Punkten für ungerechtfertigt und überzogen. Sie ignorieren offenbar meinen Haupt-Kritikpunkt an Gensing (die Themenverfehlung) komplett. Sie verurteilen pauschal und mit apodiktischem “Soviel steht fest”, aber was Sie an Begründung bieten ist dann doch sehr zweifelhaft. Ihre Aussage zum Statistischen Bundesamt ist soweit ich sehen kann falsch. Ich jedenfalls bekomme in der DESTATIS-Datenbank GENESIS für das Jahr 2020, die Altersgruppe 1-15, Todesursache Covid-19 mit nachgewiesenem Virus 3 Treffer zurück; Sie behaupten, es gäbe keine. Und nein, der betreffenden Nutzerin polemisch Panik zu unterstellen halte ich für falsch. Es gab in der letzten Pandemiephase, seit die Maßnahmen wieder eher lockerer ausfallen, einen deutlichen Anstieg auch der vom RKI validierten Todesfälle unter Kindern und Jugendlichen. Da kann man als Gesellschaft sagen, dass man das eben in Kauf nimmt, aber eine Person, die darauf hinweist, einfach abzuwatschen kann es doch auch nicht sein.

  2. Ich halte mich i.p. Schadwirkung von “Corona” hauptsächlich an diesen Daten fest (beachte noch die CDC-Daten für die Staaten und die vom Statistischen Bundesamt) :

    -> https://euromomo.eu/graphs-and-maps

    Die Altersgruppe ‘0-years’ meinend dann für Kinder, dort ist seit KW 1 / 2018 eine Abnahme der Sterbefälle von ca. 5 % festzustellen; seit KW 1 / 2020, zu beachten auch die gestrichelte Linie, ist keine Bewegung nach oben gezeigt worden.

    Es ist generell gar nicht einfach Meinung über Datenlagen zu bilden, die dann ‘verlässlich’ ist, ansonsten könnte man ja auch in Wirtschaftsunternehmen “Faktenchecker” auf wichtige Kennzahlen loslassen und die besorgen dann sozusagen verlässliche Einschätzung.

    Ich denke, dass viele Datenlagen betreffend ein zu weites “legitimes” Meinungsspektrum möglich ist, als dass sich hier sog. Faktenchecker besonders, mit eigener Meinung sozusagen, die dann richtig ist, herausstellen können.
    Außer es wird sozusagen ganz spezifisch, dann kann idT trefflich ergänzt / korrigiert werden. [1]

    Negativ aufgefallen ist die Herausstellung der Herkunft der schleswig-holsteinischen Kultusministerin Karin Prien, die nebensächlich ist und eigentlich nur Schaden für die Diskussion anrichten kann, oder?

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

    [1]
    Diese Aussage – ‘Die konkrete Aussage von Frau Prien, der pauschal “Vorliegende Daten geben ihr recht” bescheinigt wird, erweist sich im Gegenteil als unrichtig oder als sehr missverständlich.’ [Artikeltext] – ist begründet, ihr spricht der Schreiber dieser Zeilen nicht gegen.
    Ist aber aus diesseitiger Sicht kein “Game-Changer”.

    • Können Sie gerne tun, aber dass man beim weit Herauszoomen keine Details mehr erkennt, sollte ja eigentlich bekannt sein. Ist natürlich gerade in solchen Fällen bequem, wo man eigentlich nichts Unschönes sehen möchte – ich empfehle das Herauszoomen auf galaktische Ebene, da erscheinen dann gleich alle menschlichen Probleme sehr, sehr klein.

      Politik kann und sollte sich solche Bequemlichkeit aber nicht leisten. Was man dabei für Fehler macht, sieht man ja in der Gesamtbetrachtung (alle Altersgruppen) für 2021 mit der dank der Infektionsschutzmaßnahmen ausgebliebenen Grippewelle. Wer da nur stur auf die Gesamtmortalität geschaut und vor den weiteren verfügbaren Daten dezent die Augen verschlossen hat, konnte sagen: Alles nicht so schlimm mit Covid-19. Aber da Influenza und Covid-19 getrennt erfasst werden, konnte man sehen, was für ein Fehlschluss das war. Speziell zu den Kindern hat ja offenbar alleine die Abnahme der Verkehrstoten in jener Altersgruppe die Covid-Sterbezahlen mehr als ausgeglichen. Daraus den Schluss zu ziehen, dass sich von 2019 zu 2020 da offenbar nichts verändert habe, wäre aber auch falsch.

      Letztlich geht es bei den Schutzpflichten des Staates gegenüber seinen Bürger*innen halt nicht um die Gesamtzahlen, sondern um die konkreten Situationen. Wenn am Jahresende jemand mit einer Pistole zu Ihnen nach Hause kommt, Ihnen höflich sagt: Sorry, aber in Ihrer Altersgruppe sind dieses Jahr etwas weniger gestorben als erwartet, da ist noch etwas Luft nach oben, dann darf er sie deswegen trotzdem nicht ungestraft erschießen.

      • Ganz genau, lieber Herr Dr. Pössel :

        Speziell zu den Kindern hat ja offenbar alleine die Abnahme der Verkehrstoten in jener Altersgruppe die Covid-Sterbezahlen mehr als ausgeglichen. Daraus den Schluss zu ziehen, dass sich von 2019 zu 2020 da offenbar nichts verändert habe, wäre aber auch falsch. [Ihre Nachricht]

        Es wird nicht genau gewusst, wie (europaweit, viele Länder Europas meinend, siehe “EUROMOO”) gleich bleibende (Gesamt-)Sterblichkeit von sehr jungen Personen erklärt werden kann.
        Im Gesamtzusammenhang oder vor dem Hintergrund “Corona”.
        Es gab vermutlich die von Ihnen, Herr Dr. Pössel, gemeinte Abnahme von Verkehrstoten unter Kindern, es gab womöglich auch Zunahme durch Suizide oder durch abnehmende Immunleistung vergleichweise isolierter Kinder, wenn sie dann doch einmal auf einen Mikroorganismus stießen, der wie gemeint gewirkt hat, nur deshalb so wirken konnte, weil das Immunsystem (das es gibt [1]) nun unzureichend gegen leistete.

        Mit freundlichen Grüßen und auch keine besondere Gegenrede suchend, weiterhin viel Erfolg wünschend
        Dr. Webbaer

        [1]
        Vgl. u.a. mit :
        -> https://de.wikipedia.org/wiki/Mikroorganismus#Mikroorganismen_im_menschlichen_Körper (‘Die Zahl der Mikroorganismen (vor allem Bakterien), die auf und im menschlichen Körper existieren, ist etwa 10- bis 100-mal höher als die Zahl der Zellen, aus denen ein Mensch besteht: Etwa 1 Billiarde (1015) Mikroorganismen stehen 10–100 Billionen (1013–1014) menschlichen Zellen gegenüber. Dies entspricht einer Gesamtmasse von 0,5 bis 1 kg Mikroorganismen.’)

        PS:
        Dr. Webbaer, der hier nichts verharmlosen will, es gab wohl in der BRD eine sog. durch “Corona” induzierte Übersterblichkeit von jeweils ca. 50.000 Personen in den Jahren 2020 und 2021, der Altersmedian soll über 80 Jahren gelegen haben, insofern dennoch anrät weiterhin bei Güterabwägungen zu bleiben, die Gefahr und die (politisch angeleiten) Maßnahmen meinend.
        Demokratieabbau kann in diesem Zusammenhang nicht angestrebt sein.
        Verdacht :
        Nach Entstehen der sog. Omikron-Variante besteht keine besondere Gefahr mehr, nicht mehr als soz. bei gewöhnlichen Grippewellen.

        PPS.
        Dies hier – ‘Letztlich geht es bei den Schutzpflichten des Staates gegenüber seinen Bürger*innen halt nicht um die Gesamtzahlen, sondern um die konkreten Situationen.’ – sieht Dr. Webbaer anders, er mag sozusagen die statistische, die âuch verantwortungsethische Sicht auf die Dinge.

        • der Altersmedian soll über 80 Jahren gelegen haben

          RKI:

          Unter allen übermittelten Todesfällen seit KW 10/2020 waren 101.536 (84 %) Personen, die 70 Jahre oder älter waren. Der Altersmedian lag bei 83 Jahren.

  3. Bei den ganzen Streitigkeiten werden meiner Meinung nach noch 2 Sachen vernachlässigt. Viele Kinder können sich mittlerweile ja impfen lassen.
    Und gerade bei Kindern würde mich ein Vergleich zur normalen Grippe schon interessieren. Klar unser Gesundheitsverständnis, die Aufmerksamkeit auf Covid hat vieles verändert. Es liegen viel mehr Daten zu Covid vor als es wahrscheinlich jemals zur normalen Influenza gab.

    • Das ist eine deutlich allgemeinere Frage, als ich sie hier diskutiere. Die Verbindung zu dem, worum es bei der Kritik an Frau Prien gibt, ist aber gerade: Wir dürfen dort (wie sonst auch) eben nicht mit Kindern allgemein argumentieren, sondern die dort wichtige Frage war und ist: Wie schützen wir diejenigen Kinder, die besonders gefährdet sind und/oder deren Familien besonders gefährdet sind? In diese Richtung passiert soweit ich sehen kann so gut wie gar nichts Spezifisches. Und das war und ist an dieser Stelle inhaltlich der Hauptkritikpunkt an Frau Prien.

      • Eines ist mir in den letzten 2 Jahren beim Gang über den Friedhof meiner Eltern an den Daten auf den Grabsteinen frischer Gräber aufgefallen: jung – viel zu jung – wahrscheinlich liegen da viele die “mit” Covid gestorben sind und in der Covid-Statistik nicht auftauchen.

      • Stimme in Bezug auf den hier diskutierten Kontext natürlich zu.
        Wobei Schutz der Risikogruppen wohl auch bei normaler Grippe nicht existiert.
        Die allgemeineren Fragen würde ich aber auch gerne mal irgendwo zusammengefasst sehen 😉

    • Michael
      15.02.2022, 14:38 Uhr

      Es werden noch mehr als nur noch 2 Sachen vernachlässigt.

      Die Frage nach dem “an” oder “mit” ist die bildhafte Frage nach dem Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt – und das ist nur ganz schwierig zu “entscheiden”, ohne Vorerkrankung hätte die Person die Infektion vielleicht überlebt, ohne die Infektion hätte die Person vielleicht noch eine ganze Zeit mit der Vorerkrankung gelebt …
      Wie schon im Artikel selbst ausgeführt ist, kann die Frage nur in ausgesprochen eindeutigen Fällen sicher mit “mit” beantwortet werden, deshalb ist es sicher nicht ganz falsch, die Mehrheit der Fälle als “gestorben an” einzuordnen. Zumindest der Virus-Teil des Todes liegt daran, dass sich das Virus bis in die Person ausbreiten konnte.

      Dann möchte ich ( als Nicht-Mediziner ) darauf hinweisen, dass es eine “normale Grippe” nicht gibt, mit der man “vergleichen” ( body count? ) könnte, jedes Virus ( jede Generation von Viren ) ist anders, es gibt Erkrankungen, die besonders für Kinder gefährlich sind ( häufige Begründung: noch schwaches Immunsystem ), es gibt Erkrankungen, die für Kinder relativ ungefährlich sind ( häufige Begründung: jugendlich starkes Immunsystem ) – und es gibt Erkrankungen, denen das Alter des Opfers relativ “egal” ist.
      Leider haben wir in der Vergangenheit bei den in den letzten 20 Jahren aufgetretenen schweren Virus-Erkrankungen versäumt, ein Beobachtungssystem für Epidemien/Pandemien vorzubereiten/einzurichten – die damaligen Krankheiten haben “uns” ja nicht betroffen, da brauchen “wir” ja nichts zu tun, war wohl die vorherrschende Meinung. Klar, Otto Normalverbraucher:In hat damit wenig am Hut, die Experten wollen ja nur an Geld kommen und die Politik … hat “Besseres” zu tun, als Experten-Chimären nachzujagen, die womöglich Geld und Stimmen kosten.
      Intentions-getrieben versus fakten-basiert, so stellt sich die Situation wohl dar, es fehlt bei der Diskussion eigentlich immer der Nachsatz: “So, wie ich das hier und heute sehe.”

      • …und zu Ihrem ungeduldigen Nachhaken: Sorry, ich habe neben dem Bloggen auch noch einen Hauptjob und kann deswegen immer nur gelegentlich mal nach den Kommentaren schauen und freischalten, was sich angesammelt hat. Wäre nett, wenn Sie Ihre Anspruchshaltung entsprechend anpassten.

        • Markus Pössel
          16.02.2022, 14:56 Uhr

          Ich bitte um Entschuldigung, ich will Sie nicht vom Geld verdienen abhalten, ich habe eine Veröffentlichung auch nicht als sofort zu erfüllenden “Anspruch” gesehen, nur, da bereits zeitlich neuere Kommentare veröffentlicht waren, hatte ich – aus anderen Erfahrungen – auf eine Art Zensur geschlossen, was auch nicht so tragisch wäre, nur das überhaupt nicht in Erscheinung treten löst bei mir eine Art allergische Reaktion aus. Ich stelle es Ihnen anheim, ob Sie diesen Text veröffentlichen wollen oder nicht, denn er gehört nun wahrlich nicht zum eigentlichen Thema.

          • Das auf’s Geldverdienen zu reduzieren trifft es zwar auch nicht, aber anyway: Manche Kommentare schalte ich in der Tat nicht frei (Kriterien sind oben im Haupttext angegeben; “Zensur” wäre darauf angewandt wieder ein unangebracht polemisches Framing). Alles andere richtet sich halt danach, wofür ich aktuell zwischendurch Zeit habe. In seltenen Fällen kann passieren, dass ich dabei nicht chronologisch vorgehe. Entschuldigung auf alle Fälle angenommen!

  4. Hallo Markus,

    zuerst danke für die Arbeit und dass du dich dem Stress aussetzt!

    Hier nochmal in der Form – ob du das veröffentlichst, ist mir egal. Also, zur fachlichen Diskussion trägt mein Kommentar nicht wirklich etwas bei.

    Ich hab gerade gemerkt, dass an der Stelle, wo du vom “Statistikdienstleister DESTATIS” schreibst, danach ein Link zu Statista folgt. Könntest du das beheben?
    Es ist für deine Argumentation wohl völlig egal, auch weil sich die Angaben vermutlich bei beiden finden, aber das kann verwirren.

    Wenn du die Änderung transparent machen möchtest, sollte von mir aus Andrej Reisin (NDR, tagesschau) als ursprünglicher Finder genannt werden.
    Das würde allerdings eventuell dazu führen, dass er noch mehr Öl ins Feuer schütten möchte. Oh Mann, haben die sich verrannt.

  5. Kann es sein, dass insgesamt ein Missverständnis vorliegt? Dass Frau Prien bei ihrer Aussage, Kinder stürben nur selten an Covid-19, eine andere Grundgesamtheit im Blick hatte als anscheinend von den meisten angenommen? Nämlich die Grundgesamtheit aller überhaupt sterbenden Kinder? Und nicht nur die Teilmenge derer, die, als sie starben, an Covid-19 litten?

    • Dann hätte es keinen Grund für Frau Prien gegeben, “mit” und “an” – was in diesem Kontext ja eine häufige Formulierung ist und eine klare Bedeutung hat – zu kontrastieren.

      “Kinder sterben mit, aber extrem selten wegen Covid” ist ein Vergleich bzw. Kontrast zwischen “mit” und “wegen”.

      “Kinder sterben extrem selten wegen Covid” ist eine komplett andere Aussage.

      Wir müssen schon bei dem bleiben, was Frau Prien gesagt hat. Und klar gibt es etwas Interpretationsspielraum, aber die Aussage soweit zu verbiegen, dass sie im dortigen Kontext keinen rechten Sinn mehr ergibt, ist jenseits von dem, wie wir hier sinnvollerweise argumentieren sollten.

  6. An den Zahlen von RKI und DIVI sieht man, daß Kinder unter 20 seit
    November sich häufiger infizieren, hospitalisiert werden und sterben.
    Soweit, so schlecht. Der Disput dreht sich aber hier darum, ob man
    17 oder 65 tote Kinder als “extrem selten” bezeichnen darf oder nicht.

    Wie soll man “extrem selten” quantifizieren?
    Bei Medikamentennebenwirkungen gilt:
    Selten – Ein Fall auf 1.000 bis 10.000.
    Sehr selten – Weniger als ein Fall auf 10.000.
    Äußerst selten – Einzelfälle.

    Demzufolge würde ich es als “extrem selten” bezeichnen,
    wenn weniger als ein Kind pro 100.000 pro Jahr stirbt.
    Für Deutschland mit seinen 15,3 Millionen Kindern
    wären das also weniger als 153 pro Jahr. Da werden wir –
    so Gott will – selbst im dritten Pandemiejahr nicht hinkommen,
    denn die winterliche Infektionswelle wir auch wieder abebben.

    Übrigens: In Deutschland sterben Kinder “selten”. Pro Jahr
    trifft es rund 4.500, über die Hälfte davon im Säuglingsalter.
    Ich wünsche mir eine vernünftige Risiko-Bewertung.
    Im Jahr 2019 sind z.B. 71 Kinder ertrunken und
    trotzdem lassen Eltern ihre Kinder noch ins Wasser.
    Richtig schockierend finde ich es, wenn die Kleinen auf
    dem Fahrrad mit Maske aber ohne Helm unterwegs sind.

    • @Manfred,
      das ist der Beitrag auf den ich gehofft habe. Was ist Kind? Obwohl über 60 bin ich auch Kind. Den Begriff “selten” haben Sie schon versucht zu quantifizieren. Menschen von 0 bis 19 unterscheiden sich körperlich, also auch gesundheitlich mehr als jede andere Altersspanne, die alle in eine Gruppe zu packen ist für mich statistische Resteverwertung ohne Erkenntniswert.

      Aussagen mit mehreren unscharfen populären Begriffen ohne saubere Definition führen lediglich zu ausdauerndem nutzlosen Streit der niemanden wirklich weiter bringt.

      Schade um die Zeit für die Erarbeitung des Haupttextes, weder die Ursprungstweets noch der missglückte Faktencheck haben so viel Einsatz verdient. Von Markus Pössel hatte ich Besseres erwartet und hoffe auf die Zukunft.

  7. Herr Pössel, warum behaupten Sie weiter, die Zahl 17 habe „Hand und Fuß“? Herr Gensing hat doch mittlerweile erklärt, dass die Werte nicht einfach so verrechenbar sind. Warum gehen Sie darauf nicht ein? Finde ich unseriös.

    • Haben Sie meinen Nachtrag unten gesehen? Unseriös finde ich eher, die Zahlen bei der Nutzerin als “ungeprüft” einzustufen, während die Tagesschau selbst Zahlen derselben Herkunft ganz selbstverständlich selbst benutzt. “Hand und Fuß” heißt ja auch nicht, dass es nicht noch besser ginge. Schauen wir in ein paar Wochen, wenn die validierten Zahlen da sind, doch mal, wie groß die Abweichungen sind,

  8. Sehr geehrter Herr Pössel,
    ohne Frage war Frau Priens Aussage unklug und unpräzise, wie das bei Politikern leider inzwischen üblich ist, insbesondere, was Covid-19 angeht. Aber auch Ihr „Faktencheck“ ist mir nicht präzise genug. Man muss hier wirklich sehr sorgfältig differenzieren. Wenn von „Kindern“ geredet wird, nutzt die Einteilung des RKI nichts. Nach deutschem Recht gilt als „Kind“, wer noch nicht 14 Jahre alt ist. Dabei unterscheidet man in der Regel Baby, Kleinkind (2-3), frühe Kindheit (4-6), mittlere Kindheit (7-10), und späte Kindheit (11-14). 0-9 trifft also den Begriff „Kind“ ebenso wenig wie 10-19, beides zusammen erst Recht nicht.
    Außerdem muss man das unterschiedliche Infektionsrisiko der einzelnen Altersgruppen berücksichtige (vor allem wenn es um entsprechende Maßnahmen geht) und man muss genau hinschauen, wer wann und unter welchen Umständen gestorben ist. Die Unterscheidung „an“ oder „mit“ Covid-19 ist unzureichend und die auf Statistik beruhenden Aussagen führen in die Irre, weil sie (in diesem Falle unzulässig) verallgemeinern.
    Wenn man „an“ Covid-19 sterben würde, müssten alle Infizierten tot sein. Viren haben kein Interesse, ihren Wirt zu töten – wenn das passiert ist es aus ihrer Sicht ein Betriebsunfall. Der Tod im Zusammenhang mit Covid-19 folgt in der Regel durch eine Überreaktion des Immunsystems, das den eigenen Körper zerstört – warum es das tut, wäre dringend zu klären, damit man es verhindern kann. Die Statistik und Studien besagen, dass die überwiegende Mehrheit (letzte Zahl die ich gelesen habe: 97%) der Opfer Vorerkrankungen hatte (überwiegend die üblichen „Zivilisationskrankheiten“) und auch hier ist die Frage zu klären, was das mit der Immunreaktion zu tun hat.
    Die Bandbreite der Folgen von Sars-Cov-2 ist so groß, dass man nicht allein den Virus (ich bevorzuge den maskulinen Artikel hier, denn „das“ Virus müsste laut lateinischer Grammatik Virum heißen) dafür verantwortlich machen kann. Das Hauptproblem ist die schlechte „Volksgesundheit“, die 44 % (Zeitungsangabe) der Deutschen zur Hochrisikogruppe macht und das überfordert unser krankes Gesundheitssystem bei weitem, und dann muss man halt die Republik dichtmachen – mit all den fatalen Kollateralschäden, deren Ausmaß ja noch gar nicht zu ermessen ist.
    Impfung ist im Prinzip sinnvoll, weil sie die körpereigenen Heilsysteme und –kräfte unterstützt (die ja bei allen medizinischen Interventionen letztendlich die Heilung bewirken) indem sie das Immunsystem trainiert. Aber wenn das bereits im Eimer ist, nutzt auch die Impfung nichts und da die Viren außerdem lustig weitermutieren und noch andere in Zukunft hinzukommen werden, für die es dann wieder keine Impfstoffe gibt, ist eine drastische Verbesserung der allgemeinen Gesundheit die einzig sinnvolle Lösung auf Dauer. Und die ließe sich durch eine Lebensstiländerung auch sehr gut bewerkstelligen – siehe „Die Ernährungs-Docs“ (NDR).
    Was im Übrigen sträflich vernachlässigt wurde, war die massive Förderung der Entwicklung von antiviralen Wirkstoffen und die mangelnde Kommunikation von bereits vorhandenen (z.B. Phytotherapeutika), die zumindest unterstützend hätten helfen können – und auch hier stellt sich die Frage, warum das nicht geschehen ist. Das alles, zusammen mit dem unglaublichen Pandemiedilettantismus der verantwortlichen Politiker ist um vielfaches mehr verantwortlich für das Desaster als der Virus, der nur den Job macht, für den ihn die Natur/Evolution bestimmt hat. Und ich hoffe, dass dies alles demnächst mal gründlich hinterfragt und aufgearbeitet wird.
    Beste Grüße
    Reinhard Eichelbeck

    • Dieser Kommentar wiederum scheint mir, obwohl Sie selbst mehr Präzision fordern, in entscheidender Hinsicht noch problematisch-unpräziser als meiner. Der Ausgangstweet, auf den Frau Prien antwortete, bezog sich – das folgt aus den Zahlen eindeutig -, auf “Kinder und Jugendliche”, Altersgruppe 0-19 Jahre. Unterschiedliches Infektionsrisiko: Was hat das für Auswirkungen auf die Rekonstruktion der Zahlen und von Frau Priens Vergleichsaussage? Sie scheinen mir hier denselben unpräzisen Fehler wie Herr Gensing zu machen, nämlich von den ganz spezifischen Aussagen, auf die sich der Faktencheck beziehen soll, auf andere, allgemeinere Fragen abzurutschen. Ihre Aussage zu “‘an’ Covid-19” halte ich für komplett unlogisch. Da ist der Sprachgebrauch bei Krankheiten komplett anders – dass man an einer Krankheit sterben kann, heißt ausdrücklich nicht, dass die Krankheit in 100% der Fälle tödlich endet.

      • Mein Eindruck war, dass es primär um Kinder geht, siehe Titel: „Covid-Sterbezahlen bei Kindern“, und weiter
        „…Prien mit einer Tatsachenbehauptung zum Thema mit-oder-an-Covid sterbende Kinder“
        „…dass nur wenige Kinder an Covid-19 sterben. ..“
        „Wir haben in den letzten 4 Wochen 17 tote Kinder gehabt…“
        Dann geht es wieder um die „Altersgruppe 0 bis 19“, was nicht dazu passt. Das ist nicht Ihre Schuld, sondern liegt an der schwammigen Ausdrucksweise und den unübersichtlichen Hin- und Her-Rechnungen der beteiligten Fraktionen.
        Aber das ist für mich nicht der Punkt. Auch wenn es Wortklauberei ist: die Opfer sterben nicht an der viralen Infektion („Krankheit“), sondern an der Reaktion des Körpers darauf. Und deshalb drücken wir uns um unseren eigenen Anteil an der Verantwortung für die „Übersterblichkeit“, wenn wir sie nur dem Virus anlasten, wie das derzeit vielfach üblich ist.

        • OK, dann habe ich den Punkt offenbar nicht klar genug behandelt. Die Zahlen, mit denen das ganze begann, beziehen sich auf 0-19. Die darauf folgenden Antworten nehmen das dann in der Tat nicht genau genug. Problem ist: RKI unterscheidet 0-9 und 10-19. Kinder und Jugendliche kann man anhand der Aufteilung also gar nicht richtig trennen.

          • Markus Pössel
            17.02.2022, 14:03 Uhr

            Das kalendarische Alter ist zwar leicht fassbar und lässt sich damit auch “gut” in Klassen einteilen, aber aus meiner Sicht wäre für die Folgen einer Sars-CoV-2-Infektion eine Einteilung “vor der Pubertät” und “nach der Pubertät” sinnvoller, den Zeitbereich “nach …” kann man dann offensichtlich kalendarisch sortieren, weil sich die Auswirkungen scheints in etwa stetig mit dem Alterungsprozess verändern. Sinnvoll und mit Bezug auf einen rezenten Artikel im “Spektrum” ist auch eine Zweiteilung nach XX und XY, weil – bei aller Gleichheit – die Menschen eben doch ( genetisch ) unterschiedlich sind.

    • Hallo, Herr Eichelbeck,
      Ihre Freiheit, das Wort “Virus” mit einem Genus Ihrer Wahl zu versehen, sei unbenommen, wenn Sie schreiben “… den Virus (ich bevorzuge den maskulinen Artikel hier, denn „das“ Virus müsste laut lateinischer Grammatik Virum heißen)”.
      Doch mein altes lateinisch-deutsches Schulwörterbuch “Der kleine Stowasser” (München 1962) nennt: virus, i, neutrum für 1. Schleim, 2. Gift, 3. metaphorisch Geifer. Beste Grüße!
      @Herr Pössel: mein Beitrag ist sehr weit off topic, ich weiß…

      • Rainer Vock
        17.02.2022, 18:03 Uhr

        Vielen Dank, ich hatte auch so dumpf in Erinnerung, dass “virus” im Lateinischen ein Neutrum sei.
        Das mit dem “Geschlecht” der Wörter ist so eine Sache, im Süddeutschen sagt man auch “der” Butter und “das” Teller, nimmt also das lateinische ( Ursprungs- )Genus.
        Manche Worter haben je nach Genus eine unterschiedliche Bedeutung, “das” Junge und “der” Junge …
        Abgesehen davon denke ich, dass “das” Virus eher unpersönlich/sächlich und weniger anthropomorph gedacht werden kann als “der” Virus, dem vielleicht doch eine Persönlichkeit angewähnt wird, was letztendlich auch Auswirkungen auf die eigenen Vorstellungen und Schlussfolgerungen haben kann.

  9. @ Markus Pössel:

    Welche Ergebnisse sollen mir „nicht passen“ und warum?

    Ich habe den Eindruck, meine Kommentare lösen bei Ihnen nur Abwehrreflexe aus.

    Ich wollte nur aus zwei Jahren intensiver Befassung mit Coronadaten, derzeit insbesondere auch zu Kindern, ein paar Punkte anmerken. Sie waren nicht als Angriff gemeint.

    Sorry, wenn es so ankam. Ich verabschiede mich daher aus der Diskussion, um keine neuen Missverständnisse zu provozieren.

    • Es ging schlicht darum: Repräsentativität ohne Belege abzusprechen bringt uns auch nicht weiter. Es sind soweit ich sehe die besten und repräsentativsten Zahlen, die wir derzeit haben. Und ich sehe bei der Beschreibung des Zustandekommens jetzt keine spezifischen Faktoren, die auf ein Bias hindeuten.

      “nur Abwehrreflexe” sicher nicht, aber in der Tat: als bloße sachliche Anmerkungen kamen Ihre Kommentare bei mir in der Tat nicht an. Aber das ist natürlich subjektiv. Meinerseits sorry, wenn ich da überreagiert habe. Genervt sind wir in dieser Diskussion natürlich letztlich alle, das lässt sich nicht vermeiden…

  10. Guten Abend Herr Pössel,
    ich kann Ihnen nur Respekt zollen, ob Präzession und Offenheit in der Argumentation sowie Ihrer Unaufgeregtheit im Umgang.
    Vielen Dank

  11. @Reinhard Eichelbeck
    Zur Altersfrage der Sterblichkeit im Umfeld von Corona habe ich einen Beitrag von Prof. Überla bei FAU TV (Uni Erlangen) im Hinterkopf. Er zeigt aus der Frühphase der Pandemie eine Kurve der Sterblichkeit Erwachsener Ungeimpfter, damals gab es noch keinen Impfstoff, in Abhängigkeit vom Alter. Die Sterblichkeitsachse ist hier logarithmisch, was im Vortrag leicht übersehen wird. Am Standbild interpretiert ergibt sich ungefähr ein Faktor 10 je 20 Lebensjahre. Ein 40-Jähriger hat also nur 1 Prozent des Risikos eines 80-Jährigen.

    Anektodisch zeigt sich die starke Altersabhängigkeit in vielen Berichten ist nach meiner Beobachtung aber selten Gegenstand der Diskussion.

    • Ich finde an der Stelle tatsächlich wichtig, dass man sich relative Risiken anschaut. Das Sterberisiko ist (Gott sei Dank) bei Kindern ganz generell sehr viel geringer als bei Erwachsenen. Würde es sich durch Covid verdoppeln (tut es nicht!) wäre es immer noch sehr gering, und sehr viel geringer als bei Erwachsenen, und es wäre trotzdem katastrophal.

      • “und es wäre trotzdem katastrophal.”

        In der Risikoforschung und Wissenschaftskommunikation betont man eigentlich genau andersherum, dass man neben dem relativen Risiko bzw dessen Veränderung auf jeden Fall das absolute Risiko nennen sollte und die Einschätzung auch oder sogar vornehmlich an diesen festmachen.

        Hier bspw ein Vortrag im Rahmen der Ärztefortbildung an der Charité von Prof. Gerd Gigerenzer, der hier direkt ein Beispiel beinhaltet, bei dem ein immer noch niedriges absolutes Risiko bei einer starken, relativen Risikoerhöhung (tatsächlich auch einer Verdopplung) zu der Bewertung “unproblematisch” führt. https://youtu.be/zdOBJW2zlKU?t=516

        Die relative Risikobewertung ist eher sinnvoll bei zwei Alternativen mit gleichen Bewertungskriterien. Wie hier im Beispiel die Entscheidung zwischen zwei wirkähnlichen Medikamenten. Dort entscheidet dann die relative Risikoänderung.

        Bei Entscheidungen, denen Kosten-Nutzen an den Optionen anliegen bspw “Durchseuchung vs Verhinderung der Durchseuchung” ist das absolute Risiko entscheidend. Es hilft nichts zu wissen, dass sich das Todesrisiko von Menschen durch Corona verdoppelt, wenn ich eine Durchseuchungs- vs einer lockdown-Strategie vergleichen will. Denn womit soll ich “verdoppelt” oder “200%” mit den Folgen eines lockdowns vergleichen? Gerade je geringer das absolute Risiko und die absolute Risikoerhöhung, desto leichter kann ein Faktor wie Corona das relative Risiko stark erhöhen – ohne aber einen bedeutenden impact zu haben. Relevanz hat aber als Endpunkt das absolute Risiko für unser Leben.

        Stattdessen brauche ich dann bspw “verhinderte Tote” vs “Tote durch Maßnahmen” (beides absolute Risikoänderungen) oder besser “life years lost Durchseuchung vs Verhinderung der Durchseuchung”. Natürlich fällt diese Bewertung unterschiedlich aus zu unterschiedlichen Zeitpunkten und Abstufungen bei “Maßnahmen”.

        • Das ist letztlich keine wissenschaftlich klärbare Frage; ich sehe nach wie vor starke Anzeichen dafür, dass wir in der Gesellschaft an anderen Stellen das Risiko vor allem auch als relatives Risiko bewerten. Dass Menschen es in anderen Kontext zutiefst ungerecht finden würden, wenn eine Untergruppe “sorry, dein Risiko, binnen eines Jahres zu sterben hat sich verdoppelt!” hört während für die andere “dein Risiko, binnen eines Jahres zu sterben, ist 10% größer als vorher”. Und wenn in einem Jahr bezogen auf die jeweilige Grundgesamtheit soviele 14jährige wie 90jährige sterben würden, wüssten wir auch: da ist etwas gewaltig schiefgegangen. Insofern: ja, es ist kein absolut gesetztes Maß, und Kosten-Nutzen-Rechnungen haben selbstverständlich ihren Platz (bei denen muss man dann aber sowieso außerwissenschaftlich argumentieren – wirtschaftlicher vs. gesundheitlicher Schaden ist ja eine Abwägung, wo die Gesellschaft einen Konsens finden muss; da gibt es keine wissenschaftlich begründeten “Umrechnungsfaktoren”). Aber relative Risikoerhöhung hat, den sonstigen Überzeugungen und Praktiken unserer Gesellschaft folgend, eben auch einen Platz. Und wie ich finde: mit gutem Recht.

          • Ich denke, es gibt erstmal zwei Unterschiede:

            A) Zwei Krankheiten innerhalb einer Altersgruppe. Die Todesfälle durch die eine haben sich in einem Zeitraum von fünf Jahren um ein Drittel von 3/100.000 Einwohner auf 4/100.000 erhöht. Bei der anderen um ein Zehntel von 60/100.000 auf 66/100.000.

            Welches Kriterium beschreibt besser die Veränderung und die Höhe des Leids, der Krankheitslast – die relative oder die absolute Risikoerhöhung?

            B) Nun sind o.g. Veränderung beide Male die Änderungen der Sterblichkeit durch Corona – in verschiedenen Altersgruppen.

            Fall A) ist glaube ich ziemlich klar.

            Bei B) fangen Abwägungen an, die man durchaus subjektiv unterschiedlich entscheiden könnte – eine niedrigere absolute Risikoerhöhung bei Kindern mag man als schlimmer beurteilen, als eine höhere bei Älteren. Zur Berücksichtigung dieses Problems verwenden Wissenschaftler dann statt simpler Todesfallzählungen “life years lost” https://en.wikipedia.org/wiki/Disability-adjusted_life_year (die Ermittlung der Übersterblichkeit zielt auch etwas in diese Richtung), die hier eine Entscheidungshilfe, aber, wie Sie richtig sagen, keine objektives Kriterium bilden.

            Die Korrektur um life years lost finde ich völlig gerechtfertigt und wünschenswert.

            Dagegen plädiere ich ganz klar für eine höhere Gewichtung von absolutem statt relativem Risiko bei der Betrachtung – und das ist auch das Ziel bei der Vermittlung von statistischen Zahlen, wie ich eingangs erwähnte. Denn bei Kenntnis von absoluten Risikoänderungen halten Menschen, bsd Fachleute, diese in überwältigender Mehrzahl für relevanter als für die relative Risikoänderung.

            Ich finde das gut, weil eine Änderung des rel. Risikos zwar eine oberflächlich-emotionale Bedeutung hat “ach du Schreck, um 300 erhöht!”. Aber die tatsächlichen Auswirkungen auf unsere Lebenswelt eben durch die absolute Risikoänderung bzw das absolute Risiko beschrieben wird.

            Falls wir also in einigen Bereichen nach relativer Risikoänderung bewerten (Medien machen das oft, weil starke prozentuale Anstiege absolut gesehen kleiner Probleme trotzdem für Dramatik sorgt), sollten wir das mE ändern hin zu einer Beachtung der absoluten Risikoänderung bzw des absoluten Risikos.

            Ein Beispiel aus einen völlig anderen Bereich: Je nachdem, was Sie favorisieren, sollten wir Windräder oder Kernkraftwerke (oder beides) verdreifachen. Das wird eine um (je) 300% gesteigerte Todeszahl pro kWh durch diese Energien hervorrufen.

            Da aber die fossilen Energien pro erzeugter kWh 50fach höhere Totenzahlen erzeugen als Windräder oder KKW (und einen höheren Anteil an der Primärgesamtenergie haben), führt dieser Ausbau zu insgesamt weniger Toten. Obwohl die relative Reduktion der Fossil-Toten geringer als 300% ausfällt.

          • Das finde ich jeweils nicht überzeugend. Und glaube wie gesagt auch nicht, dass man da rein wissenschaftlich eine Lösung findet. Es gibt zwei grundlegende Perspektiven: Eine Rechnung für die Gesellschaft insgesamt (die für sich genommen legitim ist, und ohne die Politik nicht auskommen wird) und die Perspektive der betroffenen Individuen – und letztere ist wichtig, weil das Verhältnis von Staat zu Individuum, und die Frage ob die Behandlung von Untergruppe zu Untergruppe da fair ist, ja nunmal einen Eckpfeiler unserer Gesellschaftsform ausmacht. Auf diese zweite Perspektive bezogen finde ich nach wie vor höchst problematisch, wenn der Staat der einen Gruppe das Risiko verdoppelt, der anderen um zehn Prozent erhöht. Und dass Sie hier pauschal-polemisch jene andere Perspektive als bewusst dramatisierend oder als “oberflächlich-emotional” abtun, ist aus meiner Sicht eine polemisch-unsachliche Art zu argumentieren. Gerade bei der Reaktion geht es um subjektives Gerechtigkeitsempfinden, und dass Sie da Ihre eigene subjektive Bewertung auf Kosten der von anderen künstlich überhöhen, ist schon ziemlich, pardon, arrogant.

          • Das war ein Missverständnis: Oberflächlich-emotional ist nicht böse gemeint, sondern es ist eben die erste Reaktion. 300% erhöhtes Risiko? – da erschrickt jeder von uns erstmal.

            Nur denke ich nicht, dass diese erste Reaktion die Grundlage ist, worauf dessen wir, sowohl individuell als auch im public health, Entscheidungen treffen sollten.

            Denn ich denke schon, dass man objektiv argumentierbar das absolute Risiko als wichtiger ansehen kann: Ich habe ja oben schon im Beispiel A) gezeigt, dass wsl auch Sie dort zustimmen würden, dass dort die absolute Risikobetrachtung sinnvoller ist.

            Nun kann man das aber auch auf die Risikobetrachtung zwischen Gruppen übertragen: Wenn wir bspw als Gesellschaft das Ziel haben, mit einem Budget möglichst viele Menschenleben zu retten. Und bei zwei chronisch erkrankten Gruppen können wir mit diesem Budget bei der einen die Toten um 30% reduzieren, und bei der anderen um 50%. Und die erste hat 300/100k Tote, und die zweite 50/100k Tote – dann ist es rational unter unserem Ziel, das Budget für die höhere absolute Risikoverminderung bei der ersten Gruppe auszugeben, nicht für die höhere relative. Genauso natürlich andersrum mit Vermeidung von Anstieg von Toten, Prävention usw.

            Natürlich haben Sie völlig Recht, dass das Ziel selbst, “möglichst viele Menschenleben retten” objektiv entscheidbar nicht höher gewichtig ist als “die höchste relative Risikominderung erzielen”.

            Das ist eine ethische Entscheidung. Ich plädiere dort für das Ziel der absoluten Risikoreduktion, weil es das ist, was dann die Wirklichkeit der HÄufigkeit des Sterbens darstellt, die Praxis im realen Leben mit all seinen Konsequenzen. Die relative Risikoänderung ist mE wirklich v.a. eine schnelle Reaktion auf einen Zahlenwert beim Lesen einer Berichterstattung.

            Die relative Risikoänderung würden Menschen bei vielen Risiken, die eine sehr kleine absolute Häufigkeit haben, in ihrem Leben überhaupt nicht bemerken (bspw Änderung des Sterberisikos von 1/100k auf 2/100k), weil es dominiert wird von viel größeren absoluten Risiken. Selbst wenn deren Änderung relativ gesehen geringer ist.

          • Wenn Sie genau lesen: Nein, ich habe auch Beispiel A) nicht zugestimmt. Und sehe nach wie vor keine objektiv-belastbare Argumentation. Und nein, es geht doch in der Praxis nicht um ein von vornherein begrenztes Budget, sondern wieviel eine Gesellschaft wofür aufzuwenden bereit ist, wird seinerseits ausgehandelt. Dass wir Kinder und Jugendliche auch in anderer Hinsicht gesellschaftlich anders behandeln, gibt es ja durchaus in einigen Bereichen. Schon deswegen ist das vereinfachte Szenario, was Sie da entwerfen keineswegs “die Praxis im realen Leben”.

          • Ah ok, das ist eine seltene Haltung bzgl A). Die meisten entscheiden sich bei Kenntnis der absoluten Risikoänderungen (deshalb wird das immer mehr verwendet in der med. Kommunikation) für die größere Reduktion des absoluten, nicht des relativen Risikos innerhalb der gleichen Gruppe.

            Ich sehe es ja genauso, dass es keine objektive Entscheidung gibt, sondern dass es subjektive/ethische Entscheidungen sind.

            Allerdings sind in der Realität Ressourcen meistens endlich. Das Beispiel mit der Fragestellung, wie man begrenzte Gelder auf Krankheiten verwendet, das ich im letzten Beitrag brachte, ist ein typisches aus der Evidenzbasierten Medizin. Die nach Effektivität und dann nach Effizienz schaut und deshalb auf die absolute Risikoreduktion pro Euro, nicht die relative. Diese Einstellung, dass die absolute Häufigkeit(sänderung) wichtiger ist als die relative Risikoänderung, ist dort darum üblich. Deshalb ja auch in der Wissenschaft Kriterien wie “life years lost”, um in einem zweiten Schritt ggf auch unterschiedliche Altersgruppen vergleichen zu können.

            Wir gewähren Kindern sicherlich, meiner Meinung (und im Sinne von DALY) auch zurecht, einen höheren Schutz.

            Es ist doch ein Unterschied, ob man bei einem Wegfall der Maßnahmen eine erwartete 33%-Erhöhung von 6 auf 8 Tote Kinder 100k hat – oder von 0,3 auf 0,4/100k. Im ersten Fall sterben 20 mal mehr Kinder durch Wegfall der Corona-Maßnahmen als im zweiten Fall. Das finde ich einen bedeutenden Unterschied in den praktischen Auswirkungen und deshalb sollte das absolute Risiko jedem bekannt und relevant sein. Und dieses dann verglichen werden – auch wenn es wiederum kein objektiv-naturwiss. Entscheidungskriterium gibt – mit der Erhöhung der psychologischen Diagnosen bei Fortführung der Maßnahmen.

            Als letzten Pfeil im Köcher versuch ichs mal mit der Extrapolation, um es zu verdeutlichen: 100 Mio Euro einsetzen, um entweder A) die Blitzschlag-Toten um 50% zu reduzieren. Oder B) die Herzinfarkttoten um 0,1% zu reduzieren. Nach relativer Risikoänderung A, nach absoluter B.

          • Gerade die Trade-offs sind aber nie so direkt, dass wir einen Fixbetrag haben und den entweder so oder so ausgeben müssen. Das ist in der politischen Diskussion daher nie ein so absolutes Kriterium.

            Zweitens spielen in allgemeingesellschaftlichen Diskussionen Änderungen bzw. verschiedene Formen von realem oder abstraktem “Bestandsschutz” und noch einige weitere Überlegungen eine wichtige Rolle. (Manchmal eine zu große, wie wir z.B. gerade bei Klimaschutzmaßnahmen sehen.) Um gleichfalls ein zugespitztes Beispiel zu verwenden: Wenn jetzt plötzlich ein Virus aufträte, an dem pro Jahr 6000 Kinder im Alter von 5 bis 15 Jahren stürben (10 Mal mehr als sonst in jener Altersstufe; Gesamtzahl verlorener Lebensjahre rund 500.000) und für Erforschung/Bekämpfung 100 Millionen Euro bewilligt werden, dann würden Sie niemals einen gesellschaftlichen Konsens dafür bekommen, jene Kinder-Sterbezahlen in Zukunft hinzunehmen, solange stattdessen mit demselben Geld etwas getan werden kann, um allen Menschen in der Altersgruppe 60-65 Jahre je ein zusätzliches Lebensjahr zu beschaffen.

            Letzteres wäre aber gerade das, wofür Sie hier argumentieren. Insofern: Nein, prinzipiell sehe ich meine Haltung nicht als selten. Sondern das Rechenbeispiel zeigt sehr direkt, dass unsere Gesellschaft als Ganzes nicht so denkt, wie Sie hier argumentieren. Was ich übrigens durchaus gut finde. Sie mögen das kritisieren (aus Interesse: auch in dem von mir genannten überspitzten Beispiel?), aber sollten nicht außer Acht lassen, dass Sie damit in bestimmten Fällen fernab unseres gesellschaftlichen Konsenses liegen.

  12. einfach mal den ganzen Twitter-Thread ruch”
    ->? durch

    Soweit ich erinnere hatte ich damals auf einen entsprechenden Hinweis des ja ebenfalls twitternden ehemaligen CDU-Generalsekretärs Ruprecht Polenz erstmals auf den Covid-19-Survey von DGPI und DGKJ gestoßen.

    sinntaktisch/grammatisch defekt~

  13. Hallo,

    die Zahlen vom 12.01.2022 lassen sich ohne weiteres in der Wayback-Machine finden, sofern man direkt nach dem Download Link sucht.

    Zahlen vom 12.01.2022:
    https://web.archive.org/web/20220113185329/https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Klinische_Aspekte.xlsx?__blob=publicationFile

    Archiv der Wayback-Machine des direkten Download-Links:
    https://web.archive.org/web/*/https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Klinische_Aspekte.xlsx?__blob=publicationFile

  14. Danke für etwas weniger Nebel, leider sieht man immer noch nichts. Denn die Frage ist ja eigentlich: ist es schlimmer als bei Grippe. Darauf zielt ja auch der Tweet von Frau Prien ab, der übertragen heißt, dass Kinder sterben, weil Kinder immer schon gestorben sind (ein sehr kleiner Anteil), nur halt jetzt mit positiven Covid-Test.
    Dazu muss man wissen, dass eine Lungenentzündung mit positiven Covid-Test als “an Coronavirus gestorben” in die Statistik eingeht. Bei Grippe war das aber nicht so, der Patient mit einer Lungenentzündung ist auch an einer Lungenentzündung gestorben, ein Grippe-PCR-Test wurde gar nicht gemacht.

    Dann ist die Zuordnung zwischen “an” und “mit” gänzlich wertlos, weil das Vorraussetzt, dass die Gesundheitsämter dieses “an/mit” richtig zuordnen. Das ist nicht der Fall, wie ich aus persönlichen Kontakt weiß. Das ist zwar ein Einzelfall, aber an Ämtern arbeitet man i.A. sehr ähnlich. Man vertraut hier zu viel auf Ämter, die eher ans Verwalten gewohnt sind (abhaken/anhaken), statt “zu ermessen”. Speziell in dem mir bekannten Fall wird jeder Positive Fall als “an Covid gestorben” gemeldet, wenn nicht eindeutig eine andere Ursache der Fall ist (so was deutliches wie ein Verkehrsunfall oder Krebs). Ämter arbeiten nunmal so, da wird nicht “Ermessen”, sondern erledigt.
    Die RKI-Erklärung über die Melde-Daten gibt durch seine Formulierung ein Vetrauen in die Richtigkeit der Daten an, die gar nicht vorhanden ist.
    @Markus Pössel: Gerne die Datengrundlage in kommenden Artikeln mal genauer ausleuchten.
    Wo bitte auch mal hingeschaut werden kann: die ans Hospiz zum sterben übergebenen Kinder. Das klingt so, als würden die wegen Covid jetzt so dahinsiechen, dass ihnen nur noch das warten auf den Tod bleibt. Eine Freundin von mir arbeitet in so einem Hospiz. Die Coronafälle dort sind die üblichen von Erbkrankheiten geschwächten Kinder (Muskelschwund u.ä.) wo ein Teil noch während der Kindheit stirbt. Bei denen sterben seit Corona nicht mehr Kinder als vorher.
    Wie wahrscheinlich ist es, dass ausgerechnet ich Leute in meinem Bekanntenkreis habe, die mit Covid-Toten zu tun haben und von Schmuh bei den Daten berichten? Sehr gering, es liegt hier viel wahrscheinlicher eine großflächiger Falschumgang mit den Meldedaten vor. Und bei den Wissenschaftlern ein falsches Vertrauen in die Datenqualität (dass diese auch zur Realität passen).

    Um mit Grippe vergleichen zu können (bei Grippe lag im Allgemeinen Bevölkerungsverständnis keine Pandemie vor) muss man auch die gleiche Datengrundlage an den Tag legen. Von daher sehe ich die Sachaussage des Tweets von dieser Prien (kenne die sonst nicht) als richtig an, dass Leute mit solchen Zahlen in die Panik getrieben werden, die gar nicht vorhanden ist (bekanntlich war 2020 Untersterblichkeit, Daten zu 2021 gibt es noch nicht).

    • Hm. Ihren Kommentar – in dem Sie ja leider auch keinerlei Links und Quellen zu Ihren Aussagen bieten, das macht das nachvollziehen ja jeweils schwieriger – finde ich in mehr als einer Hinsicht problematisch. Was “an Covid” angeht: Da geht ja nun einmal ein, was der- oder diejenige einträgt, der/die den Totenschein ausfüllt. Die haben deutlich mehr als die Informationen “Lungenentzündung” und “PCR-positiv”. Die haben Patient oder Patientin mitversorgt, und wenn die aufgrund der Progression (typische Befallsmuster in der Lunge, da gibt es ja einiges an Daten) zu dem Schluss kommen, dass Covid-19 da wesentlich für das Versterben war, sehe ich kein Problem damit, wenn das als Covid-Sterbefall gezählt wird. Finde es im Gegenteil problematisch, wenn eine Sekundärinfektion, die der- oder diejenige ohne Grippe aller Wahrscheinlichkeit nicht bekommen hätte, der Grippe zugeschlagen wird. Das ist ja offenbar auch mit ein Grund, warum das RKI Übersterblichkeitsinformation zusätzlich zu den Meldungen braucht.

      Zu den Hospizen: Die habe ich im obigen Haupttext, gerne nochmal lesen, explizit nicht als Covid-Sterbefälle mitgezählt. Das wurde in dem genannten Survey ja auch klar unterschieden.

      Zu Pandemie vs. Epidemie vs. endemisch: Da verrennen Sie sich aus meiner Sicht dann komplett. Dass Grippe endemisch ist, ist ja nun unzweifelhaft. Insofern hat das allgemeine Bevölkerungsverständnis in diesem Punkt ja durchaus recht (wenn ich auch den Eindruck habe, dass wir die Grippe absolut gesehen nicht ernst genug nehmen).

      Die Daten zur Übersterblichkeit 2021 gibt es hier. Und man muss soweit ich sehen kann bis 1985 zurückgehen, bis man dieselbe Sterberate findet wie 2020. Ganz abgesehen davon ist es natürlich ein Taschenspielertrick, nur die Summe zu betrachten, ohne zu berücksichtigen, dass wir 2020 mit den Infektionsschutzmaßnahmen parallel eben auch die Grippesaison ausgehebelt haben. Wo dieser Umstand bewusst verschwiegen wird, sind wir schon im Bereich böswilliger Irreführung.

      • Zu der Übersterblichkeit: die gibt es derzeit (und noch eine Weile) jedes Jahr, weil wir vor 81 Jahren (=Lebenserwartung) ein Bevölkerungswachstum hatten, und die jedes Jahr mehr Geborenen jetzt eben jedes Jahr mehr sterben. Link dazu:
        https://www.heise.de/tp/features/Studie-2020-sind-weniger-Menschen-in-Deutschland-gestorben-6227155.html

        Zu der Vertrauenswürdigkeit der Daten: es klingt natürlich nicht schön, in einem wissenschaftlichen Forum zu sagen “ich habe direkt von der Quelle gehört, weil meine Bekannte dort arbeitet”, weil dann sofort der Vorwurf kommt, das sei ja vielleicht nicht überall so. Doch, ich muss davon ausgehen, dass es überall so ist, weil in der Einrichtung meiner Bekannten genauso gearbeitet wird wie woanders. Und dass die Zahlen von Covid nicht vergleichbar sind mit denen der Grippe (die einzige Möglichkeit, um zu vergleichen, ob wir überhaupt eine Pandemie und nicht einfach nur eine Epidemie haben) ist ja von sehr vielen Ärzten bestätigt worden. Dass PCR (bei Covid) extrem inflationierte Zahlen erzeugt im Vergleich zur Grippe, wo nur zählt wer symptomatisch zum Arzt geht (übrigens je Saison 2-5 Mio Arztbesuche = symptomatisch Kranke bei Grippe, während bei Covid in 2020 (ohne Impfung) nur 1,7 Mio Fälle waren, aber das waren symptomatische + asymptomatische)

        Ich habe nochmal gesucht:
        Hier ein Link, wo die Uniklinik Jena sagt, dass jeder mit positiven Covid-Test als Covid-Fall gezählt wird, auch wenn er nur wegen eines Unfalls im Krankenhaus liegt:
        https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/angegebene-hospitalisierungszahl-viel-zu-hoch-aerzte-fordern-ende-der-massnahmen-a3724199.html
        “die eine Handgelenksfraktur haben, weil sie beim Radfahren gestürzt sind – und jetzt als Corona-Fälle gelten.”

        Hier ein Link, wo die Uniklinik Halle durch die Blume sagt, dass jetzt Lungenentzündungen als “an Covid gestorben” gezählt werden, wenn gleichzeitig ein positiver Test da ist. Was bei Grippe eben nie gemacht wurde, da war jemand mit Lungenentzündung auch tatsächlich an Lungenentzündung gestorben, obwohl der vielleicht nen positiven Influenza-PCR-Test gehabt hätte, wenn man den durchgeführt hätte:
        https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/corona-tote-gestorben-an-oder-mit-virus-100.html
        “Wer aufgrund einer Corona-Infektion eine Lungenentzündung bekommt und daran stirbt, ist an Corona gestorben.”
        Dieses aufgrund ist Unsinn, dass weiß ich eben aus meinen Bekanntenkreis an der Klinik. Lungenentzündung mit positiven Test wird als “gestorben an Covid” gezählt, dass die Lungenentzündung aufgrund Covid passiert sei, wird nur auf der Basis gesagt, dass der Test positiv war und kann der behadelnde Arzt gar nicht nachvollziehen. Ich hatte sogar ein Fall (mein Schwiegervater, fast 90 Jahre alt), der hatte eine seit langen verschleppte Lungenentzündung, weil er es nur mit Hustensaft behandelte, das war 2019. Mitte 2020 ist er gestorben, was aber eben vorrauszusehen war, das hat man ihm ja angesehen, dass er es nicht mehr lange macht. Mitte 2020 also gestorben (also noch ohne PCR-Tests) und uns wurde gesagt, er wäre an Covid gestorben. Was halt eindeutig falsch war, da es die seit langem bekannte und noch Anfang 2020 von einem Arzt als Lungenentzündung festgestellte Lungenentzündung war. Einzelfall? Ich glaube nicht, weil auch dort sch an vorhandene Prozeduren gehalten wurde, auch wenn diese Prozeduren vielleicht nur informell existieren (aus Abrechnungsgründen zB automatisch befolgt werden, ohne das sie schriftlich gegeben wurden).
        Ich warte noch darauf, dass die Datengrundlage bei Covid mit der von Grippe vergleichbar wird, bisher ist das nicht gegeben.

        • Bei der Übersterblichkeitsdiskussion finde ich die DESTATIS-Darstellung deutlich sinnvoller – denn was ja auch in dem von Ihnen verlinkten Text erwähnt wird: die aufgrund der Infektionsschutzmaßnahmen so gut wie vollständig ausgefallene Grippewelle einfach so in die Nettorechnung zu subsumieren, macht wichtige Eigenschaften des Jahres 2020 unsichtbar. Das ganz außen vor zu lassen wäre dann gar keine ehrliche Argumentation mehr.

          Covid-Fälle: Bei der Krankenhausbelegung wird in der Tat alles mitgezählt. Das ist ja auch sinnvoll, wenn Covid-positive Patienten ihre eigene Infrastruktur bekommen und von Covid-negativen isoliert werden. Dass das die Krankenhäuser durchaus organisatorisch belastet, wurde in der Diskussion ja auch immer wieder angemerkt. Entscheidend ist, dass die Zählweise bei den Covid-Sterbefällen anders ist. Und um die geht es hier.

          Zu an vs. mit: Ich fände wie gesagt auch bei einer Grippeerkrankung sinnvoll, eine auf die Grippe aufsetzende Lungenentzündung, die derjenige sonst mit großer Wahrscheinlichkeit nicht bekommen hätte, der Grippe zuzuschreiben. Um angemessen beurteilen zu können, wie schwer die Gesundheitsschäden sind, die eine bestimmte Grippewelle herbeigeführt hat, brauche ich diese Information ja auch. Das an Einzelfällen aufzuhängen und mit subjektiven Einschätzungen wie “da hat man ihm ja angesehen, dass er es nicht mehr lange macht” führt uns hier nicht weiter. Dass die behandelnden Ärzte, die die Krankengeschichte kennen und ggf. ja auch die entsprechenden Ergebnisse haben, da eine Einschätzung nach bestem Wissen und Gewissen abgeben fände ich jedenfalls ungleich sinnvoller als eine nachträgliche Beurteilung durch das Gesundheitsamt.

  15. … hatte ich damals … auf den Covid-19-Survey von DGPI und DGKJ gestoßen.

    ist für mich aber immer noch keine deutsche Grammatik.

    “bin” statt “hatte” , und es würde sich nach einem grammatisch richtigen Satz anhören

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