Katalysatoren: Kleine Moleküle mit großer Wirkung

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Der BASF-Forschungsblog
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Die Katalyse zählt zu den bedeutendsten Technologien des 21. Jahrhunderts. Zehn der Chemie-Nobelpreise seit 2001 wurden für Arbeiten auf diesem Forschungsgebiet vergeben, und in wenigen Tagen, am 22. Juli, werden wieder Spitzenforscher aus aller Welt zum „6. Heidelberg Forum of Molecular Catalysis“ (HFMC) und zur Verleihung des BASF Catalysis Award erwartet. Wir sprachen mit Professor Dr. Peter Hofmann (Lehrstuhl für Organische Chemie III der Universität Heidelberg,  Initiator und Organisator der HFMC-Konferenzserie) über die aktuellen Trends in der Katalyse-Forschung und den Beitrag des gemeinsamen Catalysis Research Laboratory CaRLavon Uni Heidelberg und BASF.
Welche Herausforderungen gibt es für Katalyseforscher?
Viele meiner Kollegen arbeiten an der Verbesserung existierender industrieller Verfahren, indem sie die Aktivität und Selektivität der eingesetzten Katalysatoren erhöhen. Wenn dadurch die Ausbeute auch nur geringfügig gesteigert wird,  ist das angesichts der großen Produktionsmengen von wirtschaftlicher Bedeutung. Bei CaRLa beschäftigen wir uns vorwiegend mit chemischen Reaktionen, für die noch keine Katalysatoren bekannt sind. Wir suchen neuartige Katalysatoren, die sich dann in ihrer Molekülstruktur so maßschneidern lassen, dass sie unter dem Gesichtspunkt der Katalyse hochselektiv und effizient sind, also wenig Energie verbrauchen und wenig Nebenprodukte erzeugen. 
Für welche Bereiche werden neue Katalysatoren entwickelt?
Zu den aktuellen Forschungsgebieten zählen zum Beispiel  Kunststoffe, großtechnische Zwischenprodukte, pharmazeutische Wirkstoffe sowie die Katalyse von Reaktionen, bei denen sehr starke chemische Bindungen gezielt aufgebrochen werden müssen. 
Wozu werden für Kunststoffe neue Katalysatoren entwickelt?
Hochspezifische Kunststoffe werden katalytisch aus den gasförmigen Ausgangsstoffen Ethylen und Propylen, die ihrerseits aus Erdöl gewonnen werden,  hergestellt, etwa, indem hunderttausende von Ethylen-Molekülen miteinander zu einer riesigen Kette („High-Density-Polyethylen“) verbunden werden. Dieser Kunststoff ist sehr hart. Durch geeignete Katalysatoren kann man aber die Feinstruktur des Polymers so beeinflussen, dass die Ethylen-Moleküle viele Seitenverzweigungen bilden („Low-Density-Polyehtylen“). Dieser Kunststoff ist so elastisch, dass er zum Beispiel für eine Tragetüte verwendet werden kann. Der Griff dieser Tüte soll zwar auch weich, aber auch reißfest sein. Diese besondere Eigenschaft des Polyethylens kann man mit spezifischen Katalysatoren maßschneidern. Hier gibt es noch viele offene Fragen zu klären, z. B. die nach Katalysatoren, die auch polare oder sehr reaktionsträge Moleküle in Polymere einbauen. 
Welche Katalysatoren sind für pharmazeutische Wirkstoffe so wichtig?  
Wenn ein Wirkstoff ohne spezifische Katalysatoren synthetisiert wird, entstehen oft zu gleichen Teilen zwei Molekülsorten, die sich zueinander  wie Bild und Spiegelbild verhalten. Eines der beiden Moleküle zeigt die erwünschte pharmazeutische Wirkung, das andere kann unter Umständen schwerste Nebenwirkungen hervorrufen.  Mit so genannten stereoselektiven Katalysatoren lässt sich die Synthese so steuern, dass nur der erwünschte Wirkstoff gebildet wird. Diese so genannte enantioselektive Katalyse ist auch bei uns in CaRLa ein großes Forschungsfeld und war beispielsweise Thema unserer diesjährigen Winterschool.
Wozu müssen starke chemische Bindungen mit Hilfe von Katalysatoren gebrochen werden?
Die meisten chemischen Produkte werden heute aus Erdöl, also aus Kohlenwasserstoffen, hergestellt, deren Vorräte bekanntlich begrenzt sind.  Wenn wir mit Hilfe von Katalysatoren die sehr starken Bindungen zwischen zwei Kohlenstoffatomen oder zwischen einem Kohlenstoff- und einem Wasserstoffatom gezielt und selektiv aufbrechen können, und Wasserstoff oder Kohlenstoff durch andere Atome ersetzen können versetzt uns das in die Lage, Kohlenwasserstoffe wesentlich effizienter zu nutzen oder andere Ausgangsstoffe als Erdöl zu verwenden. 
 
Die Fragen stelle der Wissenschaftsjournalist Dr. Michael Lang 

Weitere Infos: 

 

  • Lektüre: S. E. Smith, T.  Rosendahl, P. Hofmann, Organometallics 2011, 30, in press; “Towards the Rhodium-Catalyzed Bis-Hydroformylation of 1,3-Butadiene to Adipic Aldehyde.”
  • Vom 5. bis 11. März 2011 war das Catalysis Research Laboratory (CaRLa) in Heidelberg zum vierten Mal Gastgeber der „CaRLa Winterschool“ mit rund 50 Doktoranden und Postdoktoranden aus den weltweit führenden Katalyse-Arbeitskreisen. Mehr über CaRLA und die Winterschool 2011 

 



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AutorInnen in diesem Gruppenblog: +++ Dr. Peter Erk +++ Peter Erk studierte Chemie an der Universität Würzburg und promovierte zu metallisch leitfähigen organischen Radikalanionensalzen. Nach einem Forschungsjahr an der Stanford University bei Prof. James P. Collman arbeitete er mehrere Jahre im Bereich Pigmentforschung der BASF mit dem Schwerpunkt auf Polymorphie und Grenzflächeneigenschaften von Lackpigmenten. Seit 2001 gestaltet er die Projekte der BASF zu OLEDs und zu Organischen Solarzellen mit und leitet zurzeit die Gruppe Bauteil-Entwicklung für beide Technologien im Joint Innovation Lab Organic Electronics der BASF. Als technischer Projektleiter und Research Director ist er global für die Forschung an organischen Solarzellen zuständig. +++ Anja Feldmann +++ Anja Feldmann studierte Journalistik in Dortmund und Slawistik an der Ruhr-Universität Bochum. Nach längeren Auslandsaufenthalten in Russland und Japan arbeitete sie zunächst als Wirtschaftsredakteurin bei dpa und Reuters. 2002 wechselte sie nach China und war für den DAAD in einer Hochschulkooperation mit der Tongji Universität in Shanghai tätig. Nach ihrer Rückkehr schloss sie sich 2008 der neu gegründeten Forschungskommunikation der BASF SE an und beschäftigt sich unter anderem mit dem Einsatz von Social Media in Wissenschaft und Forschung. +++ Dr. Judith Schrauf-Papadopoulos +++ Judith Schrauf-Papadopoulos studierte Germanistik und Computerlinguistik in Heidelberg. Nach einer Tätigkeit in der internen Kommunikation bei DHL bekam sie ein DFG Stipendium im Graduiertenkolleg "NeuroAct" und promovierte zur kognitiven Sprachverarbeitung. 2010 fing sie bei BASF Crop Protection in der globalen Kommunikation an. Anschließend wechselte sie in den spannenden Bereich der Forschungskommunikation, wo sie sich unter anderem darum kümmert, die vielseitigen Forschungsfelder der BASF im Web zu präsentieren.

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