Wie subjektiv ist die Zeit?
Morgen ist es wieder so weit: Die Uhren werden von Drei auf Zwei zurückgestellt, wir bekommen die geliehene Stunde zurück, dürfen etwas länger schlafen und müssen dafür eine frühere Dämmerung hinnehmen. Ein guter Anlass, um meine lose Serie über Zeit wieder aufzunehmen. Die Zeitumstellung zeigt, dass Zeitpunkte keine absolute Bedeutung haben. Ob es hier gerade Zwei oder Drei ist, ist eine Konvention, die keinen Einfluss auf physikalische Vorgänge hat.
Und um Physik soll es mir hier ausschließlich gehen. Nicht um philosophische Fragen. Ob Zeit eine eigenständige Entität ist oder ob sie nur als Relation zwischen Vorgängen auftritt, also eine Eigenschaft von Vorgängen ist, werde ich offen lassen. Ob die Zeit an uns vorbeiströmt oder ob wir durch die Zeit laufen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Es geht mir um die messbaren Eigenschaften der Zeit, wie ich sie in meinem letzten Beitrag zum Thema Das Phänomen Zeit dargestellt habe.
In der klassischen Physik ist Zeit eine Koordinate. Ein Ereignis wird eindeutig durch vier Angaben bezeichnet, von denen eine die Zeit ist, zu der es geschieht. Die anderen drei Angaben bestimmen den Ort in einem Koordinatensystem. Eine gute populärwissenschaftliche Beschreibung der Zeit als vierte Dimension, wie sie in der klassischen Physik verwendet wird, findet sich in H.G.Wells’ “The Time Machine” im ersten Kapitel. Dieser Roman ist 1895 erschienen, zehn Jahre bevor Einsteins Artikel in den Annalen der Physik erschienen ist, der die spezielle Relativitätstheorie begründete.
Tatsächlich unterschied auch Isaac Newton schon zwischen relativer und absoluter Zeit. Die absolute Zeit ist kein physikalisches Objekt, denn sie kann laut Newton nicht von Objekten beeinflusst werden, steht also nicht in Wechselwirkung zu anderen Objekten sondern wirkt einseitig auf die Materie ohne selbst von dieser abzuhängen. Die relative Zeit Newtons ist dagegen, wie Einstein sich ausgedrückt hat, was die Uhr misst.
Hier gibt es oft Missverständnisse. Die Zeit ist natürlich nicht identisch mit der Zeigerstellung einer Uhr. Ebensowenig, wie eine Länge identisch mit einem Strich auf einem Zollstock ist. Die Zeit ist das, was mit einer Uhr gemessen werden kann. Es gibt sie aber vermutlich auch, wenn sie nicht gemessen wird. (Auch wenn niemand hinsieht, gehen wir davon aus, dass ein Cäsiumatom von etwa 9 Milliarden elektrischen Schwingungen innerhalb eines Ausschlags eines Sekundenpendels angeregt werden kann.)
In der newtonschen Physik war es schon nicht üblich, absolute Zeitpunkte anzunehmen. In der christlichen Tradition wäre eine absolute Zeit eigentlich etwas ganz natürliches. Man könnte die Zeit über die Sonnenläufe definieren, die seit dem Moment der Schöpfung stattgefunden haben. Die Zeit hätte damit einen absoluten Startpunkt (vor der Schöpfung war sie nicht) und ein absolutes Maß.
Nun gibt es natürlich kein Messgerät, mit dem man den zeitlichen Abstand vom Schöpfungereignis direkt messen konnte. Uhren messen nur die Zeit, die während ihres Laufs vergangen ist. Sie lassen sich ferner mit anderen Uhren synchronisieren, so dass ich hier in Hamburg durch ablesen einer Uhr feststellen kann, wie spät es gerade in München oder San Francisco ist. Aber diese Synchronisation ist nichts absolutes, sie bezieht sich auf einen willkürlich festgelegten Zeitstandard. Wie willkürlich der ist erfahren wir ganz anschaulich in dieser Nacht, in der der Standard mal eben von der Mitteleuropäischen Sommerzeit (MESZ) auf die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) gewechselt wird.
Dass es unerheblich ist, ob wir den Zeitpunkt eines Ereignisses in MEZ oder MESZ angeben, ist ziemlich trivial und enthält keine physikalische Wahrheit. 12 Uhr oder 1 Uhr sind nur Namen für Zeitpunkte. Wie wir einen bestimmten Zeitpunkt nennen, ist der Natur egal. Physikalisch erheblicher ist die Beobachtung, dass die physikalischen Gesetze nicht explizit zeitabhängig sind. Das heißt, wenn wir dasselbe Pendel unter denselben Rahmenbedingungen zu zwei verschiedenen Zeiten anstoßen, wird es dasselbe Verhalten zeigen. Das ist nicht selbstverständlich und eine echte Symmetrieeigenschaft der Natur. Dieser Symmetrie haben wir zu verdanken, dass Energie in geschlossenen Systemen erhalten ist.
Symmetrien sind wichtig
Symmetrien und deren Verletzungen gehören zu den wichtigsten Zutaten physikalischer Theorien und hier kommen wir endlich auf das Titelthema: Wie subjektiv ist denn nun die Zeit? Was macht die Relativitätstheorie aus dem wohlgeordneten Phänomen Zeit?
Der Zeitbegriff in der Relativitätstheorie unterscheidet sich nicht von dem der newtonschen Mechanik. Liest man Einsteins “Zur Elektrodynamik bewegter Körper”, den Artikel in den Annalen der Physik der die spezielle Relativitätstheorie begründet hat, so findet man keine neue Definition von Zeit oder Raum. Das ist auch nicht nötig, denn Einstein verwendet den Begriff Zeit nicht anders, als er seit mehr als 200 Jahren gebräuchlich war.
Einstein setzte das Wissen voraus, dass Uhren funktionieren und dass man sie synchronisieren kann. Er zeigte aber, was daraus folgt, wenn man auch das Synchronisieren von Uhren als physikalischen Prozess ernst nimmt und wenn man der Natur eine ganz spezielle Symmetrie unterstellt. Die Unterstellung einer Symmetrie ist zunächst nur ein Postulat, das in etwa lautet: Physikalische Vorgänge laufen in bewegten Bezugssystemen grundsätzlich genau so ab, wie in ruhenden Bezugssystemen. Oder kurz: Es gibt keine absolute Ruhe.
Auch dieses Postulat war nicht neu, denn es war bereits für den Übergang zum sonnenzentrierten Weltbild notwendig zu erklären, warum wir von der schnellen Bewegung der Erde um die Sonne so wenig mitbekommen. Einstein zeigte in seiner Arbeit 1905, was es für die Zeit bedeutet, wenn man die Bewegungssymmetrie von der Mechanik auf die Elektrodynamik ausdehnt.
Es kommt heraus, dass die Zeitkoordinate nicht als von Ortskoordinaten unabhängige Größe betrachtet werden kann. Die spezielle Symmetrie in den Naturvorgängen kommt am besten zutage, wenn man die Welt durch eine vierdimensionale Raumzeit beschreibt. In solch einer Raumzeit gehen bewegte Uhren langsamer als ruhende Uhren. Diese Aussage ist unabhängig davon, auf welches physikalische Phänomen die Uhr beruht. Es ist also keine Aussage über einzelnen Vorgänge sondern über ausnahmslos alle Vorgänge, die den Parameter Zeit enthalten.
Diese Relativität der Zeit wäre keine Physik, wenn sie nicht messbar wäre. Es gab und gibt zahlreiche Experimente, die die Relativität der Zeit belegen. Schon 1971 wiesen Haefele und Keating erstmals in gewöhnlichen Linienflugzeugen nach, dass Zeit in Bewegung langsamer vergeht und dass die Tiefe im Gravitationsfeld der Erde eine vergleichbare Verlangsamung der Zeit zur Folge hat. 1975 konnte dieser Effekt im so genannten Maryland-Versuch präziser bestätigt werden. Mit Laserspektroskopie ist es heute möglich, die Relativität der Zeit auf viele Kommastellen genau zu vermessen. Auch dass sich die Zeitverlangsamung nicht nur auf atomare Schwingungen, sondern auch auf Zerfälle von Elementarteilchen auswirkt, kann schon lange beweisen werden.
Wir können also feststellen: Zeit ist nach der Reativitätstheorie relativ in dem Sinne, dass sie für gegeneinander bewegte Objekte nicht gleich vergeht. Dieser Effekt ist aber erstens vorhersagbar und zweitens messbar. Damit ist er nicht wirklich subjektiv. Es ist keine Ansichtssache, ob die Zeit physikalisch schnell oder langsam vergeht. Es ist harter naturwissenschaftlicher Fakt. Das subjektive Zeitempfinden ist eine andere Geschichte, die mit Physik wenig zu tun hat.
Und was ist mit dem Urknall?
Ich sehe schon einen Einwand voraus: Ich schrieb oben, dass es eine absolute Zeit seit der Schöpfung nicht geben kann und dass Newton auch nie annahm, dass diese Zeit messbar sei. Nun schätzen aber Kosmologen das Alter unseres Welraums auf etwas mehr als 13 Milliarden Jahre. Wie kommen die darauf, wenn Zeit doch relativ ist. Ist nicht für ein Elektron, dass sich seit dem Urknall in ständiger Bewegung befand, weniger Zeit vergangen? Ja, so ist es. Aber des Universum ist im sehr großen Maßstab recht homogen. Man kann nun eine Zeit definieren, die eine Uhr gemessen hätte, wenn sie seit dem Urknall im Bezug auf die Galaxien geruht hätte. Das sind die 13 Milliarden Jahre. An der Relativität der Zeit ändert sich durch diese Betrachtung nichts.
ein lustiges Interview:
von Michio Kaku über Zeit.
Wie subjektiv ist die Zeit
Die Aussage ist absolut richtig. Die Relativitätstheorie, die ja schon längst keine Theorie mehr ist, sondern als allgemein gültig anerkannt, beweist, dass es zum Messer der Zeit immer einen Ausgangspunkt bedarf, in diesem Beispiel also den Urknall. Allerdings gibt es dennoch das Phänonem einer individuellen Zeitempfindung. Jeder kennt die Situationen, in denen die Zeit wie “im Flug” vergeht oder umgekehrte Situationen, in denen die zeit scheinbar nicht verstreicht.
Schlafen
Das ist wahr, dass ich schön geschlafen habe, und das ist etwas sicher, dass ich geschlafen habe :). Das sogar mit dem Kartesischen Zweifel, weil denken Zeit braucht, und Ich denke so Ich bin; sogar wenn ich denke nicht viel wann ich schlafe 🙂 .
Ist Subjektivität messbar?
Vielen Dank für Ihre interessanten Erklärungen und Ausführungen!
Zwei Fragen haben sich mir nach der Lektüre Ihres Artikels gestellt:
1. Können sich zwei Objekte, die sich jeweils innerhalb unterschiedlicher Raumzeiten befinden denn irgendwie “begegnen”? Sprich: gibt/gäbe es “Kontaktpunkte” zwischen diesen Sphären oder lassen sich Objekte nur innerhalb eines Kontinuums bewegen?
2. Ist die messbare Zeit durch das menschliche Bewusstsein subjektiv beeinflussbar? Könnte man dies durch einen Versuchsaufbau nachprüfen/widerlegen? Beispiel: Ein indischer Yogi (oder ein ähnlich geistig hochintuitiver Mensch) begibt sich in einen meditativen Zustand und stellt sich bildlich vor, dass er sich mit einer real existierenden Versuchsuhr in Richtung Erdmittelpunkt bewegt. Sprich: eine gravitative Rotverschiebung wird im Geiste visualisiert. Würde sich damit die Raumzeit in der der Yogi sich befindet nachmessbar verändern lassen?
Ich bin gespannt auf Ihre Antwort..!
🙂
Koordinaten sind Zeitverschwendung …
Joachim Schulz schrieb:
> In der klassischen Physik ist Zeit eine Koordinate.
Nein: Koordinaten parametrisiern lediglich physische Gegebenheiten oder darauf beruhende Messwerte bzw. Sachverhalte.
Das, was durch eine Zeitkoordinate (üblicher Weise mit Variablennamen “t”) unmittelbar parametrisiert wird, wurde wohl erstmals von Einstein anschaulich und mit Deutlichkeit benannt:
“[… dass] ich an Stelle der “Zeit” die “Stellung des kleinen Zeigers meiner Uhr” setze.” [Ann. Phys. 17, 893 (1905)],
und dabei zur Grundlage relativistischer Physik erklärt.
> Hier gibt es oft Missverständnisse. Die Zeit ist natürlich nicht identisch mit der Zeigerstellung einer Uhr.
Richtig ist, dass der undifferenzierte Gebrauch des Wortes “Zeit” oft zu Missverständnissen führt. Stattdessen empfiehlt sich insbesondere zu unterscheiden:
– Einzelanzeigen jeder einzelnen Uhr,
– Mengen der Anzeigen einer einzelnen Uhr (z.B. als deren “Lauf” bezeichnet),
– das Maß des Laufes einer bestimmten Uhr, zwischen zwei bestimmten ihrer Anzeigen (“Dauer” genannt),
– die Gesamtheit der Anzeigen aller beteiligten Uhren bei einem bestimmten Treffen (ein “Ereignis”),
– gemessene Zusammenhänge zwischen den Anzeigen verschiedener Uhren (z.B. Gleichzeitigkeit von bestimmten Anzeigenpaaren).
> Uhren messen nur die Zeit, die während ihres Laufs vergangen ist.
Nein: man sagt allenfalls, dass sich für _gute_ Uhren die Dauervältnisse erh zwischen ihren Anzeigen unmittelbar aus dem Aussehen dieser Anzeigen schließen lässt.
Ob bzw. mit welcher Genauigkeit eine gegebene Uhr allerdings überhaupt gut war, müsste natürlich Fall zu Fall gemessen werden.
Ebenso ist zu messen, ob bzw. mit welcher Genauigkeit zwei (nicht notwendigerweise gute) Uhren gleich liefen, also ob zwischen gleich aussehenden Anzeigenpaaren für beide Uhren gleiche Dauern festzustellen waren.
Die Funktion von Uhren im Allgemeinen besteht lediglich in der Feststellung der Reihenfolge ihrer Anzeigen.
> Sie lassen sich ferner mit anderen Uhren synchronisieren
Unter Einsatz der Einsteinschen Gleichzeitigkeits-Definition ist zumindest feststellbar, ob zwei gegebene Uhren zueinander synchron liefen, oder nicht; insbesondere, während sie voneinander getrennt waren:
zwei Uhren liefen synchron zueinander, falls zu jeder Anzeige der einen Uhr eine Anzeige der anderen als gleichzeitig festgestellt wurde und Paare gleichzeitiger Anzeigen gleich aussahen.
> wenn wir das selbe Pendel unter den selben Rahmenbedingungen zu zwei verschiedenen Zeiten anstoßen, wird es das selbe Verhalten zeigen. Das ist nicht selbstverständlich
Doch, das ist selbstverständlich und definitionsgemäß Bestandteil der Bedingungen “gleicher Pendelaufbau” und “gleiche Rahmenbedingungen”.
Letzteres umfasst insbesondere auch die Bewertung, ob bzw. in wie fern das System, zu dem das Pendel gehörte, dabei “geschlossen” war.
@Frank Wappler: Uhrenphysik
Hallo Frank,
dass dein Ansatz, Zeit nur als Anzeige von Uhren zu definieren, unphysikalisch ist, habe ich dir ja schon im Quantenforum erklärt. Und dass du wieder das Einstein-Zitat sinnentstellend verkürzst, spricht nicht gerade für einen guten Diskussionsstil.
Unsinnig wird deine Argumentation hier:
“Die Funktion von Uhren im Allgemeinen besteht lediglich in der Feststellung der Reihenfolge ihrer Anzeigen.”
Die Reihenfolge der Abzeigen einer Uhr ist für Physiker ziemlich uninteressant. Die Uhr wird einfach so konstruiert, dass sie 2 Sekunden nach 1 Sekunde darstellt. Für Physiker ist eine Uhr nur interessant, wenn sie die zwischen zwei Ereignissen vergangene Zeit messen kann.
Uhren in der Physik solltest du dir nicht zu naiv vorstellen. Wir nutzen nur selten analoge Wanduhren um die Zeit zu messen. Öfter kommen Oszilloskope oder Zeit-zu-Spannungs-Wandler zu Einsatz. Wenn ich die Zerfallszeit eines kurzlebigen Isotopes mit dem kleinen Zeiger einer Wanduhr messen wollte, kämme sehr genau Null heraus.
Physik
Joachim schrieb (12.11.2010 | 08:48):
> dass dein Ansatz, Zeit nur als Anzeige von Uhren zu definieren, unphysikalisch ist, habe ich dir ja schon im Quantenforum erklärt. Und dass du wieder das Einstein-Zitat sinnentstellend […]
Es spricht gewiss auch gegen mein Gedächtnis, dass ich mich sogar kaum noch daran erinnere, dich in diesem Zusammenhang gefragt zu haben,
wo du denn meinst, dass Einstein diesen Ansatz verworfen und welchen anderen er denn gesetzt habe, anstatt genau am oben zitierten Ansatz als Grundlage weiterer Festsetzungen festzuhalten.
Darüberhinaus entspricht es den Gepflogenheiten unter Physikern, den/die Urheber/in intellektueller (und noch dazu prominent veröffentlichter) Leistungen anzuerkennen und namentlich zu würdigen; in diesem Falle Einstein für den zitierten Ansatz.
> Die Reihenfolge der Abzeigen einer Uhr ist für Physiker ziemlich uninteressant.
Es ist z.B. von ganz erheblicher Bedeutung für manche interessierte Physiker, ob die Anzeigen des C14-Gehalts einer gegebenen Isotop-C14-Uhr monoton in Bezug auf die Dauer zwischen diesen Anzeigen war, oder nicht.
Manche interessierte Physiker legen großen Wert darauf zu wissen, ob ein gegebener TDC eine “Start”-Anzeige, eine “Stop”-Anzeige und eine “Reset”-Anzeige in genau dieser Reihenfolge feststellte, oder nicht.
Und so weiter, und so fort.
> Für Physiker ist eine Uhr nur interessant, wenn sie die zwischen zwei Ereignissen vergangene Zeit messen kann.
Erstens ist es demnach für Physiker interessant festzustellen, ob bzw. mit welcher Genauigkeit eine gegebene Uhr “interessant” (oder um bei MTWs Terminologie zu bleiben: “gut”) war; und sich darüber Gedanken zu machen und sich festzulegen, wie das überhaupt nachvollziehbar festgestellt werden sollte.
Und das beinhaltet die Anerkennung der Möglichkeit (vor Abschluss einer solchen Messung), dass die gegebene Uhr diese Eigenschaft nicht hatte.
Zweitens bezieht sich Dauer (das Maß von Zeit) auf eine bestimmte begrenzte Anzeigenfolge (von dir auch “Lauf” genannt) einer bestimmten Uhr; nicht auf gesamte Ereignisse, an denen diese Uhr beteiligt war.
Deshalb sind drittens insbesondere auch Uhren denkbar und interessant, deren Dauer von ihrer Anzeige bei einem Ereignis bis zu ihrer Anzeige bei einem anderen Ereignis nicht gleich dem invarianten Abstand zwischen diesen beiden (zueinander in “zeitartiger” Beziehung stehenden) Ereignissen gleicht. (Solche Uhren diskutiert man z.B. im Rahmen des Zwillingsproblems.)
> Uhren in der Physik solltest du dir nicht zu naiv vorstellen. Wir nutzen nur selten analoge Wanduhren um die Zeit zu messen. Öfter kommen Oszilloskope oder Zeit-zu-Spannungs-Wandler zu Einsatz.
Uhren, mit ihren Anzeigen, in der Physik solltest du dir nicht zu naiv vorstellen. Wir ziehen Uhren so gut wie immer in Betracht, wenn von “zeitartigen” Beziehungen die Rede ist, oder wenn “Bezugssysteme” zu charakterisieren sind (so wie z.B. das in Einsteins zitiertem Artikel beschriebene System bestehend aus Uhr A und Uhr B u.a.).
Du solltest dir auch die zur Feststellung und zum Vergleich von Dauer erforderlichen (oder zugrundegelegten) Messungen nicht zu naiv vorstellen. MTW, 16.4. (“Gute bzw. ideale Uhren”) gibt einen ersten (und immer noch reichlich naiven) Eindruck von den damit verbundenen Herausforderungen, denen man sich als Physiker zu stellen hat.
Einsteins Uhrmacher
Ein einwandfreier und leicht verständlicher Blogbeitrag zur relativistischen Zeit. In der Tat, für technische Fragen zur Chronometrie und zur Konstruktion von Uhren bringt die Relativitätstheorie keinerlei Änderung. Verstehe überhaupt nicht, was es da zu diskutieren gibt?
Noch ein recht aktueller Hinweis: Im September konnte man im web die Mitteilung zu einem Science Artikel finden, wo Forscher vom NIST eine geradezu phantastische Bestätigung von Einsteins Vorhersagen zum Gang von Uhren vorstellen. Das Institut hat diesen Artikel nun online gestellt:
http://tf.boulder.nist.gov/general/pdf/2447.pdf
Einsteins Stellwärter
Chrys schrieb (14.11.2010 | 15:44):
> für technische Fragen zur Chronometrie und zur Konstruktion von Uhren bringt die Relativitätstheorie keinerlei Änderung.
Wenn man also bei der Beurteilung der Chronometrie einer gegebenen Uhr
(und mittelbar damit auch bei der Beurteilung der Konstruktion und Laufbedingungen dieser Uhr)
deren “Bahn” berücksichtigt und dabei insbesondere den Wert …
“Integral_{lambda( Start ) bis lambda( Stop ), entlang der Bahn}_[ Sqrt[ -g( lambda ) ] d_lambda ]”
(für irgendeine geeignete reelle Parametrisierung “lambda” monoton zur Reihenfolge der Uhranzeigen von “Start”-Anzeige bis “Stop”-Anzeige)
… wie üblich zum nachvollziehbaren Maß aller Dinge gemacht hat,
dann brachte das keinerlei Änderung seit — wann??
> […] eine geradezu phantastische Bestätigung von Einsteins Vorhersagen zum Gang von Uhren
> Das Institut hat diesen Artikel nun online gestellt:
> http://tf.boulder.nist.gov/general/pdf/2447.pdf
Danke für den Hinweis; aktuelle Science-Artikel sind der europäischen Öffentlichkeit sonst wohl eher verborgen.
Vielleicht findet sich ja auch ein geeigneteres Forum, um die Frage zu diskutieren, wie du darauf kommst, dass Einstein irgendwelche Vorhersagen dazu gemacht hätte, ob irgendein Übersee-Institut ausgerechnet ein Paar von phantastisch gleiche und guten Uhren vorfinden und miteinander vergleichen würde, oder irgendwelche anderen weniger gute oder weniger gleiche Uhren-Paare …
Die Uhr in Theorie und Praxis
Vielleicht war das mit der Chronometrie missverständlich und ich hätte besser nur “für technische Fragen zur Konstruktion von Uhren” schreiben sollen. Anyway, die relativistische Charakterisierung der observablen Zeit (Eigenzeit) über die Bogenlänge von Abschnitten zeitartiger Weltlinien ist Bestandteil der Theorie und hat keine praktischen Konsequenzen für Uhrmacher. Es ist ja bekannt, dass Louis Essen die Relativitätstheorie nicht hat akzeptieren wollen — seine Atomuhr funktioniert trotzdem aus relativistischer Sicht excellent. Ob relativistisch betrachtet oder nicht, das Phänomen Zeit war immer nur das, was mit Uhren mehr oder weniger akkurat gemessen wird. Das Problem der Verlässlichkeit von Zeitmessungen ist technischer Art und stellt sich theorieunabhängig in jedem Falle auf genau dieselbe Weise.
Louis Essen war beim sog. “Zwillingspardoxon” klassisch reingefallen. Wenn er die neuen NIST-Uhren noch hätte erleben können, dann würde ihn das doch jetzt sehr verwundern, wie diese Dinger ticken…
Chronometrische Beurteilung schließt …
[Betreff fortgesetzt] … die Betrachtung systematischer Unsicherheit ein.
(Feststellbarkeit der bloßen Uhr-Anzeigen-Reihenfolge wird dagegen vorausgesetzt)
Chrys schrieb (16.11.2010 | 23:33):
> die relativistische Charakterisierung der observablen Zeit (Eigenzeit)
… gerne auch “Dauer” genannt; zur deutlichen Unterscheidung von den zahlreichen anderen “Zeit”-Begriffen wie “observable Zeit (einzelne Anzeige)” oder “observable Zeit (Reihenfolge)” …
> über die Bogenlänge von Abschnitten zeitartiger Weltlinien ist Bestandteil der Theorie
Richtig. Die gedanken-experimentelle Definition, wie Dauer zumindest im Prinzip zu messen ist, ist ein wesentlicher Bestandteil der RT.
> und hat keine praktischen Konsequenzen für Uhrmacher.
Mag sein.
Die praktischen Konsequenzen sind dagegen ganz enorm für Physiker bzw. Techniker, die (die “Güte” bzw. den “Gang” von) Uhren prüfen, zertifizieren, eichen, kalibrieren und beurteilen (wollen oder sollen).
> Das Problem der Verlässlichkeit von Zeitmessungen ist technischer Art und stellt sich theorieunabhängig in jedem Falle auf genau dieselbe Weise.
Nein: der Begriff “Verlässlichkeit von chronometrischen Angaben” ist durch die gedanken-experimentellen Festsetzungen zu Beurteilung und Vergleich von Uhren, die in der RT verkörpert sind, überhaupt erst nachvollziehbar definiert worden.
Einsteins (und wohl auch Poincarés) Überlegungen waren vermutlich der erste einigermaßen gründliche Versuch, das Problem überhaupt zu formulieren und zu behandeln.
Und dem oben zitierten Einsteinschen Ansatz ist dabei wohl kaum etwas hinzuzufügen. Andere Theorien mögen allenfalls darin abweichen, ob und welche weiteren Festsetungen sie machen, um bestimmte Beziehungen zwischen verschiedenen Anzeigen (verschiedener Beteiligter, oder des selben Beteiligten) einvernehmlich und nachvollziehbar als Messwerte zu ermitteln.
> Es ist ja bekannt, dass Louis Essen die Relativitätstheorie nicht hat akzeptieren wollen
… ja — solche Ausmaße hat das didaktische Versagen in der Vermittlung der RT leider angenommen …
> — seine Atomuhr funktioniert trotzdem aus relativistischer Sicht excellent.
Keineswegs, denn ohne Festlegung auf eine nachvollziehbare, gedanken-experimentelle Definition, wie denn “Dauer” wenigstens im Prinzip zu messen sei, konnte Essen (diesbezüglich) keine systematischen Unsicherheiten seiner (NPL) Uhren angeben.
I.I.Rabi soll ihn doch mal unter Zeugen danach gefragt haben (insbesondere wegen Essens unnachahmlichen Quartz-Kunst-Stückchen), und er konnte nur Schulterzucken.
> Wenn er die neuen NIST-Uhren noch hätte erleben können, dann würde ihn das doch jetzt sehr verwundern, wie diese Dinger ticken…
Chou et al. dagegen sind offenbar den RT-Definitionen gefolgt, insbesondere indem sie (PRL 104, 070802) “secular motion” in ihrem Unsicherheitsbudget bewertet haben.
Mir ist allerdings schleierhaft, wie irgendjemand dazu kommen könnte zu behaupten, dass ihr Experiment “die RT getestet” hätte, wenn die Bewertung der systematischen Unsicherheit doch schon ganz ausdrücklich auf der RT beruht.
(Abgesehen davon, dass man schon aus Prinzip Hypothesen testet, die Modelle betreffen;
hier konkret: die Hypothese, dass die beiden NIST-Uhren ganz phantastisch gleich waren und blieben;
und nicht etwa die paradoxe Hypothese, dass die Theorie, durch deren Anwendung man beurteilen will, ob und wie gleich zwei gegebene Uhren waren, gar nicht anwendbar wäre.)
Uhrenvergleich
So weit ich das begreifen kann geht es in dem genannten PRL Paper um die relative Stabilität der neueren Al-Mg Uhr im Vergleich zur Al-Be Uhr. Zwei der relevanten Effekte (micromotion, secular motion) werden dabei relativistisch behandelt. Für den letztlich gesuchten Stabilitätswert sollte es aber gehupft wie gesprungen sein, ob zwischendurch eine relativistische oder klassische Buchhaltung gemacht wurde, wenn man nur für beide Uhren nach demselben Schema vorgeht.
Rein konzeptionell, für eine allfällige relative Abweichung der beiden Uhren unter ansonsten identischen Testbedingungen kann eine Theorie doch schwerlich verantwortlich sein. Die Uhren und die physische Welt insgesamt wissen ja nichts von unseren grandiosen Theorien. Sofern man aber eine konstruktionsbedingte relative Abweichung quantitativ abschätzen kann, dann lässt sich das auch für die Fehlerstatistik bei nachfolgenden Experimenten mit den Uhren problemlos (und wieder theorieunabhängig) einbeziehen. In diesem Sinne verstehe ich das.
Es wäre sicherlich noch leichter mit zwei baugleichen Uhren zu durchschauen. Wenn dieser Uhrentyp erst einmal reif ist für den beabsichtigten Einsatz in der Geodäsie u.ä., dann ist noch hinreichend Gelegenheit, ein Uhrenzwillingspaar dem staunenden Publikum ganz beiläufig als Attraktion zu demonstrieren. Am NIST hat man ja noch grosse Pläne.
Bauaufsicht
Chrys schrieb (17.11.2010 | 23:42):
> So weit ich das begreifen kann geht es in dem genannten PRL Paper um die relative Stabilität der neueren Al-Mg Uhr im Vergleich zur Al-Be Uhr.
Nein: In erster Linie geht es da um die Stabilität der neueren Uhr _an sich_,
nämlich (in Table 1) um “Shifts and uncertainties [… with respect to] its ideal unperturbed frequency”;
d.h. (so weit ich das begreifen kann) in Bezug auf bestimmte Werte des oben skizzierten Integrals “über die Wurzel aus minus g”;
wobei “micromotion”, d.h. die intrinsische Unsicherheit in der Feststellung geometrischer Beziehungen zwischen dem Al-Ion und anderen Beteiligten (insbesondere der “Paul-Falle”), und die entsprechend zu errechnenden Effekte auf Wert oder Unsicherheit von “g” bzw. des Integrals insgesamt
getrennt betrachtet wird von
“secular motion”, also der Feststellung geometrischer Beziehungen an sich und der eigentlichen Auswertung des Integrals.
Das kann und sollte natürlich für jede Uhr einzeln betrachtet und ermittelt werden; die entsprechenden Referenzen für die “alte Al-Be Uhr” (Rosenband et al.) habe ich mir allerdings noch nicht angesehen …
> Für den letztlich gesuchten Stabilitätswert sollte es aber gehupft wie gesprungen sein, ob zwischendurch eine relativistische oder klassische Buchhaltung gemacht wurde, wenn man nur für beide Uhren nach demselben Schema vorgeht.
Was soll denn “klassische Buchhaltung” überhaupt sein, dem oben Beschriebenen gegenüber ??
> Die Uhren und die physische Welt insgesamt wissen ja nichts von unseren grandiosen Theorien.
Kommt sehr auf die Uhr an.
Viele wissen durchaus von “Koinzidenz” und “Reihenfolge”.
Kenntnis weiterer, darauf aufbauender Festsetzungen wie “Gleichzeitigkeit”, “Dauer” usw. erfordert allerdings gegenseitiges Einvernehmen.
> Rein konzeptionell, für eine allfällige relative Abweichung der beiden Uhren unter ansonsten identischen Testbedingungen kann eine Theorie doch schwerlich verantwortlich sein.
Aber ein Teil der Verantwortung lässt sich auch nicht abstreiten:
nämlich die Verantwortung (des Experimentalisten), sich auf eine bestimmte nachvollziehbare Messdefinition für die Wertungen (“Gleichheit oder Unterschiede der Uhren-Gänge”, “Gleichheit oder Unterschiede von Bedingungen”) festzulegen.
Der Rest ist selbstverständlich bloßes Sammeln von Beobachtungsdaten und die anschließende Anwendung der Messoperationen auf diese Daten, also Vorgänge, die man “die physische Welt” bzw. “die Mathematik” verantworten lässt.
> Sofern man aber eine konstruktionsbedingte relative Abweichung quantitativ abschätzen kann
Das kann man nicht, ohne sich darauf festzulegen, wie auch “Konstruktion” (einschl. “Bedingungen”) nachvollziehbar festzustellen sein soll.
> Es wäre sicherlich noch leichter mit zwei baugleichen Uhren zu durchschauen.
Ja bestimmt, denn so eine Versuchsanordnung (“Anordnung” im Sinne von “Vorschrift” bzw. “Planung”) würde ganz unmittelbar die Frage aufwerfen, wie denn Versuch für Versuch gemessen (festgestellt und nachgewiesen) werden soll,
_dass_ zwei gegebene Uhren dabei baugleich waren und blieben;
insbesondere während sie (wie in den meisten interessanten Vergleichen) dabei voneinander getrennt waren.
Und das beruht doch letztendlich ganz ausschließlich auf der Auswertung des schon mehrfach erwähnten Integrals.
> Wenn dieser Uhrentyp erst einmal reif ist für den beabsichtigten Einsatz in der Geodäsie u.ä., dann ist noch hinreichend Gelegenheit, ein Uhrenzwillingspaar dem staunenden Publikum ganz beiläufig als Attraktion zu demonstrieren. Am NIST hat man ja noch grosse Pläne.
Hoffentlich kommt niemand auf die Idee zu behaupten, dass die RT irgendwelche Erwartungen oder Vorhersagen zu Gestalt oder Masseverteilung der Erde beinhaltet (das sind nämlich stattdessen Modelle der Geographie bzw. Geologie) und dass folglich die RT aufgrund irgendwelcher bestimmter Messwerte zu Gestalt oder Masseverteilung der Erde getestet oder gar falsifiziert werden könne (das können stattdessen die besagten Modelle der Geographie bzw. Geologie).
Und hoffentlich kommt auch niemand auf die Idee, verschiedene Uhren nur deshalb “gleich” zu nennen, weil ihnen mal der selbe Bauplan zugrunde gelegen haben soll.
Kontrollierte Messungen
Nun, da sind unterschiedliche und voneinander unabhängige Testprozeduren verwendet worden. Zum einen wurde die Abweichung von der Idealfrequenz mit den in Table 1 gelisteten Tests ermittelt. Zusammen mit einer entsprechenden Evaluation für die Al-Be Uhr lässt sich daraus rechnerisch eine clock-to-clock Abweichung gewinnen. Zum anderen wurde die clock-to-clock Abweichung aber auch direkt gemessen:
Beide Verfahren führten offenbar zu befriedigend übereinstimmenden Ergebnissen. Beim direkten Vergleich gehen jedoch nur reine Messdaten ein — keine Aufschlüsselung und Interpretation nach einzelnen Effekten, folglich aber auch keine relativistischen Annahmen über Zeitdilatation oder gar Weglängenintegrale. Louis Essen hätte sicherlich am erstgenannten Verfahren etwas auszusetzen gehabt, aber was hätte er einwenden können, wenn bei den späteren Experimenten zur Fehlerstatistik nur die Daten aus dem direkten Uhrenvergleich herangezogen werden? Nichts, so weit ich sehe.
Der Science Artikel hat ja ein paar Referenzen zur “clock-based geodesy”. Zumindest die Ideen dazu scheinen schon länger zu existieren, es fehlte wohl noch an den geeigneten clocks, was sich alsbald ändern könnte.
Erwartungen kontra Befangenheiten
Chrys schrieb (19.11.2010 | 10:53):
> Nun, da sind unterschiedliche und voneinander unabhängige Testprozeduren verwendet worden.
Stimmt erstmal: in erster Linie (der Präsentation in PRL 104, 070802) Chronometrie, und im Nachgang offenbar das, was du oben mit “klassischer Buchhaltung” gemeint hast. (Etwa: die Anzahl von Tick-Signalen der Al-Mg Uhr, die die Al-Be Uhr während einer gegebenen Anzahl eigener Ticks wahrnahm. Das ist in der Tat eine konzeptionell recht grundlegende und einfache Messung.)
> Zum einen wurde die Abweichung von der Idealfrequenz mit den in Table 1 gelisteten Tests ermittelt. Zusammen mit einer entsprechenden Evaluation für die Al-Be Uhr
… soweit ganz richtig …
> lässt sich daraus rechnerisch eine clock-to-clock Abweichung gewinnen.
Gewiss nicht ohne wesentliche zusätzliche Messwerte, oder angenommene (und ggf. erwartete) Werte:
vor allem dem Verhältnis zwischen Idealfrequenz der einen und Idealfrequenz der anderen Uhr, das sich wiederum durch Vergleich der Dauerintegrale “über die Wurzel aus minus g” zwischen entsprechenden Anzeigenpaaren der einen bzw. der anderen Uhr messen lässt.
Table 1 (und sicher auch die entsprechende Auswertung für die Al-Be Uhr) listet ja (nur) Verhältnisse bzgl. der jeweiligen Idealfrequenz auf.
(Nur deshalb kann ich mich ja mit Überzeugung auf die besagten Integrale berufen, weil es stets um deren Verhältnisse geht, nicht um je einen Wert allein.
Und das CIPM hat sicher gute Gründe, auch die Frequenz-Einheit “Hertz” nicht so festzulegen, dass sich ein Vergleich der besagten Integrale vielleicht erübrigen würde.)
Weitere entscheidend notwendige Messungen, Bewertungen, Annahmen oder Erwartungen betreffen sicherlich auch die “link quality” (ein Begriff, der am Ende des Science-Artikels auftaucht) zwischen diesen beiden Uhren; im PRL-Artikel, Fig. 1, wohl insbesondere die “link quality” des Signalpfades von “AOM” zu “AOM2”.
> Beide Verfahren führten offenbar zu befriedigend übereinstimmenden Ergebnissen.
Wieso sollte denn das eine (die einzelnen Stabilitäten der beiden Uhren an sich) etwas Bestimmtes mit dem anderen (der Tick-Wahrnehmungs-Buchhaltung in der einen Richtung, oder meinentwegen auch in beiden Richtungen) zu tun haben??
Wieso sollte ausgerechnet der Befund “befriedigend” sein, der offenbar zu erhalten ist, wenn die Verhältnisse zwischen den entsprechenden Dauer-Integralen hinreiched nahe am Wert 1, und die link-quality zwischen den Uhren hinreichen “perfekt” wäre??
Höchstens weil:
man diese bestimmten Erwartungen haben mag;
was, sofern diese Erwartungen nachvollziehbar sein sollen, zumindest voraussetzt, dass man sich festlegt, wie zumindest im Prinzip zu messen wäre, ob diese Erwartungen erfüllt sind;
falls man nicht sogar schon auf Messwerte aus entsprechenden vorausgehenden Versuchen berufen kann.
Also: man kommt um die “erste Prozedur” und insbesonder um die Ermittlung von Dauer-Integral-Verhältnissen auf keinen Fall herum.
> Louis Essen hätte sicherlich am erstgenannten Verfahren etwas auszusetzen gehabt
Was könnte man denn daran aussetzen, außer — sicherlich — mangelnder Anleitung?
> aber was hätte er einwenden können, wenn bei den späteren Experimenten zur Fehlerstatistik nur die Daten aus dem direkten Uhrenvergleich herangezogen werden? Nichts, so weit ich sehe.
Aber wie hätte er die genannte link-quality bewerten, oder zumindest bestimmte Erwartungen dazu rechtfertigen wollen?
Oder z.B. auch gewisse Qualitäten seiner unwiederbringlichen Quartz-Präziosen??
Das konnte er nicht, da er sich nicht auf einen nachvollziehbaren Begriff der “Stabilität an sich” festlegen ließ.
Das ist Essens Versagen, und offensichtlich auch das Versagen derer, die ihm die RT dazu nicht empfehlen und nahebringen konnten.
Reale und ideale Clocks
Als Idealfrequenz habe ich die ca. 1.121 PHz verstanden, die dem Übergang zweier spezieller Energiezustände von Al+ entsprechen. Das wäre also identisch für beide Uhren und hebt sich heraus bei einer rechnerisch gewonnenen clock-to-clock Abweichung.
Grob vereinfachend gesagt, wenn die Grössen x1 – x0 und x2 – x0 als bekannt angenommen werden, dann lässt sich damit auch etwas über x2 – x1 aussagen und x0 verschwindet. Mehr Tiefsinn scheint mir nicht dahinter verborgen zu sein.
Was Sie als Stabilität “an sich” bezeichnen, das ist eigentlich doch die Stabilität in Bezug auf einen idealen Oszillator, der nur als theoretisches Konzept existiert. Eine Interpretation, dass die in Table 1 evaluierten Effekte quasi die Abweichung der realen Uhr von diesem idealen Oszillator beschreiben, beinhaltet unbestreitbar theorieabhängige Annahmen. Und das ganze wird sicherlich auch niemanden überzeugen können, der hinsichtlich der Theorie beharrlich Zweifel hegt. Die Theoriebhängigkeit steckt aber nur in diesem Bezug zur Idealfrequenz und verschwindet komplett, wenn man letztlich clock-to-clock vergleicht, also die faktisch messbare Abweichung zwischen zwei realen Uhren betrachtet.
Freilich können diese Messungen noch durch irgendwelche weiteren Parameter beeinflusst sein, die durch das allgemeine technische Equipment bedingt sind. Das ist aber eine generische Problematik, mit der sich Experimentalphysiker stets konfrontiert sehen, dazu mag ich nichts sagen. Ab irgendeinem Punkt muss ich einfach darauf vertrauen, dass diese Leute ihr Handwerk verstehen und solche Dinge im Rahmen akzeptierter Standards vernünftig in den Griff bekommen.
Reale Chronometrie realer Uhren
Chrys schrieb (20.11.2010 | 12:43):
> Als Idealfrequenz habe ich die ca. 1.121 PHz verstanden, die dem Übergang zweier spezieller Energiezustände von Al+ entsprechen. Das wäre also identisch für beide Uhren
Natürlich nicht. Hast du etwa nicht verstanden, dass die SI-Hertz- bzw. -Sekunden-Definition die Gleichheit (bzw. Vergleichbarkeit) nur vorbehaltlich der Ermittlung von “secular motion” der Uhren (also der entsprechenden Dauerintegrale) festlegt?
> Grob vereinfachend gesagt, wenn die Grössen x1 – x0 und x2 – x0 als bekannt angenommen werden
Die Größen beziehen sich aber auf verschiedene Uhren; wie man z.B. an den Argumenten dieser Größen kenntlich machen sollte. In der Notation des zitierten Einstein-Artikels z.B.
x1( A ) – x0( A ), bzw. x2( B ) – x0( B ).
> Was Sie
… oben habe ich die Anrede “du” benutzt, weil unser Gastgeber mich selbst so ansprach …
> als Stabilität “an sich” bezeichnen, das ist eigentlich doch die Stabilität in Bezug auf einen idealen Oszillator, der nur als theoretisches Konzept existiert.
Ja, eine ideale Uhr (wie zumindest ansatzweise von MTW beschrieben) ist ein (wesentliches) Konzept der RT bzw. der Chronometrie. Das schließt nicht aus, dass bestimmte reale Uhren (mit diskreten numerischen Anzeigen) in bestimmten Versuchen existierten oder existieren könnten, die auch dabei perfekt stabil waren oder wären. Das kann und sollte gemessen werden. Die NIST-Uhren kamen perfekter Stabilität offenbar recht nahe.
> Eine Interpretation, dass die in Table 1 evaluierten Effekte quasi die Abweichung der realen Uhr von diesem idealen Oszillator beschreiben, beinhaltet unbestreitbar theorieabhängige Annahmen.
Nein — sondern das oben genannte theoretische Konzept (sowie sicherlich weitere theoretische Konzepte die z.B. Begriffen wie “Form”, “Ladungsverteilung”, “Masseverteilung” zugrundeliegen),
und sicher bestimmte Modell-Annahmen, die unter Benutzung der genannten theoretischen Konzepte formuliert wurden (z.B. “Al(+)-Ion”, “Paul-Falle”, “Acousto-Optic-Coupler” “Boulder, CO”, …).
Weil (oder sofern) diese Annahmen aber auf nachvollziehbaren theoretischen Konzepten beruhen, sind sie selbst nachvollziehbar und man kann zumindest im Prinzip messen, ob oder in wie fern die Annahmen gerechtfertigt waren.
> Und das ganze wird sicherlich auch niemanden überzeugen können, der hinsichtlich der Theorie beharrlich Zweifel hegt.
Wobei aber jemand kaum auf etwas beharren kann, das er nicht versteht bzw. begründen kann und das folglich anderen nicht nachvollziehbar ist — zumindest nicht über seinen/ihren Tod hinaus.
Der Charm der RT liegt schließlich darin, dass noch der Einfältigste genau wie Einstein darauf kommen kann bzw. würde, wenn er sich nur der Problematik stellt.
> Ab irgendeinem Punkt muss ich einfach darauf vertrauen, dass diese Leute ihr Handwerk verstehen und solche Dinge im Rahmen akzeptierter Standards vernünftig in den Griff bekommen.
Diese Art von Anspruchslosigkeit entspricht leider so ganz der Eingangsbemerkung:
Chrys schrieb (14.11.2010 | 15:44):
> Ein einwandfreier und leicht verständlicher Blogbeitrag zur relativistischen Zeit.
…
@Frank Wappler: Einfalt
“Der Charm der RT liegt schließlich darin, dass noch der Einfältigste genau wie Einstein darauf kommen kann bzw. würde, wenn er sich nur der Problematik stellt.”
*Lach* Dann hat sich also in den über 2000 Jahren zwischen Aristoteles und Einstein niemand der Problematik gestellt? Wusstest du, dass es Uhren schon im Mittelalter gab? Auch die wurden schon miteinander synchronisiert.
Der Charm der RT ist tatsächlich, dass sie mit verblüffend einfacher Mathematik auskommt. Sie zu durchschauen fällt aber vielen schwer, wie man leicht an Internetdiskussionen hier und anderswo erkennen kann.
*mitlach*
Einstein würde vermutlich entgegnen, daß er zwar sicher einfältig sei, aber die anderen leider noch viel mehr 😉
Seine Fähigkeiten lagen auch mehr in konzeptionellem Denken als in Mathematik, was – zusammen mit einer durch Mach vermittelten Tradition, physik. Grundbegriffe mittels extrem vereinfachter Gedankenexperimente (die gut zu wählen auch sehr viel Geschick und physik. Intuition erfordert, die somit die sonst sich z.B. im math. Formalismus zeigende gedankliche Komplexität nicht vermeidet, sondern “auslagert”) -zu den üblichen populärwiss. Darstellungen geführt hat.
Eine interessante Untersuchung zu Einsteins Gegnern zeigt neben überraschenden Analogien zu gegenwärtigen Klimaskeptizismustheater auch, wie ein durch verzerrende Popularisierungen der klassischen Physik hervorgerufenes, verfehltes, Wissenschaftsverständnis dazu führte, daß es auch unter anerkannten Physikern erheblichen Widerstand gegen die sp. RT gab.
Wer Spaß am spekulieren hat, freut sich sicher über den Umstand, daß einerseits die allg. RT Zeitschleifen in vielen Situationen impliziert (z.B. rotierende massive Zylinder, rotierende Universen, kollidierende gravitive Schockwellen), andererseits die (ebenfalls durch Einstein angestoßene) Quantenmechanik hingegen das untersagt (sonst könnte man erfahren, wo z.B. Photonen nach einem Durchgang durch einen Doppelspaltversuch auf dem Bildschirm landen). (Neues)
Fröhliche Physik
Joachim schrieb (22.11.2010 | 08:50):
> Wusstest du, dass es Uhren schon im Mittelalter gab?
Freilich; und Chronologie lässt sich noch um Einiges weiter zurückverfolgen, als nur bis zum Mittelalter.
> Auch die wurden schon miteinander synchronisiert.
Sicher (wenn auch in gewissen Fällen nur bei sporadischen Treffen).
Und wer, meinst du, hätte sich darum gekümmert, ob der zeitliche Abstand seiner Blumenuhr von gestern Mittag bis heute Mittag gleich dem zeitlichen Abstand dieser Blumenuhr von heute Mittag bis morgen Mittag gewesen wäre?
(John Harrison z.B. nicht.)
Wer hätte sich darum gekümmert, welche (falls irgendeine) Anzeige seiner Eieruhr gleichzeitig zu einer bestimmten Erdaufgangs-Anzeige eines bestimmten Jupitermondes war?
(Etwa Olaf Römer? — Ohne sich auch nur gekümmert zu haben, ob verschiedene Umläufe dieses Jupitermondes gleiche Dauer hatten??)
> Der Charm der RT ist tatsächlich, dass sie mit verblüffend einfacher Mathematik auskommt. Sie zu durchschauen fällt aber vielen schwer
Der Charm physikalischer Theorien, wie der RT, liegt darin, dass ihre Begriffe mit mathematischer Unmissverständlichkeit nachvollziehbar sind;
so wie z.B. “Uhr” als (chronologisch) geordnete Menge (von Anzeigen),
oder “koinzidente Beobachtung” (z.B. des Treffens mit einem Zug und einer bestimmten Zeigerstellung) als (ungeordnete) Menge mit mindestens zwei Elementen.
Zu behaupten, dass die Theoreme, die sich unter Benutzung dieser Begriffe beweisen lassen, durchweg einfach wären, finde ich geprahlt.
T. schrieb (22.11.2010 | 11:35):
> [Einsteins] Fähigkeiten lagen auch mehr in konzeptionellem Denken als in Mathematik, was – zusammen mit einer durch Mach vermittelten Tradition, physik. Grundbegriffe mittels extrem vereinfachter Gedankenexperimente (die gut zu wählen auch sehr viel Geschick und physik. Intuition erfordert, die somit die sonst sich z.B. im math. Formalismus zeigende gedankliche Komplexität nicht vermeidet, sondern “auslagert”) -zu den üblichen populärwiss. Darstellungen geführt hat.
Gewiss, Einsteins Fähigkeiten lagen auch mehr in konzeptionellem Denken als in Mathematik, was — nach aller aufgesetzter Mathematisierung, wie der Minkowskischen und der Riemannschen Geometrie (die in Gestalt der verbreiteten koordinaten-behafteten Darstellungen der RT Einsteins Einsichten bis zur Unkenntlichkeit verwischt haben) — unsere Aufmerksamkeit auf Einsteins Gedankenexperimente lenken muss.
> Wer Spaß am spekulieren hat [… so wie Lloyd et al., quant-ph/1005.2219 …]
… der tacked an CTCs auch noch einen “entering branch” und einen “emerging branch” an!
(Selten derart rundherum bespaßt worden! … 🙂
@Frank Wappler
Was die Autoren unter “secular motion” verstanden wissen wollen, das wird im Text doch ganz unmissverständlich gesagt. Und damit ist keineswegs eine “Feststellung geometrischer Beziehungen an sich” gemeint, so wie Sie es oben unterstellen. Mir scheint auch, Sie verwechseln die Idealfrequenz bei Chou et al. mit dem, was bei Misner, Thorne, und Wheeler eine ideale Uhr genannt wird.
Ja, dieser Meinung bin ich nach wie vor.
@ Chrys:
Unter dem Stichwort “secular motion” werten die Autoren (Chou et al., PRL 104, 070802) bestimmte “harmonic oscillator motion at the ion’s normal mode frequencies” aus.
Bedeutet das etwa, dass die Autoren ausschließlich solche (“harmonische”) Bewegung unter “secular motion” verstehen, und ansonsten kein Konzept von geometrischer Beziehungen hätten (z.B. von “anharmonischen Bewegungen” in anderen experimentellen Anordnungen, oder auch von “Starrheit” u.a. zur Beschreibung einer “ultra-stable cavity” im beschriebenen Experiment)?
Man müsste sie wohl fragen …
(Aber dann müsste man ggf. wohl auch fragen, wie denn die spezifischen genannten und in diesem Experiment feststellbaren Bewegungen überhaupt zu verstehen sind.)
Das scheint mir gerade nicht so, weil ich schon mehrfach auf entscheidende Unterschiede hingewesen haben, zwischen der Definition von Dauer entsprechend dem “Integral über Wurzel aus minus g” (und der damit zusammenhängenden Definition idealer Uhren nach MTW und allgemeiner “secular motion”) einerseits, und der Sekunden-Definition der SI andererseits, in der Betrachtungen zur o.g. Dauer auffallend fehlen (vergleichbar mit dem Fehlen derartiger Betrachtungen zur geometrischen Beziehung zwischen “AOM” und “AOM2”, zumindest im genannten Artikel).
@Frank
Nach meiner Vorstellung, für das “Frequency Comparison” Paper werden beide Uhren als im Laborsystem ruhend auf demselben Gravitationsniveau betrachtet. Der Zweck der Übung besteht lediglich darin, die systematische Abweichung der Uhren unter gleichartigen operativen Bedingungen zu ermitteln. Das schafft die Voraussetzungen für die error bars, die später beim Messen relativistischer Bewegungs- und Gravitationseinflüsse wichtig werden, wie es dann im “Relativity” Paper dokumentiert wird.
Die Idealfrequenz dient hierbei nur als Hilfsgrösse, die nützlich ist für eine rechnerische Abschätzung der Frequenzabweichung aufgrund bekannter Effekte, denen die Uhren unterworfen sind. Das sollte man wohl nicht allzu sehr durch Theorie strapazieren. Ein theoretischer idealer Oszillator wäre ja durchaus als eine Art “Quantenpendel” vorstellbar, dem dann gar keine eine eindeutige Weltlinie mehr zugeordnet werden kann. Mit derlei Fragen haben sich Chou et al. gewiss nicht aufhalten wollen, was für ihr experimentelles Vorgehen aber auch nicht nötig ist.
@Chrys
Betrachtung ist ja fein; aber haben die Autoren wenigstens versucht zu messen, ob in den fraglichen Versuchen beide Uhren (zueinander) ruhend auf demselben Gravitationsniveau waren?
Haben sie die systematische Unsicherheit (für das “Frequency Comparison”-Resultat) bewertet, entsprechend dieser eventuellen Messung oder ggf. ansonsten vielleicht auch entsprechend der Tatsache, dass eine solche Messung gar nicht durchgeführt wurde (sondern nur bestimmte Annahmen “betrachtet” wurden)?
(Und warum hätten sie überhaupt irgendwelche Betrachtungen zu geometrischen Beziehungen zwischen den beiden Uhren oder deren “Gravitationsniveaus” anstellen sollen? — Die SI – Sekunden – Definition tut das doch auch nicht …)
“Gleichartige operative Bedingungen” ?? —
Sind das Bedingungen, die man (für beide Uhren einzeln) durch bestimmte nachvollziehbare Messoperationen festgestellt, verglichen und für gleich befunden hat?
Oder ist das die operative Annahme, dass (mehr oder weniger nachvollziehbar definierte) Bedingungen auch ohne Messung einander gleich gewesen wären? …
Gehört zu diesen Bedingungen, dass beide Uhren mit (nahezu) gleichen Hz-Eigenfrequenzen (den “ca. 1.121 PHz”) tickten — oder nicht?
Und falls so: wurde das in den betreffenden Versuchen gemessen und sichergestellt, oder wurde das “nur betrachtet”?
Auch für diese Versuche:
Gehörte es zu den Bedingungen der Versuchsanordnung, dass beide Uhren mit (nahezu) gleichen Hz-Eigenfrequenzen tickten?
Und falls so: wurde festgestellt, das diese Versuchsanordnung erfüllt war (bzw. wurde bewertet, in wie fern sie erfüllt war)?
Dieser Vorstellung kann ich offenbar nicht folgen.
Die unbedingte Voraussetzung für einen idealen Oszillator ist doch, dass er über eine geordnete (chronologische) Menge bestimmter diskreter “Tick”-Anzeigen verfügt,
von denen dann die Dauern von je einer zur nächsten festgestellt und für gleich befunden werden müssten.
Um aber diese Dauern entsprechend dem “Integral über Wurzel aus minus g” auswerten und eindeutig vergleichen zu können, ist es doch erforderlich, dass alle Anzeigen dieses Oszillators eindeutig und in chronologischer Reihenfolge gegeben sind, also insbesondere auch all seine Anzeigen zwischen den oben genannten diskreten “Tick”-Anzeigen.
Die Gesamtheit der Anzeigen eines bestimmten Beteiligten, in ihrer chronologischen Reihenfolge, [b] ist [/b] aber doch eine (eindeutige) Weltline — nicht wahr?
@Frank
Mehr als das, was in diesen Publikationen steht, ist mir zur Durchführung der messungen und Experimente auch nicht bekannt. Und für das “Frequency Comparison” Szenario lese ich das so, dass die direkten Messwerte clock-to-clock nur die Abweichungen erkennen liessen, die aus den für die einzelnen Uhren vorgenommenen Evaluationen (etwa Table I für die Al-Mg Uhr) vorhersagbar waren. Signifikante relativistische Bewegungs- oder Gravitationseffekte, wie sie später im “Relativity” Paper untersucht werden, können also hierbei nicht vorgelegen haben.
Dass generell geometrische Beziehungen und Gravitation beim Vergleich zwischen Uhren einzukalkulieren sind, wird ja gerade durch das “Relativity” Paper experimentell bestätigt. Im übrigen sind relativistische Korrekturen für das Netzwerk der UTC Systemuhren doch gängige Praxis (Abstand vom Geoid).
Ein Oszillator wäre noch keine Uhr, die irgendwas misst, also zusätzlich eine Art Zählwerk besitzen muss. Ein simples Beispiel für ein quantenmechanisches Pendel wäre ein Ammoniak Molekül. Man kann eine Uhr damit konstruieren, das Zählwerk ist dann ziemlich gross und jedenfalls kein Quantenobjekt. Das Pendel selbst ist aber klein genug, um etwa am Doppelspalt Interferenzen zu zeigen. Was wäre dann aber seine Weltlinie?
@Chrys
Diese Lesart — so sehr sie durch die genannten Artikeln auch nahegelegt sein mag — verdreht aber die felsenfeste Reihenfolge:
zuerst legt man Messgrößen bzw. die entsprechenden Messoperationen fest,
und erst danach wendet man diese Messoperationen auf Beobachtungsdaten an und erhält ggf. Messwerte.
Eine Methode, z.B., wie Uhren zu vergleichen wären (insbesondere, während sie nicht beieinander lagen), kann nicht durch Resultate bestätigt und gerechtfertigt werden, die durch ihre Anwendung erhalten wurden; genauso wenig, wie sie durch solche Resultate widerlegt werden könnte.
Stattdessen müsste diese Messoperation (wie jede andere) von vornherein nachvollziehbar und gerechtfertigt sein, noch bevor Resultate ihrer Anwendung vorlägen.
Wenn die Methode die Feststellung geometrischer Beziehungen (einschl. Krümmungen) erfordert, dann sollte das auch konsequent so dargestellt werden, auch wenn die entsprechenden Befunde in einem bestimmten Versuch (z.B. “gleiche und konstante Werte von minus g”) scheinbar trivial erscheinen.
Das experimentelle Resultat des “Relativity Papers” (Chou et al., Science329, 1630) wäre aus dieser Sicht eben, dass die beiden Uhren auch in den betreffenden Versuchen tatsächlich außerordentlich gleich “tickten”, bzw. dass alle möglichen Bedingungen (unbekannte sowohl als bekannte; außer den geometrischen Beziehungen) auch in den betreffenden Versuchen tatsächlich so gleich waren, wie es aufgrund der einzelnen Abschätzungen der systematischen Unsicherheiten vielleicht erwartet wurde.
Die Frage in [Chris, 24.11.2010 | 10:07] bezog sich auf ideale Oszillatoren bzw. auf ideale oder gute Uhren.
Wenn das “Integral über Wurzel aus minus g” einer gegebenen Uhr nicht ausgewertet werden kann (z.B., weil für diese Uhr eben keine bestimmten und hinreichenden geometrischen Beziehungen zu anderen Beteiligten festgestellt wurden), dann kann eben nicht entschieden werden, ob oder in wie fern es sich dabei um eine gute Uhr handelte.
@Frank
Was soll den da verdreht worden sein? Es wird durch Messung gefunden, dass relativ zueinander bewegte bzw. unterschiedlich nivellierte Uhren signifikante Gangunterschiede zeigen. Das wird verglichen mit den von der Relativitätstheorie für die untersuchten Situationen vorausgesagten Werten — und es passt wunderbar zusammen. Mehr kann man wirklich nicht erwarten.
—
Mir kam es darauf an, zwischen den Begriffen Oszillator und Uhr zu unterscheiden. Wo es nur auf Frequenz ankommt, da braucht es keine Uhr. Und die Idealfrequenz bei Chou et al. erfordert keine Idealuhr, was auch immer umter letzterem verstanfen wird. Ein Oszillator kann auch ein Quantenobjekt sein, eine Uhr mit Zählwerk offenbar nicht.
@ Chrys:
Du hast behauptet, dass die Definition einer bestimmten Messgröße (konkret: was “beim Vergleich zwischen Uhren einzukalkulieren” ist), sich experimentell (also durch damit erhaltene Messwerte) bestätigen ließe; oder sich demnach ansonsten durch damit erhaltene Messwerte ggf. widerlegen ließe.
Und dem habe ich widersprochen: Definitionen von Messgrößen sind von vornherein hacvollziehbar festzulegen (schon bevor durch ihre Anwendung Messwerte gewonnen werden können). Und die Messwerte, die damit gewonnen würden, können an dieser Nachvollziehbarkeit nachträglich nichts ändern.
Zu den ganz wesentlichen Befunden gehört auch, dass die beiden Uhren in diesem Versuch mit hoher Genauigkeit gleich “gingen” (d.h. mit gleicher Eigenfrequenz oszillierten).
Es ist auf jeden Fall sinnvoll, die untersuchte(n) Situation(en) als eine Voraussetzung zu beachten; schließlich kann man der RT offensichtlich nicht unterstellen, diese untersuchte(n) Situation(en) insgesamt und an sich vorhergesagt zu haben — weder Boulder (Colorado), noch Al-Atome, noch andere bestimmte Bestandteile der beschriebenen Experimente finden ausdrückliche Erwähnung in den Einsteinschen Schriften zum Thema.
Es fragt sich nun, in wie fern die untersuchte Situation (in jedem Versuch) per Versuchsanordnung vorgegeben ist und in wie fern dass, was du “von der Relativitätstheorie vorausgesagten Werte” nennst, eine Konsequenz der vorgegebenen Versuchsanordnung ist.
Konkret:
Ist es eine Vorgabe der Versuchanordnung(en), dass die Eigenfrequenzen der beiden Uhren (definitionsgemäß bewertet in Bezug auf die jeweiligen “Integrale über Wurzel aus minus g”, also ausdrücklich durch das “Einkalkulieren geometrischer Beziehungen” im obigen Sinne) sehr genau gleich sind?
(D.h.: wurden nur solche Versuche von den Experimentatoren als gültig berücksichtigt und weiter ausgewertet, in denen diese Bedingung erfüllt war? Schließlich vertrauen wir den Experimentatoren ja sicher dahingehend, dass nur gültige, der Versuchsanordnung ebtsprechende Versuche bercksichtigt wurden.)
Falls so: wäre das, was du “von der Relativitätstheorie vorausgesagten Werte” nennst, eine direkte Konsequenz dieser vorgegebenen Versuchanordnung?
Oder falls nicht: welche Werte wären in diesem Fall deiner Meinung nach in den betrachteten Versuchen “von der Relativitätstheorie vorausgesagt”?
Von der “Frequenz” eines Oszillators zu sprechen setzt doch voraus, gemessen zu haben (oder zumindest im Prinzip messen zu können), ob (bzw. innerhalb welcher Genauigkeit) die Perioden dieses Oszillators gleiche Dauer hatten;
was die Auswertung der bekannten “Integrale über Wurzel aus minus g” erfordert, und folglich die lückenlose Kenntnis seiner Anzeigen.
Insofern ist ein Oszillator eine sehr spezielle Art von Uhr.
(Und ansonsten kam es mir darauf an, zwischen den Begriffen “Uhr” und “gute Uhr” zu unterscheiden, die u.a. von MTW benutzt werden.)
@Frank
Beim besten Willen ist mir ein Defizit an Nachvollziehbarkeit dort nirgendwo ersichtlich.
Die Oszillatorfrequenz der Uhren ist festgelegt durch eine spezifische Transitionsfrequenz von Al+. Die prinzipielle Verlässichkeit einer solchen Uhr hängt also im wesentlichen davon ab, wie zuverlässig ein Al+ Ion diese charakteristische Frequenz immer und überall reproduziert. Und dass es eben dies extrem zuverlässig tut, das gilt als physikalische Gewissheit. Insbesondere wird diese Frequenz aber aus Quantenprozessen erhalten, die konzeptionell überhaupt keinen Bezug zu Längen von Weltlinen oder dergleichen haben.
Wie die Autoren die gemessenen Abweichungen bei gegeneinander bewegten bzw. unterschiedlich nivellierten Uhren relativistisch deuten, das ist im “Relativity” Paper durch Text, Formeln, und Graphiken recht detailliert dargelegt. Die methodische Vorgehensweise bei solchen Experimenten ist zudem auch alles andere als neu und steht ausser Frage. Der bemerkenswerte Unterschied zu früheren Experimenten liegt nur an der Präzision der neuen Generation von Uhren.
@Chris
Und “Frequenz” versteht sich als das Inverse zur Periodendauer (über hinreichend viele hinreichend gleiche Perioden);
und eine “Periodendauer” versteht sich als “Integral über minus g, vom Beginn bis zum Ende der Periode”
— oder nicht??
Das letzte Mal, als ich mir die Schrödinger-, Dirac-, Bethe-Salpeter(-Nambu)- bzw. die Hartree-Fock-Gleichungen angesehen habe, kamen darin jede Menge “Nabla”s (a.k.a. “Del”s), “gamma-slash”es, “t”s, “x”s und “r”s darin vor.
Ich meine, dass diese Symbole sehr wohl entweder einen direkten Bezug zu Dauer (entsprechend der schon mehrfach genannten Definition) bzw. zu Distanz (entsprechend der Definition nach Einstein und Synge) haben;
oder, sofern es sich bei diesen Symbolen um Koordinaten handelt, zumindest einen indirekten Bezug, der zu beachten ist, wenn man zu beurteilen versucht, ob bzw. in wie fern diese Koordinaten “gut” wären.
Bzw. ob zwei gegebene Al+ Ionen mit der gleichen Frequenz (im obigen Sinne verstanden) angeregt wurden;
bzw. in wie fern ein gegebenes “Wölkchen” von 12 Elektronen, 13 Protonen und 14 Neutronen dabei überhaupt ein “Al+ Ion” abgab, usw.
Aber erst, seit sich jemand (unabhängig zuletzt sicher Einstein) Gedanken darüber gemacht hat, wie denn überhaupt und wenigstens im Prinzip zu messen wäre,
_ob_ zwei gegebene Uhren mit gleicher Frequenz ticken, oder nicht,
mag man diese Gewissheit über die entsprechenden schon ermittelten Messergebnisse vergangener Versuche haben,
bzw. eine sich darauf gründende Erwartung bzgl. noch ausstehenden Messergebnissen.
Das Ergebnis der Messungen (in beiden Versuchen) ist, dass die beiden Uhren tatsächlich (und wie offenbar zu erwarten) mit hoher Genauigkeit die gleiche Frequenz aufwiesen
und folglich mit hoher Genauigkeit unter hinreichend gleichen Bedingungen betrieben wurden.
Tauchen diese Betrachtungen nicht schon im ersten Artikel (PRL) auf, wo sie doch zumindest zur Bewertung von systematischen Unsicherheit erforderlich sind?
Das kommt eben u.a. darauf an, wie “secular motion” verstanden und bewertet wurde …
Die Methodik, “Verlässlichkeit” zu unterstellen ohne sich darauf festzulegen, wie “Verlässlichkeit” zu messen wäre (und erst recht ohne zuzugestehen, dass die Messung entsprechend der RT-Definition nachvollziehbar wäre), ist wirklich nicht neu (es ist schon lange her, dass Hafele-Keating sowas vorgeführt haben).
Die Möglichkeiten, diese Methodik in Frage zu stellen, nehmen (nicht zuletzt dank Web-2.0) aber zu;
ebenso wie die Möglichkeiten der entsprechenden Autoren und ihrer Referees oder Peers, sich diesen Fragen zu stellen.
Periodendauer
“und eine “Periodendauer” versteht sich als “Integral über minus g, vom Beginn bis zum Ende der Periode”
— oder nicht??”
Nein, Periodendauer bezieht sich zunächst immer auf die im Laborsystem vergangene Zeit. Die Koordinatenzeit eben.
“Aber erst, seit sich jemand (unabhängig zuletzt sicher Einstein) Gedanken darüber gemacht hat, wie denn überhaupt und wenigstens im Prinzip zu messen wäre,
_ob_ zwei gegebene Uhren mit gleicher Frequenz ticken, oder nicht,”
Einstein hat sicher nicht als erster und auch nicht unabhängig von anderen die Idee gahabt, Uhren miteinander zu vergleichen.
Ob zwei Uhren mit gleicher Frequenz ticken, findet man ganz einfach durch Zählen der Perioden heraus. Klassisch wir relativistisch.
Gedankensprünge / @Frank Wappler
Chou et al. kennen vermutlich niemanden, der beim Quantensprung von Al+ zuerst an so etwas wie “Integral über minus g, …” denkt.
Dafür kennen die ganz bestimmt eine quantenphysikalische Formel, wo es auch um Frequenz geht. Das würde viele Fragen beantworten…
Re: Periodendauer
Joachim schrieb (03.12.2010 | 15:22):
> Periodendauer bezieht sich zunächst immer auf die im Laborsystem vergangene Zeit.
Nein: Dauer (insbesondere Periodendauer, bzw. das Inverse von “Frequenz”) versteht sich ganz ausschließlich als Maß von Zeit desjenigen Beteiligten, um dessen Anzeigen es dabei geht;
es handelt sich um Dauer des Anzeigenganges dieses Beteiligten von seiner Anfangsanzeige bis zu seiner Endanzeige.
Ein ziemlich aktuelles Beispiel, an dem sich das besonders deutlich erkennen lässt, ist die Messung der (mittleren) Frequenz der Oszillation von Bottom-(Anti-)Strange-Mesonen in ihr entsprechendes Anti-Meson (usw.);
http://arxiv.org/abs/hep-ex/0606027v1 bzw.
http://www.fnal.gov/…_releases/CDF_04-11-06.html
Oszillationsfrequenz wurde dabei aus Zusammenhängen zwischen gemessenen Labensdauern (“decay times”) ermittelt;
und um Lebensdauer zu erhalten wurde wiederum der Impuls bzw. die Geschwindigkeit jedes einzelnen Bs-Kandidaten bzgl. des Labors bzw. des Detektors verrechnet (Stichwort: “Flugstrecke mal Masse durch Impuls”; S. 5 oben).
Die entsprechende Periodendauer bezieht demnach ausdrücklich nicht auf das Maß der im Laborsystem vergangenen Zeit, sondern auf das Maß der vergangenen Zeit jedes einzelnen Mesons, _von_ dessen Anzeige des Periodenbeginns _bis_ zu dessen Anzeige des Periodenendes (sofern es hinreichend lang lebte).
> Die Koordinatenzeit eben.
Von Koordinaten war dabei keine Rede;
nicht zuletzt weil Chrys und ich den Begriff bzw. die Messgröße “Frequenz” diskutiert haben, und nicht etwa “Koordinaten-Frequenz” oder dergleichen;
und das insbesondere unter Beachtung der Forderung des Blog-Artikels, dass es ausschließlich um Physik gehen solle.
Was soll also damit bezweckt werden, z.B. bestimmten Anzeigen eines Bs-Mesons irgendwelche reellen Zahlen als Koordinaten aufzudrücken ??
> Einstein hat sicher nicht als erster und auch nicht unabhängig von anderen die Idee gahabt, Uhren miteinander zu vergleichen.
Es ging doch gar nicht darum, dass auch Einstein die Idee hatte, dass verschiedene, voneinander getrennte Uhren miteinander verglichen werden sollten;
sondern darum, dass Einstein sicher als einer der Ersten eine nachvollziehbare Methode dafür definiert hat, _wie_ ein Vergleich zumindest im Prinzip zu bewerkstelligen wäre.
> Ob zwei Uhren mit gleicher Frequenz ticken, findet man ganz einfach durch Zählen der Perioden heraus.
Perioden zählen —
_von_ welcher Anzeige _bis_ zu welcher Anzeige der einen und
_von_ welcher Anzeige _bis_ zu welcher Anzeige der anderen
??
Wieso sollte nicht die Dauer einer Periode der einen gegebenen Uhr
mit der Dauer einer Periode einer anderen gegebenen Uhr vergleichbar sein??
Formelschubser
Chrys schrieb (03.12.2010 | 21:00):
> Chou et al. […] kennen die ganz bestimmt eine quantenphysikalische Formel, wo es auch um Frequenz geht.
Aber kennen Chou et al. jemanden, der uns (wie ihnen) die betreffenden Formel herleiten könnte, ohne zu wissen und sogar dabei zu benutzen, dass sich “Periodendauer” (das Inverse von “Frequenz”) eines bestimmten Beteiligten als “Integral über Wurzel aus minus g, von Anzeige des Periodenbeginns bis Anzeige des Periodenendes” ??
Das fänd ich äußerst spannend …
Keine Privatphysik bitte!
“> Periodendauer bezieht sich zunächst immer auf die im Laborsystem vergangene Zeit.
Nein: Dauer (insbesondere Periodendauer, bzw. das Inverse von “Frequenz”) versteht sich ganz ausschließlich als Maß von Zeit desjenigen Beteiligten, um dessen Anzeigen es dabei geht;”
Beiweis durch Fußauftrumpfen?
Ich beziehe mich in meinem Beitrag auf Begriffe, wie sie im physikalischen Alltag verwendet werden. Und im Alltag misst eine Atom-Uhr eben nicht die Eigenzeit der enthaltenen Atome (für die interessiert man sich in der Regel nicht), sondern die Koordinatenzeit im Laborsystem.
Natürlich gibt es beide Begriffe. Die Eigenzeit und die Koordinatenzeit. Koordinatenzeit misst man mit der Uhr und Eigenzeit errechnet man durch Integration über die Weltlinie.
Koordinaten sind ein Teil der Physik und ich habe wirklich keine Lust, hier deine Alternativphysik auszudiskutieren. Dazu eignet sich ein Kommentarbereich in einem Blog einfach nicht. Schreib einfach ein Fachbuch, wenn du eine bessere Idee hast, wie Physik funktionieren könnte.
“Es ging doch gar nicht darum, dass auch Einstein die Idee hatte, dass verschiedene, voneinander getrennte Uhren miteinander verglichen werden sollten;
sondern darum, dass Einstein sicher als einer der Ersten eine nachvollziehbare Methode dafür definiert hat, _wie_ ein Vergleich zumindest im Prinzip zu bewerkstelligen wäre.”
Nein, hat er nicht. Die Methode, zwei getrennte Uhren durch ein Signal, dessen Geschwindigkeit isotrop ist, zu synchronisieren, gab es schon vor Einstein. Einstein verwendet diese Methode in einem Gedankenexperiment um die Kosequenzen der invarianten Lichtgeschwindigkeit herzuleiten.
@Frank
Gewiss kennen Chou et al. Max Planck, zumindest seine Formel ΔE = hν.
Dass Planck in diesem Zusammenhang nicht an Eigenzeit gedacht haben kann, das liegt ja schon aus historischen Gründen auf der Hand.
Gewiss kann man diese Formel herleiten
Chris schrieb (08.12.2010 | 10:57):
> Gewiss kennen Chou et al. Max Planck, zumindest seine Formel ΔE = hν.
> Dass Planck in diesem Zusammenhang nicht an Eigenzeit gedacht haben kann, das liegt ja schon aus historischen Gründen auf der Hand.
Leider kann sich Planck dazu nicht mehr ausdrücklich äußern; und ich kann nicht ohne Weiteres beurteilen, in wie fern er sich zu Lebzeiten dazu geäußert haben mag.
Jedenfalls kann man jedem einigermaßen sorgfältigen Physiker zutrauen, von allein auf die RT zu kommen; und nicht zuletzt auch Planck, der ja bekanntermaßen Einsteins Darstellungen von Anfang an gut folgen konnte.
Gewiss hat auch ein Planck nicht jeden seiner Gedanken geäußert und der Nachwelt hinterlassen …
Ansonsten, sofern Planck bei der Herleitung der obigen Formel (bzw. von damit zusammenhängenden Formeln, die sich direkter auf gewisse Experimenten zur Thermodynamik beziehen) überhaupt etwas bestimmtes bei “\nu” (und bei “E”) gedacht hat:
Ließe sich etwa im Gegenteil nachweisen, dass Planck dabei nicht an Dauer entsprechend der RT-Definition dachte?
Immerhin benutzt die Herleitung (so, wie sie heutzutage für Unterrichtszwecke dargestellt wird) die Beziehung:
“\nu mal
2 mal Distanz zwischen zwei parallel gegenüberliegenden Wänden eines Resonators ==
c mal ModenIndex bzgl. dieser beiden Wände”,
sowie im Zusammenhang mit der Bose-Einstein-Verteilung bzw. der Maxwell-Boltzmann-Verteilung als gewisse Näherung die Identifizierung von “E” als Invariante (Erhaltungsgröße) des Resonatorsystems bzgl. der Dauer des Experiments.
Größen wie “Distanz” und “Dauer” sind also in der Herleitung erforderlich, und naheliegender Weise im Sinne der RT zu verstehen. Wie sonst?
Und schließlich:
Womöglich kennen Chou et al. die besagte Formel sowieso eher als “Einsteins (photoelektrische) Formel” …
Keine Privatphysik bitte! — Ganz recht!
Joachim schrieb (07.12.2010 | 08:50):
> Ich beziehe mich in meinem Beitrag auf Begriffe, wie sie im physikalischen Alltag verwendet werden.
Ein Nachweis dieser Annahme wäre noch zu erbringen; und deshalb steht das genau hier in Frage.
> Und im Alltag misst eine Atom-Uhr eben nicht die Eigenzeit der enthaltenen Atome […]
Mit Chrys habe ich über die Uhren diskutiert, um die es in den o.g. Veröffentlichungen von Chen et al. geht (und die im Alltag von Chen et al. offenbar eine prominente Rolle spielen). SWIV, enthalten diese Uhren jeweils genau ein relevantes Al+ Ion; sowie (offenbar) weitere Bestandteile, in Bezug auf die “micro motion” und “secular motion” dieses Al+ Ions gemessen bzw. bewertet wurde.
> Koordinatenzeit misst man mit der Uhr und Eigenzeit errechnet man durch Integration über die Weltlinie.
Erstens bzgl. Eigenzeit (besser Dauer genannt):
_wessen_ Weltline?, und
Interation zwischen welchen Grenzen, und über welchen Integranden? …
Zweitens: in wie fern wäre die Feststellung von “Koordinatenzeit (einer bestimmten Uhr)” eine Messung, wenn man doch (wie schon an anderer Stelle diskutiert) Koordinaten “in sinnvoller Weise” transformieren kann (ganz zu schweigen von darüber hinausgehenden “sinnlosen” Koordinatentransformationen)?
> Koordinaten sind ein Teil der Physik
Na sicher;
zwar in so fern, als es eine (allerdings ziemlich nebensächliche) Physik-Aufgabe darstellt zu entscheiden, ob gegebene Koordinaten (die gegebenen physischen Gegebenheiten zugeordnet wurden) zusammen mit irgendeiner dazugenommenen “Koordinatenmetrik” _gut_ waren
(insbesondere, ob dadurch geometrische Beziehungen zwischen den physischen Gegebenheiten skaliert isometrisch abgebildet wurden),
oder nicht.
Das heißt: Koordinaten (zusammen mit Koordinatenmetrik), als Teil der Physik, sind entweder gut und redundant, oder nicht gut (ggf. auch “sinnlos” genannt).
Jedenfalls sind sie im physikalischen Alltag nicht der Rede wert.
> Die Methode, zwei getrennte Uhren durch ein Signal, dessen Geschwindigkeit isotrop ist, zu synchronisieren, gab es schon vor Einstein.
Erstens geht es um die Methode zum Vergleich von Uhren; nicht um den jeweiligen Befund, ob Uhren, die miteinander verglichen wurde, dabei als gleich befunden wurden, oder nicht.
Es geht also vor allem um Einsteins Definition von Gleichzeitigkeit (und damit zusammenhängend um die schon erwähnte Definition von Dauer), nicht um Synchronisierung.
Zweitens: eine Definition von “Geschwindigkeit” als Messgröße setzt eine Definition von Gleichzeitigkeit voraus.
(Konkret: welche Anzeige der “Uhr am Zielstrich” entspricht der Aufbruchsanzeige des Starthaus; bzw. welche Anzeige der “Uhr am Starthaus” entspricht der Ankunftsanzeige des Zielstrichs. Um die entsprechende Dauer einer Uhr auswerten zu können, muss feststehen, zwischen welchen beiden Anzeigen dieser Uhr die Dauer auszuwerten ist.)
Folglich kann eine Methode zur Feststellung von Gleichzeitigkeit nicht umgekehrt den Begriff “Geschwindigkeit” voraussetzen und etwaige Bedingungen (wie Isotropie) damit verbinden …
Einsteins Methode (“die Mitte macht die Feststellung”) erfordert den Begriff “Geschwindigkeit” ausdrücklich nicht, und eignet sich gerade deshalb zum Einsatz in der Definition von “Geschwindigkeit” als Messgröße.
(Und ja: es wäre durchaus nicht überraschend, wenn auch andere als Einstein darauf gekommen sind.)
> Einstein verwendet diese Methode in einem Gedankenexperiment um die Kosequenzen der invarianten Lichtgeschwindigkeit herzuleiten.
… im Zusammenhang mit den entsprechenden Definitionen von “Distanz” und “Dauer”, die dem Begriff “Geschwindigkeit” zugrundeliegen.
Und diese Konsequenzen, als auch deren Herleitung, sind koordinatenfrei darstellbar, und nicht zuletzt deshalb nachvollziehbar.
Planck sei Dank / @Frank
Max Planck hatte in 1899 seine Vorstellung von natürlichen physikalischen Einheiten präsentiert, also was heute Planck-Zeit, Planck-Länge, etc. genannt wird. Eine Motivation, die Absolutheit von Zeit und Raum in Zweifel zu ziehen, hat er vor diesem Hintergrund wohl schwerlich entwickeln können, als er an seiner Formel gefeilt hat.
Für Chou et al. ist von Belang, dass die Formel eine Frequenz ν liefert, wenn ein ΔE hineingesteckt wird, denn letzteres haben sie ja in Gestalt der genannten Energieniveaus von Al+. — Das alles gehört jetzt aber nicht gerade zum Lehrstoff für Fortgeschrittene.
Einstein sei Dank
Chrys schrieb (10.12.2010 | 12:40):
> […] die Absolutheit von Zeit und Raum in Zweifel zu ziehen
Die — was??
Bei den Experimenten zur Schwarzkörperstrahlung ging es wohl eher u.a. um Beugungsgitter (und ob oder in wie fern deren Gitterabstände in verschiedenen Versuchen gleich blieben, oder welches Verhältnis sie zueinander standen).
Wie soetwas zumindest im Prinzip zu messen wäre, damit hätte sich Planck ja durchaus selbst beschäftigen können; auch wenn man das in Physikgrundkursen heutzutage wohl eher unter Berufung auf Einstein lernt …
> Für Chou et al. ist von Belang, dass die Formel eine Frequenz ν liefert, wenn ein ΔE hineingesteckt wird, denn letzteres haben sie ja in Gestalt der genannten Energieniveaus von Al+.
Die schon erwähnte Tabelle systematischer Unsicherheiten verdeutlicht, dass man Werte ΔE eben nicht ohne Weiteres “hat” und z.B. für zwei gegebene Al+ Ionen als gleich voraussetzen könnte.
Man stellt also stattdessen anhand des Vergleiches der Frequenzen (d.h. nach RT, per Auswertung der bekannten Dauerintegrale) fest, ob die beiden Uhren in einem betrachteten Versuch unter hinreichend gleichen Bedingungen betrieben wurden; bzw. in wie fern nicht.
Die genannte Formel ist von Belang, um diese Befunde im Zusammenhang mit der Erhaltungsgröße “E” zu quantifizieren.
@Frank
Chou et al. haben ihr ΔE und die ihm gemäss der Planckschen Formel zugeordnete Frequenz ebenso sicher wie etwa die spezielle Frequenz des Cs-Atoms, die aktuell zur Definition der SI Sekunde dient. Die Unsicherheiten für die Uhr ergeben sich nur bei der praktischen Frequenzmessung, die insbesondere nicht in einem Ruhesystem des Al+ Ions erfolgt, weil das Ion unablässig in seiner Falle herumzappelt, wodurch das Messergebnis beeinträchtigt wird. In der schon erwähnten Tabelle werden gerade derartige unvermeidbare Störungen evaluiert, die ungestörte Idealfrequenz ist aber allein durch die Quantenmechanik determiniert. Ist bei Cs-Uhren grundsätzlich nicht anders (Quelle: PTB):
Ein Hinweis darauf, dass im PTB-Fachbereich “Zeit und Frequenz” irgendwer Dauerintegrale auswertet, lässt sich aber nirgends entdecken. Wenn Sie das beunruhigt, dann sollten Sie vielleicht dort einmal anfragen… ask the experts!
Gleiche Namen allein machen noch …
… keine gleichen Werte.
Chrys schrieb (14.12.2010 | 13:07):
> Chou et al. haben ihr ?E und die ihm gemäss der Planckschen Formel zugeordnete Frequenz ebenso sicher wie etwa die spezielle Frequenz des Cs-Atoms, die aktuell zur Definition der SI Sekunde dient.
Ja, das ist (im Rahmen dieser Diskussion) durchaus vergleichbar; und wie schon oben betont: das ist sicher (bzw. “Gewissheit”) nur insofern, als gewiss ist, wie und dass die Dauer zwischen Anzeigen von Uhren im Allgemeinen, und Frequenzen von guten Oszillatoren im Besonderen, zumindest im Prinzip gemessen und verglichen werden können.
> die ungestörte Idealfrequenz ist aber allein durch die Quantenmechanik determiniert
??
Die Frequenzen, bezogen auf “störungsfreien Betrieb” (bzw. auf “Temperatur 0 K”, wie die SI-Broschüre formuliert) hängen auch für gleich benannte “Übergänge” ausdrücklich mit den Massen- und Ladungswerten der Bestandteile der jeweiligen Atome bzw. Ionen zusammen.
Und Quantenmechanik, an sich, enthält keinerlei Erwartungen oder Mutmaßungen über solche Massen- und/oder Ladungsverhältnisse; sondern drückt lediglich die Gewissheit aus, dass und (im Zusammenhang mit der RT) wie solche Verhältnisse als reelle Zahlen Versuch für Versuch feststellbar wären.
> Die Unsicherheiten für die Uhr ergeben sich nur bei der praktischen Frequenzmessung […]
In jedem praktischen Versuch kommt dazu, dass zu messen oder zu berücksichtigen ist, ob bzw. welche “Störungen” dabei auftraten; oder z.B. zumindest, ob verschiedene zu vergleichende Uhren dabei in gleicher Weise “gestört” waren.
> […] die insbesondere nicht in einem Ruhesystem des Al+ Ions erfolgt, weil das Ion unablässig in seiner Falle herumzappelt
Sofern gemessen wurde, dass das Ion (gegenüber einem — zumindest annäherndem — Ruhesystem) herumzappelte, gehörte es offenbar dabei selbst nicht zu einem Ruhesystem …
> Ein Hinweis darauf, dass im PTB-Fachbereich “Zeit und Frequenz” irgendwer Dauerintegrale auswertet, lässt sich aber nirgends entdecken.
Gewisse Hinweise finden sich u.a. in
http://www.ptb.de/…achrichten4/2006/grund_18.htm
(“Gravitationskorrektur für Atomuhren”),
sofern davon auszugehen ist, dass dem dort auftretenden Begriff “Höhe” die entsprechende (mit dem Dauer-Integral zusammenhängende) RT-Messdefinition zugrundeliegt.
Die unsystematische (um nicht zu sagen laienhafte) Darstellung und das offenbare Fehlen von Betrachtungen einer entsprechenden “kinematischen Korrektur” (z.B. wenigstens im Zusammenhang mit dem Begriff “Breitengrad”) sind allerdings beunruhigend.
> Wenn Sie das beunruhigt, dann sollten Sie vielleicht dort einmal anfragen… ask the experts!
Eine naheliegende Frage zur o.g. PTB-Webseite wäre z.B. auch:
Wieso soll beim Vergleich der Periodendauern verschiedener Uhren von “Korrektur” die Rede sein (und nicht z.B. schlicht von geometrischen Vergleichsfaktoren)?
Aber solche Frage lassen sich sicher am besten öffentlich stellen und verhandeln (wie in einem Blog, worauf es in der PTB-Webseite aber leider keinen Hinweis gibt) — sonst erntet man womöglich nur Essensches Schulterzucken.
Zum Glück gibt es allerdings Blogs, die sich der Darstellung und Popularisierung der RT widmen und von dem auch die PTB-Webseiten-Gestalter letztlich profitieren sollten …
@Frank
Okay, die Eichung der UTC Uhren auf das Geoid gehört zum Thema “Relativität und Uhrenvergleich” und war weiter oben ja auch schon angesprochen worden. Die Uhren werden dabei nicht als Quantensysteme betrachtet, und unter Uhrenvergleich ist hierbei auch nur das zu verstehen, was Einstein gemeint hat.
Bei meinem letzten Kommentar hatte ich nur die atomaren Transitionsfrequenzen im Sinn. Und das ist ein quantenmechanisches Problem, das im Ruhesystem der Uhr studiert wird (d.h., relativistische Effekte sind reduziert auf die Rolle von Störungen bei der Messung, bedingt durch Bewegung der Atome relativ zum Uhrgehäuse). Für die Cs-Uhren ist das sicherlich im Detail etwas anders, aber in der PTB Broschüre zur Zeit finde ich dazu auch nur die Plancksche Formel…
Meine Formulierung, die Tranitionsfrequenz 1S0 → 3P0 für Al+ sei ebenso “sicher” wie die Caesium Übergangsfrequenz, war etwas missverständlich: der numerische SI-Wert von letzterer ist per definitionem exakt bekannt, was für erstere freilich nicht gilt. Was für Atomuhrmacher dazu sonst noch wissenswert ist, findet sich übrigens hier:
http://arxiv.org/abs/physics/0703067
P.S. Wenn bei der UTC Korrektur die Breitengrade vernachlässigt werden, dann könnte man vermuten, dass für die aktuellen Cs-Uhren die Erdrotation noch unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt.
Gleiche Namen allein machen noch …
… keine gleichen Werte. (Die Zweite.)
Chrys schrieb (16.12.2010 | 11:51):
> Eichung der UTC Uhren auf das Geoid gehört zum Thema “Relativität und Uhrenvergleich” und war weiter oben ja auch schon angesprochen worden.
Angesprochen wohl; aber die wesentlichen damit verbundenen Fragen scheinen mir nicht beantwortet, nämlich (nochmal kurz gefasst):
(1.) Warum sollte “Relativität und Uhrenvergleich” kein Thema für das im PRL-Artikel beschriebene Zwei-Uhren-Experiment sein? (Wenn es schon nicht ausdrücklicher Bestandteil der Messmethodik wäre, müsste wenigstens die mit seiner Unterlassung verbundene systematische Unsicherheit abgeschätzt werden), und
(2.) Warum wird im Science-Artikel so getan, als bedürfe das Thema “Relativität und Uhrenvergleich” irgendwelcher experimenteller Tests? (Dabei ist es doch von vornherein im Rahmen der RT herzuleiten, insbesondere auch für Einsätze entsprechend Frage (1.)).
> die Caesium Übergangsfrequenz […] der numerische SI-Wert von letzterer ist per definitionem exakt bekannt,
Korrekt.
So what?!
Daraus folgt ja noch längst nicht, dass verschiedene “Caesium” genannte Oszillatoren in einem bestimmten Versuch gleiche Frequenzen (entsprechend der Definition “Relativität und Uhrenvergleich”) gehabt hätten; selbst wenn sie dabei “ungestört” oder zumindest gleich “gestört” gewesen wären.
> ein quantenmechanisches Problem, das im Ruhesystem der Uhr studiert wird […]
Soweit ich mir mittlerweile zusammenreimen kann, worauf diese wiederholte Bemerkung abzielt, scheint es etwa das Folgende:
ein Oszillator, der gegenüber einem Ruhesystem herumzappelte, kann im Zusammenhang damit besonders gestört (oder “kaputt gemacht”) worden sein;
verglichen (nach Methode “Relativität und Uhrenvergleich”) mit Oszillatoren, die anders (oder gar nicht) herumzappelten;
und (sogar) unter der Bedingung, dass (die entsprechenden mehr oder weniger komplizierten quantenmechanischen Auswertungen der geometrischen Beziehungen ergaben, dass) die entsprechenden Bestandteile dieser Oszillatoren einander gleich waren (gleiche Anzahl von Elektronen gleicher Masse und Ladung, gleiche Anzahl von Up-Quarks gleicher Masse und Ladung, usw.).
@Frank
Zu den Fragen 1.) und 2.): Wenn meine Anmerkungen noch keine entscheidende Interpretationshilfe zu den Papers von Chou et al. waren, dann fürchte ich, dass eine Repetition des bisher Gesagten auch nicht weiterhilft.
Dass 1S0 bzw. 3P0 Eigenzustände eines Schrödingeroperators für das quantenmechanische System Al+ bezeichnen, und dass dazu eine wohldefinierte Transitionsfrequenz gehört, das setzen die Autoren dieser Papers als elementares Basiswissen bei ihren typischen Lesern offenkundig voraus. Wenn das ein Problem sein sollte, vielleicht kann Joachim das besser verständlich machen oder sonstwie nützliche Hinweise nennen. Mir fällt im Moment dazu nichts ein.
N.B. Ergänzend noch zu den Breitengraden. Eigentlich erscheint es plausibler, dass tatsächlich auf das rotierende Geoid Bezug genommen wird.
Chrys schrieb (17.12.2010 | 11:22):
> N.B. Ergänzend noch zu den Breitengraden. Eigentlich erscheint es plausibler, dass tatsächlich auf das rotierende Geoid Bezug genommen wird.
Demnach akzeptierst du offenbar, dass es einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Bezug auf eine Uhr, die “auf dem Geoid rotierte”, und eine Uhr die “(auf Geoid-Höhe) nicht rotierte” gibt;
und dass insbesondere der Vergleich zweier solcher Uhren untereinander nicht (lediglich) auf ihren sporadischen Treffen beruhen muss.
Sicher stimmst du auch zu, dass der Vergleich solcher Uhren stattdessen unter Berücksichtigung des Faktors “Wurzel aus Eins minus betaQuadrat” bzw. allgemeiner “Wurzel aus minus g” erfolgen sollte.
Die entscheidende Frage ist:
Kannst du diese Vergleichsmethode von vornherein auf Grund bestimmter allgemein nachvollziehbarer Prinzipien herleiten und (wie an den verwendeten Prinzipien selbst) daran festhalten?
Oder machst du die Wahl der Vergleichsmethode (oder jeder anderen Messmethode) davon abhängig, welche Werte durch deren Anwendung auf gegebene Beobachtungsdaten ergeben (also z.B. davon, ob dir die Ergebnisse gefallen)?
> Dass 1S0 bzw. 3P0 Eigenzustände eines Schrödingeroperators für das quantenmechanische System Al+ bezeichnen, und dass dazu eine wohldefinierte Transitionsfrequenz gehört […]
Wohldefiniert — abgesehen (SWIW) davon, dass die relevanten Massen und Ladungen (bzw. Feinstruktur-“Konstante”(n)) eben nicht wohldefiniert sind; sondern allenfalls Versuch für Versuch gemessen und verglichen werden könnten.
(Und abgesehen natürlich von eventuellen Störungen des jeweiligen Al+ bzw. Cs133, die ebenfalls Versuch für Versuch zu messen wären.)
Die Frage ist doch, ob Zeit existiert
Es gibt eine andere Ansicht zum Thema Zeit. Auch wenn man mich für verwirrt hält: ich habe den Glauben verloren, dass es den Faktor Zeit wirklich gibt. Auf der Webseite wahrgesagt.de steht ein spannenden Artikel zur Unwahrscheinlichkeit von Zeit. Die Aussagen lauten:
– Es gibt überhaupt keine Beweise für die Wirklichkeit von Zeit
– Es gibt keinerlei Definition für Zeit – Es gibt keinen Nutzen für Zeit
– Niemand weiss, was Zeit sein soll (eine Kraft oder Energie?)
– Es gibt keine Geräte zur Messung für die Zeit
Hier der Link zum Artikel:
http://wahrgesagt.de/gerhard-baumann/was-ist-zeit
Absolut bemerkenswert in jeder Hinsicht ist die Möglichkeit, dass es Zeit als physikalische Größe ganz real nicht gibt, und alles nichts als Bewegung ist.
LG Lea
@Lea Schröder
Der Text, auf den Sie verweisen, ist ziemlich schlecht recherchiert und oberflächlich argumentiert. So verwechselt der Autor zum Beispiel die physikalische Größe der “Zeit” mit der Einheit für die Zeit “Tag”. Natürlich ist es relativ beliebig, die vergangene Zeit in Tagen, Monaten, Stunden oder Sekunden zu messen. Aber egal, wie man die Zeit misst. Es bleibt die Tatsache, dass bestimmte physikalische Vorgänge immer die gleiche Zeit benötigen.
Näheres finden Sie in meinem oben verlinkten Beitrag: Das Phänomen Zeit.
@ Joachim
Der Text dort ist nicht schlecht recherchiert, sondern er ist gar nicht recherchiert, denn es handelt sich dabei um eigene Überlegungen. Sie basieren auf der Arbeit des Physikers Julian Barbour, der sein Leben der Nichtexistenz von Zeit gewidmet hat.
Und der FAktor Zeit wird auch nicht mit einer seiner Einheiten verwechselt, denn eine real existierende Zeit wird ja bezweifelt.
Dass zu dem Aberglauben an die Zeit kommen konnte, erklärt der Text mit dem damaligen fehlenden Wissen von der Erdrotation:
Die Urmenschen haben die Sonne kommen und gehen gesehen und den Ablauf als vergehende Zeit wahrgenommen.
Es ist interessant, dass viele Ur-Völker, die nahe des Äquators lebten, die Zeit nicht als endlose Linie angesehen haben. Für diese Völker war ja jeder Tag gleich lang und so hat man Zeit als einen Zyklus wahrgenommen.
LG Lea
Zeit, das unbekannte Wesen
Was ist Zeit?
Ganz einfach.
Zeit ist das was Uhren zeigen, so ein bekannter Denker.
Zeit ist ganz einfach eine Zahl die in eine, uns leicht händelbare, unserem Denkapparat angenehme, Form gebracht wurde.
Zeit ist der Ausdruck einer Menge an Ereignissen.
Angeordnet in Umständen die der täglichen Sichtbarwerdung entgegenkommen, und uns -geläufig- sind.
Tag/Jahr/Tagesabschnitt/Stunde, neuerdings Nanosekunde.
Zeit ist eine Menge an Ereignissen die einer Dauer entsprechen. Der Anzahl Dauern von 1.234 x 10^77 Ereignissen pro SI-Sekunde.
Jedes Ereignis hat die Dauer von…
Wieviel Dauern dabei verwendet werden ist egal, das ist in der Aufteilung in “Zeiteinheiten” enthalten.
“Die Zeit” existiert nicht, sie ist eine Fatamorgana, oder wie das heisst, unseres Gehirns.
Der Denkweise unseres, von der Evolution geprägten Denkgerätes.
Gruss Kurt
Zeit als 4.Dimension => Eternalism
Zeit als Koordinate wie eine Raumkoordinate aufzufassen ist problematisch, denn dann endet man schnell beim Block-Universum, wie es im Artikel Eternalism beschrieben ist:
Dies führt zu einer deterministischen Sicht:
Eternalism has implications for the concept of free will, in that it proposes that future events are as immutably fixed and impossible to change as past events (see determinism). However as the human subject, and any free will they have, is also ‘present’ throughout time, during their life, they may be exercising free will in the ‘future’ as it were.
Weitere Links zur Philosophie der Zeit findet man hier.
Ich bin überzeugt, dass die Auffassung der Zeit als weitere Dimension letzlich irreführend ist. Wie Zeit physikalisch richtig betrachtet werden muss, ist wahrscheinlich noch offen.
In der Rel.theorie wird die 4dim. Raumzeit mit dem Koordinatenvektor (x,y,z,it) beschrieben.
Hat jemand eine Idee, wie man die imaginäre Koordinate anschaulich interpretieren könnte?
Mizar
Ich wollte schreiben (x,,y,z,ict)
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