Wie skurril darf’s denn sein?

BLOG: Quantenwelt

Gedanken eines Experimentalphysikers
Quantenwelt

Es ist nun schon etwas her, dass es durch die Presse ging: Das Einstein-Podolsky-Rosen-Experiment (EPR-Experiment) ist erneut zugunsten der Quantenmechanik ausgegangen. Doch was bedeutet es eigentlich, wenn es anders wäre? Die klassische Physik würde das nicht mehr retten.

Im verlinkten Spektrum-Artikel, ist das Experiment und sein theoretischer Hintergrund bereits gut und ausführlich erklärt. Auch ich habe 2011 schon grundsätzliches zu diesen Experimenten geschrieben, deshalb hier nur eine kurze Beschreibung:

In EPR-Experimenten werden an der Quelle verschränkte Photonenpaare erzeugt. Je ein Photon jedes Paares wird über Spiegel oder Lichtwellenleiter zu den Empfängern A und B geleitet. Dort werden willkürlich die Polarisationen der Photonen in drei verschiedenen Winkeln gemessen. Dann werden die Statistiken der Korrelationen, also der Wenn-dann-Beziehungen zwischen den Messungen ausgewertet.

Die Quantenmechanik macht hier eine andere Voraussage, als jede klassische Theorie machen würde: Sie geht davon aus, dass an der Quelle zwar die Korrelation, nicht aber die konkrete Eigenschaft der einzelnen Photonen festgelegt wird. Jedes Photon befindet sich laut Quantenmechanik in einem Schwebezustand aller möglicher Polarisationsrichtungen und es ist nur festgelegt, dass das in B gemessene Photon eine um 90° gedrehte Polarisation gegenüber dem in A gemessenen hat.

Klassische Physik ist dagegen real und lokal. Das heißt, die Photonen sollten bereits an der Quelle je eine eindeutige reale Polarisationsrichtung mitbekommen, die dann an den Empfängern A und B lokal gemessen werden können, ohne dass die Art der Messung in B das Ergebnis in A beeinflussen kann oder umgekehrt. Solch eine Beeinflussung hat Einstein als “spukhafte Fernwirkung” zurückgewiesen.

Die klassische Vorhersage ist strenger und setzt ein Maximum für mögliche Korrelationen, das von der Quantenmechanik verletzt wird. Diese Verletzung ist durch die Bellschen Ungleichungen definiert. Sie wurde im genannten Experiment einmal mehr nachgewiesen.

Die immer weitergehenden Experimente werfen die Frage auf, ob die klassische Physik überhaupt noch zu retten ist. Die Antwort ist überraschend einfach: Nein.

Bereits das einfachst mögliche Experiment mit Quelle und den Messungen A und B auf einem optischen Tisch kann den Verdacht Einsteins widerlegen. Dieser Verdacht war, dass die Unbestimmtheit des Quantenzustands vor der Messung nur unsere Unkenntnis wiederspiegelt. Die Polarisation beider Photonen, so vermutete Einstein, liegt an der Quelle bereits fest und uns fehlt nur die vollständige theoretische Beschreibung des Prozesses. Diese Annahme ist mit den ersten Überprüfungen der Bellschen Ungleichungen in den 1970er und 80er Jahren widerlegt.

Was dann noch zu überprüfen war, ist die Frage, ob mit einer Erweiterung der Quantenmechanik die Lokalität und Realität der Natur gerettet werden kann. Wir erinnern uns: Die Quantenmechanik ist entweder nicht Lokal, weil sie beide Photonen gemeinsam durch eine ausgedehnte Wellenfunktion beschreibt. Oder sie ist nicht realistisch, weil sie den Photonen bis zur Messung keine reale Polarisation zuschreibt. Weil die Realität erst bei der Messung entsteht.

Realität und Lokalität ließe sich retten, wenn sich nachweisen ließe, dass die Wellenfunktion ein reales Feld ist, das bei der Messung in A zerfällt. Dieser Zerfall könnte dann in Lichtgeschwindigkeit oder etwas langsamer die Information, was in A gemessen wurde, nach B übertragen. Um diese Informationsübertragung auszuschießen, müssen die Messungen A und B möglichst gleichzeitig und weit voneinander entfernt durchgeführt werden. Die Messungen müssen raumartig getrennt durchgeführt werden. Das gelang Anton Zeilinger und seinem Team Ende der 1990er Jahre in Innsbruck. Seit diesem Experiment ist klar, dass Realität und Lokalität nicht durch explosionsartigen Zerfall einer realen Wellenfunktion zu retten sind.

Das neue Experiment desselben Professors, heute in Wien, widerlegt einen weiteren skurrilen Rettungsversuch: Was, wenn die Erzeugung des Photonenpaars und die Messungen an A und B so konzertiert sind, dass es nur so aussieht als sei die Quantenmechanik richtig? Zeilinger und co. präsentieren ein Experiment, dessen Ausgang schon vor über 600 Jahren beeinflusst worden sein müsste, wenn die Welt klassisch funktioniert aber dennoch die Bellschen Ungleichungen verletzt werden.

Ich bin froh, dass das Experiment wiedermal die Quantenmechanik bestätigt. Alles andere würde auf eine Welt hindeuten, die noch verrückter ist als die Quantenmechanik. An die hab ich mich wenigstens gewöhnt.

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Joachim Schulz ist Gruppenleiter für Probenumgebung an der European XFEL GmbH in Schenefeld bei Hamburg. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann in der Quantenoptik, in der er die Wechselwirkung einzelner Atome mit Laserfeldern untersucht hat. Sie führte ihn unter anderem zur Atomphysik mit Synchrotronstrahlung und Clusterphysik mit Freie-Elektronen Lasern. Vier Jahre hat er am Centre for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg Experimente zur kohärenten Röntgenbeugung an Biomolekülen geplant, aufgebaut und durchgeführt. In seiner Freizeit schreibt er zum Beispiel hier im Blog oder an seiner Homepage "Joachims Quantenwelt".

22 Kommentare

  1. Sternenlicht für die Steuerung eines Quanten-Experiments zu verwenden ist in der Tat skurril. Dass damit die Quantentheorie widerlegt werden könnte ist nicht anzunehmen, zumal die Quantentheorie
    1) x-Mal bestätigt wurde
    2) es keinen Bedarf für eine andere, eine Ersatztheorie gibt.
    Ganz anders bei der Allgemeinen Relativitätstheorie. Diese makroskopische auf kosmischen Massstäben geltende Theorie kann eigentlich nicht fundamental sein in dem Sinne, dass sie unter allen Umständen, beispielsweise auch in einem schwarzen Loch oder vor der Inflation des Universums gilt/galt.
    Nur ist es sehr schwierig zur Allgemeinen Relativitätstheorie Experimente zu machen, die nur schon Aussichten auf Widerlegung haben, denn dazu müsste man Experimente unter solch extremen Bedingungen durchführen, wie sie auf der Erde nicht hinzukriegen sind. Doch für Quantenexperimente gibt es dieses Problem nicht. Die sind ohne weiteres in irdischen Laboren durchzuführen. Deshalb wohl macht man solche Experimente wie oben beschrieben: Weil man sie machen kann und man es hingekriegt hat (Einstein sei dank), auch heute noch das Interesse am Ausgang solcher Experimente wachzuhalten.

  2. Holzherr,
    ……kein Bedarf für eine Erstztheorie besteht,
    dieser Bedarf ist dringend notwendig.
    Es könnte doch sein, dass der Welle – Teilchen- Dualismus durch ein tieferes Verständnis von Photonen, elektromagnetischen Feldern, Ladung verschwindet und die Verschränkung der Photonen ganz zwangsläufig so sein muss. Nicht nur statistisch erklärbar, wie bisher.

    • Der Welle-Teilchen-Dualismus – je nach Experiment verhält sich beispielsweise Licht wie Teilchen oder wie Wellen – bedeutet letztlich, dass Licht, aber auch andere Quantenobjekte, weder Wellen noch Teilchen sind, sondern eben mit der Quantentheorie, konkret etwa mit der Schrödingergleichung beschrieben werden müssen. Ein tieferes Verständnis von (Zitat) Photonen, elektromagnetischen Feldern, Ladung führt genau zu dieser Beschreibung mit der Quantentheorie und nicht zu einer anderen Theorie. In einem gewissen Sinn ist der Wellen-Teilchen-Dualismus nur die Bezeichnung für ein Phänomen, für etwas was man in Experimenten beobachtet. Die tiefere Theorie und Erklärung für dieses Phänomen liefert die Quantentheorie.

  3. Lieber Herr Holzherr,
    die Quantentheorie macht erstaunlich genaue Vorhersagen über mögliche Ereignisse in einem Experiment, aber mehr leider nicht. Was ein Quantenobjekt wesenhaft ist, darüber sagt die Theorie null komma garnichts. Das ist auch keine physikalische, sondern eine metaphysische Frage. Zu jedem Zuwachs an physikalischen Wissen gesellt sich leider ein gewaltiges Mehr an Unwissen, nämlich über den Grund von allem. Die Quantenpysik, und noch mehr die Quantenfeldtheorie, kann uns gar nicht sagen, über w a s – im ontologischen Sinn – sie eigentlich Aussagen macht. Früher waren es die Atome. Und heute ? Operatoren auf Feldern !
    Die Bausteinchen der Welt sind den Physikern abhanden gekommen.
    Da die Zunahme an Unwissen im Ontologischen mit der Zunahme an Wissen im Formal-Strukturellen nicht Schritt gehalten hat, ist das Unwissen über das, was ist, heute größer als früher. Die Quantenphysik hat gewaltiges Unwissen geschaffen, und Bote17 hat daher das richtige Gespür und Sie leider nicht die wahre Kenntnis.
    Muß man leider so deutlich sagen.
    Grüße Fossilium

    • Everets Many World Interpretation der Quantentheorie hält Schrödingers Wellenfunktion für das, was ist. Für diese Leute ist die Wellenfunktion das ontologische Substrat aus dem die Welt aufgebaut ist. Die Many-World-Verfechter nehmen an, dass die reale Welt eine Quantenwelt ist und diese reale Welt das probabilistische Quantenverhalten dadurch implementiert, dass sie sich ständig in neue Welten aufspaltet, wobei jede Aufspaltung eine der Möglichkeiten, eine der in der Quantenbeschreibung vorhandenen Überlagerung entspricht.
      Die Kopenhagener Interpretation dagegen sieht die Realität von der Quantenwelt durch den Kollaps der Wellenfunktion getrennt und der Quanten-Bayesianismus glaubt gar, es gebe gar keine Quantenwelt, vielmehr sei das, was mit der Wellenfunktion beschrieben wird eine Beschreibung unserers momentanten Wissens/Unwissens über die Realität und der Kollaps der Wellenfunktion oder die Dekohärenz beseitige dann das Unwissen.

  4. Lieber Herr Holzherr,

    das haben Sie richtig beschrieben.
    Und welche der drei Interpretationen nun die richtige Ontologie beschreibt, läßt sich empirisch nicht entscheiden. Damit aber ist und bleibt die richtige Ontologie unbestimmt, sie ist – so muß man es sagen – unbeschreibbar. Je mehr nicht entscheidbare Interpretationen, umso mehr Unwissen darüber.

    Es ist wie oft im Leben: je umfangreicher das Formale, desto weniger bleibt im Inhalt.

    Grüße Fossilium

  5. Martin Holzherr, fossilium,
    ……Ontologie,
    Mit Interesse habe ich Ihre Gedanken zu einer ontologischen Beschreibung und einer mathematischen Beschreibung verfolgt.
    Das Problem liegt doch im Verständnis, dem Begreifen.
    Etwas Neues zu verstehen bedeutet doch, dass man es auf etwas Bekanntes zurückführen kann.
    Dieser bekannte Aha- effekt also.
    Wir müssen also in der Makro-Welt nach einem Modell suchen, dass wir in der Mikro-Welt anwenden können.
    Beispiel: Physiker sprechen doch gern von einem Elektronengas. Das assoziiert bei mir sofort den Gedanken, dass auch die Kernbausteine verschiedene Zustände einnehmen können, vergleichbar mit den Aggregatzuständen bei den Elementen und Verbindungen.
    Die elektromagnetische Welle entspräche dann der gasförmige Zustand, das einzelne Elektron wäre die feste Form und der Elektronenfluss in einem Leiter die flüssige Form.
    Nur so mal angedacht auf die Schnelle.

    • Zitat:“Etwas Neues zu verstehen bedeutet doch, dass man es auf etwas Bekanntes zurückführen kann.” Der von ihnen weiter oben erwähnte Welle – Teilchen- Dualismus ist genau der Versuch Neues auf Bekanntes zurückzuführen. Doch dieser Versuch muss misslingen, denn die Quantentheorie ist ja die Theorie aus der auch alles Klassische hervorgeht. Mit diesem Klassischen und Bekannten können sie nicht das erklären, was das Klassische hervorbringt.

      2 konkrete Beispiele zeigen wie gross die Herausforderung ist, die Quantentheorie zu veranschaulichen und auf Bekanntes zurückzuführen.
      1) Die ganze Chemie wird durch die Quantentheorie erklärt oder konkret wird erklärt wie die Eigenschaften von Wasser aus der Interaktion von Wasserstoff- und Sauerstoffatomen hervorgehen. Dies zu veranschaulichen grenzt ans Unmögliche, schliesslich haben die Chemiker auch nie verstanden wie das geht.
      2) Die Quantentheorie erklärt wie die Spektren entstehen, die man beobachtet, wenn Licht durch Gas hindurchläuft. Diese Spektren bestehen aus Linien und die Linienabstände haben eine enge Beziehung zu den Schalen in denen sich die Elektronen der Gasatome befinden und zwischen denen sie hin- und herspringen können. Eine anschauliche Erklärung dafür, die Allgemeingültigkeit für Quantenvorgänge hat, ist kaum möglich.

      Die Quantentheorie kann man letztlich dennoch auf Bekanntes zurückführen. Nur ist das Bekannte kein anderes physikalisches Phänomen, sondern die verwendete Mathematik.

  6. Hi Bote 17,
    ja das finde ich toll, wenn einer so viel Phantasie entwickelt, und natürlich könnte es so sein. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, und im Kern kann auch etwas richtig daran sein.

    Die Physik geht allerdings einen anderen Weg, den man auch als spekulativ bezeichnen kann, der beginnt nicht mit Überlegungen zum Metaphysischen, sondern bei der Mathematik, die im subatomaren Bereich eben empirisch verifizierbare Zusammenhänge beschreibt, die metaphysisch vollkommen unverstanden sind. Und dann wird nach einer verständlichen metaphysischen Deutung dieser Mathematik gesucht, Modelle und Begriffe werden erfunden (Felder und Quanten), und weil die Vorhersagen der Modelle so gut stimmen, werden diese Kunstobjekte und die zugehörigen Begriffe, die im Modell durchaus eine richtige Bedeutung haben, dann in die Wirklichkeit spekulativ hinein plaziert, mit dem Anspruch, sie müssten dort auch vorhanden sein, eben weil die Modelle so gut funktionieren.
    Dieses Verfahren schlägt aber vielfach fehl, weil Objekte und Begriffe wie Felder und Quanten in die Wirklichkeit nicht hineinpassen, und dann stellt sich ein elender Frust ein. Diesen Frust gibt es schon seit Hunderten von Jahren, und es ist erstaunlich, wie wenig dieser in der Wissenschaftstheorie thematisiert wird.
    Grüße Fossilium

  7. “Ich bin froh, dass das Experiment wiedermal die Quantenmechanik bestätigt. Alles andere würde auf eine Welt hindeuten, die noch verrückter ist als die Quantenmechanik. An die hab ich mich wenigstens gewöhnt.”

    Lieber Herr Schulz, die Sachlage ist doch ganz einfach, die Welt ist nicht verrückt – sie erscheint Ihnen nur so. Warum ? Weil ein Experiment beschrieben wird, ein Vorgang, der in einer Apparatur, in der Wirklichkeit, abläuft, also im wirklichen Leben, aber mit Begriffen aus einem Modell, mit Begriffen, die nur auf Modellobjekte passen. Sobald Sie einen Prozess, der in der Wirklichkeit stattfindet, beschreiben wollen, lassen darin aber Quanten agieren, die reine Modellobjekte sind, haben Sie schon verloren. Die Beschreibung geht schief. Denn Modelle sind nun mal reduzierte, idealisierte Wirklichkeiten, Ihr Experiment findet aber in der nicht-idealisierten Wirklichkeit statt, das ist nun mal eine andere, in der Quanten in ihrer modellhaften rein formal definierten Existenzform doch gar nicht existieren können. Also was soll das Ganze.

    Eine widerspruchslose Beschreibung von Experimenten zur Verschränkung ist mit “Quanten” als agierende Bestandteile nicht möglich – nicht mit den Begriffen, die Ihnen die theoretische Physik zur Verfügung stellt. Auch Zeilinger hat es nicht geschafft, er ist ein wunderbarer Experimentator, aber seine Bücher eine Katastrophe. Es hilft niemandem weiter, und zeugt von purer Verzweiflung, wenn Sie den zwangsläufig auftauchenden Widersprüchen in der Beschreibung am Ende so etwas wie metaphysische Existenz zusprechen, z.B. der “Nicht-Lokalität”, was immer Unscharfes das sein soll, und dann meinen, es sei nicht so schlimm, daß die Welt so verrückt sei, weil man sich daran gewöhnen kann. Das sind doch gedankliche Purzelbäume, über die man nur den Kopf schütteln kann.

    Warum lassen Sie nicht einfach die Quanten in den Modellen und sagen uns mit aller Ehrlichkeit, daß die im Experiment ablaufenden Prozesse incl. Ergebnis sich noch nicht sinnvoll beschreiben lassen – aber vielleicht in ein paar Jahrzehnten oder Jahrhunderten.

    Grüße Fossilium

  8. Die Welt müsste also superdeterministisch sein, damit Quanteneffekte lokal realistisch erklärt werden könnten. Superdeterministisch bedeutet letztlich, dass alles bis ins letzte Detail vorherbestimmt, mindestens aber korreliert ist. In solch einer Welt könnte es beliebig verrückte Dinge geben, die aber immer, wenn wir hinschauen verschwinden so dass wir in der Illusion des freien Willens, der freien Gestaltbarkeit von Experimenten bleiben. Doch genau solche verrückte Dinge glaubten Luther, Calvin und andere Reformatoren, denn letztlich konnte in ihren Augen Gott gar nicht zulassen, dass etwas anderes passiert als Gottes Wille – und selbst ein Würfelwurf musste von Gott geplant sein, denn nur solche gottgeplanten Ereignisse konnte es überhaupt geben.
    Was zeigt diese historische Reminiszenz? Sie zeigt, wie skurril die von Theoretikern wie Luther, aber auch Marx, ausgedachten Welten sind. Jedes noch so skurrile von Physikern erdachte Universum kann es an Skurrilität niemals mit den Weltbildern aufnehmen, die sich geisteswissenschaftliche Denker bereits ausgdacht haben. Filme wie “Matrix”, die die Realität mit einer Verschwörungstheorie erklären sind nur die letzten Ausläufer von Gedankenwelten, die bereits bei Philosophen zu finden sind.
    Zum Glück gilt: Sollten wir in einer super-skurilen Welt leben, so können wir dies nie herausfinden und bestätigen. Sich damit beschäftigen macht deshalb keine Sinn – ausser natürlich für gewisse Philosophen und andere Geisteswissenschaftler.

  9. Aber warum glauben gefühlt mehr Menschen den skurrilen Theorien von Philosophen als den skurrilen Theorien von Physikern? Weil Philosophen ohne Mathematik auskommen!

    • Hallo Herr Holzherr,
      Quanteneffekte lassen sich nicht lokal realistisch erklären. Sie lassen sich aussermathematisch überhaupt nicht erklären.
      Wenn man Quanteneffekte aber nicht lokal realistisch erklären kann, dann kann man auch kein Experiment widerspruchslos beschreiben. Da beschreibt man Quanteneffekte, die in der Realität ablaufen, oder nicht? Das ganze widerspricht sich nun mal, aber deshalb muss man die Welt nicht so ansehen, als ob sie per de widersprüchlich wäre, sondern der logische Schluss wäre, eine andere Beschreibung, z. B. Über Modalbegriffe zu probieren.
      Nicht mehr und nicht weniger.
      Grüße fossilium

  10. Martin Holzherr,
    ……..skurrile Theorien,
    um die Sache etwas zu konkretisieren, vielleicht die Stringtheorie.
    Ich finde es gut, wenn die Wissenschaftler den Mut finden etwas “unkonventionelles” vorzuschlagen.
    In der Physik ist es doch so, dass immer noch zu 99% konventionell gerechnet und gedacht wird. Das wird sich auch nicht ändern, weil man ja in der angewandten Physik/Technik Ergebnisse braucht.
    Wer hat von uns schon mal mit Quantenverschränkung zu tun gehabt?
    Die spielt doch im Leben nur eine untergeordnete Rolle und ist nur für die Grundlagenforschung von Belang.

    • Nur weil einem die Begriffe fehlen, oder die Begriffe nicht passen – z. B. passt das was wir üblicherweise in der Wissenschaftssprache unter einem ‘Zustand’ verstehen, nicht auf den zustandsvektor und seine linearkombinationen – nur deswegen können wir die Realität nicht für verrückt oder widersprüchlich per se erklären.
      Das logische argumentieren wird so auf den Kopf gestellt.
      Es grüßt Sie
      Fosslium

    • Quantenverschränkung ist ein Alltagsphänomen. Die Elektronen in der Hülle eines Atoms sind immer verschränkt (und damit korreliert), was bei Berechnungen berücksichtigt werden muss.

  11. Ist schon skurril das jemand die Welt für verrückt hält nur weil es an Begriffen fehlt sie zu beschreiben.
    Wunder in der Weltverband darf es nicht geben. biegt man sich die Realität eher zurecht.
    Grüezi
    Fossilium

  12. Im Gegenteil:
    Ich find es verrückt, dies alles für nicht-lokal zu halten: Seit Einstein wissen wir, dass Photonen die längsten Objekte im Universum sein können, weil für diese Quanten keine Zeit vergeht, weil sie sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Die verschränkten Photonen A und B sind also in ihrer eigenen Zeit-Raum-Welt zu keinem Zeitpunkt je auseinander gefallen. Auch ein 600 Jahre “altes” Photon hat in seiner eigenen Zeitrechnung das exakte Alter von 0,0 Sekunden und ist im nächsten Lebensmoment seiner Messung duch uns (allgemeiner gesagt: Seiner erneuten Zeitsynchronisation mit anderen Universumsteilnehmen):
    Tot

    Die wundersamen Zaubereien der Quantenphysik sind doch nichts anderes als Syncronisationsphänomene von Quantenzeiträumen mit anderen Zeiträumen. Für mich sind Feynman Diagramme reale Ausbreitungen von Quanten, die in anderen Zeiten leben.

  13. Ich hätte da auch ein schönes Eperiment:
    Da
    E=MC^2
    müsste ein gewaltiger Laserstrahl auch eine gravitative Auswirkung haben, wenn er dicht an einem Satelliten vorbei geschickt wird. Ich wette aber, dass ein solcher Laserstrahl diese Gravitationswirkung nicht haben kann, wenn er in die Leere eines sich ewig ausdehnenden Universums geschickt wird, anstatt einen Endpunkt zu haben. Seine wirkende Masseenergie teilt sich dann durch Unendlich, weil die Photonen unendlich lang sind.

  14. Zitat fossilium vom 16.5.2017:
    „Und dann wird nach einer verständlichen metaphysischen Deutung dieser Mathematik gesucht, Modelle und Begriffe werden erfunden (Felder und Quanten), und weil die Vorhersagen der Modelle so gut stimmen, werden diese Kunstobjekte und die zugehörigen Begriffe, die im Modell durchaus eine richtige Bedeutung haben, dann in die Wirklichkeit spekulativ hinein plaziert, mit dem Anspruch, sie müssten dort auch vorhanden sein, eben weil die Modelle so gut funktionieren.
    Dieses Verfahren schlägt aber vielfach fehl, weil Objekte und Begriffe wie Felder und Quanten in die Wirklichkeit nicht hineinpassen, und dann stellt sich ein elender Frust ein.“

    „Modelle in die Wirklichkeit spekulativ hinein zu platzieren“ entspricht unserer exklusiven menschlichen Natur. Kant drückt das so aus, „dass es zwei Stämme der menschlichen Erkenntnis gebe, die vielleicht aus einer gemeinschaftlichen, aber uns unbekannten Wurzel entspringen, nämlich Sinnlichkeit und Verstand, durch deren ersteren uns Gegenstände gegeben, durch den zweiten aber gedacht werden“. Und Charles Darwin sieht das Gehirn des Menschen als „wunderbare Maschine, die allen Arten von Dingen und Eigenschaften Zeichen beilegt und Gedankenreihen wachruft, die niemals durch bloße Sinneseindrücke entstehen könnten, oder, wenn dies der Fall wäre, doch nicht weiter verfolgt werden könnten“, wobei daraus „die höheren intellektuellen Fähigkeiten, wie das Schließen, Abstrahieren, das Selbstbewußtsein usw., entstanden“.

    Dieses System unserer Sprache und unseres bewussten Denkens, bei dem „allen Arten von Dingen und Eigenschaften [auf neuronale Weise] Zeichen beilegt“ und sie dadurch abstrahiert werden, ist nach Konrad Lorenz genauso ein evolutionswirksames Informationssystem wie das der Gene, nur „schneller und besser“. Darin abstrahieren wir die sinnlichen Wahrnehmungen, können diese Abstraktionen auch modifizieren und so etwa als Werkzeuge völlig neue Dinge erfinden und als Kultur tradieren. Wenn diese Abstraktionen nicht mit den Gesetzmäßigkeiten der sinnlichen Ebene übereinstimmen, wie etwa im Fall religiöser Vorstellungen, ist das dadurch als „metaphysisch“ definiert.

    Die mathematische Abstraktion der sinnlichen Wahrnehmungen bzw. der darin erkannten physischen Ebene ist nichts anderes als ein Sonderfall der sprachlichen Abstraktionen. Wenn sich diese mathematischen Abstraktionen nicht empirisch überprüfen lassen, was nichts anderes als ein Abgleich der abstrahierten mathematischen Ebene mit der sinnlich-physischen Ebene ist, wären sie metaphysisch und damit höchstens zur Befriedigung emotionaler Bedürfnisse tauglich.

    Wenn die empirische Überprüfung jedoch gesetzmäßig gegeben ist und von daher sogar Vorhersagen gemacht werden können, ist es genauso legitim, diese Abstraktionen oder „Modelle“ auf die „Wirklichkeit“ (der sinnlichen und physischen Ebene) anzuwenden wie im Fall unserer Sprache. Es kommt nicht darauf an, ob oder wie neue Modelle oder Begriffe „erfunden“ werden, sondern darauf, ob sie passen. Dieses Passen wiederum gilt stets zwischen sprachlicher und sinnlicher Ebene, d.h. „weil die Vorhersagen der Modelle so gut stimmen“ bezieht sich darin immer auf die sinnlich wahrgenommene physische „Wirklichkeit“. Eine allein im „Modell durchaus richtige Bedeutung“, die nicht auf die Wirklichkeit passt, ist sinnlos.

    Nun scheinen aber in der Quantenphysik die „Objekte und Begriffe wie Felder und Quanten“ nicht in „die Wirklichkeit“ hinein zu passen. Doch es verhält sich gerade umgekehrt, d.h. unser heutiges Wirklichkeits- oder Realitätsverständnis einer unabhängig vom Erkennen daseienden Welt ist genauso falsch wie einst das sinnlich wahrgenommene geozentrische Weltbild, das durch das „Modell“ einer sprachlich-geistigen heliozentrischen Abstraktion berichtigt wurde. Die sinnhaft wahrgenommene Realität oder Wirklichkeit einer sich um die Erde drehenden Sonne war und ist falsch. Die mathematischen Abstraktionen oder Modelle der Quantenwelt setzen nun in ähnlicher Weise Realität und Lokalität der von uns sinnlich wahrgenommenen Welt außer Kraft – und verlangen darin wiederum nach einem neuen Weltbild.

    Wir müssen also aufgrund dieser Erkenntnisse unser Weltbild verändern, und zwar in stetiger Fortführung der Entwicklung „naiver Realismus“ – „kritischer Realismus“ – „hypothetischer Realismus“ nun gänzlich zum Idealismus hin. Das bedeutet, dass nicht nur ein mehr oder weniger großer Teil der von uns erkannten Welt in unserem Erkennen konstruiert ist, sondern die gesamte von uns erkannte Welt, auch ihre Grundstruktur des in Raum und Zeit getrennten Seins. Das heißt nicht, dass es eine substantielle Realität gar nicht gibt, es heißt aber, dass wir sie nicht erkennen und als solche (im Sein) niemals werden erkennen können. Die von uns erkannte Welt existiert damit nicht unabhängig von unserem Erkennen und Bewusstsein, sondern genau wie die Farben nur darin. Die Versuche der Quantenphysik, deren Gedankenexperiment „Schrödingers Katze und Wigners Freund“ sich dann idealistisch mit Everetts „Viele-Welten-Theorie“ erweitern lässt, sind damit die vollständige und passende empirische Bestätigung des Idealismus.

    Mit was für emotionalen Problemen ein solcher Weltbildwechsel verbunden ist, verdeutlicht folgende Anekdote der Kopernikanischen Wende. Kepler hatte zehn Jahre nach der Hinrichtung Brunos einen Brief an Galilei geschrieben. Bruno hatte die Ansicht vertreten, dass die Sterne am Himmel Sonnen wie unsere eigene sind, mitsamt Planeten wie dem unserer Erde. Nachdem Galilei mit seinem neuartigen Instrument aber nur Monde des Jupiter gesehen hatte, schrieb ihm Kepler daraufhin spürbar erleichtert: »Hättest Du auch Planeten entdeckt, die einen Fixstern umlaufen, dann würde das für mich eine Verbannung in das unendliche All Brunos bedeutet haben.« Ihm bereite, so schrieb er an anderer Stelle, »schon der bloße Gedanke einen dunklen Schauder, mich in diesem unermesslichen All umherirrend zu finden«, das »jener unglückselige Bruno in seiner grundlosen Unendlichkeitsschwärmerei« gelehrt habe.

  15. “Bereits das einfachst mögliche Experiment mit Quelle und den Messungen A und B auf einem optischen Tisch kann den Verdacht Einsteins widerlegen.”

    Wie das? Über den Bell’schen Weg, zu zeigen, dass für die 8 Strategien der Photonen bei A und B für 0°, 30° und 60° keine diskrete Verteilung p1 + … + p8 = 1
    existiert, sodass pi >= 0 erfüllt ist? Das ist ja auch etwas unfair. ich habe es mal durchgerechnet für den Fall, dass die Messausgänge nur für eine – während des Experiments konstante – Ausrichtung der Polarisationsfilter bei A und B determiniert sind. Denn jede Änderung der experimentellen Anordnung zerstört die Randbedingungen und ändert streng genommen die Wellenfunktion. Dass dabei ihr Betragsquadrat gleich bleibt, soll nicht stören:
    A B
    0 / 30 30 / 60
    p1 – – 3 / 8
    p2 – + 1 / 8
    p3 + – 1 / 8
    p4 + + 3 / 8

    A B
    0 60
    p1 – – 1 / 8
    p2 – + 3 / 8
    p3 + – 3 / 8
    p4 + + 1 / 8

    Vielleicht geht eben die Annahme, dass das Verhalten der Photonen für alle 3 Winkel determiniert ist, zu weit. Aus der Nichterfüllung von pi >= 0 in diesem Fall folgt m.E. lediglich, dass das Verhalten eines Photons nicht für alle drei Winkel, sondern nur für einen zu Beginn und während des Photonenfluges zum Polarisationsfilter konstant zu haltenden Winkel determiniert ist.

    “Die Polarisation beider Photonen, so vermutete Einstein, liegt an der Quelle bereits fest und uns fehlt nur die vollständige theoretische Beschreibung des Prozesses.”

    Die Polarisation an der Quelle wird am Polarisationsfilter zerstört und ist nicht messbar. Der Polarisationsfilter misst nicht die Polarisation an der Quelle sondern präpariert eine Polarisation, wobei das Photon die Wahl hat, zu passieren (+) oder nicht (-). Insofern geht es nicht um die Polarisation an der Quelle, sondern um das, was das Photonenpaar beim Auftreffen am jeweiligen Filter macht. Und das ist bei verschränkten Photonen und identischen Winkeln 100 % korreliert und sonst eben genau das Quadrat des Kosinus des Differenzwinkels (0° – 100 % – Reaktion identisch bis auf Fehlpaare, 30° – 75%, 60° – 25 %, 90° – 0 %).

    Fazit: Ich wundere mich über diese triumphalistische Darstellung auf der Grundlage einer solch dünnen Argumentation.

    Die Quantentheorie ist eine statistische Theorie und kann also keine vollständige Beschreibung individueller Teilchen sein. Ich verstehe nicht, was daran so kontrovers sein soll. Vielleicht erträgt man nicht, keine vollständige Beschreibung zu haben.
    Das Betragsquadrat der Wellenfunktion ist eine Wahrscheinlichkeitsdichte, welche Aussagen über idealiter unendlich große Ensemble erlaubt. Z.B. bei einer gegebenen Ortsverteilung, welcher Anteil von N Teilchen (N sehr groß) in einem bestimmten Raumintervall anzutreffen ist (N * Integral der Dichtefunktion über dieses Raumintervall). That’s it.

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