Keine Angst vor Lobby oder von Kernfragen und Kerngedanken

BLOG: Quantenwelt

Gedanken eines Experimentalphysikers
Quantenwelt

Eine der großen Fragen des täglichen Lebens ist, wie und woher man verlässliche Information zu wissenschaftlichen und technischen Themen bekommt. Dabei geht es mir hier nicht um die Frage, wie man sich als Wissenschaftler auf ein neues Fachgebiet einarbeitet, sondern wie man effektiv Informationen bekommt, mit denen man sich einen belastbaren Standpunkt in aktuellen politischen Fragen erarbeiten kann.

Für Fachleute bieten sich da zwar Publikationen in Fachzeitschriften an, aber wer hat schon die Zeit, sich in jedes Thema so detailliert einzuarbeiten, dass daraus eine Doktorarbeit werden könnte. Zudem sind aktuelle wissenschaftliche Publikationen meist so speziell, dass sie kaum einen Überblick über ein Thema vermitteln. Was wir in der Regel brauchen, um uns ein Bild von den uns umgebenden Problemen zu machen, sind begründete Expertenmeinungen.

Vielleicht nenne ich zunächst ein paar Beispiele, die verdeutlichen, wovon ich rede. Vor kurzen gab es im Bundestag eine Debatte zur Präimplantationsdiagnostik. Um sich hier eine Meinung zu bilden, ob dieses Verfahren erlaubt sein sollte oder nicht, ist es hilfreich zu erfahren, was Präimplantationsdiagnostik überhaupt ist. Wo kann man das erfahren? In der Diskussion um erneuerbare Energien und die Verlängerung oder Verkürzung von Kernkraftlaufzeiten braucht es Informationen. Wie gefährlich ist Kernkraft wirklich? Wie wichtig ist der Ausbau des Stromnetzes? Ist Elektrosmog eine mögliche Gefahr?  All diese Fragen wird man sich stellen müssen, bevor man ein funktionierendes Energiekonzept für die Zukunft ersinnen und über Optionen entscheiden kann.

In der Öffentlichkeit und der Tagespresse scheint es oft ein hohes Gut zu sein, dass Informationen aus neutraler Quelle stammt. Als das Wirtschaftsministerium letzten Sommer ein Gutachten zum Energiekonzept der Bundesregierung vorlegte, da war einer der Hauptkritikpunkte nicht inhaltlich. Es gab vielmehr Zweifel an die Neutralität der Autoren, weil das Ausführende Institut unter anderem Drittmittel von RWE bekommen hatte. Die Studie hatte Mängel, keine Frage. So fehlten Fehleranalysen und die Studie untersuchte gar keine Alternativszenarien mit Laufzeitverkürzung, so dass die Beteuerung der Regierung, eine Laufzeitverlängerung sei alternativlos, nur in Bezug auf die Studie galt. Alternativen ließ die Regierung nicht untersuchen. Da aber kann das beauftragte Institut nichts für, das hätten auch finanziell unabhängige Experten nicht ändern können: Eine Studie kann nur die Fragen beantworten, die an sie gestellt wurden.

Ist finanzielle Unabhängigkeit von Experten wichtig? Ich denke nein und ich habe Beispiele, in denen eindeutig finanziell abhängige Experten eine gute Arbeit leisten.

Eine meiner liebsten Infoseiten im Internet ist das Portal Kernfragen.de. Dieses Wissensportal Kernenergie, wie es sich selber nennt, wird vom Informationkreis Kernenergie betrieben. Einem Verband, dem unter anderem die großen Vier, Eon, Vattenfall, RWE und EnBW, angehören. Ein typischer Lobbyverband also. Ist die Information deshalb falsch? Glücklicher Weise kann ich das beurteilen, denn ich habe im Nebenfach medizinische Strahlenphysik studiert und im Hauptfach Physik. Die grundlegenden Informationen zur Kernenergie auf dem Portal sind richtig und ich finde, dass die Macher dort gute Arbeit leisten. Dabei machen die Autoren keinen Hehl daraus, dass sie Pro-Atomkraft argumentieren. Sie schreiben überall dort, wo sie für Kernenergie argumentieren, in der wir-Form. So wird klar, dass hier eine Meinung vertreten wird. Eine Meinung aber, die mit Argumenten gestützt wird. Argumente sind für die Öffentlichkeitsarbeit gefährlich, denn man kann sie überprüfen und gegebenenfalls widerlegen. Wenn sie aber gut und sachlich vorgetragen werden, können sie vertrauensbildend wirken. Diese Wirkung wird hier natürlich angestrebt.

Aktuelle Informationen über den Fortgang des Reaktorunglücks nach dem Erdbeben und Tsunami in Fukushima kann man über eine ganz ähnliche Quelle bekommen. Ich folge dem Deutschen Atomforum @atomforum bei Twitter. Dort gibt es tägliche Links auf die neusten Messwerte und natürlich auch andere aktuelle Informationen von den Atomstromexperten.

Ein Experte anderer Art, den ich hier empfehlen möchte, ist Jan Gottwald. Der Betreiber des Blogs Kerngedanken.de ist natürlich keine Lobbyorganisation, sondern Privatperson. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Firma, die sich mit Endlagerung beschäftigt, ist auch er nicht das, was man einen unabhängigen Experten nennt. Aber er ist Experte und er beantwortet in seinen Blogbeiträgen kompetent fragen zur Endlagerung und anderen Aspekten der Kernenergie. Die Beiträge auf Kerngedanken sind immer durchdacht, meistens persönlich und manchmal provokant. Sie enthalten Informationen aus erster Hand.

Wählen wir ein Beispiel der medizinischen Forschung. Sebastian Reusch hat auf Enkapsis auf ein Was-ist-Was-Buch zur Herstellung von Medikamenten hingewiesen. Promt wurde er vom Kommentator Niels kritisiert: “Ich verstehe nicht, wie man einer solch offensichtlichen Lobbying-Aktion gegenüber derart unkritisch sein kann.” Hintergrund ist, dass das kostenlose Was-ist-Was-Buch vom Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) produziert und herausgegeben wird. Unter Lizenz des Tesloff-Verlages, der die Reihe Was-ist-Was herausgibt und die Marke führt. Ist das Buch schlecht, weil es von einem Lobbyverband zur Imageförderung herausgegeben wird? Natürlich nicht. Schlecht wäre es, wenn es falsche Information enthielte. Sebastian hat das Buch aber empfohlen, weil er es gelesen und für gut gehalten hat. Kritik an diesem Buch ist gut und wertvoll. Aber sie sollte sich gegen den Inhalt richten. Nicht wer etwas gesagt hat, ist das Problem, sondern was gesagt wird. So ist es ein guter Einwand, dass in dem Buch kein Beispiel für ein Versagen des Zulassungsverfahrens für Medikamente gebracht wird. Es fehlt vielleicht der Beitrag über Contergan. Inhaltlich lohnt es sich, kritisch zu sein. Aber nicht, weil der vfa dahinter steht. Auch wenn der Tessloff-Verlag selbst ein Buch herausgibt, sollte man inhaltlich kritisch sein.

Ist dieser Beitrag ein Appell, alles zu glauben, was bezahlte Experten schreiben? Nein. Er ist ein Appell Informationen aus erster Hand zu lesen und sie nicht zu verwerfen, weil der Autor damit Geld verdient. Echte Experten sind selten unabhängig, weil auch sie Geld verdienen müssen. Experten werden vorzugsweise von der Branche bezahlt, in der sie sich auskennen. Menschen machen vorzugsweise in dem Bereich Erfahrungen, in dem sie 40 Stunden in der Woche arbeiten. Man sollte bezahlten Experten und Lobbyvereinigungen nicht alles glauben. Man sollte inhaltlich sorgfältig überprüfen, was sie schreiben. Aber man kann sich bei ihnen auf eines Verlassen: Sie verstehen etwas von der Sache. Das kann man sich zunutze machen. Lesen bildet, selbst wenn es die Argumente einer Lobby sind.

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

www.quantenwelt.de/

Joachim Schulz ist Gruppenleiter für Probenumgebung an der European XFEL GmbH in Schenefeld bei Hamburg. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann in der Quantenoptik, in der er die Wechselwirkung einzelner Atome mit Laserfeldern untersucht hat. Sie führte ihn unter anderem zur Atomphysik mit Synchrotronstrahlung und Clusterphysik mit Freie-Elektronen Lasern. Vier Jahre hat er am Centre for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg Experimente zur kohärenten Röntgenbeugung an Biomolekülen geplant, aufgebaut und durchgeführt. In seiner Freizeit schreibt er zum Beispiel hier im Blog oder an seiner Homepage "Joachims Quantenwelt".

16 Kommentare

  1. Argumente nur aus einer Hand

    Danke für die Werbung, freut mich dass mein Geschreibsel den ein oder anderen interessiert 😀

    Ich kenne die Problematik ja sehr gut: sobald man ein Argument bringt, was die eine Seite stützt, wird von der Gegenseite vorgeworfen, dass keine Objektivität herrscht. Das macht es teilweise schwer zu diskutieren.

    Andererseits aber kann man sicher sein sich nicht mit Argumenten auseinandersetzen zu müssen, die den eigenen Standpunkt in Frage stellen könnten. Ich vermute hier eine Art Selbstschutz für das eigene Weltbild. Ist aber auch schwer, in einer Welt wie der heutigen mal den Kopf anzumachen und auch mal die Gegenseite zu hören.

  2. Kerngedanken

    Ich lese Kerngedanken auch gern, kann aber nur konsumieren, nicht viel beitragen.

    Diskussionen mit “überzeugten Aktivisten” über Gentechnik, Kernenergie und auch Impfungen oder Medizin im Allgemeinen verlaufen nach ähnlichen Schemen.

    Die Lobbykeule ist in Diskussionen schnell geschwungen und erspart recherchefaulen Kommentatoren eine Menge Arbeit, weil sie damit so gut wie jedes Argument eine Fachmannes vom Tisch fegen können.

    Wenn ich z.B. etwas über ein Medikament wissen will, ist der erste Schritt auch, in die Fachinformation zu schauen und die kommt nun mal vom Hersteller.
    Die Angaben zu Dosierungen, Pharmakologie und Nebenwirkungen sind trotzdem korrekt.
    Ich bin selber Apotheker und habe an dem “Was ist Was”-Buch nichts fachliches auszusetzen gehabt.
    Da steht nichts Falsches drin. Wenn da noch ein kleiner Exkurs zu Arzneimttelskandalen dringewesen wäre, würde doch auch bloß Kritik kommen, das dieser “verharmlosend” wäre. Ich versteh das Rumgemosere nicht.
    Wie würde unser Leben denn ohne Medikamente aussehen? Ziemlich bescheiden und kurz. Der Nutzen ist doch immens. Als gesunder 20, 30 oder auch 40jähriger kann man prima auf Pharmalobby usw. schimpfen, weil man gar nicht groß mitbekommt, wie die Medizin einem schon geholfen hat. Die kurzen Krankheitsepisoden oder die nicht durchlebten Krankheiten, da man geimpft ist, hinterlassen wenige Erinnerungen. Bei den älteren Jahrgängen, (normalen) Eltern oder auch chronisch Kranken dürfte die Quote der dumpfen Ablehnung der Moderne deutlich geringer sein.

    Bewusster leben sollte eigentlich bedeuten, dass man mal darüber nachdenkt, wie gut es uns aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts und auch unserer sozialen Marktwirtschaft eigentlich geht.

  3. Meinung ohne Wissen

    Zum Lobbyismus – der politischen Interessenwahrung von Firmen und Gruppen – gehört immer mehr auch die Beeinflussung der öffentlichen Meinung, der Meinung von Laien also, zu denen eben auch Journalisten und andere Meinungsmacher zählen, die als willkommene Multiplikatoren dienen.

    Die von Joachim Schulz erwähnten Informationsbroschüren, Info-Webseiten und firmennahen Experten sind meiner Ansicht nach nicht das Problem, denn diese wollen oft einfach über den Informationsservice, den sie bieten, einen positiven Eindruck hinterlassen – demenstprechend werden umstrittene Fragen meist vermieden, denn man will ja niemanden verprellen.

    Viele Laien- Beeinflussungsversuche von Lobbyismus-Gruppen laufen über selektive Meldungen, wobei Fakten in einen suggestiven, oft auch emotional getönten Zusammenhang gestellt werden.
    Beispiel (Greenpeace):Die Sonne bestrahlt die Schweiz mit soviel Energie, dass damit der Gesamtenergieverbrauch 220 mal gedeckt werden könnte.
    Ein Faktum, dass aber als Einzelaussage auch suggeriert, das Energieproblem der Schweiz (oder Deutschlands) sei eigentlich schon praktisch gelöst und man nüsse nur noch den politischen Willen aufbringen, diese Gratis-Energie auch zu nutzen.
    Im Energiebereich findet man viele solche Suggestionen – von allen Seiten. Wohl darum, weil die Energieversorgung sowohl etwas einfaches, physisch gut fassbares als auch etwas komplexes an sich hat, weil ökologische, ökonomische, physikalische und sicherheitstechnische Aspekte eine Rolle spielen.
    Für den interessierten Laien gibt es nur einen Ausweg: Er muss sich selber informieren – über die Wikipedia und die von ihr referenzierten Links, über die von Joachim Schulz erwähnten Portale und über Bücher.
    Eigentlich schade, denn es wäre doch Aufgaber der normalen Tagespresse dem Leser ein Grundwissen zu vermitteln. Doch viele Journalisten schreiben über Energiefragen, obwohl sie selbst nur eine Meinung aber kein Wissen darüber haben.

  4. Brotlose Kunst @Martin Holzherr

    “Eigentlich schade, denn es wäre doch Aufgaber der normalen Tagespresse dem Leser ein Grundwissen zu vermitteln. Doch viele Journalisten schreiben über Energiefragen, obwohl sie selbst nur eine Meinung aber kein Wissen darüber haben.”

    Da muss man sich aber auch fragen, wer die “Journalisten” in der “normalen Tagespresse” sind. Bereits vor Jahren haben viele Zeitungen die meisten ihrer festangestellten Journalisten entlassen und beschäftigen nur mehr Freiberufler, Praktikanten/Volontäre oder “Lesereporter”. Letztere bekommen gar kein Geld für ihre Artikel und die freiberuflichen Journalisten bekommen oft nur ein Zeilenhonorar von unter 50 Cent. “In Einzelfällen wurden sogar Dumping-Honorare von 5 Cent pro Zeile gezahlt.” (Siehe Link). Davon gehen dann auch noch Einkommenssteuer, Sozialversicherungsbeiträge und sonstige Unkosten weg. Wenn sich jetzt der Artikelschreiber auch noch gründlich in seine Themen einarbeiten muss, was meinen Sie was da noch an Verdienst übrigbleibt?

    Quelle: http://www.freischreiber.de/

  5. guter Journalismus

    Vielen Dank, Mona, für den Hinweis auf die schlechte Bezahlung von Journalisten.

    Hier liegt meines Erachtens ein Problem vor. Wenn es immer weniger unabhängig finanzierte Journalisten gibt, die es sich leisten können, sich ausgewogen zu Informieren, dann sind wir mehr und mehr auf die PR-Abteilungen der Industrie angewiesen. Mein Punkt sollte nicht sein, dass Lobby den unabhängigen Journalismus ersetzen sollte. Durch die sich ausbreitende Kostenlos-Mentalität wird es aber vermutlich so weit kommen, dass Wissen größtenteils von Interessengemeinschaften vermittelt wird. Dass also de facto Journalismus gegen PR ausgetauscht wird. Das wäre bedenklich.

  6. Problem der Lobbyarbeit

    Da Lars sich auf Twitter schon beschwert, dass nicht genug Widerspruch kommt, stimme ich hier mal der durchaus kritischen Stimme von Martin Holzherr zu.

    Das Problem an der Lobbyarbeit ist nicht der Teil, wo Interessengruppen öffentlich über sich und ihre Arbeit informieren. Solche Informationen können (wie in den von dir beschriebenen Fällen) sehr wertvoll sein.

    Nein, das Problem liegt darin, dass Lobbygruppen (egal, ob es sich um das Deutsche Atomforum oder um Greenpeace, um die Pharmaindustrie oder die Impfgegner handelt) viel Geld und Personal haben, um Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, während andere (zum Beispiel Wissenschaftler an Universitäten und Forschungsinstituten) keins von beidem haben.

    Wer sich aktiv informiert, wird meistens ein ausgewogenes Gesamtbild bekommen, aber für die breite Öffentlichkeit entsteht ein medial vermitteltes Zerrbild, das nicht durch Fakten und deren differenzierte Diskussion und Bewertung, sondern ausschließlich durch interessengeleitete PR-Arbeit bestimmt wird.

  7. @A.S.

    Ist das Zerrbild in der Öffentlichkeit wirklich ein Produkt der Lobbyarbeit?

    Du schreibst ja selber, dass man sich ausgewogen informieren kann, wenn man alle Seiten zu Wort kommen lässt und die Argumente (nicht die Herkunft derselben) bewertet. Man könnte sich also ausgewogen informieren.

    Die Verzerrung entsteht nicht in der PR-Arbeit. Sie entsteht dadurch, dass gewisse (aber nicht alle) Lobbyorganisationen als vertrauensunwürdig angesehen werden. Ein Beispiel habe ich gegeben: Das Energiekonzept der Bundesregierung wurde in den Nachrichten nicht inhaltlich diskutiert, sondern beinahe ausschließlich dafür kritisiert, dass das ausführende Institut nicht finanziell unabhängig sei.

    Das Problem ist nicht, dass zu viel Argumente durch PR verbreitet werden, sondern dass nicht die Argumente sondern nur ihre Herkunft diskutiert wird.

  8. Lobbyvorwurf als Marketinginstrument

    Auch bei gutbezahlten Profijournalisten im öffentlich rechtlichen Rundfunk kommt immer mal Bullshit raus, wenn die ihre eigenen Vorurteile verfilmen. Erinnert sich noch jemand an Regividerm?
    Im Film wurde auf die übermächtige Pharmalobby eingedroschen und der “Erfinder” der Creme als betrogener Underdog.
    Ganz so war es dann doch nicht, aber viele Leute haben das geglaubt und die rosa Wunderschmiere ausprobiert und das Buch “Heilung unerwünscht” gekauft.
    http://www.esowatch.com/…ex.php?title=Regividerm

    Wie unkritisch dies Räuberpistole von vielen Leuten und anfänglich auch von seriösen Medien angenommen wurde, zeigt deutlich, wie leicht man mit dem Wort “Lobby” punkten kann. Der Druck auf dieses Knöpfchen funktioniert sehr gut.

  9. Bürger diskutieren mit Experten

    Hi Joachim,

    letzte Woche habe ich zum Thema PID eine mit 4 hochkarätigen Experten besetzte Fishbowl-Diskussion in der Leopoldina moderiert. Dazu konnten sich Bürgerinnen und Bürger vorab anmelden. Vor Ort durfte dann jeder der ca. 100 Teilnehmer in das „Goldfischglas“ im Zentrum des Raumes, wo die Experten saßen, auf einen von zwei freien Stühlen vorpreschen und aktiv in die Diskussion eingreifen, nachhaken, kommentieren. Das lief prima und hat den Diskurs über dieses ethisch heikle Thema zumindest lokal eindeutig beflügelt.

  10. Diskussion

    Hallo Carsten,

    Danke für den Link. Die Idee, Bürger an einer Expertendiskussion zu beteiligen, ist sehr gut. Im Grunde die einzige, die den Weg aus Politikverdrossenheit und Misstrauen gegen Wissenschaft und Technik weisen kann.

    Auch das Format dieser Diskussionsrunde ist interessant. Aber das geht bei 130 Menschen. Wie bekommt man eine sachliche Diskussion mit 80 Millionen Bundesbürgern hin?

    Hallo Cohen,

    “zeigt deutlich, wie leicht man mit dem Wort “Lobby” punkten kann.”

    Ja, das ist der Grund, warum ich hier bewusst “Lobby” und nicht richtiger PR geschrieben habe. Unter Lobbyarbeit versteht man eigentlich das Beinflussen von Politikern, nicht der Öffentlichkeit. Dennoch eignet sich der Lobbyvorwurf hervorragend, um Argumente zu diskreditieren.

  11. Was ist was

    Da dieses so genannte “Was ist was-Buch” hier wieder erwähnt wurde, möchte ich doch noch mal einmal kurz darlegen, was ich an dieser Geschichte besonders bemerkenswert finde. Inhaltlich kann ich dazu noch immer nichts sagen, aber ich glaube gern, dass die von dem vfa beauftragte Autorin gute Arbeit geleistet hat. Ich denke auch nicht, dass man in einem Text, der die Entwicklung von Arzneimitteln zum Thema hat, die zum Teil dramatischen Folgen falscher Medikationen groß behandeln müsste, ein kurzer Hinweis sollte da genügen.

    Was mir als Konsument etwas übel aufstößt, ist, dass diese an sich wertvolle Information unter dem Deckmantel einer angesehenen Buchreihe erfolgt. Ich merke die manipulierende Absicht und bin verstimmt (1). Dass andere das nicht so sehen, bestätigt in meinen Augen nur, dass es eine prima Idee des Projektleiters war, die Informationsbroschüre im Gewand eines Was-ist-was-Buchs unter die Leute zu bringen. In einer leicht verständlichen Sprache kann so den Lesern im Alter zwischen 11 und 80 Jahren unter anderem nahe gebracht werden, warum neu entwickelte, also “innovative” Medikamente so teuer sein müssen (das freut natürlich auch den Apotheker ;-).

    Das war, wie gesagt, meine Sicht der Dinge als Konsument. Als einer, der in der Pharmabranche eine Zeitlang seine Brötchen verdient hat, kann ich dem vfa zu diesem gelungenen Projekt nur gratulieren.


    (1) Mir ist klar, dass dies nur ein subjektiver und mithin möglicherweise falscher Eindruck ist…

  12. @Balanus: Verstimmung

    “Ich merke die manipulierende Absicht und bin verstimmt.”

    Ich gebe Dir in allem recht, bin aber nicht verstimmt. Und zwar deshalb nicht, weil ich bezweifle, daß eine nicht interessengeleitete, nicht manipulative Forschung und Präsentation existiert.

    Die Erwartung, eine staatliche Alimentierung könne Wissenschaftler und Medien wirtschaftlich unabhängig und damit unbestechlicher und objektiver machen, halte ich für stark übertrieben. Menschen sind nicht nur durch Wirtschaftsgüter motiviert sondern mindestens so stark durch Ansehen und Ruhm. Und so vertreten sie ihre Lieblingstheorien oft mit eselhafter Dickköpfigkeit, auch wenn sie keine materiellen Vorteile davon haben. Z.B. der bedeutende Chemiker Linus Pauling seine exzentrische orthomolekulare Medizin.

    Diese übertriebene Angst vor ‘Lobbyismus’ begegnet mir als Heilpraktiker gelegentlich geradezu grotesk. Patienten beklagen sich bei mir über die von Profitstreben geleiteten Aussagen von Pharmaindustrie und Ärzten, obwohl sie die über Kasse mich aber privat bezahlen. Ich unterliege also einem stärkeren materiellen Druck als Kassenärzte (erliege ihm aber hoffentlich nicht).

    Daß man im Fall des “Was-ist-was”-Buchs die Absicht spürt, finde ich eher angenehm. Bei Publikationen aus dem akademischen Umfeld oder den öffentlich-rechtlichen Medien spürt man sie vielleicht nicht – sie ist aber vorhanden. Und das scheint mir eher beunruhigend.

  13. Manipulation @Joachim

    “Die Idee, Bürger an einer Expertendiskussion zu beteiligen, ist sehr gut. Im Grunde die einzige, die den Weg aus Politikverdrossenheit und Misstrauen gegen Wissenschaft und Technik weisen kann.
    Auch das Format dieser Diskussionsrunde ist interessant. Aber das geht bei 130 Menschen. Wie bekommt man eine sachliche Diskussion mit 80 Millionen Bundesbürgern hin?”

    Im bayrischen Fernsehen gibt es die Sendung “jetzt red i”, die auch ein bisschen so abläuft. Dazu kommen an verschiedenen Orten Politiker, Fachleute und Betroffene mit dem Fernsehen zusammen, um über Probleme zu diskutieren, die den Bürgern in diesem Ort auf den Nägeln brennen, z.B. wenn in ihrem Ort ein Pumpspeicherwerk gebaut werden soll. Häufig kann dann ein Konsens gefunden werden.
    Auch zwischen größeren Gruppen, wie zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, gibt es Verhandlungen, da können dann natürlich nicht alle Betroffenen persönlich erscheinen, sondern Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften schicken gewählte Vertreter, um die Löhne usw. neu auszuhandeln. Die Gruppenvertreter betreiben auch Lobbyarbeit für ihre Mitglieder.

    Soweit so gut, aber es gab auch Sachen, die einseitig abliefen und so geschickt gemacht wurden, dass die Bevölkerung das gar nicht bemerkte. Kein Wunder, wenn dann eine allgemeine Politikverdrossenheit entsteht. Hier ein Beispiel, wie man sich um eine sachliche Diskussion herumdrückte und statt dessen das Volk manipulierte:
    http://www.stern.de/…lution-von-oben-517691.html

  14. Ich finde diesen Artikel sehr interessant weil man tatsächlich schnell vergisst, dass die Fachleute hauptsächlich von den Firmen finanziert werden in dessen Bereiche Sie auch arbeiten.
    Und es ist ja auch ganz normal das die Leute etwas, vom dem Sie überzeugt sind, auch (vehement) vertreten. Das gilt ja schon im alltäglichen Sinn bei kleineren Dingen als später auch im großen.
    Wichtig finde ich auch, dass (vor allem in den Kommentaren) noch auf die Situation der Journalisten hingewiesen wird. Gerade wer sich professionell mit dem Thema Recherche auseinander setzt, weiß dass die Journalisten nicht nur schlecht bezahlt sind, sondern in der Ausbildung auch kaum noch etwas über Recherche lernen und zudem manchmal nur Aufträge bekommen wenn Sie nicht großartig recherchieren. (So zB nachzulesen im “Trainingshandbuch Recherche: Informationsbeschaffung professionell” – Thomas Leif)

    Wie soll denn dann der öffentliche oder auch private mediale Apparat in der Lage sein die Öffentlichkeit richtig zu informieren? Und ist es nicht auch eine Art Lobbyarbeit wenn sich Journalisten mehr mit der Frage der Berechtigung einer Studie auseinandersetzen als mit den Inhalten der Studie?

    Fazit ist doch: Nicht umsonst werden Informationen zunehmend als Produkte betrachtet! Im heutigen Überfluss der Informationen ist es wichtiger als je zuvor, kritisch zu sein und sich persönlich eine Meinung zu bilden. Vorraussetzung dafür ist natürlich immer eine Recherche auf allen Seiten und natürlich ein offener Geist. Wenn man von Anfang an nichts sehen will…

    PS: Erwähnen möchte ich hier noch die Infobroker, die professionell und schnell Informationen bieten.

  15. Codex-Alimentarius

    Es ist offensichtlich das die Pharma-Mafia und die lebensmittelindustie im
    Verband mit den Großbanken (siehe Beispiel Goldman-Sachs und andere Groß-
    banken hand in Hand mit den Politikern
    arbeiten,bzw. gekauft haben und somit
    den normalen Bürger entmüntigen,auch die
    Presse ist gekauft,Siehe schöne neue
    Welt.

Schreibe einen Kommentar