Erste Teleskopnacht: Jupiter und seine Monde

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Gedanken eines Experimentalphysikers
Quantenwelt

In der Blogparade des Clear Sky-Blogs  habe ich berichtet, dass ich zu Weihnachten ein Teleskop bekommen habe, und versprochen, von meiner ersten Teleskopnacht zu berichten. Diese fand nun schon vor etwa einer Woche statt und sie war aus mehreren Gründen nur recht kurz.

Einer der Gründe war das miese hamburger Wetter seit Weihnachten. Leider schafft es unser Wetter bis heute nicht, richtig klare Winternächte zustande zu bringen und so musste ich mit einer Nacht mit aufgerissener Wolkendecke vorlieb nehmen. Ich blickte also aus der Terrassentür und sah zu meinem Erstaunen einige der Sternbilder recht klar. Und hoch im Süden den extrem hellen Planeten Jupiter. Perfekt! Ich trug also mein Teleskop auf die Terrasse und stellte das Stativ so auf, dass die Stundenachse grob nach Norden zeigte.

Mein Teleskop hat eine parallaktische Montierung. Das ist eine, bei der eine der Achsen, die Stundenachse parallel zur Erdachse ausgerichtet werden kann und somit nur ein Rädchen verfahren werden muss, um das Teleskop mit den Sternen mitwandern zu lassen. Leider ließ sich in dieser Nacht nichts mit dem Polfernrohr anfangen, das zur Ausrichtung der Achse dient. Gerade im Norden gab es störende Wolken. Also ignorierte ich die Vorteile der parallaktischen Montierung und richtete das Stativ nur grob aus. Ich wollte aus gesundheitlichen Gründen (anhaltende Erkältung) nicht zu lange Zeit auf der nasskalten Dachterrasse  verbringen.

Der nächste Schritt war nun, das Objekt meiner Begierde, den Jupiter in den Blick zu bekommen. “Nichts leichter als das”, dachte ich. Schließlich hatte ich das Sucherfernrohr vorher mit Hilfe einer entfernten Dachspitze mit dem Blickmittelpunkt des Teleskops in Übereinstimmung gebracht. Ich orientierte das Teleskop also so, dass der Jupiter genau im Fadenkreuz des Suchers zu liegen kam. Dabei lernte ich gleich, wie man das Teleskop grob und fein positionieren kann und wie man es am besten in der Halterung dreht um bequem durch das seitliche Okular zu sehen. Lernen dauert immer etwas länger, so dass ich einige Zeit brauchte, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war.

Nun war der Moment gekommen. Jupiter saß fest im Fadenkreuz. Ich setzte das Okular mit der geringeren Vergrößerung, Fokus 25mm ein, blickte hindurch und sah… nichts.

Die Justierung des Suchers war mir offensichtlich nicht so recht gelungen. Ich musste den Jupiter also jetzt mit dem Teleskop selbst suchen. Praktischer Weise sah ich bei näherem Hinsehen zwei recht dicht beieinander stehende Sterne, die ich zur Orientierung nutzen konnte. Euphorisch wie ich war, blickte ich direkt zum Himmel um zu sehen, wie diese Sterne wohl relativ zum Jupiter stehen. Ich suchte also mit bloßen Augen nach zwei charakteristisch nahe beieinander liegenden Sternen nahe des Jupiters und fand… nichts.

Theoretisch war es mir natürlich schon vorher klar: Man sieht mit einem 150mm-Durchmesser-Teleskop deutlich mehr Sterne als mit einer 7mm durchmessenden Augenpupille. Jetzt hatte ich es auch praktisch erfahren. Gut, also wieder in das Okular geschaut und den Himmel systematisch abgesucht. Das ging nach anfänglichen Schwierigkeiten gerade wegen der vielen für’s unbewaffnete Auge unsichtbaren Sterne recht gut. Anhand des Sternenpaares konnte ich immer wieder zum Ausgangspunkt zurückfinden und ich konnte die Sterne verfolgen, während ich die Achsen des Teleskops bewegte. So gewann ich langsam ein Gefühl dafür, wie weit und in welche Richtung das Teleskop zu drehen ist, um im Gesichtsfeld des Okulars gezielt zu suchen.

Ich suchte also, je mehr ich lernte desto systematischer, den Himmel nach Jupiter ab und wurde dann auch bald belohnt. Die Klarheit von Jupiter und den vier galileischen Monden verblüffte mich. Jupiter war kein Punkt mehr, sondern ein kleines Kügelchen und schön aufgereiht sah ich zunächst drei helle Punkte, einen links von Jupiter und zwei rechts. Bei genauem Hinsehen konnte ich auch den dritten recht nahe am Planeten ausmachen. Dass es diese Monde geben muss, wusste ich. Dass ich sie sehen würde, erwartete ich. Aber dass sie so klar ins Auge fallen würden, hatte ich nicht zu hoffen gewagt. Es war ein spannender Augenblick: Das erste mal, dass ich mit eigenen Augen ein fremdes Planetensystem zu Gesicht bekommen habe. Jupiter und seine Begleiter.

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Joachim Schulz ist Gruppenleiter für Probenumgebung an der European XFEL GmbH in Schenefeld bei Hamburg. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann in der Quantenoptik, in der er die Wechselwirkung einzelner Atome mit Laserfeldern untersucht hat. Sie führte ihn unter anderem zur Atomphysik mit Synchrotronstrahlung und Clusterphysik mit Freie-Elektronen Lasern. Vier Jahre hat er am Centre for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg Experimente zur kohärenten Röntgenbeugung an Biomolekülen geplant, aufgebaut und durchgeführt. In seiner Freizeit schreibt er zum Beispiel hier im Blog oder an seiner Homepage "Joachims Quantenwelt".

5 Kommentare

  1. Realitätschock

    “Das erste mal, dass ich mit eigenen Augen ein fremdes Planetensystem zu Gesicht bekommen habe. Jupiter und seine Begleiter.”

    Das beschreibt den Realitätsschock sehr gut, der auch mich immer wieder befällt, auch wenn ich schon seit ein paar Jahren regelmäßig durchs Teleskop schaue. Dieser ganze Astrokram ist wirklich da! Das ist nicht nur im Internet!

  2. Sorry, could not resist

    Einfach nur, weil’s ebenso schön ist wie die Jupitermonde selbst:

    “Im unendlichen Raum zahllose leuchtende Kugeln, um jede, von welchen etwan ein Dutzend kleinerer, beleuchteter sich wälzt, die inwendig heiß, mit erstarrter,
    kalter Rinde überzogen sind, auf der ein
    Schimmelüberzug lebende und erkennende Wesen erzeugt hat: – dies ist die empirische Wahrheit, das Reale, die Welt. Jedoch ist es für ein denkendes Wesen eine mißliche Lage, auf einer jener zahllosen im gränzenlosen Raum frei schwebenden Kugeln zu stehn, ohne zu wissen woher noch wohin, und nur
    Eines zu seyn von unzählbaren ähnlichen Wesen, die sich drängen, treiben, quälen, rastlos und schnell entstehend
    und vergehend, in anfangs- und endloser Zeit: dabei nichts Beharrliches, als allein die Materie und die Wiederkehr der selben, verschiedenen, organischen
    Formen, mittelst gewisser Wege und Kanäle,die nun ein Mal dasind. Alles was empirische Wissenschaft lehren kann, ist nur die genauere Beschaffenheit und Regel dieser Hergänge.”

  3. … danke der Warnung 🙂

    Ohne Teleskop, nur mit Fernglas, habe ich nur drei Monde gesehen … aber der Schock, wie viele Sterne ich trotz Lichtverschmutzung sehen kann, traf mich genauso … und es war hinreißend, macht süchtig, nächster Urlaub in einer dunklen Gegend … Ich bin leider seit dieser Nacht erkältet. Ich warte dann mal, bis die Nächte wieder warm werden.

    @Herr Wicht
    🙂

  4. @ Theres

    “Im unendlichen Raum…”

    Ich vergass – das sind die ersten Sätze des zweiten Bandes der “Welt als Wille und Vorstellung” von – nun ja – Schopenhauer, wem sonst. Man wirft ihm manchmal vor, er sei mehr Schriftsteller als Philosoph gewesen. Und wenn er NUR Schriftsteller gewesen wäre – WAS für ein Schriftsteller war er dann dennoch!

  5. @ Joachim

    Hexenwerk, alles Hexenwerk! Der Jupiter hängt, wie jedermann weiss, an einer gläserenen Sphäre, er KANN gar keine Monde haben, das ist völlig logisch, denn, wenn er sie hätte, und sie um ihmn herumgingen, dann würden sie ja sie Sphäre zertöppern, und der Jupiter würde herunterfallen, was er aber nicht tut. q.e.d.

    Caveat astronomus! Man hat schon ganz andere als ihn auf lohenden Scheiterhaufen geröstet, was um so ärger ist, als jene flammenden Richtsstätten, wenn nachts entzündet, durch Rauch und Flammenschein noch mehr zur atmosphärischen Vernebelung und Lichtverschmutzung beitragen, als dem Astronomen lieb sein kann.

    (Viel Spass noch mit dem neuen Spielzeug. Ich seh’ aus meinem Fenster in Frankfurt um diese Jahreszeit fast nur den Orion. Wenn ich – mit blossem Auge – die Beteigeuze in ihm zornrot funkeln sehe, dann reicht mir das eigentlich schon. Es ist schön. Aber eben auch irgendwie gruslig [Pascal, Schopenhauer].)

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