Eine Scheibe Raumzeit

BLOG: Quantenwelt

Gedanken eines Experimentalphysikers
Quantenwelt

In meinem letzten Artikel zur Frage, was wir von Diskussionen mit Pseudowissenschaftlern lernen können, kamen wir in den Kommentaren auf die Zeit und ihre Behandlung in der Relativitätstheorie zu sprechen. Der Nutzer KRichard merkte an, dass die Behandlung von Zeit als vierte Dimension in der Raumzeit dem alten Konzept widerspricht, das zum Beispiel der Kirchenvater Augustinus vertreten hat. Ich halte diesen Widerspruch nicht für zwingend und möchte das hier erläutern.

Zeit ist schwer zu definieren, aber zum Glück ist wissenschaftliches Vorgehen flexibel genug, auch zu funktionieren, wenn ein Begriff noch unscharf definiert, noch im Werden ist. Ich bin darauf Ende 2014 mal eingegangen, als ich den Zeitbegriff als Parameter oder als Dimension erläuterte. Das Thema kommt also immer wieder hoch und heute möchte ich einmal eine philosophische Perspektive einnehmen.

dynamische Konstellation des Raum

Es gibt im Wesentlichen zwei Interpretationen der Zeit, wie wir sie erleben. Die häufigere und nahe liegende ist, dass Zeit ein Maß für Veränderung ist. Mögliche Veränderungen können der freie Fall, Schwingungen oder exponentieller Wachstum und Zerfall sein. Zukunft nennen wir die Zustände, die die Welt einnehmen wird, Vergangenheit die Zustände, die die Welt angenommen hat. Den Zustand, in dem sich die Welt gerade befindet, nennen wir Gegenwart. In dieser Sicht ist es trivial, dass weder Zukunft noch Vergangenheit existierten. Wir können nicht in die Vergangenheit reisen, weil sie nicht mehr ist. Wir können nur in die Zukunft reisen. Das tun wir unentwegt.

statische Konstellation der Raumzeit

Etwas schwieriger ist die zweite Interpretation. Die Schwierigkeit ist, dass wir gewissermaßen aus unserer Anschauung heraustreten und Raum und Zeit von außen betrachten müssen. Stellen Sie sich vor, die Welt verändert sich gar nicht. Sie ist statisch und wir rutschen nur durch sie hindurch, wie durch eine Tunnelrutsche. Die Rutsche bewegt sich nicht. Durch unsere Bewegung in ihr sehen wir aber immer etwas neues, wir bekommen ein dynamisches Erlebnis in einer statischen Konstruktion.

Die Metapher der Tunnelrutsche hinkt an einer entscheidenden Stelle: Nach statischer Zeitanschauung sind wir, die Atome aus denen wir aufgebaut sind selbst Teil der Tunnelrutsche. Jedes Elementarteilchen ist kein punktförmiges Objekt, sondern ein Faden1, der sich durch die Raumzeit von der Vergangenheit in die Zukunft zieht. Gegenwart ist in diesem Bild nur eine Illusion. Das Bewusstsein nimmt auf jedem Punkt der Zeitlinie einen Schnitt vor, der Vergangenheit von Zukunft trennt. Es sieht jeden Punkt der Tunnelrutsche so, als sei der obere Teil nicht mehr, der untere noch nicht vorhanden.

Hinweise aus der Theorie

Betrachten wir die spezielle Relativitätstheorie, so trifft sie zunächst keine Auswahl einer dieser beiden Interpretationen. Sie funktioniert für beide. Albert Einstein hat 1905 in seinem Aufsatz “Zur Elektrodynamik bewegter Körper.” eher das erste Bild benutzt. Raum und Zeit werden ganz klassisch behandelt. Zeit als Maß dafür, wie rasch etwas passiert.

Einstein zeigte in dieser Arbeit aber auch, dass Gleichzeitigkeit einer physikalischen Definition bedarf und dass diese Definition zwangsläufig vom Bewegungszustand des Betrachters abhängt. Eine grundlegende Symmetrie aller Naturvorgänge scheint zu sein, dass sie unabhängig von der Geschwindigkeit eines Gesamtsystems immer gleich ablaufen. Damit sind verschiedene Anschauungen der Gleichzeitigkeit zueinander Äquivalent.

Das heute in der Lehre geläufige Modell der vierdimensionalen Raumzeit wurde etwas später von dem Mathematiker Hermann Minkowski entworfen. Es kombiniert drei Raumdimensionen und die Zeit zu einer vierdimensionalen Raumzeit, in der allerdings die Zeitdimension etwas anders behandelt wird als die drei Raumachsen. Das schöne an dieser Darstellung ist, dass die von Einstein theoretisch gefundene und bisher experimentell immer wieder bestätigte Symmetrie sehr anschaulich herausgearbeitet werden kann. Die vierdimensionale Raumzeit ist ein gutes mathematisches Modell für das Zusammenspiel von Raum und Zeit.

Metaphysik

Die Frage ist nun, ob das Modell von der vierdimensionalen Raumzeit mehr als ein Objekt der Theorie ist.2 Dass sich artfremde Größen in der Theorie zu einem Vektorraum zusammenfassen lassen, ist nicht ungewöhnlich. In der theoretischen Mechanik betrachten wir zum Beispiel den Phasenraum aus Orten und Impulsen aller beteiligten Teilchen als einen Vektorraum mit sechs mal Anzahl der Teilchen Dimensionen. Ein Phasenraum enthält Orts- und Impulsdimensionen. Dennoch nimmt niemand an, Ort und Impuls seien dasselbe.

Ob Zeit eine vierte Dimension gleicher Art wie die Ortsdimensionen ist, ist eine Frage, die über die Theorie hinausgeht. Eine Frage der Interpretation der Theorie. Solche Interpretationen gehören zur Physik dazu.

Wir haben also mindestens zwei Interpretationsmöglichkeiten:

  1. Die Raumzeit ist ein Rechenmodell, das die Zusammenhänge von Bewegung im Raum und Vergehen der Eigenzeit anschaulich rechnerisch darstellt. Sie beansprucht nicht, ein Objekt der Realität zu sein. Zeit ist ein Parameter der Veränderung. Das Raumzeitmodell hilft uns zu berechnen, wie schnell sie für bestimmte Vorgänge vergeht.
  2. Wir leben in einer vierdimensionalen, statischen Raumzeit. Dass Zeit vergeht ist Illusion. Wir müssen nicht erklären, wie Zeit vergeht, sondern warum es so scheint als vergehe sie.

Experimentelle Hinweise

Für 1. spricht die totale Abwesenheit von Zeitreisen. Wenn Zeit eine weitere Dimension unserer Realität ist und Objekte sie als Fäden durchziehen, brauchen wir eine Erklärung, warum diese Fäden keine Schleifen machen. Oder, wenn sie es machen, warum wie das nie beobachtet haben. Warum kann ein Elementarteilchen im Raum umkehren oder im Zickzack laufen, in der Zeit aber nicht?

Für 2. spricht die Symmetrie der Natur bezüglich Geschwindigkeiten. Diese führt direkt zu einer Relativität der Gleichzeitigkeit. Ist Gleichzeitigkeit aber für alle anders, so gibt es keinen momentanen Zustand der Welt unabhängig vom Objekt. Mit vielen verschieden schnellen Beobachter lässt sich praktisch für beliebig viele Ereignisse ein Netzwerk von Gleichzeitigkeiten aufbauen. Das fixiert die Welt als vierdimensionale Raumzeit.

Der letzte Absatz ist wieder Theorie, aber die zugrunde liegende Symmetrie ist vielfach experimentell bestätigt. Eine Symmetrie, die anscheinend nie gebrochen ist, können wir nicht einfach ignorieren.

Falsifikation

Bleibt die Frage nach dem entscheidenden Experiment. Die beiden Interpretationen sind mehr als metaphysische Spekulation, wenn sie experimenteller Widerlegung zugänglich sind.

Ich habe einmal bei der Besprechung eines Romans zu Zeitreisen auf die determinierte, statische Auffassung von Zeit hingewiesen. Würde jemand Zeitreisen beobachten und zeigen, dass solche Zeitreisen keine Paradoxa erzeugen, sondern einfach in die Geschichte passen, die geschehen ist, so wäre das eine Widerlegung der dynamischen Zeitauffassung. Wir müssten uns damit abfinden das nichts passiert und alles ist. Wir wären nicht frei.

Die statische, vierdimensionale Raumzeit wäre dagegen widerlegt, wenn ein Bruch der Lorentzinvarianz nachgewiesen würde. Daraus könnte sich ergeben, dass es doch eine absolute Gleichzeitigkeit gibt, die Vergangenheit von Zukunft eindeutig trennt, wie das Messer die Salami. Vergangenheit wäre dann die Menge der gewesenen Ereignisse, Zukunft die Menge der kommenden. Alles was es gibt wäre ein dreidimensionaler Raum in der Gegenwart.

Anmerkungen:
1. Bitte verwechseln Sie dieses Bild nicht mit der Stringtheorie, in der Elementarteilchen Fäden in Raumdimensionen sind.
2. Ich habe mal über das Photon geschrieben, es sei in dem Sinne real, dass es Objekt der Theorie ist.
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Joachim Schulz ist Gruppenleiter für Probenumgebung an der European XFEL GmbH in Schenefeld bei Hamburg. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann in der Quantenoptik, in der er die Wechselwirkung einzelner Atome mit Laserfeldern untersucht hat. Sie führte ihn unter anderem zur Atomphysik mit Synchrotronstrahlung und Clusterphysik mit Freie-Elektronen Lasern. Vier Jahre hat er am Centre for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg Experimente zur kohärenten Röntgenbeugung an Biomolekülen geplant, aufgebaut und durchgeführt. In seiner Freizeit schreibt er zum Beispiel hier im Blog oder an seiner Homepage "Joachims Quantenwelt".

79 Kommentare

  1. Schulz, Schulz – was schreiben Sie bloß für Sachen? z.B.:
    A) Die theoretische Physik geht von einer symmetrischen Zeit aus, aber – dass/wie diese angenommene Symmetrie in der Realität dauernd gebrochen wird – ist ein ungelöstes Problem der Physik. z.B.:
    http://www.sciencedaily.com/releases/2016/08/160817101528.htm ´How we escaped the Big Bang. New theory on moving through time´

    B) Die Metapher der Tunnelrutsche ist doch wohl nur ein Scherz? Die Idee – dass Bewusstsein ein Schnitt ist, so als ob der obere Teil der Tunnelrutsche nicht mehr und der untere Teil noch nicht vorhanden ist – kann nicht ernst genommen werden. Wer so argumentiert, muss auch nachvollziehbar begründen, woher die fehlenden Teile kommen und wohin sie verschwinden

    C) Ich habe im Mai 2016 das Büchlein/e-Buch ´Das Wesen von Zeit ist Energie´ veröffentlicht. Darin gehe ich davon aus
    a) wenn Zeit mit dem Urknall aus gebündelter Energie entstand – dann muss Zeit auch eine Energieform/-menge sein. (Die Physik hat bis heute keine Definition für Zeit im Sinne eines nachvollziehbaren Begriffes oder einer Materialkunde)
    Wenn Zeit eine Energie/-menge ist, dann kann es Zeit-DAUER als 4. Dimension nicht geben (d.h. die Ideen 4D-Raumzeit, Zeitreisen in der 4. Dimension, Wurmlöcher sind zu diskutieren)
    b) Weil sich das Universum seit dem Urknall ständig ausdehnt, nimmt der durchschnittliche Energieinhalt pro Volumen ständig ab. D.h. das Universum funktioniert im Prinzip wie eine Maschine, die durch diesen einseitigen Energiefluss angetrieben wird.
    Dies würde z.B. erklären, wieso ´Zeitpfeil/Entropie´ nur eine Richtung haben, wieso Zeit asymmetrisch ist. (Die Physik hat bis heute keine nachvollziehbare Definition dafür, was vergeht, wenn Zeit vergeht. Für die theoretische Physik ist Zeit symmetrisch – nach meinem Modell ist Symmetrie nicht möglich, da dies ein Perpetuum Mobile wäre. Die Physik kann den Symmetriebruch der Zeit bis heute nicht erklären – siehe A). )
    c) Modelle/Berechnungen, in denen Uhr-Zeiten als Rechenparameter benutzt werden, sind zulässig – sofern man Modelle als solche betrachtet. Es ist unbestritten, dass Uhrzeit als Maß-/Recheneinheit genommen werden kann, um beobachtbare Phänomene zu berechnen.

    Tipp: mich als ´Pseudowissenschaftler´ zu bezeichnen, erleichtert vieles, dann braucht man sich um die theoretischen ´Leichen´ der Physik nicht kümmern.

    • Ah, Hallo KRichard,
      wie erklären Sie die “Dehnbarkeit” der Zeit mit der Energie, die Ursprung der Zeit sein soll (s. unten) ?
      LG Fossilium

    • @ KRichard

      “Die Idee – dass Bewusstsein ein Schnitt ist, so als ob der obere Teil der Tunnelrutsche nicht mehr und der untere Teil noch nicht vorhanden ist – kann nicht ernst genommen werden.”

      Argumentieren Sie hier noch mit Augustinus oder schon gegen ihn?

  2. Es [Minkowskis Modell] kombiniert drei Raumdimensionen und die Zeit zu einer vierdimensionalen Raumzeit

    Tatsächlich fällt es mir mittlerweile auch sehr schwer, Raum ohne Zeit zu denken. Wenn ich an einen bestimmten Punkt im Raum denke, z.B. in meinem Zimmer, hier vor dem Computer, ist mir klar, dass ich verschiedene Raum-Zeitpunkte entlang der Zeitachse quasi integriere und dem Ergebnis eine künstliche, rein konventionelle Identität verschaffe. Völlig verloren geht dabei z.B. die Bewegung der Erde um sich selbst und um die Sonne. Wenn aber schon ein Punkt eine Abstraktion ist, dann ist natürlich auch der ganze Raum eigentlich nicht ohne zugehörige Zeit (bzw. Zeitangaben) zu denken.

    Zur Vermessung des Raumes greift man, siehe die SI-Definition für Meter, mittlerweile ja auch auf die Zeit zurück. Beides, Raum und Zeit, scheint mir untrennbar verwoben. Wir kennen nur damit operierende Relationen, wissen aber genau genommen weder was das Eine noch was das Andere ist, am Ende sind beides nur Schatten von ein und demselben.

    Würde jemand Zeitreisen beobachten und zeigen, dass solche Zeitreisen keine Paradoxa erzeugen, sondern einfach in die Geschichte passen

    In ‘Nature’ wurde 2005 ein Artikel veröffentlicht (Achtung Spoiler: der angeblich erst 2006 verfasst wurde), in dem zwar keine Zeitreisen von Menschen beschrieben werden, aber ein Instrument vorgestellt wird, das Signale in die Vergangenheit senden und dort empfangen kann, wenn auch nur über sehr kurze (Zeit-)Distanz. Es entstehen keine Paradoxa, alles passt in die Geschichte.

    What’s Expected of Us

    Daraus: “when you try to break the rules, you find that you can’t.”

    Das spricht alles für ein sehr dynamisches Blockuniversum.

  3. Lieber Herr Schulz,

    Sie bewegen sich auf einem – für einen Physiker – schwer verminten Gelände !
    Was soll das heißen:

    „Zukunft nennen wir die Zustände, die die Welt einnehmen wird, Vergangenheit die Zustände, die die Welt angenommen hat. Den Zustand, in dem sich die Welt gerade befindet, nennen wir Gegenwart. In dieser Sicht ist es trivial, dass weder Zukunft noch Vergangenheit existierten.“

    Was soll das heißen, daß Vergangenheit und Zukunft nicht existieren ? Was meinen Sie damit: sie e x i s t i e r e n nicht ?

    Ich kann man leicht dagegenhalten: Vergangenheit existiert, genauso wie Gegenwart und Zukunft. Die Frage ist doch: existieren sie in gleicher Form ? Möglicherweise existieren sie in verschiedenem Seins-Modus !

    Passen Sie auf – schon Ihre Grundannahmen sind sehr gewagt, da schwimmt Ihnen schnell der Boden weg von den Füßen. Denn Raum und Zeit existieren nicht in einer Form von Realität, wie die die üblichen Gegenstände physikalischer Untersuchungen.

    Bevor Sie in den metaphysischen Abgrund stürzen, erst mal Begriffe klären, was für Sie Existenz bedeutet. Vielleicht existiert nur Vergangenheit und Zukunft im echten Seins-Modus, und gerade die Gegenwart nur im ultra-kurzen Nicht-Seins-Modus, weil sie jeden Moment neu erzeugt wird– und diese Genese der erlebten Wirklichkeit erzeugt die Illusion einer allem Geschehen unterlegten Zeit.

    Wir alle wissen nichts über die Zeit, aber davon sehr viel.

    Liebe Grüße
    Fossilium

    • Viele Leute verwechseln die Existenz eines Begriffes mit der realen Existenz des durch den Begriff bezeichneten Dinges! Viele Begriffe stehen nur für Ideen, Vorstellungen, Universalien, Kategorien, Konzepte des Denkens – also Dinge ohne physische Existenz. Dazu gehören auch Raum und Zeit, wie schon Kant bemerkte.

      Die meisten Menschen leiden an dieser geistigen Schwäche, zu glauben, weil ein Wort da sei, muß es auch das Wort für etwas sein; weil ein Wort da sei, muß dem Worte etwas Wirkliches entsprechen.

      Fritz Mauthner (1849-1923), Sprachphilosoph

      Die Geschwindigkeit der Übertragung von Information ist nicht unendlich, deshalb vergeht Zeit von der entstehung einer Information bis zum Eintreffen der Information beim Empfänger. Das widerspricht unserer Intuition, wir glauben, dass alles, was wir gleichzeitig wahrnehmen (insbesondere sehen), auch gleichzeitig geschieht. Aber schon die Zeitdifferenz zwischen Blitz und Donner belehrt uns eines Besseren! Solch banale Beispiele sind oftmals einsichtiger und lehrreicher als abstrakte und anspruchsvolle Theorien. Schließlich müssen sich Theorien wiederum in den Phänomenen bewähren.

      Es sind die teils seltsam erscheinenden Eigenschaften des Lichtes, die nicht nur der Welt, sondern auch der Information als Erkenntnis über die Welt zu Grunde liegen.

      • @Reutlinger: sie schreiben:

        also Dinge ohne physische Existenz. Dazu gehören auch Raum und Zeit, wie schon Kant bemerkte.

        Wie schon Kant bemerkte UND IRRTE müsste man erzänzen. Josef Honerkamp jedenfalls meinte, die moderne Physik habe gerade gezeigt, dass Kants Behauptung die Struktur von Raum und Zeit sei nicht erkennbar, sondern a priori vorgegeben, falsch war.

        Schon Einstein wusste, was letztes Jahr bestätigt wurde:
        Der Raum kann sich nicht nur verzerren, er kann sogar schwingen und Schwingungen weiterleiten. Das genügt bereits um ihn existieren zu lassen – und zwar physisch. Sehr physisch, denn man darf ruhig sagen:
        “The existence of gravitational waves is intuitively obvious as soon as one recognizes that spacetime is an elastic medium. ” oder
        “The rigidity of normal matter is so low compared with that of spacetime that the stiffness of the matter is utterly negligible.”

    • Was Anton Reutlinger da schreibt, trifft den Nagel ziemlich genau auf den Kopf. Ergänzend dazu sei noch etwas angemerkt:

      Die intuitive Anschauung von Zeit und Raum ist eine konstitutive Vorbedingung für alles menschliche Denken und Erkennen, ohne die ein Subjekt überhaupt keine Vorstellung von sich selbst in Beziehung zu einer es umgebenden Welt entwickeln könnte. Dem Subjekt sind Zeit und Raum als regulative Ideen a priori gegeben, die in keiner ihm vorstellbaren Weise zur Disposition stehen und nicht mehr sinnvoll hinterfragbar sind.

      Die Physik — eine Hervorbringung menschlichen Denkens und Erkennens — konzipiert hingegen Zeit und Raum kontextuell und diskursiv als objekttheoretische Begriffe im Zuge modellhafter Beschreibungen. Bezogen auf physikal. Fragestellungen werden Zeit und Raum dann jeweils durch Dingbegriffe repräsentiert, die letztlich aus der zugrundeliegenden Anschauung abstrahiert sind. Es liegt auf der Hand, dass sich die Physik gar nicht mit Zeit und Raum im Sinne regulativer Ideen auseinandersetzen kann. Dazu ist sie ganz einfach nicht gedacht.

      • Warum soll folgendes gerade für Zeit und Raum gelten, aber nicht für andere Dinge:

        Die intuitive Anschauung von Zeit und Raum ist eine konstitutive Vorbedingung für alles menschliche Denken und Erkennen, ohne die ein Subjekt überhaupt keine Vorstellung von sich selbst in Beziehung zu einer es umgebenden Welt entwickeln könnte.

        Zudem ist unklar was der Satz “Die intuitive Anschauung von Zeit und Raum ist eine konstitutive Vorbedingung für alles menschliche Denken und Erkennen” überhaupt behauptet. Behauptet er, man werde mit einer intuitiven Anschauung von Zeit und Raum geboren oder nur, dass die Erfahrungen, die jeder Mensch mit Zeit und Raum macht, zu einer intuitiven Anschauung führt, die in wichtigen Punkten bei den meisten Menschen übereinstimmt.

        Man kann sich auch fragen ob die Physik eine singuläre Stellung einnimmt, wenn es um die Modellbildung geht. Folgendes stimmt sicher:

        Die Physik — eine Hervorbringung menschlichen Denkens und Erkennens — konzipiert hingegen Zeit und Raum kontextuell und diskursiv als objekttheoretische Begriffe im Zuge modellhafter Beschreibungen.

        doch das gilt für jede Modellbildung in jeder Wissenschaft. Insoweit sich Modelle mit dem beschäftigen, was Überschneidungen mit der menschlichen Erfahrung hat, wird es meist ein Bedürfniss geben, diese Überschneidung von beiden Seiten her – von der menschlichen Erfahrungsseite, als auch von der wissenschaftsspezifischen Modellseite her – zu verstehen. In der Regel sind die Erfahrungsseite und die Modellseite nicht 2 hermetisch gegeneinander abgeschlossene Welten.

      • zu Kant (Reutlinger, Chrys): Kants Raum-und Zeitbegriff ist newtonisch (absoluter 3D-Raum, absolute Zeit), euklidisch (“ebener” Raum) und noch nicht von der Evolutionslehre befleckt. Kant glaubte der Mensch sei so wie er sei von Gott geschaffen worden. Somit waren ihm Überlegungen wie sie in der evolutionären Erkenntnistheorie angestellt werden völlig fremd, uns heutigen aber sind sie vertraut:

        Für sie [die evolutionären Erkenntnistheoretiker] sind insbesondere Raum und Zeit Erkenntnisstrukturen, die sich in der Evolution in Anpassung an die Realität herausgebildet haben.

      • Zitat Chrys:

        Es liegt auf der Hand, dass sich die Physik gar nicht mit Zeit und Raum im Sinne regulativer Ideen auseinandersetzen kann.

        Regulative Ideen oder nach Kant “synthetische Urteile” a priori überleben nicht, wenn es etwas besseres gibt. Und zwar nicht nur in der Physik überleben sie nicht, auch anderswo nicht. Das Vorgefundene, das Reale zu Verstehen versuchen ist immer besser als das willkürlich konstruierte oder das vermeintlich in sich logische, vorgegebene als Regultativ zu postulieren und einfach anzunehmen.

        Josef Honerkamp schrieb dazu unter Die Natur der Physik und der kritische Rationalismus

        Die Relativitätstheorie zeigt, dass Urteile über Raum und Zeit, bei Kant noch synthetische Urteile a priori, nun doch an der Erfahrung überprüfbar sind und man fragt sich, ob es außerhalb der Mathematik überhaupt synthetische Urteile a priori gibt. Ja, die Einteilung von Urteilen in analytische und synthetische, d.h. in solche, die sich schon logischerweise aus der Definition eines Begriffes ergeben und solche, die dieses nicht tun, scheint überhaupt hier nicht nützlich zu sein, denn in der Physik wird ja z.B. ein Elektron nicht definiert, sondern gefunden, und erst langsam werden die Eigenschaften eines so Vorgefundenen verstanden, so dass man berechnen kann, wie es sich unter gegebenen Umständen verhält. Analytische Urteile und Urteile a priori, d.h. unabhängig von der Erfahrung, sind also in einer Naturwissenschaft nicht anzutreffen, wohl in einer Strukturwissenschaft, wie der Mathematik.

        • @ Martin Holzherr

          “in der Physik wird ja z.B. ein Elektron nicht definiert, sondern gefunden”

          Ach, sind dann Raum und Zeit auch von Physikern gefunden worden? Wurde zuerst der Raum und die Zeit oder zunächst das Elektron entdeckt? Wo und wann sollte das also gewesen sein?

          Bitte versuchen Sie bei der Beantwortung der letzten Frage, auf Orts- und Zeitangaben zu verzichten, tun Sie einfach so, als ob Raum und Zeit noch nicht entdeckt worden wären.

          Falls es in der Physik tatsächlich darum geht, dass etwas gefunden wird, seien dies nun Gesetzmäßigkeiten oder Elektronen, so könnte man auf den Gedanken kommen, da Raum und Zeit für das Finden immer schon gegeben sein müssen, dass diese selbst tatsächlich nicht Gegenstand der Physik, sondern der Metaphysik sind.

          Selbst wenn es den Physikern einmal gelingen sollte, eine Theorie von Allem zu liefern, in der beschrieben ist, wie alle Felder und Teilchen sich zueinander verhalten, wie Raumzeit sich krümmt und wie relativ sie ist, Dimensionen sich auf- und abwickeln, wird man immer noch spekulieren, was das denn ist, Raum und Zeit – und den Physikern vorwerfen, genau diese Frage noch gar nicht angegangen zu haben. Und irgend jemand wird ein Buch schreiben, in dem er uns genau das erklärt.

          • @joker: Zitat:

            Ach, sind dann Raum und Zeit auch von Physikern gefunden worden? Wurde zuerst der Raum und die Zeit oder zunächst das Elektron entdeckt? Wo und wann sollte das also gewesen sein?

            Antwort: Theoretiker – also gerade Physiker – beschäftigen sich oft mit Dingen, die schon lange gefunden wurden oder die es schon immer gab. Ihre Theorien stellen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Dingen her und machen Prognosen über das Verhalten dieser Dingen relativ zueiander. Entscheidend dabei ist nicht, ob das Ding, das in der Theorie vorkommt, erst vor kurzem gefunden wurde oder ob es dieses Ding schon immer gab. Entscheidend ist, dass die Theorie einen Zusammenhang sieht, den Vorgängertheorien noch nicht sahen. Die String-Theorie beispielsweise beschreibt unter anderem auch die Dinge, die auch in Nicht-String-Theorien vorkommen, sie postuliert aber Zusammenhänge und Hintergründe, die neu sind. Sollte die Stringtheorie Phänomene erklären können, die die anderen Theorien nicht erklären können, dann würde sie vom Status “zum heutigen Wissenstand kompatible Theorie” zum Status “Theorie, die mehr erklärt als die alten Theorien” wechseln. Das hat sie bis jetzt nicht geschafft.
            Jedenfalls kann eine neue Theorie sich durchaus mit Dingen beschäftigen, die es schon immer gab – mit Dingen also wie Raum und Zeit.

            Josef Honerkamp hat jedoch in jedem Fall recht, wenn er sagt, dass sich Physik vor allem mit Dingen beschäftigt, die es gibt. Von Menschen gemachte Definitionen dagegen haben in der Physik einen sekundären Status. Die Erstklass-Bürger von Physiktheorien sind die Dinge, die es physisch gibt und nicht die Dinge, die sich Menschen ausgedacht haben.

    • @Martin Holzherr / 25. August 2016 @ 14:33
      Zeit und Raum sind keine Gegenstände unserer Wahrnehmung, sondern bezeichnen einen gedachten relationalen Rahmen, der es uns überhaupt erst ermöglicht, uns selbst als einen körperlichen Gegenstand zusammen mit weiteren identifizierbaren Gegenständen in einer dynamischen Umgebung zu begreifen. Aus meiner subjektiven Umgebungsblase mitsamt der damit einhergehenden Intuition für Zeit und Raum kann ich mich nicht hinausdenken; sie ist immer und überall da, wo ich bin, und daher für mich eine a priori bestehende Denknotwendigkeit. Sie wäre auch da, wenn ich den hoffnungslosen Versuch untenehmen sollte, eine externe Anschauung von Zeit und Raum zu gewinnen, und Sie schreiben weiter unten ja selbst, dass das nicht geht. Klar, ich kann mir Raumzeit-Diagramme aufs Papier zeichnen, was meinem Verstand bisweilen auf die Sprünge helfen kann, aber damit betrachte ich auch nur wieder Gegenstände in meiner Umgebung, und eine t-Achse in meinem Diagramm ist eben nicht dasselbe wie die mir intuitiv präsente Zeit.

      Zeit und Raum der subjektiven Anschauung haben keine überprüfbaren Eigenschaften, sie existieren nur als eine regulative Idee von Hintergrund, vor dem sich alles mir wahrnehmbare Geschehen vollzieht. Wenn dann beispielsweise gesagt wird, die Zeit sei 1- und der Raum 3-dimensional, bezieht sich das bereits auf Begriffe von Zeit und Raum, die aus der Anschauung abstrahiert sind und vom Verstand als Objekte gedacht werden. Man muss sich darüber klar sein, dass die Worte `Zeit’ und `Raum’ keine Bedeutung “an sich” tragen, sondern dass wir ihnen kontextuell ganz unterschiedliche Bedeutungen zuweisen. Das grundsätzliche Problem von KRichard scheint mir darin zu liegen, dass er sich das nicht klarmacht und meint, Einsteins Begriff von Zeit müsse dieselbe Bedeutung haben wie das, was der Kirchenvater Augustinus mit Zeit gemeint hat. Wer da keine sinnvolle Unterscheidung vornimmt, produziert natürlich auch rasch einen Haufen Unsinn.

      • @Chrys: OK, ihre und Reutlingers Ausführungen zu Raum + Zeit waren also eine Antwort auf K.Richards Verlangen, man könne an Augustinus Einsichten zur Zeit nicht vorbeigehen.

        Im gleichen Geiste aber bestehe ich darauf, dass das was sie über Raum+Zeit schreiben, auch auf andere Gebiete und Phänome anzuwenden ist und dass man dann auf das Phänomen der Evolution des Denkens stösst. Sie schrieben:

        Zeit und Raum sind keine Gegenstände unserer Wahrnehmung, sondern bezeichnen einen gedachten relationalen Rahmen, der es uns überhaupt erst ermöglicht, uns selbst als einen körperlichen Gegenstand zusammen mit weiteren identifizierbaren Gegenständen in einer dynamischen Umgebung zu begreifen.

        Ich behaupte nun, dass es diesen relationalen Rahmen, den uns die angeborenen (?) Raum-Zeitvorstellungen bieten, dass es dieses “Start-Frame” des Denkens
        1) auch anderswo gibt
        2) dass konsequentes Weiterdenken und Denken über das Denken letztlich auch den relationalen Rahmen in dem das Denken stattfindet, ändert.
        3) dass der heutige relationale Rahmen in dem gedacht wird ein anderer ist als vor 500 Jahren: Es gibt eine Evolution des Denkens, das den Startpunkt für immer verschiebt.

        Zu 1) Wir starten nicht nur mit nicht hinterfragten Vorstellungen über Raum und Zeit. Wir starten auch mit nicht hinterfragten Arten und Weisen des Argumentierens und der Denkmethodik. Auch schon die alten Griechen und Römer, ja selbst die Steinzeitmenschen waren in der Entscheidungsfindung von bestimmten Überlegungen und Argumenten eines Diskussionspartner überzeugt, wähend sie andere Überlegungen wegen “logischen Fehlern” oder fehlender Anknüpfung an “Fakten” als falsch betrachteten.
        Zu 2) Das logische Argumentieren wurde schon früh selbst zum Gegenstand des Denkens und es entwickelte sich eine “Kunst” oder gar “Wissenschaft” des logischen Denkens und Argumentierens.
        Zu 3) Wer heute Wissenschaft treibt, steht notwendigerweise auf den Schultern aller seiner Vorgänger – mindestens der Vorgänger die ein schriftliches Zeugnis ihres Denkens hinterlassen haben.

        Folgerung in Bezug auf Kant und Augustinus:
        1) Was Kant in Bezug auf Raum+Zeit sagt sind keine allgemeingültigen Wahrheiten, sondern es sind Wahrheiten ihrer Zeit.
        2) Was Kant und auch Augustinus gesagt und gedacht haben müssen wir heutige aus dem heutigen relationalen Rahmen betrachten und verstehen. Die damalige Autorität Kants oder Augustinus ist längst erloschen.

        • @Martin Holzherr / Kant, Geometrie, Raumzeit
          Kant ist notorisch schwer zu verstehen, und gerade bei der Interpretation seiner Aussagen zur Geometrie haben sich auch notable Kantianer nicht unbedingt mit ewigem Ruhm bekleckert. Folgendes ist dann auch nicht auf meinem Mist gewachsen; ich fasse nur kurz zusammen, was bei mir dazu so hängengeblieben ist.

          Kant hat die logische Zulässigkeit nichteuklidischer Geometrie durchaus zugestanden, was sich durch Textquellen belegen lässt. Er hielt es jedoch für eine Denknotwendigkeit, eine Geometrie des uns umittelbar imaginierbaren Anschauungsraumes als die des Euklidischen 3-Raumes zu verstehen. Das ist dann keine Aussage zu geometr. Begriffen von Raum oder deren physikal. Adaptionen, sondern ein epistemolog. Statement. Und es trifft doch auch zu, kulturhistorisch wie didaktisch, dass jede einleuchtende Veranschaulichung von 3-Raum uns zwingend immer wieder zu Euklid führt, wie auch jeder sinnvolle Zugang zur höheren Geometrie ihren natürlichen Anfang stets bei Euklid nimmt.

          Die Geometrie der Raumzeit in 3+1 Dimensionen ist unserer Anschauung erst recht nicht unmittelbar zugänglich, das dürfte nun hinlänglich erwiesen sein. Aber diese Geometrie ist — jedenfalls für Physiker — auch nur ein methodisches Werkzeug zum physikal. Zweck, u.a. zur Formulierung einer Theorie von Gravitation. Die theoretisierte Krümmung von Raumzeit der GR ist uns dabei immerhin als Schwerkraft im Prinzip erfahrbar. Und ontologische Spekulationen um Blockuniversen war wohl eher nicht das, was Einstein dabei im Sinn hatte.

          • @ Chrys :

            Er hielt es jedoch für eine Denknotwendigkeit, eine Geometrie des uns u[n]mittelbar imaginierbaren Anschauungsraumes als die des Euklidischen 3-Raumes zu verstehen.

            Der ‘imaginierbare Anschauungsraum’ war “doppelt gemoppelt” und es mag für die Motorik zutreffen, was Sie schreiben, ‘Denknotwendigkeiten’ mögen sich für einige so ergeben, aber nicht für alle.

            MFG + schönen Sonntag noch,
            Dr. Webbaer (der allerdings nicht den Eindruck erwecken möchte Herrn Holzherr in irgendeiner Hinsicht beizuspringen, dies keineswegs, nie und nimmer sozusagen)

          • @Dr. Webbaer / 28. August 2016 @ 09:38
            Stimmt, das “imaginierbar” passt hier nicht, die Wendung ist mir verunglückt. Gemeint war wieder der “intuitive Anschauungsraum”.

            Jeder emsigen Honigbiene werden wohl wir zugestehen müssen, aus ihren Sinneseindrücken zeiträumliche Informationen generieren und kommunizieren zu können. Ob sie den Raum dabei denknotwendig Euklidisch denkt, können wir nicht wissen. Aber da hilft uns dann auch keine evolutionäre Psychotherapie oder dergleichen weiter.

  4. Könnten Sie folgenden Punkt näher erläutern?
    “Mit vielen verschieden schnellen Beobachter lässt sich praktisch für beliebig viele Ereignisse ein Netzwerk von Gleichzeitigkeiten aufbauen. Das fixiert die Welt als vierdimensionale Raumzeit.”
    Mein Verständnisproblem: Wenn ich beispielsweise in Richtung eines Quasars spaziere und dann umkehre, unterscheidet sich das dort Gleichzeitige für mich mit einem Mal um ein paar tausend Jahre, und Gleichzeitigkeit definiert einen 3D-Raum. Aber fixiert dieser 3D-Raum etwas, oder ist das nicht mehr ein Konstrukt? Ich kann durch meinen Geschwindkeitswechsel ja nicht die Erscheinung des Quasars um tausend Jahre verändern.

    • Das ist natürlich wieder nur eine Metapher. Natürlich wird die Raumzeit nicht fixiert, indem jemand die Geschwindigkeit ändert. Wir dürfen den Geschwindigkeitswechsel nicht als Ursache, die Festlegung der Raumzeit als Wirkung verstehen.

      Es geht mir um folgendes:
      1) Aus der Definition von Gleichzeitigkeit, wie sie Einstein benutzt hat, ergibt sich, dass Gleichzeitigkeit vom Bewegungszustand abhängt.
      2) Die Symmetrie der Welt, wie wir sie beobachten, erlaubt es nicht, irgendeine Gleichzeitigkeit vor anderen auszuzeichnen.

      Wenn nun alles, was gleichzeitig ist, auch festgelegt existiert, und jeder Raumzeitpunkt durch eine Gleichzeitigkeit mit anderen verbunden werden kann, dann existiert zwangsläufig die gesamte Raumzeit als statische Entität.

      • Ist “was gleichzeitig ist, existiert festgelegt” eine Annahme? Genau hier habe ich das Verständnisproblem. Ich verstehe grob, dass daraus und mit 1) und 2) das Blockuniversum folgt. Wäre “was gleichzeitig ist, ist nicht festgelegt” bzw. “was gleichzeitig war, ist erst im Vergangenheitslichtkegel festgelegt” eine mögliche Alternative, woraus nicht unbedingt das Blockuniversum folgt?

        • Ja, klar sind das Annahmen. Mit den Vergangenheitskegeln kann man evtl. auch das Blockuniversum motivieren. Von dem, was im Vergangenheitskegel ist, können wir wissen, wann es passiert ist. Nun überschneiden sich aber Vergangenheitskegel unterschiedlicher Beobachter beliebig. Das heißt, wenn die ihr Wissen zusammen tun, gibt es wieder verschiedene Ebenen von Gleichzeitigkeit und es gibt keine Möglichkeit, sich zu einigen in welcher Gesamtkonfiguration sich das Universum vor einer bestimmten Zeit befand.

          Ich halte, wie gesagt, das Blockuniversum nicht für die einzige mit der RT vereinbare Philosohie, aber vieles spricht dafür. Und das hat weitreichende Konsequenzen.

          • Mir entgeht vermutlich noch etwas wichtiges. Sie schreiben, dass man “mit den Vergangenheitskegel evtl. auch das Blockuniversum motivieren kann” und folgern unter den Annahmen, dass es keine Einigung über die Gesamtkonfiguration des Universums gibt. Ist diese Gesamtkonfiguration nicht notwendig für das Blockuniversum?

            Ein anderes Verständnisproblem: “Nun überschneiden sich aber Vergangenheitskegel unterschiedlicher Beobachter beliebig.”
            Mein Verständnis: Wenn man drei Beobachter hat, die anfangs zueinander in Ruhe sind, und einer beschleunigt, dann bleibt der Vergangenheitskegel des bewegten Beobachters doch innerhalb seines ursprünglichen Kegels (Translation ignoriert), so dass den bewegten Beobachter höchstens weniger Information erreicht. Zusammen mit “was gleichzeitig war, ist erst im Vergangenheitskegel festgelegt” spräche das doch nicht für das Blockuniversum?

  5. Hallo Lieber KRichard,

    Sie liegen grundsätzlich falsch, wenn Sie meinen:

    ” Zeit (muß) auch eine Energieform/-menge sein. (Die Physik hat bis heute keine Definition für Zeit im Sinne eines nachvollziehbaren Begriffes oder einer Materialkunde!

    Energie ist ein physikalischer Begriff. Der steht für das Maß an Wirkung, daß ein System von physikalischen Objekten untereinander und mit anderen Objekten austauschen kann. Weil es hier immer um wechselseitige Wirkung geht, ist ein solcher Austausch zeitsymmetrisch – das ist aber auch schon alles, was Energie mit Zeit zu tun hat.

    Ich frage mich, warum Sie dieses Argument nicht entkräftigen und den Energiebegriff statt über den Wirkungsbegriff über den Zeitbegriff herleiten.
    Sie werden doch nur ernst genommen, wenn Sie Ihre Behauptung, Zeit wäre (irgendwie) Energie, physikalisch, mathematisch, metaphysisch oder empirisch begründen. Diese Begründung sehe ich nicht – obwohl sie mich sehr interessiert. Ich habe selbst nämlich keine Erklärung für das Phänomen Zeit, die nicht spekulativ wäre. Auch spekulieren ist interessant, deshalb keine vertane Zeit, aber wenn Sie behaupten den Schlüssel der Weisen gefunden zu haben, dann sind Sie am Zug mit einer Begründung und müssen sich alle Kritik der Welt gefallen lassen.
    Also her mit der Begründung.

    So ist das nun mal unter Philosphen. Jeder widerspricht dem anderen.

    Und die Physik hat hier gar keine Aktien drin. Warum soll die Physik Ihnen helfen. Die Physik hilft beim Apparatebau, den Ingenieuren, aber nicht den Philosophen.

    Und sind Sie nun Philosoph oder Physiker ? Ich meine als Zeitbetrachter.

    Liebe Grüße
    Fossilium

  6. Hi Sebastian Baltes,

    die SRT sagt; in allen Bezugssystemen, die sich gleichförmig aneinander vorbeibewegen, laufen gleiche physikalische Vorgänge unterschiedlich schnell ab. Insofern gibt es keine Schnelligkeit eines physikalischen Vorgangs, die Standard wäre. Wenn also was abläuft, dann wird bei irgendeinem phys. Vorgang der gleiche Prozeßpunkt aus unterschiedlichen Bezugssystemen zu unterschiedlichen Zeitpunkten wahrgenommen. Das nennt man unterschiedliche Gleichzeitigkeit – ein blöder Begriff “Gleichzeitigkeit”, von den Physikern aus dem Alltag herausgenommen und ins Physikalische ungeschickt hineingesteckt.

    Tja, die Zeit ist ein dehnbares Gebilde – da mal schnell, da mal langsam.
    Ich hoffe es stimmt, was ich da behaupte. Jedenfalls ist es empirisch belegbar und daran ist noch nie ein Schwein vorbeigekommen.

    Interessant sind aber doch die Folgerungen: Zeit, da variabel, muß etwas Vorgängiges haben, das diese Variabilität erzeugt – sie ist – da sie nicht “absolut” vergeht – in ihrer Schnelligkeit des Vergehens abhängig von etwas Vorgängigem. Und was ist das ? Ich behaupte: das kommt aus ihrem Werdungs-Prozeß.

    Zeit wird erzeugt – sie ist nicht primär, sondern sekundär. Aber mit Werdung will sich keiner befassen, das greift zu tief in die Existenz von allem und stellt alles in Frage, auch das bequeme Gewohnte – also lassen wir es lieber.

    Aber sieh mal: in allen Quantentheorien ist die Zeit noch als unabhängige Variable enthalten (direkt oder in der Raumzeitmetrik), Zeit wird nicht gemacht, sondern existiert (im unbestimmten, aber von allen gleich verstandenen unbestimmten Sinn von Existenz) – daher können diese physikalischen Theorien nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Das steht nun mal fest wie das Amen in der Kirche.

    Aber nichts ist der Weisheit letzter Schluß. Tappen wir weiter in Blindheit.
    Irgendwann finden wir im Nebel eine Halt, so glauben wir. Sonst wäre gäbe es keine Wissenschaft.

    LG
    Fossilium

    • @fossilium / 25. August 2016 @ 00:37

      »Tja, die Zeit ist ein dehnbares Gebilde – da mal schnell, da mal langsam. Ich hoffe es stimmt, was ich da behaupte. Jedenfalls ist es empirisch belegbar und daran ist noch nie ein Schwein vorbeigekommen.«

      Auch wenn Sie mich jetzt für ein Schwein halten: Die SI-Sekunde ist kein dehnbares Gebilde. Da kennt das BIPM kein Pardon.

      Ihre Behauptung sollten Sie vielleicht korrigieren, damit es nicht der Nachwelt so überliefert wird…

      • Lieber Chrys,
        warum korrigieren ?
        Jeder weiß doch, daß ich viel behaupte, wenn der Tag lang ist.
        Nehmen Sie´s nicht so ernst !
        LG Fossilium

  7. Hallo Herr Schulz,

    “Die statische, vierdimensionale Raumzeit wäre dagegen widerlegt, wenn ein Bruch der Lorentzinvarianz nachgewiesen würde. ”

    Welcher Bruch ? Was womit ? Energie und Impuls als fundamentale Größen eines Systems brechen die Lorenzinvarianz. Was wird damit schon nachgewiesen ?

    Das Blockuniversum ist eine Idealisierung: man betrachtet die Welt aus einem bestimmten Blickwinkel, mehr nicht – man kann also die Welt so sehen, oder auch nicht. Wenn nicht, steht man nicht im Widerspruch zur gängigen Physik. Warum sollen wir einen bestimmten Blickwinkel widerlegen ? Es gibt viele Blickwinkel – laß uns den suchen, in der wir die Welt in ihrer größten Vielfalt sehen.

    Das Blockuniversum ist das nicht. Es versteckt die Tatsache, daß die Zeit “dehnbar” ist – das ist doch das wahnsinnigste Phänomen von allem. Also unter welchen Aspekten sich die Zeit unterschiedlich darstellt, mag Formalisten interessieren, der wahre Metaphysiker stürzt sich auf genau diese Eigenschaft, die jeder Intuition und Alltagerfahrung zuwiderläuft: w a s d e h n t d i e Ze i t ?
    Oder was verkürzt sie ?
    Was macht tausend Jahre zu einem Tag, wie es in der Bibel heißt – dem Buch aller Bücher ? Die Relativgeschwindigkeit.

    LG Fossilium

  8. @fossilium
    Mit meiner Sichtweise ´Das Wesen von Zeit ist Energie´ lege ich einen konkreten Diskussionsvorschlag vor.
    Da es die Physik bisher nicht geschafft hat, zu definieren was Zeit ist und was vergeht, wenn Zeit vergeht – soll meine Idee darauf hinweisen, dass hier Handlungsbedarf besteht

  9. Ich denke nicht, dass das aus der Relativitätstheorie hervorgehende Fehlen von absoluter Gleichzeitigkeit gegen ein dynamisches Raumzeitmodell spricht. Vielmehr spricht sehr vieles für eine offene Zukunft – in meinen Augen gerade auch die erlebte und physikalisch bestätigte Lokalität allen Geschehens, die letztlich bedeutet, dass alles was passiert eine lokalen Ursprung hat und sich zuerst einmal ausbreiten muss, damit es anderes beeinflussen kann. Nur wenn das was lokal geschieht determiniert ist, nur dann ist auch die Zukunft determiniert. Praktisch gesehen ist das was lokal passiert sogar mit einem mechanistischen (Laplace’schen)Weltbild nicht deterministisch, denn schon kleinste Veränderungen der Eingangsparameter erzeugen andere Zukünfte. Quantenmechanisch betrachtet und im Lichte des Quantum Bayesianmismus kann man sogar sagen:

    According to QBism, quantum mechanics is a theory that any agent can use to organize his experience. More precisely, quantum mechanics permits any agent to quantify, on the basis of his past experiences, his probabilistic expectations for his future experiences. QBism takes measurement outcomes as well as quantum states to be personal to the agent using the theory. Quantum mechanics does therefore not provide an objective, agent-independent description of the world – it rules out a “view from nowhere”. By clarifying thus the role of quantum mechanics and of science in general, QBism avoids all the interpretational difficulties usually associated with quantum foundations. In QBism, there are no objective elements of reality that determine either measurement outcomes or probabilities of measurement outcomes. Rather, every quantum measurement is an action on the world by an agent that results in the creation of something entirely new. QBism holds this to be true not only for laboratory measurements on microscopic systems, but for any action an agent takes on the world to elicit a new experience. It is in this sense that agents – people – have a fundamental creative role in the world.

    Ein Problem, das die quantenmechanische Sicht noch bietet, ist das der scheinbaren Nichtlokalität – die sich etwa darin zeigt, dass die Wellenfunktion scheinbar nicht lokal begrenzt ist. Die Quantum bayesianistische Sicht aber spricht der Wellenfunktion die Realität ab, in ihrer Sicht beschreibt die Wellenfunktion nicht die Realität, sondern nur das, was wir über die Realität zu wissen glauben. Die QBisten sehen die Lokalität jedenfalls in keiner Weise durch die Quantentheorie verletzt.

    There is no nonlocality in quantum theory; there are only some nonlocal
    interpretations of quantum mechanics.
    ..
    But there are also local interpretations.
    Robert Griffiths has argued that quantum mechanics is local in the consistent-histories interpretation.
    QBism is also a local interpretation, but with a rather different flavor. QBist
    quantum mechanics is local because its entire purpose is to enable any single agent to organize her own degrees of belief about the contents of her own personal experience. No agent can move faster than light: the space-time trajectory of any agent is necessarily time-
    like. Her personal experience takes place along that trajectory. Quantum correlations, by their very nature, refer only to time-like separated events: the acquisition of experiences by any single agent. Quantum mechanics,
    in the QBist interpretation, cannot assign correlations, spooky or otherwise, to space-like separated events, since
    they cannot be experienced by any single agent. Quantum mechanics is thus explicitly local in the QBist interpretation

    Fazit: Alles was geschieht, geschieht lokal und da lokale Ereignisse nicht rein deterministisch begründet sind, ist auch die Zukunft nicht determiniert. Die Zukunft ist offen.

    • Textbezug zum Beitrag, wo man liest:

      Die Schwierigkeit ist, dass wir gewissermaßen aus unserer Anschauung heraustreten und Raum und Zeit von außen betrachten müssen.

      Genau das kann man nicht: “Raum und Zeit von aussen betrachten”, denn (Zitat vom QBisten Fuchs): “THERE IS NO VIEW FROM NOWHERE”

  10. @fossilium;

    Ihre Behauptung
    “die SRT sagt; in allen Bezugssystemen, die sich gleichförmig aneinander vorbeibewegen, laufen gleiche physikalische Vorgänge unterschiedlich schnell ab.
    ist bereits ein Irrtum. Daraus leiten sich dann selbstverständlich auch falsche Schlussfolgerungen ab. Energie- und Impulserhaltung sagen gerade, dass sie invariant sind bei Galilei- und Lorentztransformation, sonst wären sie bereits in unserem Sonnensystem ungültig. Nur Interaktionen zwischen relativ zueinander bewegten Systemen, wie insbesondere die Beobachtung eines Systems, sind von der Zeit- und Längenvarianz betroffen.

  11. @anton reutlinger:
    Sie schrieben um 9:38:
    “Die Geschwindigkeit der Übertragung von Information ist nicht unendlich, deshalb vergeht Zeit von der entstehung einer Information bis zum Eintreffen der Information beim Empfänger. Das widerspricht unserer Intuition, wir glauben, dass alles, was wir gleichzeitig wahrnehmen (insbesondere sehen), auch gleichzeitig geschieht.”

    Das halte ich für falsch. Es mag sein, dass Menschen hin und wieder vergessen, dass Signalübertragung Zeit braucht, aber der Intuition entspricht das nicht. Ich halte es sogar für ziemlich selbstverständlich.
    Einsteins Definition von Gleichzeitigkeit (die auch vorher in Gebrauch war) behauptet auch nicht, dass gleichzeitig Wahrgenommenes gleichzeitig geschieht. Sie rechnet die Signallaufzeiten heraus. Unanschaulich ist nur, dass Licht in zueinander bewegten Inertialsystemen gleich schnell ist.

    • @Joachim Schulz;
      Mir ging es darum, zwischen der Existenz oder dem Wesen der Zeit einerseits und der Relativität andererseits zu unterscheiden. Weiterhin besteht ein Unterschied, ob man relativ zueinander bewegte Systeme jeweils für sich oder aber ihre Interaktion mittels elektromag. Strahlung, insbesondere die Interaktion eines (menschlichen) Beobachtersystems betrachtet, die der Relativität der Lorentztransformation unterliegt. Mit den “teils seltsamen Eigenschaften” des Lichts versuchte ich der Konstanz des Lichtes Genüge zu tun, bzw. sie zu begründen. Der zentrale und oft missverstandene Punkt ist m.E., dass nicht das physikalische Geschehen innerhalb eines bewegten Systems, sondern allein die Wahrnehmung des relativ bewegten Beobachters der Zeit- und Längenvarianz unterworfen ist.

  12. Kaum ein Physiker scheint zu glauben, dass die Lorentzinvarianz nicht gilt. Das heisst meiner Ansicht aber nicht, dass man aus:

    Die statische, vierdimensionale Raumzeit wäre dagegen widerlegt, wenn ein Bruch der Lorentzinvarianz nachgewiesen würde.

    folgern kann, dass die Sicht auf die Zeit als “statische, vierdimensionale Raumzeit” in jeder Hinsicht richtig sein muss. Mir scheint eher, dass bestimmte -meist konstruierte – Konstellationen von Beobachtern mit einer “statischen, vierdimensionalen Raumzeit ” vereinbar sind, es aber auch andere Sichten geben kann.
    Penrose Andromeda paradox ist so ein Konstrukt wo sich für einen Beobachter die statische Sicht ergibt:

    Two people pass each other on the street; and according to one of the two people, an Andromedean space fleet has already set off on its journey, while to the other, the decision as to whether or not the journey will actually take place has not yet been made. How can there still be some uncertainty as to the outcome of that decision? If to either person the decision has already been made, then surely there cannot be any uncertainty. The launching of the space fleet is an inevitability. In fact neither of the people can yet know of the launching of the space fleet. They can know only later, when telescopic observations from earth reveal that the fleet is indeed on its way. Then they can hark back to that chance encounter, and come to the conclusion that at that time, according to one of them, the decision lay in the uncertain future, while to the other, it lay in the certain past. Was there then any uncertainty about that future? Or was the future of both people already “fixed”?

    • Dieses konstruierte Beispiel hat keinerlei Aussagekraft, soweit ich es verstanden habe. Es berücksichtigt offenbar nicht, dass auch die beiden Beobachter untereinander in ihrer Kommunikation der Lorentztransformation zu unterwerfen sind.

      • Ja, da kann ich ihnen einmal zustimmen. Nur weil die beiden sich am selben Ort begegnen heisst das noch nicht, dass sie zur gleichen Welt gehören. Das Penrose-Andromeda-Paradox hat vielleicht auf höherer Ebene sogar Ähnlichkeiten mit dem Paradox der spukhaften Fernwirkung bei verschränkten Systemen.

  13. Lieber Herr Reutlinger,
    wenn Sie nicht so viel von Physik verstehen, würde ich mich an Ihrer Stelle nicht so aus dem Fenster lehnen.

    Ihre Behauptung “Energie- und Impulserhaltung sagen gerade, dass sie invariant sind bei Galilei- und Lorentztransformation…” ist schlichtweg falsch: Energie und Impuls sind keine Erhaltungsgrößen bei Lorenztransformationen.

    Die einzige dynamische Größe, die lorenzinvariant ist, ist der Drehimpuls, zum Beispiel die kleinen Quanten, die man Wirkungsquanten nennt.

    Grüße
    Fossilium

    • Wo Fossilium Recht hat, har er/sie recht. Energie und Impuls sind nicht einmal unter Galileo-Transformation invariant. Das würde nämlich heißen, dass es keine kinetische Energie und keinen Impuls gibt, denn im Ruhesystem eines Körpers sind beide Größen Null.

      • ok, ich wollte eine bestimmte Überlegung zum Ausdruck bringen und habe dabei einen Denkfehler begangen. Der Relativitätstheorie liegen die Eigenschaften des Lichtes bzw. der elektromag. Strahlung zu Grunde. Würde sie auch für Dunkle Materie bzw. Energie gelten?

  14. Hi Crys,

    gratuliere, hier schreiben Sie ja was richtig Richtiges:

    “Die Physik — eine Hervorbringung menschlichen Denkens und Erkennens — konzipiert hingegen Zeit und Raum kontextuell und diskursiv als objekttheoretische Begriffe im Zuge modellhafter Beschreibungen”

    Das ist zwar etwas verschwurbelt ausgedrückt, folgt aber meiner hier zum Abwinken geäußerten Behauptung, daß die Physik – ausgehend von der Theorie in mathematischer Form – Modelle entwickelt, die eine vereinfachte, reduzierte Beschreibung der Wirklichkeit sein sollen.

    Sind wir uns doch richtig einig.

    Grüße
    Fossilium

  15. Hallo Herr Reutlinger,

    “Die meisten Menschen leiden an dieser geistigen Schwäche, zu glauben, weil ein Wort da sei, muß es auch das Wort für etwas sein; weil ein Wort da sei, muß dem Worte etwas Wirkliches entsprechen.”

    Ich weiß nicht was Sie antreibt, die geistigen Schwächen der meisten Menschen hervorzuheben. Wollen Sie sich von denen abgrenzen ?

    Es ist nicht eine Binsenwahrheit, daß jedes Wort für etwas steht. Jedes Sein hat einen Begriff. Wenn es so wäre wie Sie sagen – ja wovon reden wir dann überhaupt ?

    Es ist gerade umgekehrt. Dinge, über die es keinen Begriff gibt, wenn es sie aus Ihrer Sicht denn gibt, kann man überhaupt nicht reden, außer Blödsinn – darüber soll man lieber schweigen (Wittgenstein).

    Grüße
    Fossilium

  16. Lieber Herr Schulz,
    um nochmal auf den Ursprung Ihres Beitrags zurückzukommen: Augustinus behauptete, daß Vergangenheit und Gegenwart nicht existieren, wenn sie die gleiche Seinsform wie die Gegenwart hätten – da hat er natürlich Recht. Augustinus hat erkannt, daß Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart wesenhaft unterschiedlich sind.

    Das ist aus der physikalischen Sicht nicht so. Sie sagen: im dynamischen Raumzeitmodell gibt es nur gleichwertige Zustände, die einen kommen noch oder die anderen sind da, oder waren schon da – im Modell des Blockuniversums bewegen wir uns von einem gleichartigen Zustand zum nächsten wie auf einem Pfad an Wegmarken vorbei. Dabei wird nicht berücksichtigt, daß es einen ausgezeichneten Gegenwartszeitpunkt gibt, in der die Wirklichkeit stattfindet, und andere Zeitpunkte, in der nur Möglichkeiten oder Gewißheiten vorhanden sind. Die Zustände, die Sie genannt haben, die noch kommen und die die schon waren haben, eine andere Qualität als die im Gegenwartsmoment.

    Oder etwa nicht ? Womit befaßt sich die Physik ? Mit Möglichem oder Wirklichem ? Mit Zukünftigem oder Vergangenem ? Nach üblicher Regel nur mit dem Materiellen in Abgrenzung zum Geistigen.

    Ist denn nun Vergangenheit und Zukunft etwas Geistiges, etwas Gedachtes, Konstruiertes ? Ist es eine Seinsform irgendwo zwischen Materiellem und Geistigem, sodaß sich die Physik irgendwie damit befassen kann, oder auch wieder nicht ?

    Grüße
    Fossilium

    • @fossilium
      A) Augustinus schreibt klar, dass Zukunft und Vergangenheit nicht real existieren und dass die Gegenwart nur eine imaginäre Grenze des Übergangs ohne Dauer ist.
      Diese Aussage wäre wichtig für die Physik als Naturwissenschaft.
      Denn nach dieser Definition kann es z.B. die Zeit-DAUER als 4. Dimension nicht geben – und auch die Idee des Blockuniversums ist Unsinn.
      B) Er schreibt aber auch, dass es die Ausdehnung des Geistes, der Seele, (wir worden heute sagen. weil wir ein Gedächtnis und ein Bewusstsein haben) ermöglicht, dass wir uns Zukünftiges, Gegenwärtiges und Vergangenes gedanklich im Zusammenhang vorstellen können.

      Die Physik sollte sich mit Beidem beschäftigen, weil man zunächst keine einzige Idee ausschließen darf, um eine Theorie zu entwickeln. (Das vorzeitige Ausschließen von Ideen bedeutet, dass man damit eine Möglichkeit für Lösungsansätze schon von vorneherein ignoriert.):
      A) kann genutzt werden, um Theorien zu entwickeln und zu überprüfen
      B) eine gedankliche Vorstellung von Zeiträumen ist notwendig, um Zusammenhänge zu erkennen. So können z.B. Formeln erstellt werden, die eine beobachtete Wirklichkeit im Modell gut beschreiben

      Tipp: besorgen Sie sich das Reclam-Buch Augustinus ´Bekenntnisse´ und studieren Sie die Texte zum Thema ZEIT (11. Buch, Kap. 13-29). Es lohnt sich!

    • @fossilium
      Ich schrieb vor Jahren das Buch ´Der Bogen in Kultur, Musik und Medizin, als Werkzeug und Waffe´- in dem ich mich im weitesten Sinne mit dem Bogen beschäftigte. Über das Thema ´Pfeilaporie´ kam ich auf einen neuartigen Erklärungsansatz, mit dem das Phänomen ´Nahtod-Erfahrung´ komplett erklärt werden kann. Und bei der Ausarbeitung dieses Themas fiel mir wiederum auf, dass die buddhistische Philosophie seit 2500 Jahren davon ausgeht, dass Zeit-Dauer eine Illusion ist.
      Auf der Suche nach einer Antwort – was Zeit eigentlich ist – stellte ich fest, dass ausgerechnet die Physik keinerlei nachvollziehbare Definition dafür hat. Darauf entwickelte ich ein eigenes Erklärungsmodell: Das Wesen von Zeit ist Energie.

      Dieses Beispiel soll zeigen, dass es nicht sinnvoll ist, mögliche Lösungsansätze für eine Fragestellung von vorne herein zu ignorieren. D.h. auch die Naturwissenschaften sollten Fragestellungen z.B. der Metaphysik überprüfen – mit offenem Ausgang. Denn wie mein Beispiel zeigt, kann man damit Antworten bekommen, die man eigentlich gar nicht gesucht hatte.

      • KRichard: “Das Wesen von Zeit ist Energie.”

        Können Sie Ihre These mal in eine mathematische Formel fassen?

        • Kann Herr Kinseher nicht [1], denn das Wesen der Zeit ist Veränderung (und auch nur dann, wenn sie von dbzgl. erkennenden Subjekten festgestellt wird), wenn A “auf einmal” nicht mehr A ist, jedenfalls nicht mehr genau dem A entsprechend, wie es zuvor festgestellt werden konnte.

          Die Objektbildung “A” ist hier wichtich, Objekte werden von erkennenden Subjekten bedarfsweise und näherungsweise, ausschnittsartig und an Interessen gebunden festgestellt.

          [1]
          Ganz ausgeschlossen werden kann dies abär nicht, bei Einstein bspw. bestünde die Gefahr, dass er dbzgl. beibringen könnte.
          (Was dann in der Folge sich in der phil. Debatte ergeben würde, soll an dieser Stelle außen vor bleiben.)

          • Nun, es würde mich überraschen, wenn er es könnte. Wolkige statements in die Luft setzen ist natürlich einfacher, mit oder ohne Augustinus.
            Insofern bin ich auf seine Reaktion gespannt.

  17. Aus Sicht des SciFi-Gestählen angemerkt, auch ein wenig oder vielleicht zwingend philosophisch hierzu:

    (…) Widerlegung der dynamischen Zeitauffassung. Wir müssten uns damit abfinden[, dass] nichts passiert und alles ist. Wir wären nicht frei.

    Individuelle Freiheit oder nicht vorhandene muss nicht so bearbeitet bis ausgeschlossen werden.

    Es muss hier in der Kategorie des Weltsystems gedacht und verlautbart werden.

    Insofern gilt es sich dem Wesen der Zeit anzunähern, dieses bestimmen zu suchen, Vorschlag:
    Zeit ist das Maß der Veränderung, das erkennende Subjekte gerne feststellen, bspw. den Mond oder andere Himmelskörper meinend, deren Regelmäßigkeit ihnen dbzgl. hilft oder auch irgendwelche Schwingungen von Kristallen oder Zerfallserscheinungen meinend; die Zeit wäre insofern die Maßgabe, dass Veränderung stattfindet und historisiert werden kann.

    ‘Zeitreisen’ sind ein Problem, das aus Sicht des Schreibers dieser Zeilen per se paradox sind, denn die Vergangenheit, in die gereist werden könnte, sollte das Weltsystem diese Möglichkeit bereitstellen, wäre nicht mehr die “Vergangenheit” ohne diesem zugereisten Subjekt; etwas anders sieht es mit der “Zukunft” aus, diesbezüglich könnte das Weltsystem deutlich eher einpassen, hier bleibt der Schreiber dieser Zeilen sparsam.

    Allerdings wären hier schnell Many-World-Szenarien zu entwickeln und zu pflegen, gedanklich auf Seiten des dbzgl. Spekulierenden.

    Oder anders formuliert:
    Der zeitgenössischen Naturlehre zu folgen, wäre der beste Ansatz, um hier, also i.p. Veränderung oder Zeit oder “Zeit” locker bleiben zu können, um überhaupt halbwegs begründet das Maul aufkriegen zu können außerhalb dessen, was rein spekulativ, im Rahmen der SciFi entwickelt wird.
    “Zeitreisen” in die “Vergangenheit” können aber vglw. gut verstanden werden, als nicht möglich als sozusagen echte Zeitreise.

    MFG
    Dr. Webbaer

  18. @Paul Stefan: natürlich antworte ich gerne

    A) Wenn Sie meine Beiträge gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, dasss ich auf ein Problem der Physik hinweise. Mein Vorschlag ´Das Wesen von Zeit ist Energie´ ist eine Diskussionsgrundlage: man kann ihn zur Kenntnis nehmen oder ignorieren.
    Denn der aktuelle Stand der Physik zum Thema ZEIT ist Esoterik oder Metaphysik – aber nicht naturwissenschaftlich:
    B) z.B.: Lesen Sie im Buch von Stephen Hawking ´Eine kurze Geschichte der Zeit´ (rororo, ISBN: 978 3 499 62600 5, Seite 20+21): Hawking verweist auf die Sichtweise von Bischof Augustinus – wonach es vor der Schaffung des Universums keine Zeit gab (Bekenntnisse, Buch 11, Kap. 13). Das Universum und die Zeit wurden erst von Gott geschaffen.
    Dann weist Hawking darauf hin, dass Edwin Hubble 1929 die ständige Ausdehnung des Universums entdeckt hat. Damit konnte man zurückrechnen, dass unser Universum einen konkreten Anfang hatte – den Urknall.
    D.h. beim Thema ´Universum´ist Bischof Augustinus argumentativ widerlegbar.

    ABER: Für die Zeit übernahm Hawking einfach die Sichtweise von Augustinus (Zitat von Seite 21): “Man kann sagen, die Zeit beginnt mit dem Urknall – in dem Sinne, dass frühere Zeiten einfach nicht definiert sind.”
    Im ganzen Buch Hawking´s ist weder eine eigenständige Definition für das Wesen von Zeit zu finden, noch eine argumentativ nachvollziehbare Erklärung – wieso Urknall und Zeit zusammen hängen müssen.
    Kurz gesagt, es fehlt jede nachvollziehbare naturwissenschaftliche Grundlage. Bloß weil man die Existenz des Universums auf einen Urknall zurückrechnen kann, darf man daraus nicht die unzulässige Schlussfolgerung treffen – man könne auch eine zutreffende Aussage über die Zeit treffen.

    Herr Stefan – ich hoffe Sie vestehen jetzt, dass der Spielball bei der Physik liegt.

    Ich gehe in meinem Modell davon aus, dass unser Universum im Prinzip eine Maschine ist, die ihre gesamte Energie beim Urknall bekommen hat. UND – dass Zeit deshalb ebenfalls als Energie/-menge beschreibbar ist, wenn sie seit dem Urknall vergeht.
    Wenn Sie eine Formel wollen, brauchen Sie bloß die gesamte im Universum vorhandene Energie durch das aktuelle Volumen des Universums teilen. Die ständige Abnahme des Energieniveaus entspricht dann dem Vergehen von Zeit. UND sie erklärt auch, wieso der kosmische bzw. thermodynamische Zeitpfeil eine festgelegte Richtung haben müssen. UND dies erklärt auch wieso die physikalische Theorie einer symmetrischen Zeit falsch sein muss.

  19. Lieber KRichard,
    Ihre zentrale Aussage oder Diskussionsvorschlag ist:
    “Die ständige Abnahme des Energieniveaus entspricht dann dem Vergehen von Zeit. ”
    Das haben Sie auch schon früher behauptet. Damit stellen Sie aber nur fest, daß alle sich selbst überlassenen Systeme einem Gleichgewicht zustreben, mit maximaler Unordnung und minimalem Energieinhalt. Woher dieses Streben kommt ist ein physikalisches und metaphysisches Rätsel. Es gibt keine Theorie, die einen Grund dafür liefert.
    Aber Wenn man dies beschreibt, setzt man bereits voraus, daß es eine Zeit gibt, denn Sie beschreiben da zeitlich hintereinanderliegende Zustände, jede mit geringerer Energie. Insofern kann – aus logischen Gründen – die Energieverringerung die Zeit nicht definieren.

    Energie und Zeit sind über einen Drehimpulsbetrag miteinander verbunden. Das kommt daher, daß die allgemeinste Bewegung eines lokalisierbaren Objektes immer gekrümmt ist, nämlich auf Kreisbahnen stattfindet und der Drehpuls als Anschub auf dieser Kreisbahn während einer kurzen Zeit die Energie des Objektes steigert. Das ist ein sehr allgemeine (im klassischen Bild gehaltene) Metapher einer Wirkungsübertragung, die kann in einer Aufnahme und Abgabe von Drehimpulsen (Wirkungen) bestehen, daher symmetrisch.

    Mehr haben Energie und Ziet nicht miteinander zu tun. Die Physik hat auch – anderes als Sie sagen – ein sehr klares Bild von der Zeit. Sie gebraucht die Zeit in ihren Modellen, da ist sei ein unabhängig veränderlicher Parameter. Zeit ist der Parameter, mit dem ich aufeinanderfolgende Zustände indizieren kann. Das ganze dynamische Geschehen ist eine zeitliche Folge von Zuständen. Es gibt in der klassischen Physik keinen ausgezeichneten Zeitpunkt (Gegenwartszeitpunkt). Erst in der Quantenphysik hat man – hoppla – festgestellt, es gibt den Zeitpunkt, wo die Wellenfunktion zusammenbricht und die schöne unitäre Zeitentwicklung plötzlich einen Sprung macht. Das ist ein ausgezeichneter Zeitpunkt, den identifiziert die Physik aber nicht mit der Gegenwart, weil diese in den Modellen nicht vorkommt und die Physik eben nur Modelle zusammanbastelt. Vergangenheit und Zukunft als spezifische Seinsformen kommen darin auch nicht vor. Ein Zustand kommt nach dem anderen, das wars.

    Sie macht keine Aussagen über die Metaphysik der Zeit. Aber eine Metaphysik der Zeit muß Rücksicht nehmen auf die Erkenntnisse der Physik. Metaphsyiken der Zeit gibt es eine ganze Menge, nicht nur Augustinus hat sich damit befaßt.

    Eines unterscheidet die Metaphysik von Augustinus von der anderer – nämlich sie berücksichtigt den Prozeß der Werdung von Existenz – allerdings stammt bei Ihm alles von Gott. Selbst Aristoteles und Kant haben über die Werdung von Existenz nichts gesagt, das war schon immer etwas Transzendentes.

    Dabei muß man den Werdungsprozeß berücksichtigen, wenn man Zeit erklären will.

  20. Lieber Webbär,
    Zeit ist nicht die Maßgabe der Veränderung, sondern Veränderung wird durch die Zeit parametrisiert. Der Parameter Zeit ist aber ein unabhängiger – wie Sie wissen – bei allen physikalischen Prozessen. Unabhängig heißt: vorgängig, vorrangig, unabhängig von der Veränderung schon vorher vorhanden.

    Deshalb widerspricht es den Erkenntnissen der Physik, wenn Sie sagen Zeit sei das Maß der Veränderung. Das Maß der Veränderung des Ortes ist die Längeneinheit, die der Veränderung der Energie die Energieeinheit, die der Veränderung der Masse die Masseneinheit. Das Maß der Veränderung wird durch die Maßeinheit der veränderten Größe festgestellt. Also bitte genau bleiben, und nicht begrifflich ins Schlampige abgleiten.

    Ich behaupte, die Zeit wird erzeugt bei einem Prozeß. Der ist notwendig, oder den hat die Natur eingerichtet, um lokalisierbaren Objekten eine Identität zu geben. Denn der Raum reicht dazu nicht aus. Zwar können zwei Raumpunkte voneinander unterschieden werden, wenn sie einen Abstand voneinander haben. Aber wenn Raumpunkte dann jeweils von einem Objekt besetzt werden, wie will man die Objekte voneinender unterscheiden ? Man braucht neben den drei Ortskoordinaten für den Ort noch eine vierte, um die Besetzung des gleichen Raumpunktes zu indizieren, in einer Folge, die Zeitpunkte heißen, um verschiedene Objekte, die den gleichen Raumpunkt besetzen, voneinender zu trennen, schlichtweg um sie über ihren Ort identifizieren zu können bzw. alle Orte im Raum eindeutig zu machen hinsichtlich ihrer Besetzung durch ein Objekt.
    Wenn man herausfinden würde, wie diese vierte Koordinate entsteht, weiß man wie Zeit entsteht.

    Es könnte aber auch gerade umgekehrt sein, daß nämlich zuerst die Zeit da ist, die dafür sorgt, daß ein raumloses Ganzes geordnete Zustandsfolgen durchläuft und der Raum dann erst ersteht, wenn das raumlose Ganze aus der Verschränkung in lokalisierbare Teile zerfällt. Die Funktion der Zeit als Indentitätsstifter ist davon unberührt.

    Liebe Grüße
    Fossilium

    • Howdy, Fossilium,
      Sie vertreten halt die physikalische Position, die ja auch gar nicht angegriffen werden soll, sozusagen unter der physikalischen Position liegt aber die philosophische, gedacht werden soll hier in Schichten.
      Und was erst einmal über die Welt gewusst wird, ist A) dass etwas ist und B) dass sich dieses Etwas verändert. [1]
      Zeit ist eine physikalische Theoretisierung erkennender Subjekte, die die Veränderung bearbeitet und beschreibt und erklärt und die Prädiktion erlaubt.
      Vielleicht ist sie unzureichend theoretisiert.

      MFG + schönes Wochenende,
      Dr. Webbaer (der auch Herrn Senf grüßt, der seinen Senf abgeben konnte, danke für nichts)

      [1]
      Fichte und Dr. W haben unabhängig voneinander auch wie folgt entwickelt:
      Etwas ist, weil es ist, und es ist so, wie es ist, weil es so ist, wie es ist. (Gemeint hier die skeptizistische-konstruktivistische Position, auch das sich Anbieten der Naturlehre und deren grundsätzliche Grenzen meinend.)

      • “Vielleicht ist sie unzureichend theoretisiert.”

        Genau darum geht es.

        “Etwas ist, weil es ist, und es ist so, wie es ist, weil es so ist, wie es ist.”

        Das ist die Ansicht der Schimpansen, die auf den Bäumen herumklettern – die hat der liebe Gott in ihrem vermeintlichen Paradies drin gelassen.

        Uns hat er verjagt, weil wir an den obigen Quatsch nicht mehr geglaubt haben.

        Grüße Fossilium

    • @fossilium;
      Die Aussage

      Das Maß der Veränderung wird durch die Maßeinheit der veränderten Größe festgestellt. “


      ist physikalisch trivial und daher ohne Informationsgehalt, oder ohne Aussagekraft. Was ist mit der Schnelligkeit einer Veränderung? Ist nicht gerade sie das Maß für die Zeit? Die Schnelligkeit einer Veränderung kann nur in Bezug zu einer Referenz gemessen werden, weil es kein absolutes Maß dafür gibt – außer der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, die in sich wiederum eine feste Relation zwischen Raum und Zeit darstellt!

      Ihre Argumentation dreht sich im Kreis, eine petitio principii, indem Sie voraussetzen, was Sie definieren oder erklären wollen. Was ist der Abstand zwischen Objekten? Das Urmeter, mit dem Abstände gemessen werden, liegt als Referenz in Paris in einem Gebäude, sonst nirgends. Ursprünglich war der eigene Körper das Maß der Dinge, deshalb stammen viele Längenmaße von Körpermaßen ab (Elle, Fuß). Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit besagt gerade, dass Abstände ohne die Zeit nicht wirklich definierbar sind.

      • Hallo Herr Reutlinger,
        auch die Schnelligkeit einer Veränderung ist kein Maß für die Zeit, weil Veränderung – ob schnell oder langsam – Zeit voraussetzt. Ich dachte das wäre geklärt. Und der allgemeine Abstand ist keineswegs der Längenabstand. Man spricht auch von Zeitabständen, und auch vom Abstand zwischen verschiedenen Kulturen, zwischen Arm und Reich, ja z.B. in jeder sozialen Hirarchie ist ein Abstand zwischen oben und unten gegeben. Daher ist Abstand ein allgemeiner Begriff, ein Strukturmerkmal, aber nicht nur von geometrischen Strukturen, und der Abstand zwischen zwei Orten nur die geometrische Spezialisierung.

        Die Lichtgeschwindigkeit ist auch nur eine formale Naturkonstante, ohne daß deren Bedeutung metaphysisch klar wäre. Denn Licht hat keine Geschwindigkeit. Physikalisch gesehen ist Licht die Verschränkung zwischen einem Lichtquant und dem Raum, dieses verschränkte Objekt hat keine Form oder Gestalt, es ist daher nichts da, was sich “ausbreiten” kann – das einzige was man über dieses System zweier Objekte metaphysisch aussagen kann, ist, daß – wenn es nach der Zeit t eine Wirkung ausübt, wobei es in zwei Teile, den Quant und den Raum, zerfällt, diese Wirkung immer lokal in gleicher maximaler Entfernung von der Quelle stattfindet. Diese Tatsache trifft auf alle verschränkten Systeme zu, es ist eine Eigenschaft der Verschränkung, daß Wirkung und Ort der Entstehung nach gleicher Zeit immer gleich weit entfernt sind, keine Eigenschaft von Raum und Zeit. Man hat dann immer einen festen Abstand und eine feste Zeit und da ihre Division immer den gleichen Wert ergibt, nennt man das Lichtgeschwindigkeit. Man könnte auch von maximaler Quelle-Wirkungs-Distanz verschränkter Systeme sprechen. Erst nach dem Zerfall der Verschränkung werden auch kleinere geometrische Abstände als dieser Maximalabstand erzeugt. In jedem Fall setzt auch diese Konstante die Zeit voraus, ja auch die Verschränkung setzt sie schon voraus, weil es hier ein Vorher und Nachher gibt.

        Grüße
        Fossilium

        • @fossilium;
          Gestern schrieben Sie:

          Jeder weiß doch, daß ich viel behaupte, wenn der Tag lang ist.
          Nehmen Sie´s nicht so ernst !

          Das passt gut zu diesem Beitrag von Ihnen. Es scheint jedoch, dass Sie selber nicht wissen, was Sie behaupten.

          Schon Augustinus wusste, dass die Zeit der Veränderung nicht vorausgeht, sondern dass sie eine Begleiterscheinung, ein Epiphänomen, derselben ist und durch sie erst definiert und gemessen werden kann. Veränderung wiederum bedeutet, dass Zustände oder Zustandsübergänge unterscheidbar und vom Menschen wahrnehmbar sind, sei es direkt wie der Sonnenzyklus oder indirekt über Instrumente (Uhren).

        • Fossiliums Meinung, Licht habe keine Geschwindigkeit, es übe nach der Zeit t eine Wirkung aus, die vom Ort der Entstehung nach gleicher Zeit immer gleich weit entfernt sei, sodass deren Division (s/t) immer den gleichen Wert 1 = c ergäbe, ist mE äußerst bemerkenswert.
          Sie dürfte sich mit der Leibnizschen Auffassung der Relationalität von Raum und Zeit in Einklang bringen lassen und könnte die Newtonsche Auffassung, dass Zeit und Raum Behältnisse seien, in denen sich die Wirklichkeit abspiele (auch die “Raumzeit” wird von den heutigen Physikern immer noch als so ein – bewegliches – Behältnis gedacht) überwinden. Das weist den Weg zu einem wahren Verständnis der SRT.

  21. @fossilium
    Mein Vorschlag entspricht der Arbeitsweise einer Maschine. D.h. die Maschine ´Universum´ hat beim Urknall ihre gesamte Energie bekommen – und seitdem läuft sie, wobei der durchschnittliche Energieinhalt pro Volumen sich durch die Ausdehnung des Universums ständig verringert. Regeln für Thermodynamik sind bekannt und somit kein physikalisches oder metaphysisches Rätsel.

    Zeit-Dauer ist dafür nicht notwendig, da alle Veränderungen als eine Abfolge von Ereignissen bzw. eine Kettenreaktion beschrieben werden können.
    Ich habe schon mehrmals geschrieben, dass nichts dagegen spricht, wie bisher die Uhrzeit als Parameter für Berechnungen/Modelle zu verwenden.

    Sowohl mein Modell, wie auch die buddhistische Philosophie bzw. Bischof Augustinus gehen davon aus, dass es die Zeit-Dauer als 4. Dimension nicht geben kann. Aber die Mathematiker der aktuellen Physik berechnen sogar Zeitreisen durch die 4D-Raumzeit. D.h. dass die Physik – meiner Meinung nach – eben kein klares Bild von der Zeit hat.
    (Albert Einstein schrieb z.B. 1955 in einem privaten Brief ´time is an illusion´.)

  22. KRichard
    “Wenn Sie eine Formel wollen, brauchen Sie bloß die gesamte im Universum vorhandene Energie durch das aktuelle Volumen des Universums teilen. Die ständige Abnahme des Energieniveaus entspricht dann dem Vergehen von Zeit. UND sie erklärt auch, wieso der kosmische bzw. thermodynamische Zeitpfeil eine festgelegte Richtung haben müssen. UND dies erklärt auch wieso die physikalische Theorie einer symmetrischen Zeit falsch sein muss.”

    Auf mich macht das den Eindruck, als ob Sie eine Sanduhr nehmen, zum Sand “Energie” sagen und dann feststellen, dass die Zeit vergeht, wenn der Sand runterrieselt. Damit ist nichts erklärt.
    Was genau meinen Sie mit “Energie”? Eine bekannte, messbare Energie? Oder eine noch unbekannte?
    Wie wollen Sie Ihre Behauptung überprüfbar oder falsifizierbar machen?

    • @Paul Stefan
      Schon ´mal was vom ´Urknall´ gehört. Nach dieser Theorie ist das gesamte Universum aus konzentrierter Energie entstanden.

      Ich will hier keine wissenschaftliche Arbeit schreiben. Betrachten Sie meine Hinweise als Anregungen.

      • “Schon ´mal was vom ´Urknall´ gehört. Nach dieser Theorie ist das gesamte Universum aus konzentrierter Energie entstanden.”

        Urknall? Echt, den hatte ich jetzt übersehen oder sagt man “überhört” ? Dann ist also alles aus Energie entstanden, Raum, Zeit, Materie, Ich und vielleicht auch Gott.
        E = m = t, die neue Weltformel.

  23. Nachdem ich sie gefunden habe, habe ich mir nach der praktisch pragmatischen Einleitung die Zeit genommen, die Diskussion zu “verfolgen”.
    Hab eine neue nicht berücksichtigte Eigenschaft entdeckt “Zeitverschwendung” 😉
    Ergebnis: relative Beobachter-Zeit = Summe aller Zeitverschwendungen

    • Hier ringen die größten Geister unserer Zeit um eine tiefere Erkenntnis von Raum und Zeit und Sie fertigen das mit einem Wortspiel ab, also echt, Sie Schlingel!
      😉

      • Herr Senf “ist halt nicht so der Bringer”.
        Ansonsten entsteht, bei einigen, die philosophisch bis i.p. SciFi “gestählt” sind schon eine Art Grundwut [1], wenn derart geschrieben wird:

        Wir können nicht in die Vergangenheit reisen, weil sie nicht mehr ist.
        […]
        Stellen Sie sich vor, die Welt verändert sich gar nicht. Sie ist statisch und wir rutschen nur durch sie hindurch, wie durch eine Tunnelrutsche. Die Rutsche bewegt sich nicht. Durch unsere Bewegung in ihr sehen wir aber immer etwas [N]eues, wir bekommen ein dynamisches Erlebnis in einer statischen Konstruktion.

        ‘Wir’ könnten schon ‘in die Vergangenheit reisen’, wenn das Weltsystem derart persistiert oder historisiert.
        ‘Wir’ können aber nicht derart ‘reisen’, weil die Vergangenheit mit einem hinzugekommenen Gegenstand (oder einem Subjekt, das auch erkennend sein darf) nicht mehr die selbe wäre, wie historisiert.
        Allerdings könnte das Weltsystem eine ähnlich erscheinende Möglichkeit anbieten, die dann aber nicht “echte Zeitreise” genannt werden soll.

        ‘Tunnelrutschen’ muss etwas wie Zeit bedeuten, also Veränderung.

        Eine sich nicht verändernde Welt, in der ein erkennendes Subjekt Unterschiedliches dennoch zu notieren hat, ist nicht denkbar, wäre dann sozusagen ein echtes Paradox und somit unmöglich. [1]

        MFG
        Dr. Webbaer

        [1]
        Was denkbar ist, ist grundsätzlich möglich, ‘denkbar’ und ‘möglich’ sind hier Synonyme, vieles, was (einigen) nicht denkbar ist, ist möglich, was undenkbar ist, als sozusagen echtes Paradox, ist nicht möglich.
        Weil sprachlich nicht mehr greifbar.
        So, wie postuliert, also nicht ginge.

  24. Die Relativität der Gleichzeitigkeit kann es einem Beobachter ermöglichen in die Zukunft des Anderen zu Schauen. Letztlich begründet das scheinbar ein Universum, in dem schon alles passiert ist, in dem die Zukunft vorweggenommen ist, etwas was man als Blockuniversum bezeichnet.
    Ich halte diesen Schluss für falsch. Er wäre dann richtig, wenn eine Beobachterin und Filmerin auf irgend eine Weise einer Zivilisation Zunkunftsfilme – also Filme aus der Zukunft dieser Zivilisation – zusenden könnte. Doch genau das kann sie nicht – auch nicht unter Ausnutzung der einsteinschen Relativität der Gleichzeitigkeit.
    Die Site The Block Universe of Special Relativity beurteilt das ebenso und spricht von Pardoxen, also nur scheinbaren Widersprüchen zwischen dem, was sich aus der einsteinschen Gleichzeitigkeit ergibt (eine Person kann etwas über die Zukunft einer anderen Person wissen) und einer offenen Zukunft.
    Man liest dort:

    Moving observer A thinks some event in his plane of simultaneous events (say B1) is happening now. At this moment in cosmic time, B is at B0, where and when he thinks that an event A1 is in A’s future, but in his (B’s) own plane of simultaneity (the dark lines).
    But this is not a transitive relation. Just because A sees B1 as his “now” at A0 and B sees an event A1 in A’s future as B’s “now” does not make the event in A’s future “now” for A. It does not prove that “the future is now.”

  25. Zeitbegriff
    Vielleicht kommt man weiter, wenn man sich vergegenwärtigt, dass für einen “toten” Gegenstand auch die Zeit vergeht. Der Stein vor einer Stunde ist nicht mehr der gleiche wie im Augenblick. Warum? Weil es den “nackten” isolierten Stein nicht gibt. Es gibt ihn nur in unserer Vorstellung. In Wirklichkeit steht er in einem Strahlungsgleichgewicht mit seiner Umwelt und hat die gleiche Temperatur. In jedem Augenblick wird er von -zig Neutrinos durchbohrt. Einige radioaktive Isotope verändern sich in jedem Augenblick.
    Kurz: Der Stein altert auch.
    Wie man das jetzt metaphysisch deutet, ist mir gleich.
    Zeit gibt an, dass sich der Stein verändert und zweitens wie schnell im Vergleich zu einer Uhr.
    Seit Einstein wissen wir nun , dass diese Veränderungen abhängig sind von der Wechselwirkung des Steines mit seiner Umgebung. Das ist einmal das Schwerefeld, in dem er sich befindet und zweitens die Geschwindigkeit mit der sich der Stein in diesem Schwerefeld bewegt. Weil ja der Stein auch mit dem Schwerefeld wechselwirkt.
    Was bleibt? Ein paar Formeln, die die berechnete Zeit mit der gemessenen in Einklang bringt. Sonst ist da nichts Geheimnisvolles.

  26. Ein Objekt A geht von Ort B zu Ort C und ist dort noch als Objekt A erkennbar, denn es ist dauerhaft. Nukleon 10 hoch 33 Jahre haltbar, Elektron 10 hoch 60 Jahre haltbar. In einem Schwerefeld werden dessen Trägheits verkebungen mehr, mit einer diesem angedichteten “Vergänglichkeit” hat dies nichts zu tun, es wird einfach zähklebriger.

  27. Kurt Gminder,
    was wir im Weltraum sehen ist nicht real in dem Sinne, dass die Anordnung der Sterne im Augenblick so ist, wie wir sie sehen. Wenn wir von real sprechen, implizieren wir , dass alle Objekte eine “Gleichzeitigkeit” haben. Damit sind wir wieder bei der Zeit. Der abstrakte absolute Zeitbegriff erfordert auch den Begriff der Gleichzeitigkeit. Da diese Gleichzeitigkeit nur sehr schwer berechnet werden kann, ist es leichter von einer relativen Zeit zu reden.
    Mit Vergänglichkeit meine ich nur die Veränderung,bzw. Anordnung von Elementarteilchen. Man könnte ja mal versuchen, die Zeit über den Grad der Veränderung, sprich über die Entropie zu definieren.

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