Mit Ultraschall gegen Schlaganfall und mehr – Falling Walls Lab
BLOG: Quantensprung
Mein Vater hatte Schlaganfälle. Zeitlich versetzt. Immer wieder. Bis zum ulitmativen. Vielleicht hätte ihm der Therapieansatz geholfen, den Aliona Nacu heute beim Falling Walls Lab vorstellte. Die Forscherin von der Universität Bergen in Norwegen präsentierte den Einsatz von Ultraschall um die Gerinnsel aufzulösen, welche die Arterien im Falle eines ischämischen Infarkts verstopfen. Sie berichtete, dass diese Therapie in Kombination mit herkömmlicher zu deutlich höheren Erfolgsquoten führt. Das zeigten inzwischen etliche Anwendungen im Stroke Unit des Haukeland Universitäts Krankenhauses.
Alione Nacu ist eine von 100 Nachwuchsforschern, die heute beim Falling Walls Lab ihre Kurzvorträge halten. Für sie, wie weiteren 99 ist dies naturgemäß eine sehr große Herausforderung. Die Nachwuchsforscher bekommen nur 2,5 Minuten Zeit für die Präsentation ihrer Idee, welche Impulse auslösende, verändernde Effekte auf die Zukunft haben soll (ground breaking). Dann folgen 30 Sekunden Fragezeit. Und auf den ersten Blick wirkt dies vielleicht unfair gegenüber den Koryphäen, die Morgen auf der großen Bühne sprechen werden. Diese dürfen ihre Erkenntnisse und kreativen Ideen immerhin über je 15 Minuten dem Publikum darlegen.
Aber gerade in der Kürze erkennt man die Würze. Das haben sich die Organisatoren gedacht. Das betonten etwa Jürgen Mlynek, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, und Martin Sonnenschein, Direktor für Zentraleuropa von A.T. Kearney, im kurzen Pressegespräch mittags. Außerdem ist es für die Nachwuchsforscher eine wunderbare Gelegenheit sich in diesem Kurzformat über alle Disziplinen hinweg auszutauschen. Sie und auch die geladenen Gäste erfahren, wo in den jeweiligen Gebieten aus Sicht der jungen Forscher Herausforderungen für die Zukunft ausgemacht werden. Und sie erfahren, welche Lösungen sie avisieren. Manche dieser Lösungen haben bereits Marktreife erlangt, andere sind reine Visionen – wie die Vision des seit acht Jahren kurzsichtigen Denys Holovatyi, der von einem Trainingsprogramm für die Muskulatur im Inneren des Auges träumt, das seine Sehkraft wieder zurück auf den Stand vor acht Jahren trimmt.
Die Träume, Visionen und ersten Anwendungen sind vielfältig – einige seien hier gelistet:
- neue flexible kleine Wasserkraftwerke,
- intuitives Erspüren chemischer Moleküle,
- per Hirnstrommessung erkennen, wer mit wem gute Teams bilden kann,
- Katalysatoren für Brennstoffzellen,
- Engagement für Nachhaltigkeit durch App-Games,
- Smart Phones im Einsatz für mehr Bürgerdemokratie als Abstimmungswerkzeuge….
- …die Liste wäre 100 lang.
Was ich besonders interessant an dieser Veranstaltung finde: Die Nachwuchsforscher sind aufgefordert ihre Forschung und Ideen hier in einer verständlichen Sprache zu vermitteln, denn das Publikum ist sehr gemischt. Und sie haben nur wenig Zeit um Problemstellung, potenzielle Lösungen und ihren Ansatz darzustellen. Viele Kernbotschaften und eine echtes Training in Sachen Kommunikation.
Dies sei durchaus auch ein absolut erwünschter Effekt dieser Veranstaltung, betonte Mlynek. Wobei die zwei Hauptkriterien der Inhalt (wirklich etwas Neues, ein potenzieller Durchbruch) und der gezeigte Enthusiasmus seien. Den Teilnehmern wurden außerdem offenbar einige Ratschläge für ihre Präsentation mit auf den Weg gegeben.
Alle Teilnehmer haben mit ihrem gesprochenen Vortrag wirklich hervorragend reüssiert. Trotzdem ist die Bandbreite der Präsentationsstile und ihres jeweiligen Gelingens sehr groß. Manche sind fortgeschritten und wissen etwa mit gegenseitigem Händeschütteln, oder Fragen ins Publikum dasselbe einzubeziehen, bzw. auf sich aufmerksam zu machen. Manche haben nette Visualisierungen wie etwa Eierschachteln als Bild für das Innere eines hochtechnischen Messgeräts dabei. Manche wissen, dass man Powerpoints nicht überfrachten soll – lieber Schlagwörter als ganze Sätze; weniger bis keine Formeln. Sie wissen, dass das gesprochene Wort zum jeweiligen Bild passen sollte… und vieles mehr.
Diese jungen Wissenschaftler werden immer bessere Präsentatoren. Manche bräuchten zwar noch den einen oder anderen Tipp und würden nach einem Training sicher ihr Thema noch viel besser vermitteln. Aber in der Summe sehe ich einen riesigen Unterschied zu den Präsentationen, die ich an (fast) gleicher Stelle vor vier Jahren verfolgt habe. Damals war es das erste Falling Walls Lab. Die junge Tradition sollte beibehalten werden, alleine schon, weil ich mich freue, dass sich wegen solcher Events Forscher wirklich sehr anstrengen, um noch besser in Richtung Öffentlichkeit und erweiterter Community zu kommunizieren.
Aktuell läuft die dritte Runde. Die letzten 30 sind dran. Das ist meine Challenge: 100 mal drei Minuten-Vorträgen an nur einem Tag konzentriert zuhören, das ist auch sportlich.
Nachtrag:
1. Platz Tom Bieling
„Breaking the Wall of Deaf-Blind Isolation“ – Ein mit diversen Berührungssensoren ausgerüsteter Handschuh soll Taubstummen verbesserte Kommunikation und Interaktion ermöglichen. Design Research Lab, Berlin
2. Nermeen Youssef
„Breaking the Wall of Type 1 Diabetes“ – Mit Ultraschall und Smartphone für eine verbesserte Diabetes Typ 1 Diagnose und Therapie. University of Alberta
3. Dyllon Garth Randall
„Breaking the Wall of Wastewater using Eutectic Freeze Crystallisation“ – Verbesserte Abwasseraufberreitung der Zukunft oder schon bald Gegenwart? Aurecon, South Africa
Im Bild außerdem die Preisverleiher Martin Sonnenschein (l), Zentraleuropa-Chef von A.T. Kearney, und Carl-Henrik Heldin (m), u.a. Vorsitzender des Nobelkomitees.
Die Drei durften Ihre Beiträge übrigens auch am Sonntag auf der großen Bühne präsentieren und erhielten dafür nicht nur viel Applaus. Viele im Publikum zeigten sich an einer Umsetzung sehr interessiert.
Pingback:Falling Walls Lab: Vortrags-Marathon der jungen Forscher- und Innovatoren-Elite › Medicine & More › SciLogs - Wissenschaftsblogs