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BLOG: Quantensprung

Versuch einer Aufklärung
Quantensprung

Es rumort weiter. Vorgestern hat mit dem Wellcome Trust eine der größten Fördereinrichtungen, die vor allem auf Gesundheitsthemen setzt, wieder ihre Unterstützung für Forscher verlautbart, die ihre Forschung frei zugänglich machen wollen. 

Auf Channel 4 war formuliert:

The Wellcome Trust is changing its policies to promote open access to the scientific research it funds with a target of 100 per cent of it eventually being made freely available to the public.

Außerdem hat der Wellcome trust nochmals auf sein neues geplantes Open Access Journal eLife hingewiesen, das in Kooperation mit der Max-Planck-Gesellschaft und dem US-amerikanischen Howard Hughes Medical Institute Ende 2012 starten soll.

Seit dem Beginn der Open Access Bewegung vor rund 10 Jahren mit der Budapest Open Access Initiative hat sich eine Menge getan. Es geht darum, dass Forschungsergebnisse (die vom Steuerzahler mit finanziert wurden) nach deren Publikation frei zugänglich sind. De facto leisten aber bis heute Universitäten und Forschungseinrichtungen horrende Abozahlungen für Fachmagazine an viele große Verlage, um darin mitunter die hauseigenen Forschungsergebnisse zu lesen. Frei zugänglich sind die Ergebnisse also nicht. Und vielen gilt dies nicht zuletzt auch als eine immense Bremse für die Forschung, die von Kollaboration und Ideentausch lebt.

Das Jahr 2012 bietet nun bereits besonders viele Vorkommnisse und Bewegungen in der Sache. Die Historie diesen Jahres bis jetzt auf einen Blick:

Forscher aus aller Welt haben sich Anfang 2012 erfolgreich gegen einen Gesetzentwurf im US-Repräsentatenhaus gewehrt, der die Open Access Bewegung wissenschaftlicher Publikationen zurück auf Start gestellt hätte. Große Behörden und Universitäten fordern seit Jahren von ihren Wissenschaftlern, dass deren Publikationen spätestens ein halbes oder ein Jahr nach deren Veröffentlichung frei im Netz zugänglich sein müssen. Insbesondere die National Insitutes of Health (NIH) forderten eine Veröffentlichung nach Frist via PubMed Central seit 2008 verpflichtend. Diese Verpflichtung sollte mit dem Research Work Act (RWA) der Abgeordneten Darrell Issa und Carolyn B. Maloney verboten werden.

Da Elsevier, einer der größten Wissenschaftsverlage, den RWA unterstützte riefen die Mathematiker Tyler Neylon und Timothy Gowers zu einem Boykott auf (the cost of knowledge). Über 7500 Wissenschaftler verlautbarten bis Ende Februar, dass sie in keinem Elsevier-Journal mehr publizieren würden und/oder deren Artikel nicht mehr besprechen würden und/oder keine Editierungsarbeiten mehr übernehmen würden. Der Verlag knickte ein und zog am 27. Februar seine Unterstützung für den RWA zurück. Kurz darauf war der RWA vom Tisch. Michael Eisen, Evolutionsbiologe an der UC Berkeley, Co-Founder von PLoS (Public Library of Science ) und einer der engagiertesten Befürworter von Open Access kommentierte dies in seinem Blog mit den Worten: „Dies ist ein weiterer Beweis für die Macht kollektiven Handelns…, ähnlich der Niederlage von SOPA und PIPA.“

Inzwischen haben über 9500 Forscher den „the Cost of Knowledge“-Boykottaufruf unterzeichnet. Weitere Entwicklungen dürfen mit Spannung erwartet werden.

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Veröffentlicht von

Beatrice Lugger ist Diplom-Chemikerin mit Schwerpunkt Ökologische Chemie. Neugierde und die Freude daran, Wissen zu vermitteln, machten aus ihr eine Wissenschaftsjournalistin. Sie absolvierte Praktika bei der ,Süddeutschen Zeitung' und ,Natur', volontierte bei der ,Politischen Ökologie' und blieb dort ein paar Jahre als Redakteurin. Seither ist sie freie Wissenschaftsjournalistin und schreibt für diverse deutsche Medien. Sie war am Aufbau von netdoktor.de beteiligt, hat die deutschen ScienceBlogs.de als Managing Editor gestartet und war viele Jahre Associated Social Media Manager der Lindauer Nobelpreisträgertagung, des Nobel Week Dialogue in 2012/2013 und seit 2013 berät sie das Heidelberg Laureate Forum. Kommunikation über Wissenschaft, deren neue Erkenntnisse, Wert und Rolle in der Gesellschaft, kann aus ihrer Sicht über viele Wege gefördert werden, von Open Access bis hin zu Dialogen von Forschern mit Bürgern auf Augenhöhe. Seit 2012 ist sie am Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation, NaWik - und seit 2015 dessen Wissenschaftliche Direktorin. Sie twittert als @BLugger.

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