0000-0001-7825-8747 – Meine ORCID Nummer

BLOG: Quantensprung

Versuch einer Aufklärung
Quantensprung

Seit Mitte Oktober können Forscher sich bei ORCID registrieren und ihre Nummer holen, mit der sie ein Leben lang verbunden bleiben (können). Open Researcher & Contributor ID (ORCID) ist eine schlichte alphanumerische Folge, die einzelne Wissenschaftler inmitten der Heerschar der unzähligen Forscher weltweit, endlich eindeutig identifizierbar machen soll. Denn bisher gab es da einige Schwierigkeiten. Wer etwa ist L. Müller? An welchen Forschungsschriften hat sie oder er mitgewirkt? Nicht nur Allerweltsnamen, auch abgekürzte Vornamen, schwer zuordenbare asiatische Namen oder Namensänderungen durch Heirat mach(t)en es bislang schwer, eindeutig zu erkennen, wer hinter einer Publikation steckt.

ORCID LogoSeit dem Start von ORCID vor wenigen Wochen haben sich knapp 16.000 Nutzer registriert. ORCID stehen inzwischen 22 sehr unterschiedliche Organisationen zur Seite, wie etwa Nature, Wiley-Blackwell , die NYU SOM oder Forschungsförderer wie die NIH. Andere wie Scopus, researcher ID, Faculty of 1000 oder figshare implementieren ORCID Nummern bereits in ihr System. Wer Mitglied bei nature.com ist, kann sich mit ORCID identifizieren (Hier erklärt Howard Ratner von der NPG, wie es geht). Wer ein Manuskript via NPG eJournal einreicht, kann sich per ORCID ausweisen und den potenziell künftigen Artikel so automatisch mit der Nummer hinterlegen.

Im ORCID-Workshop, während der SpotOn London #solo12, betonte Laure Haak, die executive Direktorin von ORCID, man solle nicht das neue Scopus werden oder die guten etablierten Identifikationssysteme ersetzen. Es gelte aber zwischen all diesen verschiedenen Datenbanken zu verlinken und eine Person überall erkennbar zu machen. Schwer genug, da selbst das Auslesen etwa von Scopus-Daten oft nicht einfach funktioniert.

Jenseits der klassischen Publikationslisten sind künftig durchaus Erweiterungen denkbar – etwa Konferenzen, Poster oder alles, was auf beispielsweise figshare eingetragen ist, und vieles mehr.

Seit gestern Nachmittag habe ich nun also eine ORCID-Nummer und man kann mit Recht einwenden: „Aber Du publizierst doch gar nicht in wissenschaftlichen Fachzeitschriften.“ Stimmt. Nur hat mir Martin Fenner, einer der Köpfe hinter ORCID, gesagt, man könne das System durchaus ausweiten und künftig auch andere Publikationsformen einbeziehen (Kurzinterview siehe unten). Es komme ganz darauf an, was die Community wünsche. Da ich mir eine Ausweitung in Richtung Blogs und Social Media oder gar auch Nachrichten in klassischen Medien durchaus wünsche, habe ich mich sogleich registriert.


 

Q&A mit Martin Fenner, einer der Köpfe hinter ORCID – Mitglied im Board of Directors1

Martin, wozu benötigen wir etwa neben ISNI den weiteren Ansatz zur Autorenidentifikation ORCID?

Martin Fenner: ISNI und ORCID verfolgen einen unterschiedlichen Ansatz. Im Unterschied zu ISNI kann bei ORCID jeder Wissenschaftler sich selbst für eine ORCID-Nummer registrieren und sein Profil ausfüllen, z.B. mit der Liste seiner Publikationen.

Was kann ORCID, was andere Identifikationssysteme nicht machen?

ORCID kennt keine geographischen oder fachlichen Grenzen, wird von einer transparenten Non-Profit-Organisation gesteuert, und wird in eine Vielzahl von anderen Diensten integriert werden. Diese Kombination gibt es so sonst nicht, ISNI ist eine Ausnahme, hat aber andere Schwerpunkte (s.o.).

Habt ihr bereits APIs integriert?

ORCID hat ein für jedermann zugängliches API, und eine Reihe von Diensten sind bereits über das API integriert, unter anderen Scopus, Nature Publishing Group, ImpactStory, aber auch das von mir geschriebene ScienceCard.

Was unterscheidet einen Researcher von einem Contributor bei ORCID?

Mit Contributor ist im wesentlichen gemeint, dass nicht nur Autoren von wissenschaftlichen Artikeln oder Büchern angesprochen sind, sondern auch Wissenschaftler die Datensätze erzeugen, wissenschaftliche Software schreiben, Patente einreichen, usw.

Als Journalistin und Bloggerin wünschte ich mir auch ein solches Identifikationssystem. ORCID richtet sich ausschließlich an Forscher. Wäre eine Erweiterung in meine Wunschrichtung denkbar?

ORCID richtet sich an alle Personen, die Wissenschaft erzeugen, und die Definition ist weit gefasst und beinhaltet sicher auch Wissenschaftsblogs. Es gibt auch keine Überprüfung bei der Registrierung, z.B. ob jemand bei einer Hochschule arbeitet oder studiert. Die weiteren Nutzungsszenarien der ORCID ID werden sich sicher erst im Lauf der Zeit entwickeln.


Ein Bonmot am Ende

Ein Mann mit einem sehr exklusiven Namen berichtete, dass er bislang nur einen einzigen Namensvetter in der wissenschaftlichen Publikationslandschaft kenne, der zudem in einem relativ ähnlichen Forschungsgebiet arbeite. Dieser Namensvetter sei unglaublich produktiv, jung und aufstrebend. Was auch ihm, dem Namensvetter zu immer höheren Impact in diversen metrischen Systemen verholfen habe. Er wisse also gar nicht, ob er sich nun eine so eindeutige Zuordnung wünsche.

………….

(1) Korrektur am 15. November 2012:

Martin Fenner ist nicht mehr im Vorstand von ORCID, aber weiterhin Leiter der ORCID Outreach Working Group.

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Veröffentlicht von

Beatrice Lugger ist Diplom-Chemikerin mit Schwerpunkt Ökologische Chemie. Neugierde und die Freude daran, Wissen zu vermitteln, machten aus ihr eine Wissenschaftsjournalistin. Sie absolvierte Praktika bei der ,Süddeutschen Zeitung' und ,Natur', volontierte bei der ,Politischen Ökologie' und blieb dort ein paar Jahre als Redakteurin. Seither ist sie freie Wissenschaftsjournalistin und schreibt für diverse deutsche Medien. Sie war am Aufbau von netdoktor.de beteiligt, hat die deutschen ScienceBlogs.de als Managing Editor gestartet und war viele Jahre Associated Social Media Manager der Lindauer Nobelpreisträgertagung, des Nobel Week Dialogue in 2012/2013 und seit 2013 berät sie das Heidelberg Laureate Forum. Kommunikation über Wissenschaft, deren neue Erkenntnisse, Wert und Rolle in der Gesellschaft, kann aus ihrer Sicht über viele Wege gefördert werden, von Open Access bis hin zu Dialogen von Forschern mit Bürgern auf Augenhöhe. Seit 2012 ist sie am Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation, NaWik - und seit 2015 dessen Wissenschaftliche Direktorin. Sie twittert als @BLugger.

17 Kommentare

  1. 0000-0002-4147-6027 – Meine ORCID Nummer

    Beatrice Lugger schrieb (14. November 2012, 16:00):
    > Seit Mitte Oktober können Forscher sich bei ORCID registrieren und ihre Nummer holen, mit der sie ein Leben lang verbunden bleiben (können).

    > […] man könne das System durchaus ausweiten und künftig auch andere Publikationsformen einbeziehen

    Ob allen, die sich registriert haben, wohl (jeweils) eine Webseite (mit der individuellen ORCID Nummer als systematischer Bestandteil der URL) zur Verfügung gestellt werden könnte, um dort Forschungergebnisse (oder auch “nur” -ansätze) zu publizieren und (öffentliche und systematische) Peer-Review zu betreiben?

    p.s.
    Hey — vielleicht ließe sich da ja sogar eine Kommentar-Vorschau installieren …

  2. jede Nummer eine Website

    Hallo Frank,
    jeder Registrierte kann auf ORCID mehr oder weniger automatisch seine Affiliations, Works, Grants, Patents eintragen – und künftig wohl noch mehr. Das ist in diesem Sinne bereits die individuelle Seite – eine eigene URL ist dafür, denke ich, nicht nötig.
    Ob ORCID der richtige Ort für peer-review ist? Meiner Meinung nach eher nicht – das kann auf anderen Plätzen geschehen und geschieht ja bereits. Wenn man dann bei einem open peer-review Artikel, auf welcher Plattform auch immer, seine ORCID Nummer listet, entspricht das in etwa der Idee, denke ich.

  3. ORCID und Forschungsdaten

    Beatrice,

    vielen Dank für das Interview. Ich möchte gerne noch das EU-geförderte ODIN-Projekt erwähnen (http://www.odin-project.eu), bei dem es um die Verknüpfung von Forschungsdaten (mittels DataCite DOI) und Personen (mittels ORCID) geht. Und vielleicht damit ein klein wenig dazu beiträgt, dass Forschungsdaten besser wahrgenommen werden.

  4. Eindeutigkeiten

    … oder das Bilden derselben ist oft eine gute Idee, in diesem Zusammenhang unverkennbar eine gute Idee.

    Zudem ORCID ja auch nicht proprietär ist.

    Der Schreiber dieser Zeilen hat sich auch schon registriert. – Sogar für Pseudonyme wäre ein derart nicht-proprietärer Dienst wünschenswert.

    MFG
    Dr. W

  5. Ich würde dir evtl. widersprechen. (Aber

    BLugger schrieb (15.11.2012, 09:51):
    > jeder Registrierte kann auf ORCID mehr oder weniger automatisch seine Affiliations, Works, Grants, Patents eintragen – und künftig wohl noch mehr. […] eine eigene URL ist dafür, denke ich, nicht nötig.

    Für das (wenige) Genannte sicher nicht.
    Aber doch um überhaupt Forschungsmaterial zu veröffentlichen und Peer-Review (Kommentare) entgegenzunehmen und ggf. zu verarbeiten.

    (Das mag ja weniger dringlich für jene sein, die schon das Privileg genießen, Forschungsmaterial per SciLog veröffentlichen und der Peer-Review aussetzen zu können. &)

    > Ob ORCID der richtige Ort für peer-review ist? Meiner Meinung nach eher nicht – das kann auf anderen Plätzen geschehen und geschieht ja bereits.

    Ach!? Etwa hier:
    https://scilogs.spektrum.de/wblogs/blog/quantenwelt/allgemein/2012-11-15/beobachter-in-der-relativit-tstheorie
    ?

    Oder hier:
    https://scilogs.spektrum.de/wblogs/blog/quantenwelt/allgemein/2012-11-15/beobachter-in-der-relativit-tstheorie
    ?

    Oder vielleicht hier:
    http://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2012/11/11/hundert-jahre-rontgenbeugung/
    ? …

  6. Kommentarvorschau

    Man kann auch ohne dieser auskommen, Frank, indem man sich daran gewöhnt, oder einen Editor nutzt.

    Der Schreibär dieser Zeilen gewöhnt sich an Vieles, auch an die fehlende Vorschau, nehmen Sie’s am besten als Experiment, als Ohne-Netz-Beitragen. Es ist spannender, es geht.

    MFG
    Dr. W (der zivilisatorische Standards an dieser Stelle nicht bemühen will)

  7. Des einen Freud, des anderen Shannon

    Dr. W schrieb (16.11.2012, 11:04):
    > […] Es ist spannender, es geht.

    … sagte der Höhlenbär zum Neandertaler.

    Danke, aber open-research-contributing (a.k.a. ORCing?) fände ich auch mit Kommentarvorschau und TippEx gerade spannend genug.

    Verbindlichst,

    Frank Wappler, Ph.D.

    (der natürlich nicht bestreiten will, dass Musik oft mit Geräusch verbunden ist.)

  8. Ein Vorteil gegenüber ISNI

    ist nicht ersichtlich. Es gibt jetzt schon sehr viele ID-Systeme. Für ISNI spricht u. a., dass auch Organuisationen erfasst werden

  9. @W. Schleising: ORCID vs. ISNI

    Sie schreiben: “Ein Vorteil gegenüber ISNI ist nicht ersichtlich. Es gibt jetzt schon sehr viele ID-Systeme. Für ISNI spricht u. a., dass auch Organisationen erfasst werden”.

    Wirklich? Nach meinem Verständnis ist das nicht so.

    Zunächst sind die ORCID-Nummern eine Untermenge der ISNI-Nummern und damit ja wohl kompatibel zu ISNI.

    Im Detail liest man dazu in einem Weißbuch mit dem Titel “Structure of the ORCID Identifier” (aufrufbar vom ORCID-Website aus):

    “In order to leave open the possibility of closer ORCID/ISNI collaboration, both organizations have agreed that, at least initially, ORCID will issue identifier from a reserved block of 20 million identifiers which will not collide with any assigned ISNIs.”

    Zudem scheint ORCID aber, wenn ich mich nicht irre, einen wesentlichen Vorteil gegenüber ISNI zu haben: eine ORCID-Nummer kann man bereits jetzt bekommen, und dies überdies kostenlos und sehr einfach.

  10. ISNI Vorteil

    @Yen Zotto – das ist so richtig dargestellt, dennoch ist ORCID natürlich ein komplett neues System und wirft so manche Fragen auf.
    Macht es Sinn?
    Welche ähnlichen Systeme mag es in Zukunft geben?
    Ist dies nun das goldene Ei oder folgen noch mehr?

    Ich kann in diesem Sinne Zurückhaltung verstehen. Plädiere gleichzeitig dafür, etwa dieses neue System, das von Experten gemacht ist, auf jeden Fall zu testen, zu unterstützen.

  11. ORCID-Schwachstellen

    Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Gibt es inzwischen aktuelle Nutzerzahlen?
    Ich habe mich in den letzten Wochen als Leiterin des Transferzentrums unserer Universität mit der besseren internationalen Sichtbarkeit unserer Wissenschaftler beschäftigt und für viele Professoren eine ResearcherID registriert. Dafür gibt es Batch-Dateien, die man erstellen kann. ORCID hat so etwas nicht, man muss also jede Person einzeln registrieren.
    Als weitere Schwachstelle empfinde ich, dass keine Zitationen angezeigt werden, was sowohl WOS als auch Scopus ja tun. Seltsamerweise funktioniert die Übertragung der Zitationen, wenn man Daten aus ORCID in die ResearcheerID überträgt.
    Ein weiteres Problem ist die mangelnde Erkennung von Doppelungen, importiert man aus verschiendenen Systemen, dann kann man am Ende die Doppelungen von Hand rauslöschen, selbst, wenn die gleiche DOI verwendet ist. Sowas muss sich doch besser machen lassen.
    Idee finde ich gut, die Umsetzung ist noch sehr rudimentär.

  12. Schwachstellen

    Liebe Frau Springer,

    vielen Dank für Ihren Kommentar.

    ORCID-Mitgliedsorganisationen können über die API eine große Zahl von Wissenschaftlern auf einmal registrieren. Ausserdem lassen sich ORCID und ResearcherID-Konto verknüpfen um z.B. Publikationen zu exportieren.

    Für die Anzeige von Zitationenzahlen braucht man die entsprechenden Daten, die WoS und Scopus mit großem Aufwand sammeln und ensprechende Gebühren verlangen. Das ist nicht Teil des Geschäftsmodells von ORCID – die Mitgliedschaft für Institutionen soll bezahlbar bleiben.

    An dem besseren Erkennen von doppelten Einträgen wird gearbeitet.

  13. ORCID automatisch registrieren

    Ihr Kommentar:
    ORCID-Mitgliedsorganisationen können über die API eine große Zahl von Wissenschaftlern auf einmal registrieren. Ausserdem lassen sich ORCID und ResearcherID-Konto verknüpfen um z.B. Publikationen zu exportieren.

    Ich bin Wissenschaftsorganisator der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Wie kann ich über eine API die Registrierung vornehmen?
    Herzliche Grüße
    Sylvia Springer

  14. API für Mitglieder

    Wenn die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ORCID-Mitglied wird (http://orcid.org/about/membership), kann Sie das API für Mitglieder benutzen (http://support.orcid.org/knowledgebase/articles/116874-orcid-api-guide) und darüber Wissenschaftler registrieren. Dazu hilft vielleicht auch eine Präsentation vom ORCID Outreach Meeting im Mai: http://de.slideshare.net/ORCIDSlides/boston-univ-oxford-orcid-outreach. Weitere Info auch gerne per Email oder Telefon.

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