Kreative Denkhüte

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Die klassische Brainstormingsituation (Osborn, 1953) zur Ideenfindung in der Gruppe fördert kreatives Denken, hat aber auch ihre Nachteile. Mittlerweile gibt es einige Vorschläge zur Modifikation. Große Begeisterung ließ ein Kollege erkennen, der mit seinem Team in der Multi Media Branche erfolgreich eine Variation der so genannten sechs Denkhüte abgewandelt hat.

Bei dieser Kreativitätsmethode von de Bono werden unterschiedliche Denkrichtungen zu einer Frage eingenommen, um eine umfassende Problemlösung zu finden bei der kein Blickwinkel vergessen wird. Die verschiedenen Farben der Hüte stehen symbolisch für eine Position.

Alle Diskussionspunkte durchlaufen alle Phasen. Folgender Ablauf hat sich in Kopplung mit Brainstorming-Aufgaben praktisch bewährt:

  1. Die weiße Phase dient der Informationsvermittlung um einen Überblick über die Sachlage zu erreichen. Emotionslos wie ein Computer werden Fakten und Statistiken urteilsfrei gesammelt.
  2. Die grüne Phase fördert kreatives assoziatives Denken. Hier werden analog zum klassischen Brainstorming Ideen generiert ohne zu bewerten. Wer den grünen Hut auf hat, darf seiner Kreativität freien Lauf lassen. In dieser Phase können auch weitere Kreativitätstechniken eingesetzt werden.
  3. Die gelbe Phase fördert optimistisches Denken. Was sind, möglichst objektiv betrachtet, die Pluspunkte und Chancen der einzelnen Sachverhalte?
  4. Der schwarze Hut des Skeptikers hinterfragt kritisch alle Punkte. Er beleuchtet scharf alle objektiv möglichen Risiken.
  5. Der rote Hut nun endlich gibt Raum für Gefühle und Gedanken. Hier dürfen subjektive Ängste und Wünsche geäußert werden.
  6. Die Farbe der abschließenden Phase ist blau und dient der Zusammenführung der einzelnen Denkstationen. Auf der Meta-Ebene wird der gesamte Denkprozess organisiert, die Information geordnet und sortiert.

Das kreative Hutsystem kann allein oder in der Gruppe genutzt werden. Andere Medien können integriert werden. Zum Beispiel könnten Power-Point-Präsentationen mit dem Farbkonzept spielen und Brainstorming-Meetings effizienter organisieren. Ebenso kann nach Bedarf variiert werden, ob sich alle Teilnehmer in der gleichen Phase befinden oder jeder einen anderen Hut auf hat.

Psychologisch gesehen, lässt sich hier nach intensiver Anwendung ein Lernprozess auf Basis von Konditionierung vermuten, der das Umdenken erleichtert und die Sicht aus verschiedenen Blickwinkeln fördert.

Ein alter Hut sagen Sie?
SPIEGEL: Sind Ihre Kreativ-Methoden nicht nur vornehme Etiketten für gesunden Menschenverstand?
De Bono: Im Nachhinein ist jede neue Idee logisch. Stellt sich nur die Frage, warum es sie nicht schon 200 Jahre früher gab.

Quelle: Edward de Bono: Six Thinking Hats. London 1990

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Veröffentlicht von

Katja Schwab ist Diplom-Psychologin, Kommunikations- und Verhaltenstrainerin, systemische Körperpsychotherapeutin und zur Zeit in Ausbildung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapeutin.

8 Kommentare

  1. “farbiges Hutsystem” find ich ein doofen Namen, über den man immer öfter stolpert. An der Methode mag ja was dran sein. Gebe allerdings zu, daß ich noch nicht dabei war, vielleicht denke ich dann anders. Bis dahin bleibe ich, was den Namen betrifft, intolerant.

  2. Strukturierte Kreativität

    Irgendwie erinnert es mich an Seiwerts Zeitmanagement. Kreativität lässt sich nicht erzwingen. Der Witz beim Brainstorming liegt ja gerade darin, dass man alle Assoziationen in jeder Richtung zulässt. Ein Team, dass sich mit Kreativität schwer tut könnte eine gewisse Struktur dienlich sein. Ich glaube aber nicht dass man zu besten Ergebnissen kommen wird.
    Haben Sie schon mal meine “Negativtechnik” ausprobiert? Es ist ganz einfach. Brainstorming ist Assoziation. Schwarz – ? natürlich weiss. Leicht – schwer; dick – dünn. Wir verknüpfen gern mit Gegensätzen. Negativtechnik bedeutet wenn Sie erst einmal jede Idee, die zum Misslingen Ihrer Aktivität, Ihres Projektes führen würde, in die Runde werfen. Es stellt sich automatisch eine gewisse Komik, damit eine Lockerheit ein. Diese Stimmung ist der Generierung ausgefallener Gedanken sehr förderlich.
    Eine Assoziation zum positiven, und damit zu wirklich brauchbaren Ideen findet dann Ihr Geist von selbst.
    Ich halte es auch für sehr wichtig das Thema bereits einige Tage vorher bekannt zu geben. Krativität braucht Zeit für Inkubation.
    Dieter Past

  3. Die Spielregeln der Kreativität

    Haben nicht alle Kreativtechniken, wie Brainstorming, Mind Mapping, Visualisieren, Buchstabenallerlei und Brainwriting oder Andere die selbe Basis? Verknüpfung mit unterbewusst abgespeicherten Wissensinhalten sollen die bewussten Einsichten bereichern und aus der Tiefe des Kortex ins Arbeitsgedächtnis befördert werden. Man versucht alle Bereiche des Gehirns einzubeziehen. Dies erfordert aber, dass dort bereits Wissensinhalte und vor allem Erfahrungen gespeichert sind. Ein Analphabet wird mit der Buchstabenassoziation nichts anfangen können. Bei Kreativtechniken die in der Gruppe ausgeübt werden hofft man das der Gedanke der Anderen unsere Ideenschmiede anregt. Aber wie gesagt wo nur wenig Kreativität vorhanden ist kann man auch nichts herauskitzeln. Ein universell bebildeteter, musisch, künstlerisch, sportlicher und handwerklich vielfältig tätiger Mensch kann das vielleicht sogar allein besser als eine Gruppe.
    Die zweite Bedingung für Kreativität ist das Umfeld. In einer angespannten Atmosphäre, unter Beobachtung und Zwang gelingt es nicht. Man darf einer Idee nicht nachlaufen, sie muss dich finden.
    Aus meiner Sicht ist die Basis von hochkreativen Menschen eine universelle Bildung und vielfältige Betätigung. Diese Menschen können aber auch nur in einer optimalen Umgebung und Stimmungslage ihre Krativität wirklich entfalten. Wer das Glück hat mit solchen Menschen arbeiten zu dürfen der kann die Luft knistern hören vor Kreativität.
    Dieter Past

  4. Brainstorming

    In einigen Kommentaren wird das Problem der Teilnehmer-Kreativität angesprochen: was nicht drin ist, kann nicht rausgeholt werden. Das gilt auch für die Schöpfungsbasis! Dann soll es Mindestanforderungen an Bildung (Universalität) und Bereitschaft geben. Das kann man nur unterstreichen – aus Erfahrung. Die Animation fordert vom Moderator ein Mindest-Überniveau in verschiedenen Eigenschaften, denn er kanalisiert die Denkströme und Assoziationen. Bisher hat Unterzeichner in Teamarbeit und Brainstorming nur mäßige Erfolge erlebt; aber man kann die kreativeren heraussondern und zu neuen Schöpfungs-Eliten zusammenstellen. Es gibt in den Universitäten zwar Lehrer für Kreativität, aber die läßt sich eben nur begrenzt “lernen”, man muss eine Anlage dazu besitzen. Gerade die schöpferischen Ingenieure fehlen, nicht bloss die qualifizierten schlechthin.

  5. Rascher Überblick

    Ich finde der größte Vorteil der 6 Hüte Methode ist es, dass man einen raschen Überblick über die Thematik erhält. Es werden alle wesentlichen ansätze einbezogen und somit kann man rasche Fortschritte erzielen…

  6. Aus meiner Sicht bietet die 6-Hüte-Kreativitätstechnik für die Gruppe und die Leistung des Einzelnen Vorteile. Da niemand seine persönliche Sichtweise einbringen MUSS, sondern nur seiner zugewiesenen Rolle gemäß agiert, ist das Konfliktpotential innerhalb der Gruppe geringer. Dies gilt m.E. besonders bei Gruppen, die eng zusammenarbeiten.
    Jeder Teilnehmer kann freier agieren, da er sich hinter seinem Hut “verstecken” kann. Es können somit auch ungewöhnliche oder zunächst verquere Äußerungen getätigt werden.

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