Gutes tun

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Das menschliche Miteinander auf der Couch
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Jeden Tag eine gute Tat. Älteren Mitbürgern den eigenen Sitzplatz anbieten. Den Straßenfeger kaufen. Essen an Ärmere verteilen. Leichter gesagt als getan.

Lesen Sie von den Schwierigkeiten einer Bekannten:

Als sie sich auf den Heimweg machte, wurde ihr klar, dass sie diese Pizza niemals schaffen würde. Nun hatte dieser Mann diese Pizza extra für sie zubereitet. Sie war warm und roch lecker. Nach höchstens zwei Stück bin ich satt, dachte sie mit dem Geruch in der Nase. Es wäre schade, sie wegzuwerfen. Sie überlegte, wer sich darüber freuen würde. Sofort dachte sie an den freundlichen Mann, der ihr immer gebrauchte Fahrkarten verkauft. Auf dem Weg durch die kühle Nacht kamen ihr erste Zweifel an ihrem guten Werk.

Vielleicht würde er ihr Angebot als anmaßend empfinden. Außerdem stellte sie fest, dass die Pizza zu stark gesalzen war. Nun überlegte sie weiter, ob sie diese Tatsache ansprechen sollte. Würde sie ihm die Information vorenthalten, bliebe es nicht unbemerkt und er könnte annehmen, dass das Salz der Grund für ihre Freigiebigkeit wäre. Sie aber wollte ihm nicht das Gefühl vermitteln, dass er ihr versalzenes Essen verwerten darf. Also müsste sie ihm mitteilen, dass die Pizza versalzen ist und weiter erklären, dass sie aber noch essbar wäre und sie sie auch essen würde, wenn sie nicht schon satt wäre. Und das kam ihr dann auch merkwürdig vor. Sie könne dem Mann doch nicht erst eine Rede halten und dann feierlich ihre Pizza überreichen.

Sie beschloss zur U-Bahn-Station zu gehen und die Situation entscheiden zu lassen. Im U-Bahnschacht ging sie zum Automaten und erkannte ihn sofort. Er kehrte ihr den Rücken zu und hielt den Kopf gesenkt. Sie beschloss so zu tun, als ob sie sich eine Fahrkarte kaufen wollte. Keine Reaktion. Um ihn auf sich aufmerksam zu machen, ging sie eine Runde um ihn herum. Immer mit dieser Pizza in der Hand. Dabei sah sie, dass er eine SMS schrieb. Tatsächlich hätte sie nicht gedacht, dass er ein Handy besitzt. Plötzlich kam ihr die Essensspende unangemessen vor. Sie war schockiert, in welchen Kategorien sie dachte. Verunsichert wandte sie sich ab und machte sich auf den Heimweg. Immer noch mit dieser Pizza in der Hand. Sie überlegte, wer sich noch über ihre Pizza freuen könnte. Also hielt sie Ausschau nach einem Penner.

Am nächsten Morgen lag die Pizza auf ihrem Küchentisch.

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Veröffentlicht von

Katja Schwab ist Diplom-Psychologin, Kommunikations- und Verhaltenstrainerin, systemische Körperpsychotherapeutin und zur Zeit in Ausbildung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapeutin.

3 Kommentare

  1. Irgendwie kommen mir diese Gedankengänge sehr bekannt vor…
    was wäre wenn, oder auch nicht, aber dann wiederum, wenn ich es richtig bedenke […] resigniere ich lieber und schaue auf den Boden…

    Aber hey, für was haben wir einen Mund und eine Sprache? Mehr als mich selbst lächerlich machen kann ich nicht. Und das ist sicherlich nichts im Vergleich zu einem Geschenk, dass ich jemanden machen kann…

  2. Indirekt sprichst Du da ein interessantes Phänomen an. Es scheint wesentlich leichter zu sein, Anderen Gutes zu tun, als selber Gutes anzunehmen. Dabei ist Beides von gleicher Wichtigkeit. Logischerweise geht das Eine nicht ohne das Andere. Trotzdem ist diese Unfähigkeit, Gutes zu empfangen, so krass, dass man sofort automatisch und zwangsläufig von sich auf Andere schließt und Anderen nichts Gutes mehr zukommen lässt, weil diese sich z.B. belästigt fühlen könnten.

  3. derb.daher kommt das,und ich dacht schon ich kann niemanden leiden…hehe.greetz

    is es nich besser ein ehrliches arschloch zu sein als so ne verlogene alte die ihre pizza nich aufgegessen hat.is wohl ansichtssache

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