Die Macht der Mehrheit
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Oder: Das Gamma gibt es in der Mehrzahl
Assessment-Center, Vorstellungsrunde: Der erste legt los und bleibt dabei sitzen. Die nächsten drei auch. Meine Freundin denkt sich, dass man bei der Vorstellung doch besser aufstehen sollte. Trotzdem bleibt auch sie sitzen als sie an die Reihe kommt – traut sich nicht aus dem Rahmen zu fallen. (Schade, denn wie sich danach rausgestellt hat, bevorzugte auch der Personaler das Präsentieren im Stehen.)
Mitlaufen … auch wenn die anderen im Unrecht sind
Wie leicht Menschen dazu gebracht werden können, sich irgendeinem Quatsch der Mehrheit anzuschließen, zeigte Asch 1951 – seine Studie war bahnbrechend!
Mehr als Dreiviertel seiner Versuchspersonen gaben bei einer Schätzaufgabe falsche Lösungen an, obwohl die richtige ziemlich offensichtlich war.
Nein, die Personen waren nicht geistig eingeschränkt, betrunken oder wollten den Versuchsleiter ärgern. Sie waren einfach nur in der Minderheit. Im Raum saßen nämlich noch sechs Komplizen des Versuchsleiters. Diese waren vor dem armen Versuchskaninchen mit ihrer Einschätzung dran und sagten einer nach dem anderen die falsche Lösung.
Wurden die Antworten von allen anonym gegeben, war die Fehlerrate übrigens nahe Null – ein Kontrolle, dass die Aufgabe wirklich leicht war.
Was die Studie so spannend macht: Es ist ziemlich egal, ob die Lösung richtig ist oder nicht. Den Versuchspersonen wurden weder Bestrafungen für falsche Antworten angedroht, noch wurden richtige Antworten belohnt, es gab auch keine Überredungsversuche. Nur eine Mehrheit mit anderer Meinung.
„Ich würde sicher zu den 20 Prozent Unabhängigen gehören!“ sagen wir uns nun alle und lehnen uns selbstzufrieden zurück. Aber wer bleibt dann noch für die 80 Prozent der beeinflussbaren Mitläufer übrig?
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(irm)