Die Dynamik der Gruppe

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Das menschliche Miteinander auf der Couch
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Im Rahmen einer Ausbildung zur Kommunikations- und Verhaltenstrainerin habe ich an einem Wochenendbaustein zu Gruppendynamik teilgenommen.

Unsere Gruppe wurde zum Versuchskaninchen, denn ohne unser Wissen gestaltete sich das Wochenende durch Theorie und Übungen so, dass wir direkt in den gruppendynamischen Prozess steuerten. Am Ende des Trainings waren wir erstaunt über die wirkungsvolle Entwicklung der Gruppendynamik und froh über die obligatorische Reflektionsphase, welche hilft, das Fell des Versuchskaninchens abzustreifen.

Wie die Gruppe fliegen lernt

Die gruppendynamische Entwicklung nach Lewin kann in Phasen unterteilt werden, allerdings hat die Untergliederung „heuristischen Charakter im Zusammenhang mit der Beschreibung von Gruppenprozessen und soll nicht als vier saubere zu trennende Phasen mit definierbaren Wendepunkten verstanden werden.“ (Seyfried, 1994).

1. Forming

Die erste Phase ist charakterisiert durch die Suche nach Orientierung. Jedes Gruppenmitglied hängt in der Ambivalenz von Distanz bewahren und anonym bleiben wollen sowie Nähe suchen und sich zeigen wollen. Man fühlt sich unsicher und verhält sich vorsichtig. In dieser Phase des Gruppenprozesses ist es wichtig Orientierung und klare Strukturen zu bieten, den Rahmen deutlich abzustecken. Information steht im Vordergrund. Der Leiter „ist in den Augen der Teilnehmenden sozusagen im Besitz der Schlüssel, die aus der unbequemen Situation der Unsicherheit rasch zur Arbeit führen können.“

2. Storming

In dieser Phase hat sich jeder ein Bild von der Gruppe und ihren Teilehmern gemacht. Die eigene Position ist klarer und die verschiedenen Interessen kommen zum Vorschein. Damit steigt auch das Konfliktpotenzial z.B. in Form von Rollen- und Statusverteidigung und –behauptung.

3. Norming

Die Situation ist vertrauter geworden, das Abtasten vorbei. Die Normingphase gibt den Raum, dass sich Regeln und Normen entwickeln können, um mit den Unterschiedlichkeiten umzugehen und produktives Arbeiten zu ermöglichen. Es werden Rollen und Funktionen verteilt und gemeinsam akzeptable Normen für die Gruppe geschaffen. Das Ergebnis ist der Aufbau einer sozialen Organisation der Gruppe, die sich nun auf die Aufgabe konzentrieren kann.

4. Performing

Arbeitslust und Produktivität sind die Kennzeichen der vierten Phase. Hier wird sachbezogen und produktiv gearbeitet. Die "gut entwickelte Gruppenstruktur mit eingespielten Umgangsformen" kann mit Frustationen und Konflikte umgehen ohne die Arbeitsfähigkeit der Gruppe in Frage stellen zu müssen.

5. Adjourning

Diese Phase läutet den Abschluss ein. Die Themen werden zu Ende geführt und ihr Transfer steht im Mittelpunkt. Hier sind wieder mehr Leitung und Struktur gefragt, um den Abschied zu erleichtern, denn "der Abschied von einer langen und wichtigen Arbeit ist immer mehr traurig als erfreulich" (Friedrich von Schiller).

Quelle: B. Langmaack & M. Braune-Krickau (7. Aufl., 2000). Wie die Gruppe laufen lernt. Weinheim: Beltz-Verlag

(kat)

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Veröffentlicht von

Katja Schwab ist Diplom-Psychologin, Kommunikations- und Verhaltenstrainerin, systemische Körperpsychotherapeutin und zur Zeit in Ausbildung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapeutin.

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