Fritz Zwicky, der Vater der Dunklen Materie

Fritz Zwicky zeigt mit Körpersprache non-verbale Kommunikation

Der Schweizer Astrophysiker Fritz Zwicky entdeckte die Dunkle Materie, erklärte uns die Entstehung von Supernovae, fand den Ursprung der kosmischen Strahlung, untersuchte die Verheerung der Atombomben in Japan und schoss im Rennen um den Weltraum als erster eine Kugel ins All. Doch gewürdigt wurden seine Leistungen kaum und in der Heimat ist er fast vergessen. Eine Hymne an den grossen Denker mit Ecken und Kanten.

Wenn in astronomischne Kreisen aber der Name Fritz Zwicky fällt, dann kommt als erstes das Bild des streitbaren Astronomen in den Sinn, der gerne seine Widersacher als “sphärische Bastarde” bezeichnet hatte. Dies, da “egal aus welcher Richtung man sie betrachte, sie doch die gleichen Bastarde seien”.

Dieser Fritz Zwicky war als unangenehmer Zeitgenosse in den Köpfen seiner Zeitgenossen geblieben, einer der gerne auf den Tisch klopfte und sich nicht zu Schade war, den Grossen seiner Zeit auf die Füsse zu treten. Seine wissenschaftlichen Fehden werden auch heute noch gerne an (astronomischen) Stammtischen wiedergegeben. Deshalb ist es durchaus überraschend, das Zwicky eigentlich Pazifist und auch ein grosser Humanist war, der sich für eine fairere Gesellschaft einsetzte.

Eine kurze Biographie

Fritz Zwicky zeigt mit Körpersprache non-verbale Kommunikation
Fritz Zwicky bei einer Demonstration non-verbaler Kommunikation. Bild: Fritz-Zwicky-Stiftung Glarus. Mit freundlicher Genehmigung von Margrit Zwicky.

Zwicky kam 1898 in Bulgarian auf die Welt, doch wurde er bald zu den Grosseltern in die Schweiz geschickt, um eine bessere Schulbildung zu erhalten. Im schweizerischen Glarus entdeckte er seine Liebe zu den Bergen, die ihn das ganze Leben begleitete. Mit Leichtigkeit schloss er die Schule ab und studierte Physik an der renommierten Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich – wo auch unter anderem Einstein, Röntgen und Pauli gewirkt haben.

Obwohl Zwicky eigentlich glücklich in der Schweiz war, erhielt er ein Forschungs-Stipendium der Rockefeller Foundation und wechselte an eine Universität in den USA. Dabei wurde er gefragt, ob er irgendwelche Präfenzen habe, worauf er antwortete: “wo es Berge gibt”. Daraufhin wurde ihm das California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena – einer Ortschaft in Los Angeles – empfohlen. So machte er sich also auf den Weg in die USA. Alle, die schon einmal in Los Angeles waren, werden wohl wissen, was nun als nächstes kommt. Als er jedoch in Pasadena ankam, fragte er zerknirscht, wo die Berge denn seien – die Auffassung, was eine Berglandschaft ist, unterscheidet sich doch fundamental zwischen einem Schweizer und einem Amerikaner.

Doch die Wahl des Instituts war ein Glücksfall, denn zu dieser Zeit wurden in Pasadena bahnbrechende Entdeckung gemacht, etwa durch Edwin Hubble, der gezeigt hatte, das die Milchstrasse nur einer unzähliger Galaxien im Universum ist und diese Galaxien sich scheinbar alle von uns wegbewegen. Der Grundstein für unser heutiges Urknallmodell war damit geboren.

Der Doppler Effekt und die Dunkle Materie

Diese Bewegung der Galaxien konnte durch den Dopplereffekt gemessen werden. Bewegt sich eine Lichtquelle von uns weg, wird ihr Lichtspektrum rot-verschoben, so wie ein Ton tiefer wird, wenn sich die Quelle wegbewegt. Wir kennen dies von heulenden Sirenen, die an uns vorbeirasen. Zwicky untersuchte mit dieser Rotverschiebung den Coma Haufen, dies ist ein Galaxienhaufen bestehend aus hunderten von Galaxien.

Der Coma Haufen, in dem Fritz Zwicky als erster die Dunkle Materie beobachtete. Bild: Russ Carroll, Robert Gendler, & Bob Franke; Dan Zowada Memorial Observatory Der Coma Haufen. Freundlicheweise zur Verfügung gestellt von Russ Carroll.

Mithilfe der Rotveschiebung konnte er die Bewegungen der Galaxien innerhalb des Haufens messen. Er musste aber erstaunt feststellen, dass sich der Haufen in kürzester Zeit auflösen sollte – die Geschwindigkeiten der einzelnen Galaxien waren viel zu hoch, um gravitativ gebunden zu sein. Was war da los?

Die Masse des Galaxienhaufens schätzte Zwicky mit dem Licht der sichtbaren Galaxien ab. Daraus erhielt er die totale Schwerkraft des Haufens und konnte damit bestimmen, was die kleinst mögliche Geschwindigkeit einer Galaxie sein sollte, damit sie aus dem Galaxienhaufen herausfliegen müsste.

Wir kennen dies von der Erde: wir hüpfen höher, wenn wir schneller springen. Würden wir eine Geschwindigkeit von elf Kilometer pro Sekunde erreichen, würde das Gravitationsfeld der Erde uns nicht mehr zurückhalten – ergo würden wir ins Weltall stürzen. Folglicherweise haben Weltraum-Raketen eine Geschwindigkeit von elf Kilometer pro Sekunde oder mehr (da die Reibung mit der Atmosphäre zu Energieverlust führt).

Ein Galaxienhaufen, auf denen schematisch Pfeile nach links und nach rechts eingezeichnet sind. Diese stellen die Bewegungen dar.
Der Coma Haufen. Schematisch sind einige rot und blau-verschobenen Galaxien gekennzeichnet. Adaptiertes Bild: Russ Carroll, Robert Gendler, & Bob Franke; Dan Zowada Memorial Observatory

Die Geburtstunde der Dunklen Materie

Zurück zum Coma Haufen: die gemessenen Geschwindigkeiten der Galaxien sind also so gross, dass die Galaxien eigentlich in kürzester Zeit herausgeschossen werden sollten. Warum sehen wir den Haufen dann als solch kompakte Struktur? Und warum sehen wir ihn überhaupt, wenn er sich in Windeseile auflösen sollte? Dies ist nur möglich, wenn es eine Art dunkle, nicht leuchtende Masse gibt, die die Galaxien im Haufen zusammenhält. Würde diese dunkle Materie etwa 500 mal so viel wiegen wie die sichtbare Materie, wäre der Haufen schwer genug, um die Galaxien zurückzuhalten. Die Idee der “Dunklen Materie” war geboren.

Dabei war es eine absolute wissenschaftliche Leistung von Zwicky, dieses sureale Ergebnis nicht einfach so, sprichwörtlich über den Haufen zu werfen und zu denken, dass da etwas mit seinen Messungen nicht stimmte, sondern zu erkennen, dass diese Beobachtung tatsächlich noch nicht dagewesene Einblicke in die Natur bringen. Mir graut es davor, wie viel solche Messungen schon verworfen wurden, weil sie anfänglich keinen Sinn machten.

Zwickys Artikel erschien 1933 im schweizerischen Wissenschaftsjournal “Helvetica Physica Acta”. Zwicky war sich also sicher, das seine Messungen korrekt waren, aber wie es in seiner Karriere so oft noch passieren sollte, wurde sein Fund belächelt und einfach ignoriert. Leider konnte er die erdrückende Datenlage für die Dunkle Materie, die in den 80er Jahren gefunden wurde, nicht mehr miterleben.

Fritz Zwicky – Caltech Professor

Bald wurde Zwicky als Assistenz-Professor am Caltech berufen. Zur gleichen Zeit heiratete er Dorothy Vernon Gates, ein Mitglied einer prominenten Familie in Californien. Über mehrere Ecken war diese mit Theodore Roosevelt, dem 26. Präsident der Vereinigten Staaten, verwandt. Obwohl die Ehe neun Jahre hielt, hatten die beiden unterschiedliche Ansichten der Rollen in der Ehe.

Als Assistenz-Professor war Zwicky überladen mit Arbeit und hätte sich eine unterstützende Rolle seiner Frau gewünscht. Um es mit anderen Worten zu formulieren, sie hätte doch für ihn als gratis Sekräterin arbeiten sollen, die ihn bei seinen administrativen Aufgaben unter die Arme greife (oder sie ganz für ihn erledige). Sie – als emanzipierte High-Society Frau – folgte diesem Wunsch nicht – recht so. Die Ehe wurde auf beidseitigen und freundschaftlichen Einvernehmen beendet.

Fritz Zwicky und die Atombombe

Ein einschneidendes Ereignis im Leben Zwickys – wie natürlich auch für unzählige Leidtragende und Zeitgenossen – war der Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki. Zwicky – ein lebenslanger Pazifizt – wurde von den Vereinigten Staaten dazu berufen, die Verheerung der Atombomben vor Ort zu untersuchen. Zwicky ärgerte sich über die Mitglieder des Manhatten Projekts und kommentierte:

Keiner von den grossen Menschenfreunden, welche für den Abwurf der Atombombe gestimmt hatten, das heisst A. H. Compton, J. R. Oppenheimer, E. Fermi oder E. O. Lawrence ging nach Hiroshima um zu sehen, was sie angerichtet hatten.

Compton, Fermi und Lawrence erhielten später alle den Nobelpreis für ihre wissenschaftlichen Leistungen – Zwicky wurde dieser Preis verwehrt.

Zwicky in einer amerikanischen Majorsuniform, zusammen mit einem japanischen Kollegen.
Zwicky in amerikanischer Majorsuniform auf Besuch in Japan. Bild: Fritz-Zwicky-Stiftung Glarus. Mit freundlicher Genehmigung von Margrit Zwicky.

Zwicky rechnete damit, dass der

von der eigenen Regierung inszenierten idiotischen Präzedenzfall

nicht der letzte seiner Art sein werde und beschäftigte sich von nun an mit dem Zivilschutz. Mit der Atombombe wähnte sich die USA als Weltmacht Nummer Eins in Sicherheit. Zwicky war da anderer Meinung. Als er gefragt wurde, wann die Sowjets auch eine Atombombe zur Verfügung haben werden, meinte er, dass dies in drei Jahren der Fall sein werde. Wie üblich wurde er von seinen Kollegen ausgelacht und nicht ernst genommen. Diese schätzten es eher mit zehn Jahre oder mehr ein.

Es musste aber kommen, was kommen musste. Im Jahre 1949 wurde die USA aber eines besseren belehrt, denn die Sowjets zündeten ihre erste Atombombe im Gebiet des heutigen Kasachstan – drei Jahre, nachdem er nach seiner Meinung gefragt wurde. Dies war ein widerkehrendes Motiv im Leben Zwickys, das ihn immer mehr frustrierte.

Fritz Zwicky erhält die Freiheitsmedaille

Für seine Aufarbeitung der Folgen des Atombombenabwurfs erhielt Zwicky als erster Ausländer die Freiheitsmedaille persönlich vom US Präsidenten überreicht. Dies ist die höchste Auszeichnung, die einem Zivilisten vergeben werden kann. Gleichzeitig wurde ihm die amerikanische Staatsbürgeschaft angeboten, die er dankend ablehnte.

Ein Schweizer Kopf auf einem Schweizer Körper

pflegte er zu sagen – ein grosser Fehler, wie sich später in seinem Leben heraustellte – aber dies ist eine Geschichte für einen anderen Tag.

Fritz Zwicky war einer der hellsten Köpfe seiner Zeit. Mit seinen revolutionären Ideen geriet er jedoch immer mit seinen Kollegen aneinander, was ihn je länger je mehr zum Aussenseiter werden liess. Aber wahrscheinlich war dies genau die Rolle, in der er als Genie mit Ecken und Kanten aufblühen konnte.

Heute – 40 Jahre nach seinem Tod – kennt jede Astronomin und jeder Astronom mindestens einer seiner grundlegenden Beiträge zur Wissenschaft. Am bekanntesten dürfte er aber wegen seiner Beschreibung der Dunklen Materie sein, auch wenn er sich später nicht mehr damit beschäftigte. Da musste eine neue, frische Generation von Forschenden, wie etwa Vera Rubin, Kent Ford oder Albert Bosma das Feld neu aufmischen, um aus dieser fast einhundert jährigen Beobachtung eines der grössten Probleme in der Astronomie zu machen.

Veröffentlicht von

Studiert habe ich Physik an der Universität Basel. Eigentlich mit dem Ziel, Lehrer zu werden, bin ich doch noch in der Wissenschaft hängen geblieben. An der gleichen Uni habe ich dann als Letzter im Fach Astronomie promoviert, kurz darauf wurde die Astronomie geschlossen. Zurzeit arbeite ich mit einem Forschungsstipendium des Schweizerischen Nationalfonds an der Universität Strasbourg. In meiner Forschung verwende ich verschiedene optische Teleskope, wie etwa das Very Large Telescope. Mein Arbeitsfeld ist die extragalaktische Astronomie, vorallem die kleinsten Galaxien im Universum – die Zwerggalaxien – begeistern mich seit Jahren. Dies, da sie das beste Labor für die Erforschung der Dunklen Materie und alternative Gravitationstheorien darstellen.

27 Kommentare

  1. Als Kind las ich Fritz Zwickis Buch „ Entdecken, Erfinden, Forschen im morphologischen Weltbild“ und war fasziniert von seiner morphologischen Methode, mit der er systematisch alle Fälle/Herangehensweisen an ein Problem auflisten wollte. Das Büchlein enthielt aber auch viele Essays von ihm, die sein Weltbild offenbarten. Daneben scheute er nicht vor Kritik an seinem Gastland USA zurück und bezeichnete etwa die gängigen Automodelle aus den USA als nicht bergtauglich (das Kühlwasser begann beim Bergauffahren zu kochen) und als auf Moden anstatt auf Technik basierend.

    Vor kurzem las ich eine Beurteilung von Kip.S.Thorne über Zwicky. Gemäss Thorne traf Zwicky auf verschiedenen Gebieten geradezu prophetische Aussagen – und das ohne dass er, Zwicky, überhaupt über die dafür notwendigen mathematischen und physikalischen Voraussetzungen verfügte. Thorn kam es vor als habe Zwicky über hellseherische Fähigkeiten verfügt.

    • Ich denke, Zwicky hatte eine unheimlich gute Intuition, was einfach unglaublich wichtig ist, um in der Forschung Erfolg zu haben.

      Und ja, die Morphologie ist ein gewaltiges Thema für sich, welches ich gerne hier einmal beschreiben möchte. Ich habe noch einiges mit Zwickys Schaffen vor.
      Auch die Supernovae sind viel zu kurz gekommen. 🙂

  2. Was hier mE völlig fehlt:

    Zwicky hat die Rotverschiebung durch “Lichtalterung” erklärt. Zumindest noch in den 1930iger-Jahren.

    Das lese ich zumindest so bei “Edwin Hubble” von Sharov/Novikow.

    Angeblich ging Hubbles Ablehnung der Theorie, dass die Rotverschiebung durch eine Fluchtbewegung bewirkt werden würde auf dessen Kenntnis einer Arbeit von Zwicky zurück.

    Und es mag noch so sehr ein anderer Eindruck erweckt werden, aber die Rotverschiebung (nur) durch Fluchtbewegung (oder durch die hypothetische Raumexpansion) ist bis heute nur eine Hypothese!

  3. Die Idee der Lichtermüdung ist sowas von veraltet, hält sich aber leider hartnäckig in Kreisen ausserhalb der Wissenschaft. Egal wie viele Beobachtungen gegen die Lichtermüdung sprechen, muss dies immer wieder in Kommentarspalten aufgebracht werden. Siehe z.B: http://www.astro.ucla.edu/~wright/tiredlit.htm

    Zwicky hat die Rotverschiebung durch “Lichtalterung” erklärt. Zumindest noch in den 1930iger-Jahren.

    Das lese ich zumindest so bei “Edwin Hubble” von Sharov/Novikow.

    Angeblich ging Hubbles Ablehnung der Theorie, dass die Rotverschiebung durch eine Fluchtbewegung bewirkt werden würde auf dessen Kenntnis einer Arbeit von Zwicky zurück.

    Ich kenne die Geschichte genau anders herum, dass Zwicky Hubble missgönnte, die Expansion des Universums gefunden zu haben. Aber vielleicht habe ich das im Gespräch mit Zwickys Tochter auch falsch verstanden, ich frage bei Zeiten nochmals nach.

    Und es mag noch so sehr ein anderer Eindruck erweckt werden, aber die Rotverschiebung (nur) durch Fluchtbewegung (oder durch die hypothetische Raumexpansion) ist bis heute nur eine Hypothese!

    Eine Hypothese, die von unabhängige Beobachtungen gestüzt wird.

    Ehrlich gesagt bin ich Lichtermüdungs-Müde.

    • “Lichtermüdung” ist EINE alternative Hypothese zu Rotverschiebung durch Fluchtbewegung.

      Und ist überhaupt nicht unplausibel. Auf wie viele Teilchen trifft ein Photon unterwegs im All, das Milliarden Kilometer zurück legt? Wie viele Interaktionen finden statt, bevor so ein Photon hier angelangt?

      Und wir kennen physikalische Prozesse zu solch einer “Lichtermüdung” (ganz klar, ein bescheuerter Name).

      Wir kennen KEINE physikalischen Prozesse zur “Raumexpansion”! Ein pures Phantasieprodukt ohne irgend eine Grundlage.

      Leider ist es in Physik inzwischen teilweise wie in der Werbung: Erfolg hat, was einen coolen Namen bekommen hat und möglichst futuristisch klingt.

      Das hat etwa ein Max Tegmark so verinnerlicht, dass er sogar seinen eigenen Namen entsprechend gewählt hat (geb. Max Shapiro).

      • Lichtermüdung ist eine Hypothese, welche durch Beobachtungen mehrfach falsifiziert wurde. Ich weiss ehrlich nicht warum Sie sich so daran klammern.
        Würden heutige Beobachtungen dafür sprechen, würden wir in der Wissenschaft die Hypothese ernst nehmen. Aber das ist so wie mit der flachen Erde, die Wissenschaft kann noch so viele Male zeigen, dass die Erde eine (fast) Kugel ist, die Flacherdler hören einfach nicht zu.

        Also ich bitte, hier keine Falschinformationen zu verbreiten. Und die Wissenschaft mit Phrasen wie Phantasieprodukt und Werbung zu beschreiben, entlarvt nur den Autor selbst und gibt dem Argument kein Gewicht.

        • Oliver Müller
          23.11.2019, 09:55 Uhr

          “Lichtermüdung ist eine Hypothese, welche durch Beobachtungen mehrfach falsifiziert wurde”

          Das ist eine unsäglich falsche Behauptung, denn “Lichermüdung” ist gar keine eindeutige physikalische Zuschreibung eines eindeutigen Mechansimus, kann also auch nicht falsifiziert werden.

          Welchen Mechanismus verbinden Sie denn mit “Lichtermüdung”, der flasifiziert sei? “Lichtermüdung” ist tatsächlich eine Sammelbezeichung für alle möglichen denkbaren Prozesse, die Licht Energie entziehen und damit eine Rotverschiebung bewirken können.

          Und eines ist sicher: bevor man “magische Raumenstehung” aus dem Nichts promotet, sollte man vernünftige physikalische Vorgänge in den tiefen des Alls in Betracht ziehen.

          • In Kürze für die interessierten Mitlesenden: Lichtermüdung geht davon aus, dass die Rotverschiebung, die man im Universum misst und als Expansion des Raumes interpretiert (Big Bang), gar nicht eine Eigenschaft des Raumes ist, sondern des Licht selbst. Das Licht wird mit der Zeit von selbst rotverschoben. Das kann zum Beispiel durch Supernovae wiederlegt werden:
            Eine Standard-Supernova leuchtet 20 Tage. Wird diese Supernova weit entfernt von uns beobachtet (hohe Rotverschiebung), wird durch die kosmologische Expansion diese Kurve verzogen und erscheint uns als eine 40 tägige Lichtkurve. Die Expansion in der Urknallkosmologie ist nicht linear, sondern hat beschleunigt zugenommen (Nobelpreis für Perlmutter, Schmidt und Rees), was bedeutet, dass das Licht, was später von der Supernova ausgesandt wurde, einen längeren Weg hatte, als das Licht, was zu Beginn der Supernova abgestahlt wurde. Uns erscheint also eine 20 tägige Supernova als eine 40 tägige und ihre Lichtkurve wird asymmetrisch gestreckt. In Lichtermüdungskosmologie ist die Lichtermüdung aber konstant, so verschieben sich die Spektrallinien gleichmässig, man findet also keine asymmetrische Lichtkurve. Das sind also zwei unterschiedliche Vorhersagen: etweder Urknall gleich asymmetrische Lichtkurve oder Lichtermüdung = symmetrische Lichtkurve.
            Nun zeigen alle bisher beobachteten Lichtkurven von weit entfernten Supernovae die asymmetrische Lichtverteilung nach Urknallmodell und nicht nach Lichtermüdung. Keine einzige Beobachtung dieser Supernova kann mit Lichtermüdung erklärt werden, de facto ist Lichtermüdung falsifiziert.

            @ Albrecht Storz

            Das ist eine unsäglich falsche Behauptung, denn “Lichermüdung” ist gar keine eindeutige physikalische Zuschreibung eines eindeutigen Mechansimus, kann also auch nicht falsifiziert werden.

            Schön gesagt, danke für das Eigentor. 🙂

            Bevor Sie also hier weiter Lichtermüdung bewerben (und das ist keine Aufforderung), würde ich Ihnen vorschlagen, die wissenschaftliche Literatur dazu zu lesen. Mir scheint, da fehlt Ihnen noch ein wenig Fachwissen und Verständnis für die Materie.
            Zum Beispiel wäre folgende Literatur angebracht, welche zeigt, dass Lichtermüdung nicht den Beobachtungen standhält:
            https://arxiv.org/pdf/astro-ph/9605134.pdf
            https://arxiv.org/pdf/astro-ph/0106566.pdf
            https://arxiv.org/pdf/0804.3595.pdf

            Oder aber auch auf folgender und darin weiterführenden Seiten wird es ausführlich diskutiert.
            http://www.astro.ucla.edu/~wright/tiredlit.htm

            Wie Sie im obigen Blog Artikel gesehen haben, ich bin ein grosser Fan von Fritz Zwicky, aber nicht alle seine Ideen hatten Hand und Fuss. So ist das nun mal im Leben und in der Forschung.

  4. Ich sage nochmal: es gibt erforschte physikalische Mechanismen wie Stokes-Shift die eine Rotverschiebung zumindest mitbedingen können.
    (Woher eigentlich der Drang, immer alles monokausal erklären zu wollen?)

    Und mit den Supernoveau-Zyklen haben Sie eben ein erklärungswürdiges Phänomen. Ja. Keine Frage.

    Aber die Raumexpansion ist nach wie vor eine völlig unsubstantituierte Hypothese. Das abzustreiten wäre unwissenschaftlich.

    Was ist denn, wenn die Zeit nicht konstant abläuft? Genau so spekulativ wie Raumexpansion? Ja! Spekulationen eben, Hypothesen, nichts als Hypothesen.

  5. @Storz

    Und mit den Supernoveau-Zyklen haben Sie eben ein erklärungswürdiges Phänomen. Ja. Keine Frage.

    Erstens: Die Dinger heißen Supernovae (oder in Einzahl: Supernova).

    Zweitens: Das Phänomen ist bereits erklärt, wie Sie den von Oliver Müller verlinkten Papers hätten entnehmen können. Ok, Sie wollten offenbar nicht, da Sie kein Sterbenswörtchen darüber zu sagen haben. Ist nicht verwunderlich, aber wirft auch kein besonders schmeichelhaftes Licht auf Ihr Interesse bzw. Nicht-Interesse, den Dingen auf den Grund zu gehen.

    Aber die Raumexpansion ist nach wie vor eine völlig unsubstantituierte Hypothese. Das abzustreiten wäre unwissenschaftlich.

    Ei der Daus, da sind doch die überwältigende Mehrheit der Kosmologen unwissenschaftlich unterwegs, jedenfalls laut Ihrem Urteil, halten sie doch die Raumexpansion für eine kugelfest belegte Tatsache und nicht für “völlig unsubstantituiert”. Stellt sich nur noch die Frage, ob Sie ein Genie sind und entdeckt haben, was der gesamten Kosmologie der letzten 50 Jahre entgangen ist (und was Sie entdeckt haben trotz Ihres flagranten Nicht-Forscherdrangs). Oder ob Sie einfach nur jemand sind, der an schwerer Selbstüberschätzung leidet (“Ein Geisterfahrer? Hunderte!”).

    Was ist denn, wenn die Zeit nicht konstant abläuft? Genau so spekulativ wie Raumexpansion? Ja! Spekulationen eben, Hypothesen, nichts als Hypothesen.

    Und zum Schluß noch ein kleiner Rekurs auf Ihr Lieblingscrackpotgedröhn, welches Sie anscheinend in kaum einem Kommentar auslassen können.

    Nebenbei: Ihr Argument der Form “Kann ich mir nicht vorstellen, kann es deswegen auch nicht geben!” ist zwar schon immer bei Crackpots sehr beliebt gewesen, hat ansonsten aber leider wenig Überzeugungskraft.

  6. Okay. Der Thread hier ist auch schon wieder vergiftet:

    Spritkopf: nichts als beleidigendes und ehrrühriges, unsachliches Geschwätz.

    Kein Mensch hat je gesehen, wie Raum expandiert. Kein Mensch kann eine physikalische Erklärung für Raumentstehung aus dem Nichts liefern. Und Raumexpansion liefe, wenn es sie den gäbe, in Regionen des Kosmos ab, die wir nie erreichen werden können. Also werden wir nie über Raumexpansion mehr wissen können. Ein unüberprüfbares Phänomen. Damit ist es nach den popperschen Kriterien unwissenschaftlich.

    Eine unsubstantituierte Hypothese, die auch niemals falsifiziert oder verifiziert werden kann.

    Eine analoge, ununterscheidbare Hypothese übrigens wäre, dass alle Materie schrumpft. Das ist völlig beliebiges Abiturientengewitzele.

    • Spritkopf: nichts als beleidigendes und ehrrühriges, unsachliches Geschwätz.

      Wie man in den Wald hineinruft so schallt es heraus. Ich bitte um ein wenig mehr Selbstreflektion. Einerseits werfen Sie hier der Wissenschaft vor, unläuter zu sein und benutzen dabei auch beleidigendes und ehrrühriges, unsachliches Geschwätz, dann bewerben Sie eine Theorie, in dem es in dem Artikel überhaupt nicht geht. Und dann wiedersprechen Sie sich in Ihren Argumenten auch noch selbst. Hier nochmals, was Sie von sich gegeben haben:

      Das ist eine unsäglich falsche Behauptung, denn “Lichermüdung” ist gar keine eindeutige physikalische Zuschreibung eines eindeutigen Mechansimus, kann also auch nicht falsifiziert werden.

      Und was Sie der Wissenschaft vorwerfen:

      Eine unsubstantituierte Hypothese, die auch niemals falsifiziert oder verifiziert werden kann.

      Es sollte nicht schwer fallen, eins plus eins zusammenzuzählen.

      Und jetzt ist fertig. Das ist eine Verwarnung. Weitere Ausschweifungen werden gelöscht.

      • Sehr geehrter Herr Oliver Müller,

        Sie behaupten hier ehrenrührigs gegen meine Person. Und “der Wissenschaft” kann man nichts vorwerfen oder an ihrer Ehre rühren.

        Es tut mir leid, aber Sie scheinen hier keinen ehrlichen und anständigen Disput fürhren zu wollen.

        Gehaben Sie sich wohl in Ihrere Filterblase zusammen mit Ihren begeisterten Fans.

        • @Storz

          Kein Mensch hat je gesehen, wie Raum expandiert.

          Wir können die Effekte der Raumexpansion auf großen Skalen sehr gut beobachten, insofern: Doch.

          Kein Mensch kann eine physikalische Erklärung für Raumentstehung aus dem Nichts liefern.

          Vor 500 Jahren hat kein Mensch eine physikalische Erklärung für Ebbe und Flut liefern können. Vor 150 Jahren hat kein Mensch erklären können, wie die Sonne dauerhaft soviel Energie abstrahlen kann. Trotzdem wäre kaum jemand auf die Idee gekommen, diese Phänomene zu bestreiten.

          Und Raumexpansion liefe, wenn es sie den gäbe, in Regionen des Kosmos ab, die wir nie erreichen werden können.

          Soweit ich das verstanden habe, läuft Raumexpansion überall ab. Nur können wir sie derzeit auf kleinen Skalen nicht messen, da sie auf kurze Strecken bezogen sehr gering ist (~70 Nanometer pro Jahr und km) und die auf der Erde herrschende Gravitation jeden Messeffekt zunichte machen würde.

          Also werden wir nie über Raumexpansion mehr wissen können.

          Der französische Philosoph Auguste Comte im Jahr 1842 über Sterne: “Wir können absehen, dass ihre Formen, ihre Entfernungen, ihre Größen und Bewegungen bestimmt werden können, doch wir können nie etwas über ihre chemische oder mineralogische Zusammensetzung erfahren.”

          18 Jahre später wurde mittels Spektroskopie gemacht, was Comte für unmöglich erklärt hatte.

          Ein unüberprüfbares Phänomen.

          Weil Sie das behaupten? Steht Ihnen irgendeine sachliche Grundlage zur Verfügung, auf der Sie zu einem solchen Schluss gelangen?

          Sie behaupten hier ehrenrührigs gegen meine Person. Und “der Wissenschaft” kann man nichts vorwerfen oder an ihrer Ehre rühren.

          “Der Wissenschaft” kann man vielleicht nichts vorwerfen, aber den einzelnen Wissenschaftlern, die die Raumexpansion vertreten, sehr wohl. Wie lauteten Ihre Formulierungen noch? “Unsäglich”, “unwissenschaftlich”, “Phantasieprodukt”, “Werbung”.

          Darüber hinaus: Anderen ehrenrührige Reden vorzuwerfen, während man im gleichen Zuge drüben bei der Physik-Nichtswisserin gegen Herrn Müller beleidigend vom Leder zieht, ist schlicht verlogene Heuchelei.

  7. Wie angekündigt, landen weitere Kommentare über Lichtermüdung und die darauf entstandene Diskussion, die nichts mit dem Artikel zu tun haben, im Spam.

  8. @Oliver Müller

    Vielen Dank für diesen (und nicht nur diesen) lesenswerten Blogartikel. Bitte weiter so!

    N.B. Mir scheint, »an der renormierten Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich« hat sich ein Typo eingeschlichen — `renommiert’ passt hier gewiss besser.

    • Danke!

      N.B. Mir scheint, »an der renormierten Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich« hat sich ein Typo eingeschlichen — `renommiert’ passt hier gewiss besser.

      Ups, da ist wohl meine déformation professionnelle durchgedrungen.

  9. Lieber Herr Müller!
    Es sei Ihnen Dank gesagt für diesen Artikel.
    Irgendwo – ganz tief vergraben – war der Name Zwicky in meinem Hirn vergraben – aber mehr als: Physiker – glaube Theoretische Physik – hätte ich nicht gewusst.
    Schön, dass nicht immer nur über dieselben, wohlbekannten Namen (Bohr, Heisenberg, usw.) geschrieben wird.
    Allerdings: Mit der Sache mit der Staatsbürgerschaft haben Sie mich jetzt doch “scharf gemacht”. Oder ist das ein bewusster “Cliffhanger”?
    Mit freundlichen Grüßen
    Erik Martin

    • Danke!
      Das ist tatsächlich ein Cliffhanger, da der Artikel schon zu lange wurde. Das passiert, wenn man ein Leben, welches ein ganzes Buch füllt, in einen Blogartikel runterbrechen will… Ein Ding der Unmöglichkeit.

  10. Fritz Zwicky, das wäre die 1,5 Millionen Frage bei Günther Jauch gewesen. Super, jetzt sind wir gerüstet.
    Meine Meinung zu der Diskussion hier, ob die Astrophysik noch seriös ist, solange es keine bessere Meinungen zum thema Licht und Schwarzer Materie gibt, solange bleibt das Stand der Wissenschaft. Wer eine bessere Erklärung findet, bitteschön.

  11. Sehr geehrter Herr Müller,

    wenn ich das richtig gelesen habe, hat Fritz Zwicky in seiner Arbeit über den Coma-Haufen die Geschwindigkeiten seiner Galaxien-Mitglieder nicht nur aus deren Rot- bzw. Blauverschiebungen abgeleitet, sondern auch Messdaten von van Maanen über deren Eigenbewegungen verwendet.

    • Wo haben Sie das gelesen? In seinem 1933 Artikel sehe ich dies nicht unter dem Abschnitt Virialtheorem (5.1.) nicht. Da benutzt er einfach die Rot/Blauverschiebung der Galaxie.
      Van Maanen hatte gedacht, Bewegung innerhalb der Galaxien gemessen zu haben, aber in Wirklichkeit war da etwas mit seiner Messtechnik falsch. Niemand konnte reproduzieren, was er gemessen hatte. Nicht einmal mit dem selben Instrument (ich glaube Oort versuchte sich einmal daran, wenn ich mich richtig entsinnen mag).

      • Sie haben Recht; ich hatte das falsch in Erinnerung, nämlich, dass Zwicky an einer anderen Stelle die Messungen von van Maanen über Eigenbewegungen von Galaxien erwähnt – aber nicht von Galaxien im Coma-Haufen.

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