Llamas im Himmel und das Universum auf dem Schreibtisch

BLOG: Promotion mit Interferenzen

Auf dem Weg zum Profi-Astronomen
Promotion mit Interferenzen

Soeben ist die Version 0.10.0 der Open Source Planetariums-Software Stellarium erschienen — und kostenlos und auch auf Deutsch für Mac, Linux und Windows herunterladbar.

Stellarium zeigt einen realistisch anmutenden Himmel mit ansprechender Grafik auf dem Computer-Bildschirm, am besten im Vollbildmodus. Neben dem vorinstallierten Sternkatalog mit 600 000 Sternen (für alle Sterne bis zur visuellen Magnitude 10,5) kann man weitere Stern-Kataloge zusätzlich herunterladen. Mit den Zusatzkatalogen, die insgesamt etwas über ein Gigabyte groß sind hat man alle Sterne bis 18. Größenklasse verfügbar — das sind 210 Millionen! Zum Vergleich: Die Milchstraße hat etwa tausend Mal mehr Sterne (und natürlich sind alle Sterne in Stellarium aus der Milchstraße).

Screenshot des Open-Source Planetariums-Programms Stellarium 0.10.0
Das Sommerdreieck im Planetariums-Programm Stellarium bei dunklem Himmel ohne Lichtverschmutzung.

Mit der von Profi-Astronomen verwendeten Astronomie-Software kann Stellarium damit zwar noch nicht mithalten: Das sehr mächtige Online-Java-Programm Aladin des astronomischen Datenzentrums Straßburg (Centre de Données astronomique de Strasbourg) etwa, kennt eine Unzahl weiterer Kataloge in verschiedenen Wellenlängen, aber dafür ist Stellarium eindeutig der Gewinner was Bedienbarkeit und Optik angeht. So punktet Stellarium etwa in besonders realistischer Darstellung der Milchstraße, der Atmosphäre und von Sonnenauf- und -untergängen.

Für ein weiteres neues Feature von Stellarium muss ich kurz ausholen… Als ich im April in Chile war, saß ich zwar die meiste Zeit nachts vor Computerbildschirmen im VLTI-Kontrollraum, aber nach den Beobachtungsnächten habe ich bei einer privaten Astronomietour mitgemacht. Eine nette Geschichte, die ich dort gelernt habe, war, dass die Inka "Sternbilder" aus den Dunkelwolken in der Milchstraße konstruiert haben (so genannte Dunkelwolken-Sternbilder). Diese Dunkelwolken sind große Staubansammlungen, die das Licht der dahinter stehenden Sterne so stark abschwächen, dass man sie — im Kontrast gegen das Band der Milchstraße — als dunkle Wolken sehen kann. Man sieht die Dunkelwolken auch bei uns in der Nord-Milchstraße, im Süden sind sie aber noch beeindruckender, da man dort ja ins Zentrum der Milchstraße schaut und die Milchstraße daher dort heller ist, entsprechend ist der Kontrast größer.

Mit einem grünen Präsentationslaser zeigte der Berufs-Hobbyastronom, der diese Tour leitete, die Umrisse des großen und des kleinen Llamas, die in der klaren trockenen Luft der dunklen Atacama-Wüste sehr deutlich mit Beinen und Kopf zu sehen waren! Dagegen braucht man bei einigen der westlichen Sternbilder schon deutlich mehr Fantasie, um einen Schlangenträger oder einen Krebs in ein paar Sternen zu sehen… Ein Auswahl dieser Quechua-Sternbilder ist online verfügbar. Diese Dunkelwolken-Sternbilder sind in Stellarium leider (noch) nicht enthalten, aber dafür kann man sich die Sternbilder etlicher anderer Zivilisationen, etwa von Chinesen, Ägyptern oder der Inuit ansehen. Das ist nicht nur lehrreich, sondern es macht auch einfach Spaß, die bekannten Konstellationen in völlig neuer Zusammenstellung zu sehen.

Screenshot des Open-Source Planetariums-Programms Stellarium 0.10.0 Konstellationen für elf verschiedene Kulturen sind im neuen Stellarium eingebaut, darunter auch für die Inuit, die im großen Wagen ein Caribou (Rentier) sehen.

Weniger Spaß zwar macht es, sich mit Lichtverschmutzung zu beschäftigen, aber eindrucksvoll ist es auch, wie man mit der neuen Version Lichverschmutzung an- (und zum Glück auch wieder aus-) schalten kann. Als Überzeugungsmaterial für den interessierten Nachbarn gehört spätestens damit Stellarium sicherlich auf den Computer von jedem Hobby-Astronomen!

Screenshot des Open-Source Planetariums-Programms Stellarium 0.10.0 Derselbe Himmelsausschnitt wie oben, aber mit deutlicher Lichtverschmutzung. In Stellarium kann man sie zum Glück mit einem Klick auch wieder ausschalten…

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www.ileo.de

Nach dem Studium der Physik in Würzburg und Edinburgh, habe ich mich in meiner Diplomarbeit mit der Theorie von Blazar-Spektren beschäftigt. Zur Doktorarbeit bin ich dann im Herbst 2007 nach Heidelberg ans Max-Planck-Institut für Astronomie gewechselt. Von dort aus bin ich mehrere Male ans VLT nach Chile gefahren, um mithilfe von Interferometrie im thermischen Infrarot die staubigen Zentren von aktiven Galaxien zu untersuchen. In dieser Zeit habe ich auch den Blog begonnen -- daher der Name... Seit Anfang 2012 bin ich als Postdoc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching im Norden von München. Dort beschäftige ich mich weiterhin mit Aktiven Galaxien und bin außerdem an dem Instrumentenprojekt GRAVITY beteiligt, das ab 2015 jeweils vier der Teleskope am VLT zusammenschalten soll.

1 Kommentar

  1. Inka Sternbilder

    Servus Leo,

    das mit dem großen und kleinen Lama ist ja wirklich sehr interessant (diese Geschichte kannte ich noch nicht) und einen guten Titel hast Du Dir auch ausgesucht! Wenn ich mal wieder in Südamerika sein werde, werde ich mal nach diesen Sternbildern suchen.
    Schöne Grüße,
    Helmut

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