Beobachtungsvorbereitung

BLOG: Promotion mit Interferenzen

Auf dem Weg zum Profi-Astronomen
Promotion mit Interferenzen

Bereits beim Schreiben eines Proposals muss man sich über den Ablauf der beantragten Beobachtungen im Klaren sein. Richtig minutiös wird die Planung aber erst, wenn der Antrag genehmigt ist. Dann folgt, was im ESO-Slang P2PP (Phase 2 Proposal Preparation) genannt wird: Ein detailliertes Beobachtungsprogramm, das sicher stellen soll, dass aus der verfügbaren Zeit, die oft in Stunden vergeben wird, das meiste gemacht wird — auch dann, wenn die Wetterbedingungen nicht ganz optimal sind. Schließlich soll keine Minute der kostbaren Teleskop-Zeit vergeudet werden!

Observing Blocks

Bei dieser ‘P2PP’ werden, wie letztens schon erwähnt, so genannte "Observing Blocks" (OBs) erstellt. Das sind Dateien, in denen die genaue Konfiguration für die Beobachtung steht. Darin stehen unter anderem folgende Informationen (siehe Bild):

 Observing Block im ESO-Programm P2PP eines Kalibrator-Sterns für unser wissenschaftliches Objekt NGC 5128 (Centaurus A).
  • Die Koordinaten in Rektaszension und Deklination. Dabei muss man sehr genau darauf achten, welche Koordinaten man wählt. In den Standard-Katalogseiten Simbad oder der NASA Extragalactic Database (NED) weichen die verschiedenen angegeben Koordinaten teilweise um viele Bogensekunden voneinander ab. Unser Instrument (MIDI) hat ein Gesichtsfeld von lediglich zwei Bogensekunden — bei einer Auflösung von maximal etwa 10 Bogensekunden. Da kommt es also darauf an, die Koordinaten auf etwa eine Bogensekunde genau zu kennen. Nun sind wir aber die ersten, die Galaxien bei so hohen Auflösungen im Infrarotbereich anschauen und daher ist die Wahl der Koordinaten oft gar nicht einfach.
  • Bei Sternen: Die jährliche Eigenbewegung des Sterns relativ zu den angegebenen Koordinaten
  • Helligkeiten des Objekts in verschiedenen Filtern (da die Subsysteme des VLTI in verschiedenen Wellenlängenbereichen arbeiten)
  • Coudé Guide Star: Die adaptive Optik MACAO, die im Coudé-Fokus der Teleskope ist und dort die durch die atmosphärischen Turbulenzen verbogenen Wellenfronten des ankommenden Lichts wieder gerade biegt, benötigt einen relativ hellen Stern, um zuverlässig arbeiten zu können. Hell ist für die 8,2-Meter-Teleskope übrigens 17 mag… Die Verfügbarkeit eines solchen Sterns in der Nähe (Winkelabstand weniger als eine Bogenminute) des zu beobachtenden Objekts kann über Erfolg oder Misserfolg der Beobachtung entscheiden.
  • Anzahl der Aufnahmen: Da die Atmosphäre sich ständig verändert müssen für interferometrische Aufnahmen sehr viele (einige tausend) sehr kurze (18 ms) Aufnahmen zusammenaddiert werden, um ein vernünftiges Signal zu erhalten.
  • Chopping: Die Wellenlänge in der wir mit dem Instrument MIDI Aufnahmen machen ist 10 Mikrometer. Dies entspricht genau dem Maximum der Schwarzkörperstrahlung eines etwa 20° C warmen Körpers. Da nun aber fast alles 20 °C warm ist — Spiegel, Teleskop, Umgebung, Atmosphäre — muss man diese Hintergrund-Strahlung vom Objekt-Bild abziehen, da man ansonsten vom eigentlichen Objekt gar nichts sehen würde. Dies geschieht mit dem so genannten Chopping: Dabei wird etwa einmal pro Sekunde an eine etwas unterschiedliche Stelle am Himmel geschaut, wo kein (in 10 µm helles) Objekt vorhanden ist. Dieses Bild wird dann vom eigentlichen Bild abgezogen und so der Hintergrund drastisch reduziert.
  • Weitere Angaben im OB sind: Welche Einstellung soll das Instrument haben? Da wir schwache Aktive Galaxien anschauen, wählen wir eine geringe spektrale Auflösung, wie sie das Prisma in MIDI bietet, und wählen außerdem den interferometrischen Modus HIGH_SENS.

Oben dargestellt ist der Observing Block eines Kalibrator-Sterns. Die Aufnahmen solcher Sterne werden benötigt, da bei interferometrischen Messungen sehr viele Fehlerquellen vorhanden sind. Man beobachtet daher zusätzlich zu dem wissenschaftlichen Objekt immer wieder wohl definierte Sterne, um aus den Messungen dieser Sterne Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Atmosphäre ziehen zu können. Die Auswahl der richtigen Kalibrator-Sterne und die Auswahl einer Beobachtungsstrategie (welche Objekte müssen zu welcher Zeit beobachtet werden?) erfordert sorgfältige Planung. Dazu kommt dann noch, dass am Cerro Paranal, dem Standort des VLT, mitunter starker Wind aus Norden bläst und man dann die Teleskope nur nach Süden zeigen lassen kann. Für diesen Fall muss man natürlich auch gerüstet sein und auch für die Ersatzobjekte OBs und eine Beobachtungsstrategie zurechtgelegt haben.

Reiseplan und Beobachtungen

Morgen (am Sonntag) geht’s los: Um 22:50 Uhr startet der Flieger von Frankfurt aus nach Sao Paulo in Brasilien — ein fast zwölfstündiger Flug. In Sao Paulo steige ich um und fliege in gut vier Stunden über die Anden nach Santiago de Chile. Auf diesem Flug geht es am Aconcagua, dem mit fast 7000 Meter Höhe mächtigsten Berg Amerikas vorbei. In Santiago komme ich am Montag um etwa 10 Uhr Ortszeit an. Ich werde dann Montag und Dienstag in Santiago verbringen. Am Mittwoch geht es dann weiter nach Antofagasta im Norden Chiles. Von dort aus fährt man nochmals ein paar Stunden auf der Panamericana und mitten durch die Wüste zum Cerro Paranal. Und am Mittwochabend geht es dann auch schon los mit Beobachten… Aber davon werde ich dann natürlich an dieser Stelle wieder schreiben!

Dies ist meine zweite Beobachtungsreise nach Chile. Das erste Mal war ich im November letzten Jahres dort und auch darüber habe ich schon fleißig gebloggt, allerdings noch in meinem privaten Blog:

Auf dieser ersten Reise habe ich bereits einen sehr guten Eindruck davon bekommen, wie eine komplexe interferometrische Beobachtung praktisch abläuft und wichtige Erfahrungen gesammelt. Damals war es nur eine halbe Nacht und glücklicherweise war ein erfahrener Mitbeobachter vor Ort. Auch diesmal bin ich nicht alleine unterwegs: mein Vorgänger im Amt, Dr. Konrad Tristram, ist wegen eigener Beobachtungen vor Ort und wird bei meinen auch dabei sein. Dennoch gab es dieses Mal deutlich mehr vorzubereiten, weil ich nun in insgesamt vier Nächten beobachte (siehe Bild).

 

Beobachtungsplan für die nächsten Tage

Ich freue mich auf die Beobachtungen und auch auf die Reise, die mich ab morgen zum trockensten Platz der Welt führen wird… Ich hoffe die Faszination, die sowohl die wissenschaftlichen Beobachtungen als auch die Reise mit sich bringen, in diesem Blog mit vielen teilen zu können!

  • Veröffentlicht in: VLT
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www.ileo.de

Nach dem Studium der Physik in Würzburg und Edinburgh, habe ich mich in meiner Diplomarbeit mit der Theorie von Blazar-Spektren beschäftigt. Zur Doktorarbeit bin ich dann im Herbst 2007 nach Heidelberg ans Max-Planck-Institut für Astronomie gewechselt. Von dort aus bin ich mehrere Male ans VLT nach Chile gefahren, um mithilfe von Interferometrie im thermischen Infrarot die staubigen Zentren von aktiven Galaxien zu untersuchen. In dieser Zeit habe ich auch den Blog begonnen -- daher der Name... Seit Anfang 2012 bin ich als Postdoc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching im Norden von München. Dort beschäftige ich mich weiterhin mit Aktiven Galaxien und bin außerdem an dem Instrumentenprojekt GRAVITY beteiligt, das ab 2015 jeweils vier der Teleskope am VLT zusammenschalten soll.

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