Auf der Suche nach dem Parasiten

Die Sonne brennt herunter, es ist heiß, schwül, und wahnsinnig staubig. Über holprige und durch die starken Regenfälle zum Teil überschwemmte Straßen erreichen wir unser erstes Ziel für unsere Malariafeldstudien: Das Dorf Phak Kha in Südlaos.

Laos – ein Vierteweltland

Laos ist mit seinen etwa 6,8 Millionen Einwohnern von denen fast ein Viertel unter dem nationalen Armutslimit leben, eines der ärmsten Länder der Welt. Ein Vierteweltland. Gebeutelt wie kaum ein anderes Land ging Laos aus dem Vietnamkrieg heraus. Noch heute befinden sich viele unexplodierte Sprengkörper über das ganze Land verstreut, jährlich passieren Unglücke mit Todesopfern und Verletzten wenn diese hochgehen.(1)

Ein Einblick in das Dorf Thong Pha

Die Gesundheitsversorgung ist unzureichend. Viele Dörfer sind in der Trockenzeit nur schlecht und während der Regenzeit gar nicht zu erreichen. Doch das sind nur zwei der vielen Gründe, warum Malaria in Laos so schwierig auszurotten ist. Die Behandlung von Malaria wird nicht einfacher, da der Parasit Plasmodium, welcher diese Krankheit auslöst, schon gegen viele Wirkstoffe resistent ist. Die meisten resistenten Plasmodiumstämme treten als erstes in der Mekong Region, zu welcher auch Laos gehört, auf. Warum? Darüber spekulieren Wissenschaftler weltweit, können es aber noch nicht vollständig aufklären.(2)

Malaria in Laos

Viele Menschen mit Malaria in dieser Region haben niedrigere Parasitenzahlen im Körper als zum Beispiel die Malariapatienten in Afrika. Oft zeigen sie kaum klassische Malariasymptome, wie das „Wechselfieber“. Diese Patienten werden als asymptomatische Träger bezeichnet. Sie tragen jedoch dazu bei, dass sich der Parasit weiter verbreitet, wenn sie von einer Anophelesmücke gestochen werden. Denn diese gibt den Parasiten von einem Menschen an den anderen weiter. Daher versuchen wir in unserer Studie diese asymptomatischen Träger zu diagnostizieren. Doch das ist aufgrund der geringen Parasitenzahlen gar nicht so einfach.(2)

Eine neue Methode Malaria zu diagnostizieren

Ich habe mich für diese Expedition mit einem transportablen Infrarot- spektroskopiegerät bewaffnet. Die Arbeitsgruppe um A/Prof. Bayden Wood von der Monash University in Melbourne zu welcher ich seit 2016 gehöre hat nämlich in Labor- versuchen herausgefunden, dass man mit dem Malariaparasiten Plasmodium infizierte rote Blutzellen von uninfizierten dadurch unter- scheiden kann, wie sie infrarotes Licht aufnehmen.

Im Auftrag dieser Arbeitsgruppe bin ich also in Laos unterwegs um herauszufinden, ob diese Methode auch an echten Blutproben von Malariapatienten funktioniert. Und vor allem gehe ich der Frage nach, ob sich mit dieser Methode die asymptomatischen Träger aufdecken lassen. Die Laborergebnisse stimmen mich positiv. Doch auch wenn es uns Wissenschaftlern keiner glaubt, wissen wir, dass es eine ganze Welt „da draußen“, außerhalb unserer Labore, gibt. Und dass sich Laborergebnisse nicht immer eins zu eins in diese Welt übertragen lassen…

Unsere Expedition

Gemeinsam mit einem Team aus laotischen und einem japanischen Wissenschaftler machen mein Partner Roman und ich uns auf den Weg in 6 verschiedene entlegene Dörfer in Laos. Dort untersuchen wir die Blutproben von 600 Probanden mikroskopisch, mit einem Malariaschnelltest, mit Polymerasekettenreaktion und mit Infrarotspektroskopie.

Infrarotspektroskopie unter erschwerten Bedingungen

Die Arbeitsbedingungen sind heftig – statt in einem klimatisierten gut ausgestatteten Labor finde ich mich auf dem Boden sitzend vor einer Schule oder in einem Tempel. Steckdosen gibt es manchmal, Strom seltener. Kurz nach unserer Ankunft in den Dörfern kommen die Menschen zu uns, um sich auf Malaria testen zu lassen. Die Armut ist groß, viele Kinder haben keine Schuhe, doch die Herzlichkeit, die Neugierde und die Kreativität sind herzerwärmend. Wie viele Spiele könnten sich wohl Kinder in reicheren Ländern mit nur einem Stück Schnur ausdenken?

Täglich testen wir 100 Menschen auf Malaria. Vor unserer improvisierten Station denken sich Kinder mit allem was sie finden können neue Spiele aus.

Nachdem wir pro Tag 100 Menschen auf Malaria getestet haben gibt es im Dorf ein liebevoll zubereitetes Festessen für uns. Dass wir zwei Europäer da sehr vorsichtig sind, finden die Dorfobersten zum Glück einfach nur lustig. Doch wenn das Bad aus einem Loch im Boden und einem Schlauch aus der Wand besteht, möchte man sich lieber nicht den Magen verrenken. Jeder der schon mal mit dem Kopf auf einer Toilette geschlafen hat, auf die man sich unter normalen Umständen nicht einmal setzen würde, weiß wovon ich rede…

Nach neun Tagen harter Arbeit, wenig Essen und keiner Dusche geht es zurück nach Vientiane, der Hauptstadt von Laos. Nun geht es für mich an die Analyse meiner Daten und an die Beantwortung der Frage: Können wir mit Infrarotspektroskopie asymptomatische Träger der Malaria detektieren?

Literaturquellen

1 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/laos/zusammenarbeit/index.ht ml

2 Roberts, L. Drug resistance triggers war to wipe out malaria in the Mekong region“ Science Health Infectious diseases topic DOI: 10.1126/science.aaf9947 (2016)

3 Khoshmanesh, A. et al. Detection and quantification of early-stage malaria parasites in laboratory infected erythrocytes by attenuated total reflectance infrared spectroscopy and multivariate analysis Anal. Chem. 86 4379–4386 (2014)

4 World Health Organisation, World Malaria Report 2014 (2014).

5 Chotivanich, K. et al. Laboratory diagnosis of malaria infection – A short review of method N. Z. J. Med. Lab. Sci. 61 4–7 (2007)

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Dr. Anja Rüther testet an der Monash University in Melbourne spektroskopische Methoden zur Diagnose von Infektionskrankheiten, insbesondere Malaria. Ihre Forschung bringt sie in die entlegensten Ecken Südostasiens, wo sie Proben von Malariapatienten mit Infrarotspektroskopie untersucht. Nach dem Pharmaziestudium in Berlin und Innsbruck hat sie in pharmazeutischer Chemie in Freiburg promoviert. Während ihrer Promotion hat sie chiroptische Spektroskopiemethoden zur Untersuchung dynamischer Systeme verwendet.

11 Kommentare

  1. Ein spannender Bericht! Macht ihr die Methodenvalidierung für die Point of Care (POC)-Diagnostik eines ländlichen Gesundheitszentrums oder für ein modernes Zentrallabor in der Stadt?

    • Danke! Das Ziel ist diese Methode zur Anwendung in abgelegenen Gebieten, also als Point of Care Diagnostik direkt im Feld zu verwenden. Es ist eine der Besonderheiten der Methode, keine hohen Ansprüche an das Umfeld zu stellen. Meine Kollegen waren zeitgleich für eine ähnliche Studie in Papua Neuguinea und konnten das Spektrometer mit einer Batterie betreiben…

  2. Apropos

    “Doch wenn das Bad aus einem Loch im Boden und einem Schlauch aus der Wand besteht, möchte man sich lieber nicht den Magen verrenken. Jeder der schon mal mit dem Kopf auf einer Toilette geschlafen hat, auf die man sich unter normalen Umständen nicht einmal setzen würde, weiß wovon ich rede…”

    Meine früheren Kollegen sind wegen sowas häufig mit einem interdisziplinärem Team zur “Outbreak Investigation” raus, um Proben zu sammeln und im Labor zu untersuchen. Oft war das Wasser kontaminiert.

    • Es handelt sich um das tragbares ATR-FTIR Gerät eines großen deutschen Herstellers (ich möchte hier keine Werbung machen, sorry).

      • Danke für die Antworten hier und auch im unten stehenden Beitrag.
        Inzwischen habe ich das ATR-FTIR-Spektrometer mit Google gefunden.
        Meine neugierigen Fragen kommen daher, weil ich früher in der pharmazeutischen Forschung unter anderem ebenfalls Spektroskopie gemacht habe.
        Allerdings im UV-Bereich, ganz ohne Fourier-Transformation und Totalreflexion.
        Mit Oberflächenplasmonen hatte ich in einem anderen Gerät auch ein wenig zu tun.
        ——
        Kann man Ihre früheren Veröffentlichungen irgendwo im Internet lesen?

  3. Pingback:Seeking the parasite » Parasitengeflüster » SciLogs - Wissenschaftsblogs

  4. Da ich auch Mal in Laos gewesen bin habe ich bei Google maps (nur aus Kuriosität um zu sehen ob ich vll. auch dort war) Phak Kha und Thong Pha eingegeben – man bekommt aber nur Ortschaften in Thailand ausgeworfen.

    Mit **Bad aus einem Loch im Boden** meinen sie die Hocktoiletten? .. Abspülen mit der (möglichst linken) Hand ist so unhygienisch gar nicht .. Wie ist denn **jeder der schon mal mit dem Kopf auf einer Toilette geschlafen hat** zu verstehen?

    An Laos habe ich eine besonders schöne Erinnerung: Bei ein Fahrradfahrt hatte ich meinen Umhängebeutel (unbemerkt) verloren und merkte es erst einige Minuten später — ein Mann war mir (aber) gefolgt und übergab ihn mir wieder …

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