Teure Lebensmittel dank Biosprit

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Weg durch ein Rapsfeld (Foto: Pixelio)

Maximal um drei Prozent habe Biosprit die Lebensmittel verteuert, so lautete bisher das Credo der USA. Die britische Zeitung Guardian zitiert nun eine geheime Studie der Weltbank: Demnach hat der Boom der Agrotreibstoffe die Kosten für Nahrungsmittel nicht um drei, sondern weltweit um bis zu 75 Prozent erhöht. Wer – außer Landwirten und dem US-amerikanischen Präsidenten – findet Agrosprit eigentlich noch gut?

Gründe sieht die Studie drei:

  • Getreide, aus dem bisher Lebensmittel hergestellt wurden, werden heute in Treibstoff umgewandelt. Etwa 30 Prozent der Maisproduktion in den USA enden als Ethanol. In der EU wird die Hälfte allen Pflanzenöls zu Agrodiesel.
  • Landwirte bekommen Anreize, auf ihrem Land Pflanzen für die Agrospritproduktion anzubauen.
  • Obendrein treiben Spekulationen an den Weltmärkten die Getreidepreise.

Der Guardian schließt mit einem Zitat von David King, dem früheren wissenschaftlichen Chefberater der britischen Regierung: „Alles, was wir damit erreichen, [Agrosprit] zu unterstützen, sind höhere Lebensmittelpreise, während wir nichts tun, um den Klimawandel anzugehen.“

Wie steht's mit Ihnen – lieber Essen oder Auto fahren?

Foto: Pixelio

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Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

6 Kommentare

  1. Ich schätze mal, dass die Verteuerung von Lebensmitteln als Kollateralnutzen der Klimaschutzmaßnahmen von EU und USA fest eingeplant ist. Die EU muss heute noch ca. 33% ihres Haushalts zu Subvention der Bauern aufwenden, für die USA sind entsprechende Produkte ein wesentlicher Exportartikel (ca. 30% der Anbaufläche für Export). Die Vorteile einer Preissteigerung liegen auf der Hand.

  2. Düngemittel

    In den Zeitungen liest man immer wieder, dass die Düngemittel extrem teuer geworden sind.

    Die Düngerpreise müsste man auch in die höheren Lebensmittelkosten einberechnen.
    Dabei sollte man bedenken, dass die Verwendung des Düngers zur Biosprit-Erzeugung natürlich auch preistreibend ist.

  3. Geiz ist geil

    Landwirtschaftliche Erzeugnisse wurden schon immer für die Energieproduktion verwendet: z.B. Lastesel, Zugochse, Reit-/Kutschpferd. Deswegen ist die Erzeugung von Biotreibstoffen im Prinzip nichts anderes als traditionelle Landwirtschaft.

    Durch die Zunahme des Weltbevölkerung und gleichzeitiger Abnahme von Ackerfächen und verfügbarem Rohöl wird ein Konflikt sichtbar: Sowohl Rohöl/Energieprodukte wie auch Nahrungsmittel werden zunehmend knapper für den Kunden.
    Gleichzeitig ist beim Kunden eine sehr kurzsichtige und unlogische Denkweise erkennbar, die im Slogan ´Geiz ist geil´ werbewirksam bekannt wurde. Wir haben dies in den letzten Wochen mitbekommen: Alle Leute hatten Verständnis dafür, dass die Milchpreise für die Bauern viel zu niedrig sind – gleichzeitig war aber niemand bereit, im Supermarkt mehr für die Milch zu bezahlen => Die Folge ist, außer leeren Versprechungen kommt nichts bei den Bauern an.
    Wenn der Bauer mit seiner Familie überleben will, dann stellt sich für ihn die einfache Frage: Produziere ich Nahrungsmittel und gehe pleite oder produziere ich Energie/-pflanzen und sichere so den Lebensunterhalt meiner Familie.
    Es ist klar, wie die Entscheidung ausfällt -wir würden es alle genau so machen.
    Als Kunde sollten wir daher ein Qualitätsbewusstsein entwickeln, und nur dort einkaufen, wo unseren Bauern faire Preise bezahlt werden. Die Nahrungsmittel werden zwar trotzdem teurer, aber dafür ist ihre Produktion längerfristig gesichert. (Denn wenn Bauern erst einmal auf Biotreibstoffe umgestellt haben, dann werden sie kaum mehr zur Nahrungsmittelproduktion zurückgehen.)

  4. Teure Lebensmittel

    Ich will gar nicht bestreiten, dass die verstärkte Nutzung von Biomasse zur Treibstoffherstellung AUCH mit zur Verteuerung von Lebensmitteln beigetragen hat. Doch es gibt eine Reihe anderer Faktoren, die ebenfalls wirken und die größere Rolle spielen.

    Denn auch der Preis von Reis ist stark gestiegen. Nun ist mir aber nicht bekannt, dass größere Mengen von Reis zu Ethanol verarbeitet werden.

    Die anderen Faktoren sind:

    – Zunahme der Weltbevölkerung (ca. 80 mio Menschen pro Jahr) und damit immer weiter steigende Nachfrage nach Lebensmitteln.

    – Anwachsen des Fleischkonsums vor allem in China und Indien sowie in den Mittelschichten anderer Schwellenländer, also wandert immer mehr Getreide in Viehmägen; es sind jetzt schon 40%.

    – Anstieg der Ölpreise, der auf alle Bereiche der Lebensmittelproduktion (Düngung, “Pflanzenschutz”, Transport) durchschlägt.

    – Spekulation, denn bei Verknappung des Angebots aus obigen Gründen lassen sich neuerdings horrende Gewinne mit der Spekulation auf Lebensmittel machen.

    Es ist sicherlich eine mühsame Aufgabe, die Einflussgröße jedes einzelnen Faktors auf die Gesamtwentwicklung heraus zu arbeiten, doch ich denke, die Auflistung zeigt, dass das einseitige Zuweisen der Schuld auf den Biosprit sehr einseitig gedacht ist.

  5. Warum das Kinde mit dem Bade ausschütten

    Wenn man Biosprit aus Getreide herstellt, dafür Regenwald rodet oder Moore trockenlegt, dann ist Biosprit sicher keine geeignete Möglichkeit, Rohöl zu ersetzen. Wenn man aber für die Produktion Gartenabfälle, Schnittgut aus Parkanlagen oder Stroh einsetzt, sieht die Klimabilanz wesentlich besser aus. Ganz davon abgesehen, dass diese Material so wie so entsorgt werden muss, und beim Abbau CO2 und auch Methan freigesetzt wird.
    Darüber hinaus sehe ich noch andere Potentiale: So kann man andere Pflanzen (nicht nur Ölpflanzen) in die Fruchtfolge einbinden. Außerdem kann man in trockenen Gebieten, in denen Wüstenbildung droht oder voran schreitet, mehrjährige Pflanzen nutzen, die den Boden festhalten.
    Klar, die hier aufgezeigten Möglichkeiten haben sicherlich nicht die höchsten Erträge, sind dafür aber nachhaltig.

  6. @M. Kulke

    Sie liegen absolut richtig, dass Bioenergie nicht per se “böse” ist. Jatropha kann – lokal in den richtigen Regionen angebaut – Erosion unterbinden und für die Landwirte Diesel ersetzen, wodurch motorisierte Arbeitsgeräte überhaupt erst bezahlbar werden. Genauso wie hier Bioabfälle eine sinnvolle Grundlage bilden, um Bioenergie zu erzeugen. Aber solange die USA oder Europa hohe prozentuale Ziele für den Anteil an der Energieerzeugung setzen, ist für Jatrophabauern der Export attraktiver und reichen unsere Bioabfälle längst nicht aus. Und dann kommt es zur Konkurrenz mit Nahrungsmitteln.

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