Sonnleitner fälscht Klimabilanz
BLOG: Öko-Logisch?
Die Landwirtschaft hat den gleichen Anteil am Klimawandel wie der Straßenverkehr, sagt Foodwatch. Der Deutsche Bauernverband widerspricht. Dort nennt man die Landwirtschaft sogar eine CO2-Senke und beruft sich auf eine Studie des Umweltbundesamtes. Dessen Vizepräsident sieht das ganz anders und weist dem Bauernverband falsche Zahlen und falsche Methoden nach.
Schon zweimal ging es hier im Blog um den Zusammenhang zwischen Landwirtschaft und Klimawandel. Einmal habe ich über rülpsende Kühe berichtet, ein anderes Mal die CO2-Bilanz unterschiedlichen Fleisches verglichen. Beide Male blieb bei meiner Recherche unstrittig, dass die Landwirtschaft erheblich zur Emission von Kohlendioxid beiträgt.
Als die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch im August eine Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung vorstellte, die der Landwirtschaft eine ähnliche CO2-Emission bescheinigte wie dem gesamten Straßenverkehr, war ich deshalb wenig überrascht. Um so erstaunter war ich, als der Deutsche Bauernverband darauf mit der Mitteilung reagierte, „Bode [der Foodwatch-Vorsitzende] fälscht Klimabilanz“, und darin sogar zu dem Fazit kam, die Landwirtschaft würde netto CO2 verringern. Ganz besonders erstaunte mich daran, dass dies durch Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA) gestützt werden sollte.
Großer Quatsch, wie sich jetzt herausgestellt hat. Letzte Woche bezog UBA-Vize Thomas Holzmann in einem Schreiben an den Bauernverband Position zu dieser Behauptung. Zum einen stammten die Zahlen nicht vom UBA, sondern vermutlich aus dem Bauernverband-eigenen Klimabericht des letzten Jahres. Zum anderen hatte der Bauernverband kurzerhand die CO2-bindende Wirkung der Forstwirtschaft gegen die CO2-Emissionen der Landwirtschaft aufgerechnet. Das ist ungefähr so, als ob ich einen Eimer Dreck im Hausflur verteile, mein Nachbar den Flur blitzblank putzt, und ich dann proklamiere, dass mein Eimer Dreck das Haus gesäubert hat.
Während Foodwatch von Emissionen in Höhe von 130 Millionen Tonnen pro Jahr spricht, nennt das UBA zwar nur die Hälfte – aber damit immer noch mehr als sechs Prozent der deutschen Gesamtemissionen. Würden Moorböden nicht mehr genutzt und arbeiteten die Landwirte ökologisch, könnten die Emissionen halbiert werden. Aber wie es aussieht, will sich der Bauernverband seiner Verantwortung nicht stellen und fälscht lieber Klimabilanzen.
Foto: Thomas Max Müller/Pixelio
genial
Diese Leute von Foodwatch sind einfach genial: Die Bauern sind mit schuld am CO2-Ausstoß.
Wenn man diesem Gedankengang folgt, dann muss man nur die Nahrungsmittelproduktion stoppen – und der CO2-Ausstoß sinkt. Das klingt logisch => verhungerte Menschen produzieren kein CO2 mehr.
Das wäre zwar ca. das 10fache von dem, was der deutschen Solarstrom an CO2-Vermeidung bringt (und das wird uns ca. 100Milliarden in den nächsten 20 Jahren kosten) aber würde auch nur einen Temperaturanstieg um ca. 0,001 Grad reduzieren.
@KRichard & @adenosine
@KRichard:
Das ist Unsinn. Wer zu dick ist, soll ja auch nicht gar nicht mehr essen, sondern sich gesünder ernähren. Autos sollen nicht verboten werden, sondern weniger CO2 ausstoßen. Und genau das kann man doch wohl auch von der Landwirtschaft verlangen – dass sie im Rahmen der Möglichkeiten ihre klimaschädigenden Emissionen verringert; beispielsweise durch die genannten zwei Methoden.
@adenosine:
Ich habe nicht nachgerechnet, aber wenn Ihre Zahl stimmt und alle Länder machten mit, wäre das etwa ein Beitrag von 0,1 Grad. Für einen einzelnen Baustein im großen Puzzle doch gar nicht schlecht, wo schließlich Zehntelgrade entscheiden können.
@Björn Lohmann
Mein erster Kommentar war absichtlich so ätzend,
Denn bei Foodwatch wird Ursache und Wirkung verwechselt. Die Landwirtschaft produziert nur das, was der Kunde verlangt – also soll man so ehrlich sein und dies auch benennen.
Und dann sollte man auch die Milchmädchenrechnungen bleiben lassen: die Nahrungsmittelproduktion wird nur CO2-negativ angerechnet und die Forstwirtschaft ist plötzlich keine Landwirtschaft mehr.