Kick it like Einstein: Slowenien jagt bedrohte Braunbären

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Wer sich beim Auswärtigen Amt oder der Bundeszentrale für politische Bildung über den Zustand der Umwelt in Slowenien informieren möchte, findet wenig. Tatsächlich gibt es nicht viel darüber zu sagen, ist das Land doch – abgesehen vom Umgang mit Wasser – in Umweltfragen kaum zu kritisieren. Nur einen Aspekt beklagen Tierschützer seit Jahren: Slowenien macht Jagd auf bedrohte Braunbären und Wölfe.

Es könnte ein Paradies für Europas große Säugetiere sein: Die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Slowenien ist zu 60 Prozent mit Wald bedeckt. In Europa überbieten das nur Schweden und Finnland. Tatsächlich beherbergt das Land mit geschätzten 500 Braunbären eine der größten Populationen dieser Art in Europa, und auch etwa 70 bis 100 Wölfe tummeln sich in den riesigen Wäldern. Doch das Paradies hat einen Schönheitsfehler: Obwohl der Braunbär in der EU durch die Berner Konvention geschützt ist, lässt Slowenien in diesem Jahr 75 Braunbären und zwölf Wölfe erschießen. Letztes Jahr waren es 79 Bären und sieben Wölfe, die von Jägern erlegt wurden. Weitere 15 bis 20 sterben jährlich durch Unfälle.

Tatsächlich lassen die Schutzvorschriften die Jagd zu, wenn der Abschuss wegen Verhütung ernster Schäden an Kultur oder Viehbeständen erfolgt und im Interesse der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit ist. Außerdem muss die Voraussetzung erfüllt sein, dass es keine andere befriedigende Lösung gibt und die Ausnahme dem Bestand der betreffenden Population nicht schadet.

Der letzte Punkt dürfte so wohl nicht erfüllt sein. Braunbären erlangen erst mit durchschnittlich fünf Jahren die Geschlechtsreife, und dann dauert es noch einmal bis zu neun Monate (wegen der Winterruhe), bis der Nachwuchs die Welt erblickt – der längst nicht immer überlebt. Wenn in jedem Jahr ein Sechstel der Population erschossen wird, wird das mittelfristig eng.

Auch die Erfüllung der ersten Bedingung ist fraglich. Tatsächlich nähern sich Bären wie Wölfe immer mal wieder menschlichen Siedlungen. Letztes Jahr wanderte sogar ein Exemplar durch die Hauptstadt Ljubljana. Angegriffen hat der Bär niemanden. In solchen Situationen sollte es zudem kein Problem sein, den Bären zu betäuben.

Anders ist die Situation, wenn ein Bär Nutztiere reißt. Aber haben sich Bauern nicht viele Jahrhunderte lang mit Bärenhunden erfolgreich dagegen gewehrt? Und vermutlich hätten selbst Tierschützer nichts dagegen, wenn ein Bauer seinen Hof mit der Flinte verteidigt. Letztlich ist das im Interesse der Bären, deren Scheu vor Menschen so erhalten bleibt. Dass die Allesfresser im Wald verhungern würden, will wohl niemand behaupten. Im Gegenteil, insbesondere die Wölfe helfen sogar, den Rotwildbestand zu regulieren, der in zu großer Zahl tatsächlich Waldschäden verursacht.

Die gegenwärtig einzige gute Nachricht für die Bären kommt aus der Nachbarschaft: Kärnten erwägt, slowenische Bären in den eigenen Wäldern anzusiedeln. Doch vorerst bleibt den bedrohten Tieren wohl nichts anderes als den Fußballnationalmannschaften aus Algerien, England und den USA: Hoffen, dass die slowenischen Schützen ihr Ziel verfehlen.

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www.buero32.de

Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

2 Kommentare

  1. Zielwasser

    “Doch vorerst bleibt den bedrohten Tieren wohl nichts anderes als den Fußballnationalmannschaften aus Algerien, England und den USA: Hoffen, dass die slowenischen Schützen ihr Ziel verfehlen.”

    🙂

    Schöner Beitrag – danke!

  2. Na ja

    Ich würde da weniger über Slowenien jammern. Wenn die Bären auswandern, haben sie größere Probleme. Im Ötschergebiet gab es lange an die zehn Braunbären, die sich aber anscheinend in Luft aufgelöst haben. Nur Moritz läuft momentan still und heimlich durch das Land: http://www.wwf.at/de/menu27/subartikel1346/
    Die Ötscherbären sind in der Öffentlichkeit kaum aufgefallen und wenn einer von ihnen einmal einen Fischteich abließ, um an die Forellen zu kommen, machte er keine Schlagzeilen: http://www.waldwissen.net/…r_oesterreich_2006_DE

    Bei Bruno war das anders. Als ich Ende Mai 2006 durch die Chiemgauer Berge wanderte sagte ich an der Staatsgrenze mit Österreich zu meinen Begleitern: Ein ideales Bärenland, da oben könnte er herumlaufen, ohne dass wir was von ihm merken. Einen Monat später wurde er eine Wegstunde entfernt auf der Kümpflalm abgeschossen.

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