Schmutzige Nachbarn

BLOG: Öko-Logisch?

Umwelt sind Du und ich
Öko-Logisch?

Fabrikschlot (Foto: Michael Hirschka/Pixelio)

Wollten Sie schon immer mal wissen, welchen Dreck die Fabrik nebenan in Luft oder Wasser einleitet? Das Umweltbundesamt macht das seit letzter Woche mit einem Schadstoffregister möglich. 4 000 Unternehmen sind darin gelistet und können mittels Landkarte, Orts- oder Firmennamen gesucht werden.

Europaweit müssen Unternehmen, deren Schadstoffausstoß bestimmte Grenzwerte überschreitet, bereits seit 2008 diese Daten melden. Neu ist, dass diese Daten nun öffentlich sind – zumindest für Deutschland. Wie verlässlich diese Selbstauskünfte der Unternehmen sind, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass damit erstmals ein europäischer Vergleich der Umweltstandards möglich werden wird, denn auch andere EU-Staaten wollen demnächst entsprechende Daten veröffentlichen.

Ich bin gespannt, ob diese Informationen sich auch praktisch auswirken, zum Beispiel bei der Entscheidung für einen Wohnort. Wäre es für Sie ein Entscheidungskriterium, welche Schadstoffe und in welcher Menge die benachbarte Industrie ausstößt?

 

 

Foto: Michael Hirschka/Pixelio

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Veröffentlicht von

www.buero32.de

Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

14 Kommentare

  1. Hmmm…

    Dürfte interessant sein, was das für Immobilienpreise in der Nähe von Unternehmen bedeutet, und ob daraus den Unternehmen juristische Risiken (z.B. Schadenersatz für Wertminderung) entstehen.

  2. Aussage ungenügend

    Einfach nur Schadstoffwerte zu veröffentlichen ist nicht sehr sinnvoll.
    Denn die meisten Menschen können gar nicht beurteilen ob davon überhaupt eine wirkliche Gefahr ausgeht. Außerdem kann es sein, dass der Schadstoff bereits auf eine ungefährliche Konzentration verdünnt ist, bevor er in Kontakt mit Menschen kommt.

    Durch solche Veröffentlichungen wird eher Angst verbreitet, statt sinnvolle Information.
    Unter http://www.gifte.de kann man sich übrigens über verschiedene Stoffe informieren. MAK-Werte (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) zeigen, dass man mit bestimmten Stoffe den ganzen Arbeitstag ohne gesundheitliches Risiko in Kontakt kommen kann (nach bisherigem Wissen).

  3. CERN

    Die Weltuntergangsstimmung welche durch die Schwarzen Löcher des CERN ausgelöst wurde – ist ein gutes Beispiel dafür, was passiert, wenn Veröffentlichungen und ungenügender Sachverstand zusammentreffen

  4. @KRichard: Nutzwert

    Sicherlich ist ein Wert ohne Kontext wertlos. Aber nehmen Sie das Beispiel Pestizide: Obst kann (theoretisch) gleichzeitig Hunderte verschiedener Pestizide enthalten, solange diese jeweils nur bei 99 Prozent der zulässigen Höchstmenge liegen. Jetzt gibt es aber zahlreiche Hinweise (und es ist ja auch plausibel), dass diese Pestizidcocktails gefährlich sein können, bevor auch nur eine Komponente die Höchstmenge überschreitet. Für die Industrieemissionen heißt das, es lässt sich nicht automatisch die absolute Gefährdung ableiten, selbst wenn man generelle Grenzwerte kennt.

    Aber zum einen hilft dieses Register, den wahrscheinlichen Verursacher zu finden, wenn in der Umgegend gefährlich hohe Werte eines Giftes gemessen werden; zum anderen ermöglicht es den Vergleich innerhalb von Branchen und zeigt, welche Möglichkeiten der Emissionsvermeidung bestehen und wer sie nutzt.

  5. Unverständnis

    Ich verstehe Ihr Problem nicht, welchen Sinn sollte es haben, die umliegende Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen?

    Die Emmissionen von Betrieben sind bereits jetzt eindeutig zu benennen und bekannt – die Umweltabteilung von Stadt-/Kreisbehörden haben diese Daten => d.h. man kann die Quelle nachvollziehen, wenn es zu einer Störung kommt.
    Die Werte von abgegebenen Schadstoffen werden sowieso schon untereinander verglichen: z.B. im Rahmen der Arbeitsmedizin. Wenn z.B. in einem Betrieb Schadstoffe im Blut/Urin von Mitarbeitern gemessen werden, dann wird sehr stark darauf gedrängt, diese Belastung zu verringern/abzuschaffen. Dies geschieht u.a. durch Vergleich mit ähnlichen Produktionsstätten anderer Firmen.
    Dabei geht man nicht einmal davon aus, dass ein Stoff schädlich ist – sondern davon, dass ein neuer Stoff sich nicht im Blut/Urin zu befinden hat (im Vergleich zu unbelasteten Personen).

  6. Perspektivenwechsel

    Unsere Industrie arbeitet jetzt so sauber, dass keine wirkliche Gesundheitsgefahr von ihr ausgeht.
    Deshalb sollte man einmal einen Perspektivenwechsel durchführen um die Quellen von wirklicher Gesundheitsgefährdung ansprechen:
    Z.B. das Rauchen: dabei werden gesundheitsschädliche Stoffe eingeatmet bzw. in die Umgebung abgegeben, wie sie von keinem Industiebetrieb mehr freigesetzt werden. Das populäre Sisharauchen ist sogar noch 100x gefährlicher als die normale Zigarette, weil kühler Rauch tiefer eingeatmet wird. => Man sollte deshalb das Niveau industrieller Umweltstandards auch für das Privatleben fordern.
    z.B. Benzol (im Benzin). Dieser krebserregende Stoff (Leukämie) wird in der Industrie kaum mehr verwendet – und ohne Absaugung/Gasmaske schon gar nicht. Im Privatleben ist man ihm aber dauernd ausgesetzt: Z.B. wenn man in einem Stau seinem Vordermann zu nah auffährt, dann gelangen unverbrannte Abgase in das nächste Auto. Oder, wenn man Nahrungsmittel neben dem stinkenden Benzinkanister im Kofferraum transportiert – dann wird Benzol von öl-/fetthaltigen Nahrungsmitteln absorbiert.
    z.B. Acrylamid – dieser Stoff wurde in den letzten Jahren heftig diskutiert, obwohl man gar nicht sicher weiß, wie gsundheitsgefährlich er ist. Teilweise werden statt Ölen mit gesättigten Fettsäuren jetzt Öle mit ungesättigten Fettsäuren zum Frittieren verwendet. => Öle mit ungesättigten Fettsäuren bilden beim Erhitzen das krebserregende Glycidamid (nachgewiesen durch das Team von Dr. Michael Granvogel, TU-München)

    Aber vermutlich ist ein Perspektivenwechsel unerwünscht; denn dann kann man nicht mehr nur die ´böse´ Industrie verteufeln, sondern müsste selbst handeln.

  7. @KRichard

    ich frage mich die ganze Zeit, was Sie hier eigentlich mitteilen möchten.

    Als Bürger sollte man doch froh sein wenn man Informationen erhält. „Einfach nur Schadstoffwerte zu veröffentlichen ist nicht sehr sinnvoll“. Warum nicht? Heutzutage ist ja wohl niemand mehr ein Universalgenie und kennt sich in allen Disziplinen aus. Dafür gibt es aber eine Menge Informationen z. B. im Internet oder auch bei offiziellen Stellen, die man bei Bedarf kontaktieren kann und wo man weiterführende Informationen erhält. Als Beispiel nehme ich hier das von Ihnen angesprochene krebserregende Glycidamid, welches beim Frittieren in Ölen mit hohem Anteil an ungesättigten Fettsäuren entsteht:

    http://www.lgl.bayern.de/…staende/glycidamid.htm

    „MAK-Werte (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) zeigen, dass man mit bestimmten Stoffen den ganzen Arbeitstag ohne gesundheitliches Risiko in Kontakt kommen kann (nach bisherigem Wissen).“ Da sind Sie aber auf dem Holzweg! Diese Werte wurden geschaffen weil es sich im Beruf oft nicht vermeiden lässt, dass man höhere Konzentrationen abbekommt. Wer in einem belasteten Beruf arbeitet, muss sich daher öfter von einem Arzt untersuchen lassen und kann gegebenenfalls eine anerkannte Berufskrankheit geltend machen.
    „Unsere Industrie arbeitet jetzt so sauber, dass keine wirkliche Gesundheitsgefahr von ihr ausgeht.“ Das glauben Sie doch nicht wirklich oder? Ich will mal von den schwarzen Schafen absehen, auch bei Einhaltung sämtlicher Standards lässt es sich nicht immer vermeiden, dass Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Dafür schreiten technische Möglichkeiten und Umweltbewusstsein fort und man sollte nicht müde werden immer weitere Verbesserungen anzustreben. Es geht hier doch nicht um eine Weltanschauung ob man die Industrie für gut oder böse hält, sondern um das was technisch machbar ist. Es nutzt doch keinem wenn abgestritten wird, dass Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Nur wenn wir akzeptieren, dass hier noch Handlungsbedarf besteht können wir uns technisch weiterentwickeln ohne unsere Lebensgrundlagen zu zerstören.

  8. @Mona

    Ws ich hier sagen will?

    a) Informationen können völlig sinnlos und wertlos sein, wenn man nicht in der Lage ist, sie zu verstehen.
    (Die einzigen, welche davon profitieren sind Industriespione, weil sie so kostenlose Infos über eine Firma erhalten.)
    So hat die Diskussion um die Schwarzen Löcher eine regelrechte Angsthysterie in betimmten Kreisen ausgelöst.

    Wenn z.B. eine Firma A im Abgas einen Wert von 10 ppm/m3-Luft des Stoffes XY hat – und Firma B hat nur 1 ppm/m3: welche Firma arbeitet sauberer????
    Hier ist keine Aussage möglich.

    b) Man prangert dauernd die Emissionswerte der Industrie an – aber im privaten Umfeld akzeptiert man wesentlich giftiger Emissionen (z.B. Rauchen, Benzol). Wie soll die Gesundheit verbessert werden, wenn man mit solchen Scheuklappen durch die Gegend läuft.

    Was ich damit sagen will? Industriestandard müssten z.B. auch für Kinder gelten – d.h. wenn die Industrie bestimmte Giftstoffe nicht, oder nur bis zu einer bestimmten Konzentration abgeben darf – dann darf man auch den Rauchern in Gegenwart von Kindern keine höhere Emission gestatten.

    Zum Beispiel a)
    Wenn Firma B sein Abgas mit 10x soviel Luft verdünnt wie A – dann haben beide Firmen gleichviel von dem Stoff XY abgegeben; aber Firma B hat die schöneren Abgaswerte.
    Wenn B das 20fache Volumen an Abgas abgibt, wie Firma A – dann hat es in der gleichen Zeit die doppelte Menge des Stoffes XY abgegeben.

  9. @KRichard

    Na also, für so dumm sollten Sie die Leute auch nicht halten, dass alle Informationen völlig sinnlos und wertlos sind. Zum Glück gibt es ja noch ein paar gut ausgebildete Industriespione, die mit den Werten etwas anfangen können. 🙂
    „ Man prangert dauernd die Emissionswerte der Industrie an – aber im privaten Umfeld akzeptiert man wesentlich giftigere Emissionen (z.B. Rauchen, Benzol).“ Ist Rauchen schlimmer als manche Industriegifte? Das Rauchen nicht gesund ist dürfte sich ja bereits herumgesprochen haben und es gibt auch seit längerem entsprechende Gesetze. Ich kenne auch Leute die ungesunde Lebensmittel kaufen etc. soll man denen jetzt noch zusätzliche Schadstoffe zumuten? Und das Problem mit dem Benzolausstoß? Hier muss einfach weitergeforscht werden, wie man die Sache am besten in den Griff bekommt.

    Im Schadstoffregister des Umweltbundesamtes werden übrigens keine Emissionswerte der Industrie „angeprangert“, sondern lediglich Selbstauskünfte der Unternehmen veröffentlicht. Ein Unterschied!

  10. @KRichard: Gifte überall

    Sie haben meine volle Zustimmung, dass es auch in anderen Lebensbereichen Handlungsbedarf gibt, was die Gesundheit oder auch die Umwelt betrifft. Leider ist diese Argumentation sehr beliebt, wenn es um Öko-Themen geht – es gibt immer noch andere Verschmutzer, andere Probleme auf der Welt, die vielleicht sogar größer sind. Trotzdem ist das in meinen Augen eine ganz schlechte Ausrede, um sich davor zu drücken, an einer bestimmten Stelle etwas zu verbessern.

    Wenn durch dieses Register die Bewohner eines Stadtteils feststellen können, dass die Fabrik in ihrer Nähe deutlich mehr Dreck produziert als eine vergleichbare woanders, können sie klären, ob es dafür einen guten Grund gibt, und wenn nicht, auf den Betreiber Druck ausüben. Das ist doch viel sinnvoller, als wüst spekulieren zu müssen.

  11. Ausrede?

    Ich habe etwas gegen billige Ausreden – und auch gegen Scheuklappen.
    Ein Beispiel:
    Südlich von Heidelberg (Richtung Leimen), wurden früher Asbestzementprodukte hergestellt. Um die Arbeiter zu schützen, wurden alle gefährlichen Bereiche mit Absauganlagen/Filtern versehen. Trotzdem konnte die Asbestbelastung nicht auf das vorgeschriebene Maß gesenkt werden.
    Bei der Ursachenforschung stellte sich heraus, dass die Partikel nicht vom Werk stammten, sondern dass von den Autos auf der benachbarten Straße soviel Asbest (aus Bremsbelägen)abgegeben wurde, dass die an einem Arbeitsplatz zulässigen Grenzwerte überschritten wurden. Es war also notwendig, auch die Zuluft zu filtern, um die vorgeschrieben Werte einhalten zu können.

    Und das meine ich mit Scheuklappen. Wenn ein Schadstoff von der Industrie kommt, verbreitet man Panik. Wenn aber eine wesentlich höhere Belastung aus anderer nichtindustrieller Quelle kommt – dann wird dies ignoriert.
    Um beim Beispiel Asbest zu bleiben: In der Industrie waren längst Gasmasken, Absauganlagen und Filter vorgeschrieben – da bliesen die Automechaniker noch den Asbeststaub aus den Bremstrommeln mit Druckluft heraus. Und gerade die feinen Asbestpartikel sind am gefährlichsten. Aber Autowerkstätten sind keine Industrie, also gab es keine Absaugung.

  12. @KRichard Asbest

    „Wenn ein Schadstoff von der Industrie kommt, verbreitet man Panik. Wenn aber eine wesentlich höhere Belastung aus anderer nichtindustrieller Quelle kommt – dann wird dies ignoriert.“
    Jetzt würde natürlich interessieren wo die Bremsbeläge hergestellt wurden, ich nehme mal an in einem Industriebetrieb. So schnell sind wir also wieder beim Thema!
    Herr Lohmann gibt Ihnen außerdem recht, wenn er schreibt: „Sie haben meine volle Zustimmung, dass es auch in anderen Lebensbereichen Handlungsbedarf gibt, was die Gesundheit oder auch die Umwelt betrifft.“ Es bringt nur keinen weiter, wenn man sagt „es gibt immer noch andere Verschmutzer, andere Probleme auf der Welt, die vielleicht sogar größer sind.“

    Verstehen Sie denn nicht, es sollen ALLE Umweltsünden angegangen werden. Selbstverständlich sollen auch die Arbeiter in Autowerkstätten oder die Anlieger von viel frequentierten Autostraßen geschützt werden. Nur dazu ist es nötig erst einmal ein Bewusstsein bei den Leuten zu schaffen. Sie bringen ja selbst das schönste Beispiel dafür: „In der Industrie waren längst Gasmasken, Absauganlagen und Filter vorgeschrieben – da bliesen die Automechaniker noch den Asbeststaub aus den Bremstrommeln mit Druckluft heraus. Und gerade die feinen Asbestpartikel sind am gefährlichsten. Aber Autowerkstätten sind keine Industrie, also gab es keine Absaugung.“ Wahrscheinlich war diesen Leuten überhaupt nicht bewusst welchem Risiko sie sich aussetzten!

    http://www.krebsinformationsdienst.de/…sbest.php

  13. nochmal: Asbest

    Jetzt dreht sich die Diskussion im Kreis – daher nur noch eine kurze Anmerkung zum Thema Asbest.

    Die krebserregende Wirkung von Asbest war bekannt. Darüber braucht man nicht zu diskutieren.
    Aber es gab nur einige asbestverarbeitende Industriebetriebe – mit vorbildlichem Gesundheitsschutz. Aber es gab zig-Tausende von Autowerkstätten bzw. Hobby-Bastlern – ohne Gesundheitsschutz.

    Darum zurück zu meiner Warnung vor Scheuklappendenken, bei dem man nur auf die Industrie starrt.

  14. @KRichard Kurze Antwort

    Letztendlich hat man die Asbestproblematik, auch in Industriebetrieben, nicht in den Griff bekommen. Es half nur dessen Verbot.

    Obwohl bereits in den 50er Jahren die ersten Schutzvorschriften der Berufsgenossenschaften in Kraft getreten sind, wurde erst 1993 die Verwendung von Asbest in Deutschland völlig verboten.
    Krebs hat eine lange Latenzzeit!

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