Radioaktives Milliardenloch

BLOG: Öko-Logisch?

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Öko-Logisch?

Geld (Foto: Gerd Altmann/Pixelio)

Befürworter der Atomenergie werden nicht müde, die Technik als ökologisch und ökonomisch ausgezeichnete Lösung in Zeiten des Klimawandels zu propagieren. Doch selbst wenn man die Augen für den Folgen eines möglichen GAUs verschließt, bleibt ein milliardenschweres ungelöstes Problem: die Entsorgung des Atommülls.

Das Atommülllager Asse hat in den letzten Monaten bereits genügend Schlagzeilen verursacht. Kurzes Fazit: Bei der Einlagerung des Atommülls gab es rund 200 Störfälle, bei denen radioaktive Flüssigkeit austrat, Fahrzeuge, Werkzeuge und Arbeitskleidung radioaktiv verstrahlt wurden und mehrmals selbst der Förderkorb kontaminiert wurde. Jetzt ist das ehemalige Bergwerk akut einsturzgefährdet. Wie genau das Problem gelöst werden kann, ist noch immer unklar. Sicher ist, dass es den Bund – und damit uns Steuerzahler – Milliarden kosten wird. Schön zu wissen, dass Asse nach Einschätzung der Grünen als Testfall für ein Endlager geplant war. Wie würden Sie den Test auswerten?

Die nächste Hiobsbotschaft für Steuerzahler kommt nun aus Karlsruhe: In der dortigen Versuchs-Wiederaufbereitungsanlage lagern 60 000 Liter hoch radioaktive Flüssigkeit. Seit zwei Jahrzehnten muss dort eine Giftsuppe mit 16,5 Kilo Plutonium und 500 Kilo Uran gekühlt und umgewälzt werden. Nun soll sie endlagergerecht aufbereitet werden: mit Glas verschmolzen und in Stahlbehälter gegossen. Kostenpunkt: 2,63 Milliarden Euro, fast drei Mal so viel, wie ursprünglich veranschlagt. Knapp eine Milliarde trägt die Atomwirtschaft, der Rest bleibt – wie schon Asse – am Steuerzahler hängen.

In Greifswald formiert sich bereits Widerstand – kein Wunder, hier soll der radioaktive Müll zwischengelagert werden bis zum Jüngsten Gericht oder dem Tag, an dem ein sicheres Endlager gefunden sein wird. Aber falls Sie nicht in der betroffenen Region leben: Haben Sie etwas davon mitbekommen, dass Sie wieder einmal Milliarden für die Atomenergie auf den Tisch legen dürfen?

Foto: Gerd Altmann/Pixelio

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Veröffentlicht von

www.buero32.de

Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

19 Kommentare

  1. Was ich damals schon sagen wollte …

    … aber im Deidesheimer Wust dann doch nicht geschafft habe: Klasse Blog, Björn! Interessant, inspirierend, auf den Punkt.

    Danke!

  2. Vergleich?

    Was mich interessieren würde währe ein Vergleich der Kosten für die Lagerung des Atommülls gegenüber den Kohlesubventionen, Kosten für die Neugestaltung der Landschaft nach dem Kohleabbau und ähnliches. Ich kann mir vorstellen das in die Kohleförderung weit mehr Geld vom Steuerzahler fließt bzw. geflossen ist.

  3. Eine Sache ist mir grad noch in den Sinn gekommen.

    In Meinen Augen ist die Politik schuld, dass in der Atomenergie eine (große?) Gefahr gesehen wird. Seid Jahren gibt es die Diskussion über die Schließung der Atomkraftwerke. Natürlich ist dann klar das die Unternehmen hier keine Unsummen mehr investieren wenn die Kraftwerke eh vom Netz genommen werden.

    In meinen Augen ist die Atomenergie recht sicher, auch wenn ich der Meinung bin das mit weiteren Investitionen die Sicherheit weiter ausgebaut werden kann, denn viele Atomkraftwerke sind schon recht alt.

    Ich denke die Politik hat hier einen großen Fehler begangen. Denn wie sieht deren Plan zum Klimaschutz aus? Atomkraftwerke schließen und die Energieausfälle mit Kohlekraftwerken kompensieren? Der Umstieg zu regenerativen Energien geschieht nicht von heute auf morgen!

  4. @Sven Lohrmann: Kosten Kohleförderung

    Gute Fragen, denen ich gerne in der nächsten Zeit nachgehen werde. Allein die Kosten für Umsiedlungen sind enorm, ebenso die Schäden durch Absackungen über Bergwerken. Im Ruhrgebiet muss deshalb ein Fluss bergauf gepumpt werden. Und wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, müssen jährlich Hunderte Millionen Kubikmeter Wasser aus den Gruben gepumpt werden.

  5. @Sven Lohrmann: Unfälle im AKW Temelin

    “In meinen Augen ist die Atomenergie recht sicher…”
    Sind Sie wirklich dieser Meinung? Wie erklären Sie sich dann, dass z.B. Frankreich und Tschechien seine AKWs, wenn möglich, an die Grenze zum Nachbarland baut. Das tschechische AKW Temelin ist nur ca. 50 km von der österreichischen und ca.60 km von der bayrischen Grenze entfernt (Dreiländereck).

    http://www.chirurgie-portal.de/…oesterreich.html

    Bis heute gab es im AKW Temelin über einhundert Störfälle, den letzten vor wenigen Tagen! Trotz heftiger Proteste, vor allem aus Österreich (deutsche Politiker fühlen sich hier nicht zuständig!), hat sich an der Situation seit Jahren nichts geändert.

    http://www.temelin.com/

  6. @ Mona

    Ich habe mich auf deutsche Atomkraftwerke bezogen, welche mit zu den sichersten überhaupt gehören.

    Desweiteren spielt es keine Rolle ob Atomkraftwerke an der Grenze gebaut werden oder nicht (mal davon abgesehen das nicht alle in Grenzregionen liegen). Sollte es zu einem Super-GAU kommen hängt der radioaktive Niederschlag von den Wetterbedingungen ab.

    Ich bin fest der Meinung, währe die Atomenergie nicht so verpönt und würden Energiekonzerne dazu ermutigt werden weiter in die Atomkraft zu investieren würde diese auch sicherer werden.

  7. @Sven Lohrmann: Sicherheit

    Dass die Atomenergie so verpönt ist, kommt nicht von ungefähr. Wie Sie im ersten Link meines vorhergehenden Posts über die Katastrophe von Tschernobyl sehen, kommt es nicht allein auf die Windrichtung an. Ein bestimmter Radius um das AKW herum wird von Hause aus kontaminiert. Der Fall-out kann sich aber auch noch über tausende von Kilometern verbreiten.

    Ob deutsche AKWs wirklich sicher sind, kann kein Mensch wirklich sagen, selbst Wissenschaftler nicht. Auch ist ja die Entsorgung des Atommülls noch immer ein großes Problem, wie man am Atommülllager Asse sieht.

    Hier noch ein aktueller Link zum Thema:

    Die Zukunft der Kernkraft

  8. Atomenergie

    Mal so eine Frage nebenbei. Wenn mich nicht alles täuscht ist Atomenergie, wenn Atome reagieren und dabei Energie frei wird. Wie beispielsweise bei einer Oxidation, Verbrennung fossiler Rohstoffe. Und wenn man Atome spaltet und dabei Energie frei wird nennt man das Kernenergie. Oder?

  9. @Martin Huhn: Kernspaltung u. Kernfusion

    Kernenergie wird synonym benutzt für jede Art der Energiegewinnung aus der Reaktion von Atomkernen:

    Bei der Kernspaltung (Fission) “sprengt” (üblicherweise) ein Neutron einen Atomkern in zwei neue Atomkerne, wobei neue Neutronen freigesetzt werden und eine Kettenreaktion abläuft.

    Bei der Kernfusion verschmelzen zwei Atomkerne zu einem neuen; auch das kann als Kettenreaktion ablaufen. Die bekannten Fusionsprozesse, bei denen ein Energieüberschuss entsteht, laufen bei einer Temperatur von 100 Millionen Grad ab, was nur durch ein extrem starkes Elektromagnetfeld beherrscht werden kann. Fällt das mal aus, wäre die Temperatur hoch genug, um die Atmosphäre zu entzünden. Auch nicht erstrebenswert, aber dafür ziemlich strahlungsarm. 😉
    Die “kalte Fusion”, also bei niedrigeren Temperaturen, gilt weitläufig als unmöglich, sofern man dabei Energie gewinnen und nicht verlieren möchte.

  10. @ Lohmann

    Da hast Du mich falsch verstanden. Mir ging es um die Atomenergie. Damit wird umgangssprachlich die Kernenergie bezeichnet, aber so richtig korrekt ist das nicht.

    Ok, ist Korinthenkackerei. 😉

  11. @Martin: Kernenergie vs. Atomenergie

    Kernenergie klingt doch viel zu harmlos. 😉 Atomenergie ist ja nicht falsch, nur weniger präzise.

  12. @ Björn

    “Die bekannten Fusionsprozesse, bei denen ein Energieüberschuss entsteht, laufen bei einer Temperatur von 100 Millionen Grad ab, was nur durch ein extrem starkes Elektromagnetfeld beherrscht werden kann. Fällt das mal aus, wäre die Temperatur hoch genug, um die Atmosphäre zu entzünden. Auch nicht erstrebenswert, aber dafür ziemlich strahlungsarm. ;-)”

    Soweit mir bekannt handelt es sich hierbei um ein These, welche nicht wissenschaftlich belegt ist. Es gibt halt immer Kritiker. Für mich Fällt das unter die selbe Kategorie, wie dass im Teilchenbeschleuniger schwarze Löcher erzeugt werden, welche die Erde verschlingen 😉

    Sollte das Magnetfeld wirklich ausfallen und sich das Plasma ausbreiten würde es sich, sobald es die Hülle berührt, schlagartig extrem abkühlen. Somit glaub ich nicht das irgend eine Gefahr für unsere Atmosphäre besteht.

  13. Katastrophen wo man hinsieht

    Björn Lohmann : “Die bekannten Fusionsprozesse, bei denen ein Energieüberschuss entsteht, laufen bei einer Temperatur von 100 Millionen Grad ab, was nur durch ein extrem starkes Elektromagnetfeld beherrscht werden kann. Fällt das mal aus, wäre die Temperatur hoch genug, um die Atmosphäre zu entzünden. Auch nicht erstrebenswert, aber dafür ziemlich strahlungsarm. ;-)”

    Können Sie das belegen ?
    Wenn ich die Inhalte dieses Blogs lese, so geht es fast ausschliesslich um die Abwendung von Katastrophen riesigen Ausmasses.
    Bei allem Verständnis und aller Sympathie für einen sorgsamen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen : Wird hier nicht masslos übertrieben ?

  14. Kernfusion und Risiko

    Ein großer Unterschied zwischen Kernspaltung und Kernfusion ist der, dass der Rohstoff zur Kernspaltung komplett im reaktiven Bereich des Kraftwerks vorhanden ist. Gerät die Reaktion außer Kontrolle, hat sie alles vor Ort, was sie für den GAU braucht. Bei der Kernfusion hingegen wird der “Brennstoff” kontinuierlich nachgefüllt. Gerät etwas außer Kontrolle, kann man die Reaktion sofort beenden. Aber wenn das nicht rechtzeitig gelingt, ist die Temperatur definitiv ausreichend, die Luft zu entzünden. Wie weit diese Hitze reicht und welche indirekten Folgen sie hat, kann ich nicht sagen. Da müsste ein Physiker/Chemiker mal zum Taschenrechner greifen. Hallo Blognachbarn? 😉

  15. Geringe Dichte

    Die Plasmen, die bei der Kernfusion mit magnetischem Einschluss verwendet werden, haben eine sehr geringe Dichte.

    Sobald Luft in den Vakuumbehälter eindringt, kann keine Kernfusion mehr stattfinden.

    Luft kann man zwar in einem Lichtbogen verbrennen, aber außerhalb des Lichtbogens brennt sie nicht weiter.

    Bei der Pellet-Fusion muss jedes einzelne Pellet mit hohem Energieaufwand gezündet werden, um eine symmetrische Implosion zu erreichen.

    Eine gewöhnliche Explosion kann niemals eine symmetrische Implosion eines Pellets bewirken.

    Hier gibt es weitere Informationen:

    http://www.wissenslogs.de/…/2009-03-09/plasmazoo

    http://www.wissenslogs.de/…-13/fusion-an-der-uni

    http://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/formbar

    Science-Fiction-Humor zu diesem Thema:

    http://www.e-stories.de/…geschichten.phtml?25551

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