Pestizide sind kein Kochsalz

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Salz (Foto: Pixelio)

Im Juni hatte die Umweltorganisation Greenpeace eine Studie vorgestellt, nach der „fast die Hälfte der von den fünf größten Agrochemiekonzernen vermarkteten Pestizide besonders schädlich für Mensch und Umwelt sind.“ Die Industrie entgegnete, nach Greenpeace-Kriterien gelte das auch für Kochsalz. Falsch, urteilte jetzt das Hamburger Landgericht und erließ eine Unterlassungsverfügung gegen den Industrieverband Agrar.

In den letzten zwei Jahren ist die Belastung von Obst und Gemüse mit Pestiziden drastisch zurückgegangen, alle großen Handelsketten haben strenge Kontrollmechanismen etabliert. Hauptanlass waren Greenpeace-Test, die neben hohen Mehrfachbelastungen sogar feststellten, dass wiederholt gesetzliche Höchstwerte überschritten wurden. Bei Recherchen in Grenznähe stellte sich außerdem heraus, dass selbst illegale Giftstoffe noch immer üblich zu sein scheinen. Kein Wunder, dass die Agrochemiekonzerne auf die Umweltschützer nicht gut zu sprechen sind, wenn diese sagen:

Bis heute werden in der EU Pestizide hergestellt und in der Lebensmittelproduktion eingesetzt, die Krebs erregen, die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Nerven-, Immun- und Hormonsystem sowie das Erbgut schädigen können.

Trotzdem mutet es irgendwo zwischen frech und dumm an, wenn die Branche versucht, eine wissenschaftliche Untersuchung zur Gefährlichkeit vieler Pestizide zu verharmlosen, indem sie den Vergleich mit Kochsalz bemüht. Klar kann Kochsalz töten, intravenös, als Überdosis oder als kiloschwerer Kristall, der auf den Kopf geworfen wird. Aber beim Essen gibt es zu Pestiziden einen entscheidenden Unterschied: Beim Salz bestimmte ich die Menge selbst.

Leider hat sich wiederholt gezeigt, dass unsere Gesetzgeber wirtschaftliche Interessen höher bewerten als vorbeugende Gesundheitsmaßnahmen. Das ist nicht zuletzt deshalb naiv, weil Gesundheitsschäden enorme Folgekosten haben, von der Behandlung bis zum Arbeitsausfall. Bleibt zu hoffen, dass das EU-Parlament gefährlichen Pestiziden die Zulassung entzieht, wenn es das Thema im Herbst behandelt. Ansonsten bitte ich darum, dass die Damen und Herren ihr Frühstücksei in Zukunft mit einem Pestizidcocktail würzen.

Foto: Pixelio

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Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

1 Kommentar

  1. Zukunftsplanungen….

    scheinen generell bei manchen Verantwortlichen die verfügbaren kognitiven Ressourcen zu überschreiten.
    Prima, dass Sie diese Dinge hier immer wieder thematisieren…….
    Also ich würze mein Frühstücksei überhaupt nicht, aber die Idee, das Salz mit Pestiziden für überzeugte 2Pesitzidfans” einzutauschen ist gut :-))

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