Kommunen gegen Kohlekraft

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Kohlekraftwerk (Foto: Pixelio)

Wenn ein Energiekonzern ein neues Kohlekraftwerk bauen wollte, konnte die betroffene Stadt bislang nicht mehr tun, als das Vorhaben abzunicken – so zumindest die allgemeine Annahme. Ein Rechtsgutachten im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hat jetzt gezeigt, dass die Gemeinden durchaus Kohlekraftwerke verhindern können. Mainz macht es vor.

Die Genehmigung von Kohlekraftwerken erfolgt nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) als „gebundene Entscheidung“. Das bedeutet nicht anderes, als dass die Behörde keinen Ermessensspielraum hat, wenn der Projektantrag die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt. Eine Gemeinde, die sich für die Werte Lebensqualität und Klimaschutz stark macht, könnte mit dieser Begründung den Bau einer Dreckschleuder auf ihrem Gebiet nicht verhindern.

Der Mainzer Stadtrat hat deshalb unlängst einen anderen Weg beschritten; einen Weg, den die Umwelhilfe auch anderen Kommunen nahe legt, die ihre Bürger vor Kohlekraftwerken schützen wollen, und die die Gefahren des Klimawandels ernst nehmen: Der Stadtrat hat einen Bebauungsplan aufgestellt, der die Flächennutzung für ein Kohlekraftwerk implizit ausschließt. Zum einen würde die Kraftwerkshöhe von 110 Metern nicht ins Stadtbild passen. Zum anderen betreibt die Stadt mit ihrer Bauleitplanung auch Umweltvorsorge für ihre Bürger, konkret den Schutz vor Luftschadstoffen. Das passt zum Kern des DUH-Gutachtens:

Die Bebauungspläne, die die Städte zum Schutz gegen den Neubau von Kohlekraftwerken aufstellen, müssen städtebaulich begründet sein, wobei etwa die Erfordernisse des Natur-, Umwelt- und Gesundheitsschutzes eine Rolle spielen können. So können Stadtgebiete festgelegt werden, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur eingeschränkt verwendet werden dürfen. Dazu kann auch die Verbrennung von Kohle zur Energiegewinnung zählen. Bereits vorbelastete Gebiete, solche, in denen ein Luftreinhalteplan gilt, oder etwa Naherholungsgebiete können besonders gegen zusätzliche Luftverunreinigungen geschützt werden, geplante Projekte müssen sich auch baulich in die Eigenart der Umgebung einfügen. Andererseits dürfte nach dem Ergebnis des Gutachtens der Klimaschutz allein als städtebauliche Begründung für den Ausschluss eines Kohlekraftwerks nicht ausreichen.

Sogar eine Änderung des Bebauungsplans während eines laufenden Genehmigungsverfahrens könne den Kraftwerksbau verhindern, so der Autor des Gutachtens. Mehr als 20 Neubauten von Kohlekraftwerken sind in Deutschland geplant, die meisten gegen den Willen der Bevölkerung und der Stadtverwaltung. Bleibt zu hoffen, dass viele Gemeinden den Bebauungsplan nutzen, um ihre Einwohner und unser aller Klima zu schützen, wo Bundespolitik und Konzernverantwortung versagt haben. Sagen Sie es weiter!

Foto: Pixelio

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Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

7 Kommentare

  1. St.Florian

    Beim Kraftwerkbau gilt anscheinend jetzt auch das St.Floriansprinzip:´schütze das eigene Haus, zünde das andere an´.

    Man will zwar ausreichend Energie, aber Kraftwerke will man keine in der Nähe.

  2. Auch unter dem Gesichtspunkt der CO2-Vermeidung könnten Kohlekraftwerke mit hohem Wirkungsgrad die bessere Entscheidung sein, als den Strom sonst irgendwoher zu kaufen (es sei den aus französischen Kernkraftwerken).

  3. unüberlegter Aktionismus

    Die einzige Möglichkeit, gegen den Bau von Kraftwerken vorzugehen ist es, den eigenen Energieverbrauch einzuschränken.

    Ein unüberlegter Aktionismus gegen Kohlekraftwerke kann genau das Gegenteil der Absicht bewirken.

    Aus ökologischer Sicht wäre es sinnvoll, ein Kraftwerk in der Nähe des Verbrauchers zu bauen, um unnötige Leitungsverluste zu vermeiden.

    Außerdem kann man zwar eventuell erreichen, dass ein Kraftwerk nicht in der eigenen Stadt gebaut wird. – Dann wird es eben zwei Gemeinden weiter entfernt gebaut – und man atmet die Abgase genauso ein.

    Ein sehr interessantes Beispiel für unüberlegten Aktionismus ist die BASF.
    Die ersten Betriebe der heutigen BASF sollten in Mannheim gebaut werden – die Bürger wollten dies nicht, daher ging man über den Rhein, nach Ludwigshafen.
    Seit dieser Zeit mussten die Mannheimer bei Westwind die Abgase der chemischen Betriebe einatmen. Noch in den 1980er Jahren konnte man man manchen Tagen nicht einmal 100 Meter weit blicken und Mannheim gehörte zu den Städten mit den meisten Lungenkrebsen/Einwohner.
    Mittlerweile hat sich die Situation verbessert, aber ein Blick zurück ist doch mal interessant.

  4. Theorie und Praxis

    Ob da Kohle-, Atom- oder Windkraft steht – manchmal scheint das egal – wir sind immer dagegen. Und wo kommt am Ende der Strom her? Haben wir denn keine Fachleute, die im Vorfeld einen optimalen Standort… finden können?
    Laufzeit von AKW verlängern – ja/nein? Aber vergleichen wir mal: das Uran soll so noch 50 Jahre reichen! Und dann? Wenn wir aber die Brennstäbe wieder aufbereiten, können wir mit einem Nutzungsfaktor von 30 bis 100 rechnen – was wollen wir? Die „normalen“ AKW nutzen die Atomenergie zu 5% aus! Ein modernes Kohlekraftwerk hat einen deutlich höheren Wirkungsgrad von über 40%. Im Moment sind wir dabei, die Glühlampe, die 5% der in sie hineingesteckten Energie in Licht umwandelt aus den Geschäften … zu verbannen. Eine Leuchtstoff- oder Sparlampe hat einen 4x so hohen Wirkungsgrad! Die Wiederaufbereitung von Kernbrennstäben würde einen mindestens 30x so hohen Wirkungsgrad gewährleisten.
    Auch wenn wir immer mehr Spartechnologien entwickeln, so können sie wohl kaum die auch notwendigen Außerdienststellungen von Kraftwerken ersetzen. Dann kaufen wir vom Nachbarn – Atomstrom! – Oder?

  5. Kurzfristige Sichtweise!

    Ich möchte mich meinen Vorrednern nur anschliessen. Es ist ein Unding, dass in Deutschland kein Kraftwerk mehr aufgestellt werden kann. Am besten alles abschalten Atomkraftwerke, Kohlekraftwerke, Windkraft macht zuviel Lärm und Wasserkraft zerstört die Natur.

    Das Deutschland dann Energie von anderen Ländern einkaufen muss, die dann auch uns mit den Abgasen verpesten, das merken dann die wenigsten. Erst wenns dicke kommt (siehe Tschernobil), dann mekren die Leute, dass an der Landesgrenze keine Glasmauer bis in den Himmel steht.

  6. Stromknappheit?

    Weil hier immer wieder gerne das Argument genannt wird, dass wir eine Versorgungslücke bekämen: Deutschland ist nach wie vor Netto-Exporteur beim Strom.

    Persönlich hätte ich übrigens lieber einen Windpark in der Nachbarschaft als ein Kohlekraftwerk, dessen Rauchwolke die Sonne verdunkelt, oder als ein Atomkraftwerk, das hin und wieder mal strahlt – bei normalen Pannen weniger, bei einem GAU ein bisschen mehr…

  7. Pro 100% Erneuerbare!

    Jetzt neue KWKs zementieren die Energieversorgung der Zukunft in D.. Verhindern wir diese wird der Druck auf die erneuerbaren und Alternativen, deren Energieeffizienz wir kaum erahnen können steigen. Diesen ermöglichen wir somit den Durchbruch. 100% Erneuerbare sind dann schneller möglich als sich das die meisten vorstellen können!

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