Kleidung und Decken aus Polyester verschmutzen die Meere

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Umwelt sind Du und ich
Öko-Logisch?

Kunststoffe (Foto: Mark Browne) Werden Sie Nudist, stellen Sie das Waschen ein, oder tragen Sie nur noch Naturfasern! Alles andere könnte potenziell eine Bedrohung für das marine Ökosystem darstellen, warnen Ökologen des University College Dublin in „Environmental Science and Technology“ vom 1. November: Bei jedem Waschgang entwischen der Maschine rund 2000 Polyesterfasern und landen letztlich in den Meeren – durch einen einzigen Fleece-Pullover.

Tatsächlich konnten die Forscher in 250-Milliliter-Sandproben von 18 Stränden auf allen Kontinenten zwischen zwei und 31 Polyester- und Acrylfasern nachweisen. Je näher die Ökologen bei weiteren Proben den Abwässern großer Städte kamen, desto mehr Fasern fanden sie – eine deutliche Spur zu den Waschmaschinen, deren Abwasser mit dem bereits genannten Ergebnis getestet wurden.

Ob die bloße Präsenz der Kunststofffasern das Ökosystem Meer tatsächlich beeinträchtigt, ist bislang unklar – schließlich hatte noch niemand das Phänomen bemerkt und mögliche Konsequenzen untersucht. Aber welche Konsequenzen – abgesehen davon, eben diese Untersuchungen dringend voranzutreiben – soll man aus der Entdeckung ziehen?

Baumwolle, Seide, Leder – so richtig ökologisch einwandfrei sind auch die meisten Naturstoffe nicht – zumal manche funktionale Eigenschaft mit Naturfasern unmöglich sein dürfte. An Textilien aus Kunstfasern werden wir wohl festhalten. Aber sollte sich herausstellen, dass die Fasern in der Umwelt wirklich ein Problem darstellen, dann müssten Waschmaschinenhersteller oder Klärwerke wohl nachrüsten.

Foto: Mark Browne

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Veröffentlicht von

www.buero32.de

Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

7 Kommentare

  1. Forderung

    Ich würde gerne Luftaufnahmen des Atlantik-Müll-Strudels sehen.
    Denn auch wenn alle Berichte nur aus Text bestanden, erscheint mit die Logik hinter dem Phänomen einleuchtend, dass Ausmaß erschließt mir aber, wie so oft, erst wirklich greifbar wenn ich es in einem Bild widergespiegelt sehe.

  2. Ein wirkliches Problem?

    Ich hatte bereits hier einen Artikel dazu gelesen und fand die Problembeschreibung reichlich vage bis hin zu rein spekulativ. Solche Aussagen wie die hier:

    There is still no direct evidence that the fibers—pollutant-tainted or otherwise—harm marine life, but Browne says it’s worth figuring out. He argues that the fibers are “guilty until proven innocent” […]

    … sind doch nun wirklich schwach. Auffallend ist beispielsweise, dass da nur ein paar Factoids gebracht werden, aber wenige konkrete Zahlen. Von was für Fasergrößen reden wir denn hier, und um welche Massen an Abfällen geht es? Steht im Originalartikel (der hinter einer Paywall steht), mehr dazu? Wahrscheinlich nicht, denn das hätte man sicher zitiert.

    So schafft man es sicher in die Medien und kann dort ein wenig herumstrampeln, bis jemand Anderes eine andere Sau durchs Dorf treibt. Mit etwas Glück springt auch Kohle für ein Forschungsprojekt heraus, und wahrscheinlich war genau das die Motivation. So läuft halt der Wissenschaftsbetrieb heutzutage, aber diesen Umstand sollte man auch im Kopf behalten.

    Man sollte dabei nicht vergessen, dass es neben dem hier beschriebenen weitgehend spekulativen, möglichen Problem ganz konkrete und wirklich schwerwiegende Probleme gibt, nälich die Einbringung von Schwermetallen und anderen Giftstoffen, die Überdüngung der Meere durch unzureichend geklärte Abwässer oder Ablauf von landwirtschaftlichen Flächen und auch im anderen Kommentar des namenlos bleibenden Lesers genannten Müllstrudel, die etwas ganz anderes sind als die hier beschriebenen Dinge, aber selbst auch durch photochemischen Zerfall oder Verwitterung der dort enthaltenen Kunststoffe zu Mikropartikeln beitragen.

    Eine solche kritische Auseinandersetzung würde ich auch gern in einem wissenschaftlichen Blog lesen, die unkritische Wiedergabe der Sound-Bites des beteiligten Wissenschaftlers hat ja bereits Science Now gebracht.

  3. Muss vieles geändert werden

    Naja so recht weiss ich nicht es gibt viele Sachen die eben umweltschädigend sind nicht nur das auf den Klamotten z.B. Autos und andere sind doch auch umweltschädigend die müssten als erstes abgeschafft werden

  4. Man sieht nur, was man weiß

    Wir “zivilisierten” Menschen hinterlassen tausende von chemischen und anderen Spuren in unserer Umgebung. Einiges von unseren Artefakten mag tatsächlich schädlich sein – für die Natur oder sogar für uns selbst. Ein Beispiel ist der Stoff Acrylamid, der schon seit Jahrzehnten in unsere Nahrungsmittel gelangt, in grossen Mengen z.B. in braun fritierten Pommes Frites. Doch erst seit kurzem weiss man, dass Acrylamid krebserregend und mutagen ist.
    Nun darf man sicher sein, dass es unter den tausenden von Stoffen, die wir industriell erzeugen, auch noch einige andere “Acrylamide” geben wird. Doch warum sollen gerade die paar Milligramm (oder Mikrogramm) Kunststofffasern, die am Schluss eines Waschgangs in die Umwelt gelangen zu einer solchen Stoffgruppe gehören? Ich bin überzeugt, die Kunststofffasern sind willkürlich herausgegriffen. Man hätte ebensogut irgend etwas anderes nehmen können -zum Beispiel im Abwasser ausgeschwemmte Medikamentenreste – und den Finger darauf zeigen können.
    Der Artikel transportiert also gar keine Information. Es ist wie ein ausgestreckter Finger auf etwas was vorhin noch niemand beachtet hat und was möglicherweise auch gar keiner Beachtung bedarf.

  5. Polyester

    “Ob die bloße Präsenz der Kunststofffasern das Ökosystem Meer tatsächlich beeinträchtigt, ist bislang unklar – schließlich hatte noch niemand das Phänomen bemerkt und mögliche Konsequenzen untersucht.”

    Aber man weiß was mit Plastikmüll im Meer passiert, wenn er in kleine und kleinste Teile zerfällt. Es entstehen Mikropartikel, die von dem im Wasser lebenden Filtrierern zusammen mit tierischem Plankton aufgenommen werden und so in die Nahrungskette gelangen.

    Um über die Gefährlichkeit genaueres sagen zu können müsste man wissen um welche Stoffgruppe es sich genau handelt, da Polyester der Sammelbegriff für eine Vielzahl von Kunststoffen ist. Beispielsweise gehört auch das sehr umweltschädliche Polycarbonat zu dieser Gruppe, das im Verdacht steht das Erbgut zu schädigen, die Embryonal- und Gehirnentwicklung zu stören, Unfruchtbarkeit zu verursachen, sowie für Krebs und Verhaltensstörungen verantwortlich zu sein. Problematisch dürften zudem auch die eingesetzten Farbstoffe sowie Beschichtungen sein.

  6. @Michael Khan: Relevanz

    Es ist ja, wie Mona auch schreibt, ein durchaus bekannter Prozess, über den Kunststofffasern aus marinen Ökosystemen in Nahrungssysteme gelangen können. Insofern finde ich die bloße Feststellung, dass in erheblichem Ausmaß diese Fasern auf bisher unbeachtetem Weg ins Meer gelangen, relevant – auch wenn konkrete Konsequenzen noch spekulativ sind. Ziemlich sicher steht hinter der Vermarktung dieses Papers auch der Wunsch nach Forschungsgeldern, aber der ist nicht illegitim, wenn das Ergebnis gewichtig sein könnte.

  7. “Plastik Planet” und Müllstrudel

    Interessant ist auch der Film “Plastik Planet” von Werner Boode, der auch auf YouTube verfügbar ist.
    http://www.youtube.com/watch?v=DoNu8hTOBag

    Ein Teil des auf der Welt hergestellten Plastiks landet irgendwann in den Weltmeeren und treibt dann dort als “Müllstrudel” herum. Wobei aber nur ein kleiner Teil des Plastikmülls an der Meeresoberfläche treibt, etwa 70% davon sinkt auf den Meeresboden. Das ist auch der Grund warum man die Strudel nicht als geschlossene Mülldecke wahrnehmen kann.
    Wie ich oben schon schrieb zerfällt der Plastikmüll mit der Zeit. “Auch im Fall, dass Tiere und Plankton nicht an den Plastikteilen verenden, gelangen die Stoffe früher oder später in den Nahrungskreislauf. Dies stellt ein besonderes Problem dar, da viele der im Plastik konzentrierten Substanzen Endokrine Disruptoren sind, die Fortpflanzung und Wachstum beeinträchtigen.
    Der Meeresbiologe Richard Thompson von der University of Plymouth hat untersucht, wie große Plastikteile im Wasser zu immer kleineren Teilchen zerfallen. Außerdem untersuchte er, wie die kleinen Meeresorganismen wie etwa Seepocken auf diese kleinen Plastikteile reagieren. Das Ergebnis war, dass die Kunststoffpartikel Giftstoffe des Meerwassers akkumulieren. Sie wirken wie ein chemischer Schwamm und reichern sich mit giftigen Schadstoffen des Meeres an. Wenn Fische diese Teilchen als Nahrung zu sich nehmen, vergiften sie sich unweigerlich. Wenn die Fische nicht daran sterben, sammeln sich die Toxine in ihrem Organismus an und gelangen in die Nahrungskette des Menschen. Laut Richard Thompson wirken die kleinen Kunststoffteilchen wie Magnete auf die Toxine im Meer.”

    Quelle: http://www.process.vogel.de/…le=M%C3%BCllstrudel

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