Eine neue Gefahr für die Ozonschicht?

BLOG: Öko-Logisch?

Umwelt sind Du und ich
Öko-Logisch?

Messsonde (Foto: Shiva) Es ist eine der wenigen Erfolgsgeschichten in der internationalen Umweltpolitik: Das weltweite Verbot von FCKW hat dazu geführt, dass sich das Ozonloch wieder schließt. Doch das internationale Forschungsprojekt Shiva warnt jetzt, dass von neuer Seite Gefahr drohen könnte: Infolge des Klimawandels könnten vermehrt Halogenverbindungen aus natürlichen Quellen in die Atmosphäre gelangen.

Wichtige natürliche Quellen von Halogenverbindungen sind die Küstenbereiche der Ozeane. Dort bilden Wasserpflanzen wie Seegras, aber auch Makroalgen Chlor-, Brom- und Jodverbindungen, die in die Luft aufsteigen und von warmen Strömungen bis in die Stratosphäre getragen werden. Grundsätzlich können diese Gase ebenso wie anthropogene halogenierte Kohlenwasserstoffe dort die Ozonschicht angreifen.

Dass davon unter normalen Umständen keine wirkliche Bedrohung für die Ozonschicht ausgeht, kann man wohl guten Gewissens daraus folgern, dass sich das Ozonloch nach dem Verbot von FCKW wieder schließt. Wären die natürlichen Halogenverbindungen in relevantem Ausmaß zerstörerisch, müssten wir eher ein langsames Wachsen des Ozonlochs beobachten – und zwar seit Beginn der Messungen.

Warum also will ein internationales Forscherteam unter Beteiligung zahlreicher deutscher Forschungseinrichtungen und unter Federführung der Uni Heidelberg mit dem Projekt Shiva (Stratospheric ozone: Halogen Impacts in a Varying Atmosphere) den Einfluss natürlicher Halogenverbindungen quantifizieren?

Ganz einfach: Weil zu wenig darüber bekannt ist, um zu beurteilen, wie von Menschen verursachte Einflussgrößen die Wirkung verändern. Wie ändert sich die Menge der natürlich erzeugten Halogenverbindungen, wenn sich infolge des Klimawandels die Meere erwärmen? Wie interagieren die Verbindungen auf ihrem Aufstieg mit anderen Emissionen, beispielsweise dem Luftverkehr, der weiter zunehmen wird? Und welche Küstenabschnitte sind überhaupt die bedeutsamsten Quellregionen – wie vermutet der tropische Westpazifik?

Gestartet ist Shiva bereits 2009 und hat bereits zahlreiche Publikationen zur Folge gehabt. Darin finden sich jedoch keine Antworten auf die Kernfragen – was sich jetzt ändern soll: Im November und Dezember messen die beteiligten Wissenschaftler in Malaysia mit dem Forschungsschiff „Sonne“ und einigen kleineren Schiffen, dem Forschungsflugzeug „Falcon“ sowie dem Umweltsatelliten Envisat konkrete Werte.

Horrorszenarien, wie sie das erste Ozonloch über der Antarktis ausgelöst hatte, erwarte ich allerdings nicht. Wenn anthropogene Quellen so deutlich den Effekt natürlicher Quellen übertreffen konnten, dürfte ein leichter Anstieg der natürlichen Quellen in seiner Bedeutung immer noch weit hinter den Konsequenzen der letzten Jahrzehnte zurückbleiben.

Andererseits sind natürliche Stoffkreisläufe oft in einem empfindlichen Gleichgewicht, das schon geringe Einflüsse durch den Menschen massiv verändern können. Niemand würde bezweifeln, dass der anthropogene Anteil von Kohlendioxid gegenüber natürlichen Quellen marginal ist – und doch ist er der „Tropfen“, der das „Klimafass“ überlaufen lässt. Insofern gilt wohl auch für Shiva: Besser, wir wissen, woran wir sind.

Foto: Shiva

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

www.buero32.de

Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

4 Kommentare

  1. Halogenverbindungen/Halogene/HFCKWs

    Ich denke der große Unterschied zwischen Kohlenstoffdioxid- und FCKW-Ausstoß ist, dass wir es bei FCKW mit einen katalytischen Mechanismus zu tun haben, bei dem natürlich viel geringere Mengen viel größeren Schaden anrichten können.

    Die polyhalogenierten Verbindungen werden erst durch die harte Höhenstrahlung geknackt und die entstehenden Radikale sind mangels anderer Reaktionspartner in diesen Höhen sehr langlebig.

    Wobei die Reaktion mit Ozon/ Sauerstoffradikalen grundsätzlich ein natürlicher Mechanismus ist um unpolare Substanzen wie z.b. Methan polar genug zu bekommen um sie dann via Wolkenbildung/Regen auszuwaschen.

    Statt FCKWs nutzen wir heute vielfälltige H-FCKWs die nicht komplett Halogensubstituiert sind.
    Vorteil ist, dass sie nicht mehr in die entscheidenden Höhen kommen um Die Ozonschicht anzugreifen.
    Nachteil ist – und da schließt sich der Kreis – das diese (in der Regel mehr als 2-atomigen Moleküle) ebenfalls stark klimawirksam sind.

    Hast du zufällig eine Quelle, um was für Verbindungen es hier genau geht? Das würde mich sehr interessieren.

    Faszinierend finde ich in dem Zusammenhang auch immer wieder die gigantische Dimethylsulfidbildung in den Ozeanen, was dann in der Atmosphäre bis zum Sulfat oxidiert wird und einen der Hauptkondensationskeime für Wolkenbildung bereitstellt.

    Ich bin ein großer Fan der Chemie die da so um uns herum passiert.

  2. Ozonlöcher

    “Das weltweite Verbot von FCKW hat dazu geführt, dass sich das Ozonloch wieder schließt.”

    Welches denn? Inzwischen hat sich ja ein neues Ozonloch über der Arktis aufgetan, dass dem über der Antarktis in nichts nachsteht.

    http://www.verivox.de/…rktis-entdeckt-79647.aspx

  3. Nur eine Feststellung ohne Wertung

    ‘Andererseits sind natürliche Stoffkreisläufe oft in einem empfindlichen Gleichgewicht, das schon geringe Einflüsse durch den Menschen massiv verändern können. ‘

    Schade also, dass Deutschlands ‘Energiewende’ auch darin besteht neue CO2 Schleudern zu planen und zu bauen, Endlager Atmosphäre.
    Die Alternative wäre gewesen, erst die Fossil- und dann die Kernkraftwerke abzuschalten.

  4. @Mona

    Der entscheidende Abschnitt ist:

    Ursache für das Ozonloch im Frühjahr 2011 sei eine ungewöhnlich lange Kälteperiode zwischen Dezember 2010 und März 2011 gewesen. Sie habe eine anhaltende Kaltluftzone über der Arktis entstehen lassen, die ozonabbauende Reaktionen förderte. Bisher habe die Arktis als zu mild gegolten, um solche Kaltluftzonen über so lange Zeit und bis in das Frühjahr hinein zu ermöglichen.

    Für den Abbau des Ozonlochs ist neben Halogenverbindungen zwingend UV-Licht erforderlich. In der Polarnacht findet deshalb kaum Ozonabbau durch Halogene statt. Stattdessen bilden sich Reservoirverbindungen, die relativ stabil sind und sich bei sehr tiefen Temperaturen und der Dunkelheit aufkonzentrieren können.

    Zu Beginn des Polartags werden diese dann durch die UV-Strahlung verstärkt freigesetzt und dadurch eine starke Ozonabnahme erreicht.

    In der Arktis sind die Temperaturen normalerweise nicht so niedrig um ein so ausgeprägtes Ozonloch zu erreichen.

    Im Moment rechnet man damit etwa 2050 die Konzentration an Halogenverbindungen wieder auf den Wert von 1980 gesenkt zu haben.

Schreibe einen Kommentar