15.-19.09. Waldtage, Waldnächte

BLOG: Neustart nach dem Putsch

Wie sich der Regierungswechsel in Madagaskar auf Mensch, Natur und Entwicklungszusammenarbeit auswirkt
Neustart nach dem Putsch

Von Morondava geht es nach Norden in den Kirindy-Wald. Auch hier ist die Straße deutlich besser als in meiner Erinnerung, immer noch Sandpiste, aber eben und breit. Um die berühmte Baobab-Allee hat sich inzwischen touristischer Rummel breit gemacht: ein kostenpflichtiger Parkplatz, Souvenirbuden. Vor ein paar Jahren gab es hier nichts außer ein paar Hütten und Kinder, die gefangene Chamäleons als Foto-Objekte anboten.

In Kirindy, an der Forschungsstation des Deutschen Primatenzentrums, habe ich die Daten für eine Doktorarbeit gesammelt, ein gutes Jahr lang zwischen 2007 und 2010. Die Forschung hier konnte glücklicherweise auch unter der Putschistenregierung zwischen 2009 und 2014 fortgesetzt werden, und der Wald wurde nicht in großem Stil abgeholzt. Als wir die letzten Kilometer ins Camp zurücklegen, ist alles wieder da, Erinnerungen an aufregende und einsame, zweifelnde und zuversichtliche, aber vor allem gute Tage im Wald. Das Ankommen wird uns leicht gemacht: Die madagassischen Feldassistenten empfangen uns herzlich, die Stimmung unter den Wissenschaftlern im Camp ist gut.

DSC08148Credit: Ernst Golde

Alexis (links) leitet den praktischen Teil des Ofenbau-Workshops in Beroboka.
Am kommenden Tag besuchen wir den Ofenbau-Workshop der Umweltschützer um Matthias Markolf im Dorf Beroboka. Angeleitet von zwei ehemaligen GIZ-Mitarbeitern aus Tuléar (es gibt auch Theorie-Unterricht in der örtlichen Schule) fertigen ein Dutzend Dorfbewohner Ofenteile aus verzinktem Blech und gebrannte Einsatzformen aus einem Erdgemisch. Am Abend fahren wir mit Tata und Domoina, die ebenfalls für das Projekt arbeiten, zur Kinovorführung in das benachbarte Dorf Lambokely. Mit Einbruch der Dunkelheit werden Fahrrad, Beamer und Leinwand aufgebaut. Etwa 40 Dorfbewohner und einige Zebus versammeln sich im Open-Air-Kino und verfolgen raunend den Film über die Einmaligkeit der madagassischen Natur und Strategien wie den effektiven Ofenbau, um sie zu bewahren.

IMG_3738Credit: Lennart Pyritz

Ein Grauer Mausmaki im Trockenwald von Kirindy.
Die folgenden Tage verbringen wir in Kirindy, streifen durch den Wald, und begleiten einige der Forscherinnen bei ihrer Arbeit. Anna untersucht, wie Persönlichkeit und Anführerschaft bei Rotstirnmakis zusammen hängen. Franzi testet das Lernvermögen von Mausmakis. Abends machen die Feldassistenten Jipa, Tina und Bary Musik auf der „Place de la Réunion“. Dort gibt es zwar nur zusammen gezimmerte Bänke aus dünnen Baumstämmen, die phantasievolle Sitzpositionen erfordern. Trotzdem bleiben wir bis spät in die Nacht, sprechen über das Leben und den Wald und hören zu…

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Nach einem Biologiestudium in Göttingen promovierte Lennart Pyritz am Deutschen Primatenzentrum über das Gruppenverhalten von Lemuren. Dafür verbrachte er insgesamt 14 Monate im Trockenwald Westmadagaskars. Über diese Zeit führte er einen Blog für Spektrum.de, der 2012 in erweiterter Form auch als Buch veröffentlicht wurde ("Von Makis und Menschen", Verlag Springer Spektrum). Nach der Doktorarbeit wechselte Lennart Pyritz in den Wissenschaftsjournalismus, hospitierte bei der Süddeutschen Zeitung in München, ZEIT Wissen in Hamburg und arbeitete als Vertretungsredakteur der Sendung "Quarks & Co" im WDR. 2012 bis 2014 volontierte er anschließend beim Deutschlandradio in Köln und Berlin und für einen Monat bei BBC 4 in London. Anschließend arbeitete er als Junior-Programm-Mitarbeiter im Deutschlandfunk. Vom 10. September bis zum 22. Oktober unterbricht er seine Anstellung beim Radio, um mit einem Recherchestipendium der Heinz-Kühn-Stiftung als Journalist nach Madagaskar zurückzukehren.

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