„Zukunft Gehirn“ in der Max Planck Science Gallery

BLOG: NeuroKognition

Kognitive Fähigkeiten und Gehirnprozesse des Menschen
NeuroKognition

von Peter Zekert – Zum Auftrag der Wissenschaft gehört, ihre Arbeit öffentlich zu kommunizieren. Vor einer Weile hatte ich mich in einem Blogpost über die Versuche mancher Medien geärgert, daraus mit fragwürdigen Produkten Profit zu schlagen.

Auch wenn es darin um extreme Einzelfälle ging und klassische Medien weiterhin die Hauptrolle bei der Wissenschaftsvermittlung spielen, bemüht sich die Max-Planck-Gesellschaft zunehmend um direktere Kommunikationmöglichkeiten mit der Bevölkerung. Am 13. März um 18.00 Uhr kann man gleich zwei dieser Versuche auf einmal erleben. Dann stellt Christina Beck, promovierte Neurobiologin und Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der MPG, das Buch „Zukunft Gehirn“ in der „Max Planck Science Gallery“ vor.

Buch Zukunft Gehirn science gallery berlin

Herausgegeben von MPG-Präsident Peter Gruss und dem Direktor des MPIs für Neurobiologie Tobias Bonhoeffer, vermittelt der Band den aktuellen Wissensstand in verschiedenen Sparten der Hirnforschung. Unter den 18 Autoren sind auch drei Direktoren unseres Instituts: Angela Friederici beschreibt, wie die Sprachfähigkeit im Gehirn entsteht; Arno Villringer stellt das gegenwärtige Wissen zu Schlaganfall, Parkinson und Multipler Sklerose vor; Tania Singer nimmt, gemeinsam mit Ute Frevert vom MPI für Bildungsforschung, das Thema Empathie aus kultur- und neurowissenschaftlicher Perspektive in den Blick. Das gesamte Inhaltsverzeichnis gibt es hier.

Der Ort dieser Buchvorstellung ist ein Erlebnis für sich: Die Max Planck Science Gallery am Berliner Gendarmenmarkt wurde im September 2011 eröffnet, um die Forschung der MPIs vorzustellen. Präsentiert werden die Inhalte auf Touchscreens. Weil alles digitalisiert vorliegt, bleibt jede Ausstellung der Gallery verfügbar und kann für Besuchergruppen innerhalb von Minuten aufgespielt werden. Eine „begehbare Webseite“, nannte der Kurator Andreas Trepte das gegenüber dem Tagesspiegel.

max planck science gallery gendarmenmarkt

Fotos: Norbert Michalke

Inzwischen wird der Raum auch für viele Veranstaltungen genutzt. Im Februar startete die an Studenten gerichtete Reihe Young Scientists, bei der Doktoranden aus den Graduiertenschulen der MPIs Einblicke in ihre Forschung und Hinweise zum Promovieren geben. Am zweiten Mai ist Benjamin Stahl an der Reihe, der seine Forschung bereits hier im Blog vorgestellt hat.

Eine weitere Reihe sind die Science Gallery Talks, die von der Max Planck Science Gallery initiiert werden, wegen ihrer Größe aber nebenan, im Leibniz-Saal der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, stattfinden. Themen bisher: Demografie („Werden wir ewig leben?“) und Gehirn-Computer-Schnittstellen („Werden wir Cyborgs?“).

Neben den Themen ist bei dieser Gesprächsreihe das Konzept interessant. Zitat von der Website:  „Das Publikum bestimmt den Verlauf des Gesprächs per Laserpointer und ist eingeladen, eigene Beiträge zu liefern, ob nun am Mikrofon oder per SMS.“

„Korsakow-Show“ nennt das der Berliner Medienkünstler Florian Thalhofer, der das Format gemeinsam mit den Moderatoren Tobias Hülswitt und Roman Brinzanik entwickelte. Auch die Körber-Stiftung und die Kulturstiftung des Bundes erproben dieses nonlineare, interaktive Gesprächsformat derzeit. Dem Videobericht über den letzten Gallery Talk nach zu urteilen, geht das Konzept tatsächlich auf und macht für Publikum und Forscher einen echten Unterschied.

science gallery talk korsakow show

Foto: Arne Sattler

Die Gallery hat Montag bis Freitag 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet, Donnerstags bis 20.00 Uhr. Wegbeschreibung: http://www.max-planck-science-gallery.de/?page_id=118

Termine:

13. März, 18.00 Uhr: Buchvorstellung „Zukunft Gehirn“ mit Vortrag von Dr. Christina Beck und Führung durch die Max Planck Science Gallery (aktuelle Schau „Bildende Kunst: Chemie für das 21. Jahrhundert“)

18. April 19.00 Uhr: nächster Science Gallery Talk zum Thema Mensch und Klima

02. Mai, 18.00 Uhr: Young Scientists. Promovieren bei der Max-Planck-Gesellschaft. Gespräch mit Benjamin Stahl

Kleiner Nachtrag 10.27 Uhr: Die Buchvorstellung ist Teil einer ganzen “Brain Awareness Week” in Berlin. Irgendwie war mir das entgangen. Auch hier greife ich nochmal zwei Veranstaltungen heraus, an denen unser Institut beteiligt ist:

Montag, 12. März, 17.30 Uhr: Podiumsgespräch mit Diskussion

Vorsorge treffen fürs Gehirn – Was Sie über das das Gehirn, über Ernährung und Lebensführung wissen müssen, um Erkrankungen und Schlaganfall vorzubeugen.

Mit:
Cynthia Barcomi
Kochbuchautorin und Gastronomin,
Inhaberin von Barcomi’s Kaffeerösterei und Barcomi’s Deli in Berlin

Prof. Dr. med. Ulrich Dirnagl
Klinik für Neurologie, Charité

Prof. Dr. med. Arno Villringer
Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig

Moderation: Dr. Ingolf Toll-Ebel, Urania Berlin

Ort: Urania, An der Urania 17, 10787 Berlin (Wegbeschreibung)
Eintritt frei

Montag, 12. März 2012, 19.30 Uhr: Vortrag mit Diskussion

”Empathie, Mitgefühl und deren Trainierbarkeit – Soziale Emotionen aus der Sicht der Neurowissenschaften”

Prof. Dr. Tania Singer, Direktorin am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Abteilung für Soziale Neurowissenschaften

Warum leiden wir fast real mit, wenn wir sehen, wie sich jemand die Hand in der Autotür einklemmt? Warum empfinden wir Mitgefühl? Grundlage für unsere spontanen Reaktionen ist Empathie − die Fähigkeit zum Einfühlen und Nachempfinden der Erlebnisse und Gefühle anderer. Durch sie entstehen mitmenschliche Beziehungen; sie ist eine Voraussetzung für moralisches Handeln und Empfinden. Was passiert dabei im Gehirn?
Warum haben wir manchmal mehr oder weniger Empathie? Lässt sich das Einfühlen vielleicht sogar trainieren? Und wie unterscheidet sich Empathie von Mitgefühl?

Ort: Urania, An der Urania 17, 10787 Berlin (Wegbeschreibung)
Eintritt: 6,00 €, ermäßigt: 5,00 €

2 Kommentare

  1. Nachlässigkeit

    Das Buch ´Zukunft Gehirn´ ist sehr interessant und auch für Laien gut verständlich.
    Um so ärgerlicher sind grobe Fehler wie in Kap. 12: Angeborenes Vorwissen verharrt im Unbewussten, (Zitat:) “da dieses Wissen vor der eigentlichen Lebenszeit erworben wurde”. – eine seltsame Aussage, die höchstens für Esoteriker stimmig ist.

    Auch die Aussage, dass man sich an Lebenserfahrungen, die vor dem 3./4. Lebensjahr gewonnen wurden, nicht bewusst erinnern könne, ist prinzipiell falsch. Alle Erinnerungsvorgänge, deren Inhalte bewusst erlebt werden – sind bewuste Erlebnisse.
    Z.B. Im Rahmen der sogenannten ´Nahtod-Erlebnisse´ (NTEs) kann man Erfahrungen des Fetus ab dem 5./6. Schwangerschaftsmonat erinnern (und schildern) – diese lassen sich in Reihenfolge und Inhalt der Entwicklung der Sinne ab dieser Zeit zuordnen (z.B. Gehörsinn arbeitet vor Sehsinn). Somit sollte das Thema ´Infantile Amnesie´ eigentlich neu diskutiert werden – es gibt Hunderte von NTE-Berichten, welche alle die gleiche Ablaufstruktur aufweisen; Strukturen sind einer systematischen wissenschaftlichen Analyse zugänglich.

  2. Futter für die Unterhaltungsgesellschaft

    “Zukunft Gehirn”, “Begehbare Webseite”, “Werden wir ewig leben?”, “Werden wir Cyborgs?”, “Korsakow-Show”, …

    Man siehe, das vermeintlich ureigene Wesen der Wissenschaft ist doch – dynamisch; es verändert sich – und damit das “Wissen” selbst.

    Es scheint, als herrsche zur Zeit der Konsens, einen möglichst unterhaltsam lärmenden Event aus Erkenntnissuche zu machen – mit la Ola, wenn möglich.

    So ist die vermeintliche Objektivität der Ontologie in Wahrheit Phänomen einer Soziologie und bleibt googly moogly.

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