Wie das Trainieren von Mitgefühl uns verändert

BLOG: NeuroKognition

Kognitive Fähigkeiten und Gehirnprozesse des Menschen
NeuroKognition

von Olga Klimecki, Doktorandin Abt. Soziale Neurowissenschaft – Im sozialen Alltag bleibt es nicht aus, dass man mit dem Leid anderer konfrontiert wird. Beispiele reichen von kranken Verwandten bis hin zu Freunden, die Liebeskummer haben. Zudem kann das Arbeitsumfeld einen ernst zu nehmenden Stressfaktor darstellen. Um Reaktionen wie Burnout zu vermeiden, stellt sich die Frage, wie man konstruktiv mit schwierigen Emotionen anderer umgehen kann.

Als Reaktion sind zwei soziale Emotionen denkbar: Empathie und Mitgefühl. Empathie bedeutet, die Emotion der anderen Person zu teilen, sich also mitzufreuen oder mitzuleiden. Mitgefühl hingegen beschreibt die Besorgnis um jemanden der leidet mit dem gleichzeitigen Ziel, dieser Person zu helfen. Vor kurzem fanden Forscher heraus, dass das Trainieren von Mitgefühl positive Emotionen im Alltag stärkt (Fredrickson et al., 2008) und Hilfeverhalten fördert (Leiberg et al., 2011). Allerdings war bislang unklar, wie sich das Trainieren von Mitgefühl auf die Funktion des Gehirns auswirkt und ob das Trainieren von Mitgefühl unsere Reaktion auf Leid verändern kann.

Um dieser Frage nachzugehen, haben wir mit Hilfe einer neu entwickelten Filmaufgabe untersucht, wie sich Gehirnaktivität in Folge eines Mitgefühlstrainings verändert. In dieser neuen Aufgabe sahen Teilnehmer 10-18 Sekunden lange Ausschnitte aus Dokumentationen, die leidende Menschen oder Menschen in Alltagssituationen zeigten. Während die Teilnehmer die Filme ansahen, erfassten wir die Gehirnaktivität mit Hilfe von funktioneller Magnetresonanztomographie. Nach jedem Film gaben die Teilnehmer an, wie stark ihre Empathie war und  wie positiv und negativ ihr Erleben war.

Messung Meditation Mitgefühl Gehirn Hirnforschung

Im Scanner: Teilnehmer und Versuchsleiter vor der Messung. [mit freundlicher Genehmigung von Brigitte Blöchlinger, UZH News, Universität Zürich]

Wie erwartet reagierten die Teilnehmer auf das Elend anderer vor dem Training mit Empathie und negativen Emotionen. Außerdem ging die empathische Reaktion auf Leid mit Aktivität in der anterioren Insel und dem anterioren cingulären Cortex im Gehirn einher. Aktivität in diesen Regionen ist zentral bei selbstempfundenem Schmerz und Empathie für Schmerz. Diese Resultate deuten darauf hin, dass das Leid anderer vor dem Training vor allem als unangenehm wahrgenommen wurde.  

Nach der ersten Messung wurde eine Gruppe von Teilnehmern einen Tag lang in Mitgefühl trainiert. Hierfür wurde auf eine über 2000 Jahre alte Meditationsmethode zurückgegriffen, die sich liebende Güte oder ‚Metta‘ nennt und die wir zuvor selbst an uns ausprobiert haben. Sie beruht darauf, dass Gefühle der Freundlichkeit und Wärme gleichermaßen für alle Menschen gestärkt werden. Um für unspezifische Effekte (wie z.B. sozialen Kontakt) zu kontrollieren, nahm eine andere Gruppe an einem eintägigen Gedächtnistraining teil. Nach dem Trainingstag wurden Teilnehmer ermutigt, die geübte Methode täglich zu praktizieren. Hierfür konnten sie zu einstündigen Abendkursen kommen und zu Hause sowie im Alltag üben.

Nach zwei bis zwölf Tagen fand die zweite Messung statt, bei der wieder die Gehirnaktivität und die subjektiven Gefühle der Teilnehmer erfasst wurden während diese gleichartige Filme sahen. Der Vergleich zwischen beiden Messungen zeigte, dass die subjektiven Reaktionen der Gedächtnisgruppe unverändert blieben. Mitgefühlstraining hingegen verstärkte sowohl positive Gefühle für alltägliche Situationen, als auch positive Gefühle in Reaktion auf schwierige Situationen. Gleichzeitig blieben negative Gefühle in der Mitgefühlsgruppe unverändert, was darauf hindeutet, dass Mitgefühlstraining sich von anderen Strategien zur Emotionsregulation, wie Distanzierung oder Ablenkung, unterscheidet. Es scheint, dass Mitgefühl es ermöglicht, mit der negativen Realität in Kontakt zu bleiben, während gleichzeitig positive Gefühle aufgebaut werden. Diese Kombination aus Wahrnehmung von Leid und  positiver Motivation könnte eine zentrale Voraussetzung für Hilfeverhalten sein, welches durch Mitgefühlstraining erhöht wird (Leiberg et al., 2011). Gleichzeitig kann der Anstieg in positiven Gefühlen ein ganz entscheidender Aspekt sein, um etwa Burnout zu verhindern.

Auf neuronaler Ebene zeigte sich, dass das Trainieren von Emotionen plastische Veränderungen im Gehirn bewirken kann. Im Vergleich zur Kontrollgruppe führte Mitgefühlstraining zu einem Aktivitätsanstieg in Regionen, die mit positivem Affekt, Liebe und Nähe assoziiert sind. Dieses Netzwerk umfasst den medialen orbitofrontalen Cortex, das Striatum und das Mittelhirn. Für die Zuverlässigkeit dieses Ergebnisses spricht, dass erhöhte Aktivität in diesen Regionen ebenfalls in zwei früheren Mitgefühlsstudien und während der Mitgefühlspraxis eines Meditationsexperten gefunden wurde.

Zusammenfassend deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die Kultivierung von Mitgefühl eine neue Methode bieten kann, um adaptive soziale Emotionen zu trainieren. Im Gegensatz zu herkömmlichen Strategien zu Emotionsregulation, bietet Mitgefühl einen doppelten Nutzen. Einerseits werden positive Emotionen bei der Person gestärkt, die Mitgefühl, erlebt. Andererseits wird prosoziales Verhalten gefördert, was der leidenden Person hilft. In diesem Sinn wird es interessant sein, in weiteren Forschungsarbeiten zu untersuchen, wie sich das Trainieren von Mitgefühl langfristig umsetzen lässt.

Originalveröffentlichung:

Klimecki, O. M., Leiberg, S., Lamm, C., & Singer, T. (2012). Functional neural plasticity and associated changes in positive affect after compassion training. Cerebral Cortex. doi: 10.1093/cercor/bhs142

Weitere Literatur:

Fredrickson, B.L., Cohn, M.A., Coffey, K.A., Pek, J. & Finkel, S.M. Open hearts build lives: Positive emotions, induced through loving-kindness meditation, build consequential personal resources. J Pers Soc Psychol 95, 1045-1062 (2008).

Leiberg, S., Klimecki, O. & Singer, T. Short-term compassion training increases prosocial behavior in a newly developed prosocial game. PLoS One 6, e17798 (2011).

42 Kommentare

  1. Empathie, Mitgefühl und Burnout

    Sich Empathie und Mitgefühl aneignen – zum Beispiel durch ein Training – bewirkt also eine Verstärkung von positiven Affekten, von Gefühlen der Liebe und Nähe, was man als Beeinflussung des Grundgefühls, der Grundstimmung auffassen kann. Eine solche empathische und mitfühlende Person geht anders durchs Leben.
    Andererseits kann ich mir auch vorstellen, dass man auch von dieser “Gefühligkeit” hin und wieder Ferien braucht.
    Die oben gemachte Aussage
    (Zitat)“Gleichzeitig kann der Anstieg in positiven Gefühlen ein ganz entscheidender Aspekt sein, um etwa Burnout zu verhindern.”
    ist für mich bereits Ausdruck einer Theorie über Burnout-Ursachen. Dass im Burnout positive Affekte fehlen ist naheliegend. Die Frage ist nur, ob Burnout solche Personen stärker betrifft, die sowieso schon arm sind an positiven Affekten. In diesem Fall würde ein Antrainieren von positiven Affekten tatsächlich eine vorbeugende Wirkung haben. Man kann sich aber auch vorstellen, dass Burnout eine Entfremdung von solchen positiven Affekten ist, welche auch vorwiegend positiv gestimmte Personen – und diese vielleicht umso mehr – erfassen kann.

  2. Emotionale Persönlichkeitsveränderung

    Das deckt sich mit meinen Erfahrungen bzw. meinen Ansichten, dass jedes emotionale Verhalten trainierbar ist. So kann man selbst auch ganz bewusst durch Training zu einem fast emotionslosen Menschen werden oder zu jemanden, der bei jeder Kleinigkeit in Tränen ausbricht. Zwar gehen solch grundsätzlichen Veränderungen nicht in kurzer Zeit, aber ich denke, dass im Durchschnitt ein halbes bis ein Jahr zu einer grundlegenden Persönlichkeitsveränderung reichen dürfte.

  3. Schön, dass der Rückweg funktioniert

    … denn viele Kinder können das von ganz alleine, jedenfalls solange sie noch nicht ‘erzogen’ sind.

    Gerade darum aber wünsche ich dieser Forschung besonders viel Erfolg, könnten es doch so irgendwann auch die rationalen Erwachsenen verstehen. Und vielleicht lesen die dann den kleinen Prinzen irgendwann auch wieder mit Kinderaugen.

    Aber mit der Umsetzung dürfte es noch dauern, denn die kollidierte mit unserem Wirtschaftssystem. Wer so lebt, der ist heute nämlich zwingend unwirtschaftlich. Es wird ja überall aufs Gegenteil getrimmt, sprich möglichst emotionslos auf eigenen Vorteil. Und was @Martin Holzherr einwarf (man brauche auch mal Ferien davon), das spiegelt diese allgemeine Sicht recht gut wieder: Nur ja nicht mit den Problemen der Anderen beschäftigen. Wobei ja Mitfühlen auch so viel Freude bringen kann, oft mehr als ‘Urlaub’.

    Eine Frage zum Studiendesign hätte ich noch, da ich leider nicht auf den Artikel zugreifen kann: Wurde die Kontrollgruppe auch zum täglichen Üben ermutigt und das auch in einstündigen Abendkursen? Und beruhte das Gedächtnistraining auf individuellem Arbeiten oder auf kollektivem, mitmenschlichem?

  4. Vorurteile

    Wir können keine Emotionen zu anderen Menschen ´teilen´, da wir bei einem Erlebnis immer nur unsere eigenen Erfahrungen aktivieren können – um eine Situation zu verstehen. Nur durch diese Aktivierung eigener Erfahrungen entsteht Empathie und Mitgefühl – d.h. Vorurteile bilden die Basis dafür: indem wir vergleichbare eigene Erlebnisse reaktivieren (re-experience), verstehen wir andere Menschen.

    Aus diesem Grund blieben beim Erleben die negativen Gefühle in beiden Gruppen unverändert – aber in der Meditationsgruppe wurde gleichzeitig eine erlernte zusätzliche Bewältigungsstrategie aktiviert.

    (Hierzu ein Buchtipp: Piero Ferrucci, Nur die Freundlichen überleben)

  5. @ KRichard — vorurteile?

    “Wir können keine Emotionen zu anderen Menschen ´teilen’ (…) Vorurteile bilden die Basis dafür”… Das sehe ich anders.
    Ich sehe Mitgefühl als doppeltes In-Resonanz-Sein eines Beobachters: einmal mit dem Erleben des Gegenüber; und zum anderen mit der eigenen physiologischen (Emotions-)Dynamik, die letztlich einem Ur-Muster folgt (mit G. Hüther könnte man dieses Muster auch Ur-Bild oder Ur-Matrix nennen, mit H. Maturana: Autopoiesis). Dieses Urmuster ist kein “Vorurteil”; es ist ein Muster, das wir (Kantisch gesprochen: a priori) mit allen Wesen (“lebenden Systemen”) teilen als die Organisation alles Lebendigen. Gregory Bateson sprach auch von dem “Muster, das verbindet”. An diesem Urmuster haben Lust und Freude einerseits und Schmerz andererseits gleichermaßen Anteil.
    Hier von „Vorurteil“ zu sprechen, reproduziert das für uns heutige Menschen typische trennende, Leiden produzierende Denken.

  6. @fricz

    Wenn wir z.B. andere Menschen wahrnehmen, dann aktiviert unser Gehirn die dazu passenden eigenen Erfahrungen (= re-experience). Auf Grundlage dieser persönlichen Erlebnisse können wir uns dann vorstellen (= Vorurteil), was ein anderer Mensch empfinden könnte.
    Dies ist kein ´Urmuster´, sondern stammt aus erlernten Erfahrungen. Dies wird z.B. deutlich bei Autisten, wo dieser Mechanismus gestört ist. Aber auch bei Menschen, welche in der Kindheit zu wenig positive soziale Lern-Erlebnisse hatten und dadurch im späteren Leben zu Gewalttätigkeit neigen können.

    Eine Resonanz tritt dadurch auf, weil ein anderer Mensch unser Verhalten ebenfalls deutet, als Reaktion darauf reagiert und sein Verhalten ändert – worauf wir wiederum darauf reagieren, … …

  7. Wie das Morden in den Blutrausch führt

    … könnte eine gleichbedeutende Überschrift lauten.

    Oder: Wie das Rechnen Mathematikeigenschaften herrausbildet. Oder wie das Nasepopeln …

    Aber hier geht es ja auch darum, dass man im vorrauseilendem Gehorsam sich hinsichtlich der Konfliktvermeidung entsprechend “konditionieren” (lassen) kann. Was dann ja allen zugute kommt.

    Solche flachen Forschungsergebnisse lassen mich jedenfalls immer wieder (weil regelmässig auftauchend) erschrecken. Bin ich dann jetzt auch emphatisch genug für diese Welt?

  8. @fricz: Nachtrag

    Dass Empathie/Mitgefühl aus den eigenen Erinnerungen entwickelt wird, zeigt sich z.B. auch dann – wenn wir völlig ohne menschliches Gegenüber sind. Z.B wird beim Lesen eines Buches passend zum Inhalt auch die emotionale Mimik des Gesichtes aktiviert. Dies erleichtert das Verständnis des Textes.
    Lähmt man die Mimik durch Botox, so wird auch das Verständnis des Textes erschwert
    Literatur: A. Hennenlotter u.a.: The link between facial feedback and neural activity within central circiuts of emotion. New insights from botulinum toxin-induced denervation from muscles. Cereb. Cortex, 19/3, 2009, 537-542

  9. @KRichard, @fricz: Unterscheiden?

    Mit @KRichard: Die Assoziation zu eigenen Erfahrungen ist erlernt – das stimmt. Ebenso wohl das Nachvollziehen von Ursachen.
    Doch mit @fricz: Die Assoziation zu Gefühlen scheint zu einem großen Teil angeboren zu sein. Jedenfalls die Basisemotionen werden laut den empirischen Studien von Paul Erkman kulturunabhängig erkannt: Freude, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung.

    Insofern wird uns die Reaktion auf Teile davon nur sehr früh abtrainiert, denn es gibt heute zuviel der negativen Varianten. Kinder tun das aber noch, sie fühlen mit und versuchen mit ihren beschränkten Mitteln zu helfen.
    Außerdem wird uns auch abtrainiert, die unerwünschten Gefühle zu zeigen – und das funktioniert für den allen sichtbaren Teil recht gut, allerdings nicht für die Mikroexpressionen. Und wie KRichard gerade noch schrieb: Was wir nicht mehr ausdrücken dürfen, das können wir auch nicht mehr gleichermaßen mitfühlen.

  10. @ KRichard

    Ich finde Ihre Auffassung grundsätzlich korrekt – Das, was Sie re-experience nennen, ist allerdings eine idiosynkratische Leistung des g a n z e n Organismmus und in Interaktion mit seiner Umwelt – (nicht allein des Gehirns also!!).
    Das ist selbstverständlich kein Ur-Muster. Deshalb habe ich ja geschrieben: “…f o l g t letztlich einem Ur-Muster.”

    Wenn Sie bei den Idiosynkrasien eines biologischen, psychischen oder sozialen Systems stehen bleiben möchten … nun gut, das ist Ihre Entscheidung; da ist nichts “Falsches” dran.
    Ich halte es lieber mit Heinz von Foerster: Ich versuche davon auszugehen, dass ich Teil eines umfassenderen Ganzen bin; und dass daher alles, was ich tue (und denke) Folgen hat.

    Und so verstehe ich auch das im Artikel erwähnte Mitgefühlstraining: als eine Suche nach dem (Bateson’schen) “Muster, das verbindet”.

  11. Heinz v. Förster…

    Heinz v. Förster hat viele interessante Sachen gesagt. Er ist aber auch im höheren Alter immer besonderer geworden. Woran das wohl liegt?

    Und Batseons “Lockeres und strenges Denken” sei hierbei ja dann auch der grundlegende Pfeiler der Blickwinkel. Sozusagen die Kritik am eigenen Denken und Handeln – und derer anderer. Und wichtig auch: Er hat sich und seine Forschung scheinbar nie einnehmen lassen – trotzdem man dies eventuell unterstellen könnte.

    Nichts für Ungut… es sind eben gute Beispiele… Vorbilder, wie es sie offenbar nicht mehr gibt. Aber das Denken haben sie uns nicht abgenommen – dass müssen wir noch selbst tun. Das Fühlen auch. Aber vorsicht… Gefühle täuschen das Bewusstsein.

  12. @fricz

    Weil wir immer nur egozentrisch reagieren können – durch re-experience eigener Erfahrungen; ergibt sich daraus, wie wichtig unser soziales Umfeld, unsere Mitmenschen, für uns sind. Nur durch den Kontakt mit anderen Menschen können wir bestimmte soziale Fähigkeiten und verbindende Muster erlernen.
    Mensch wird man nur durch andere Menschen

  13. @KRichard

    Schön, dass Sie dran bleiben. Ich denke, das Thema lohnt sich. Es geht aus meiner Sicht darum, wie Mitgefühl zustande kommt – und das heißt nicht zuletzt auch: wie wir Mitgefühl verstehen. Gerade heute, in einer Zeit, in der fast schon die soziale Kernschmelze droht, also der innere Zusammenhang von Kultur und Gesellschaft ebenso wie der der Person („Burnout“) verloren zu gehen droht, wird sich unser Verständnis ebenso wie unsere Praxis von Mitgefühl möglicherweise als entscheidend herausstellen.

    Um es noch mal zu sagen: ich stimme mit Ihren Aussagen inhaltlich zu 100 % überein. Aber entscheidend ist für mich nicht so sehr das, WAS wir wissen, sondern WIE wir es wissen, d. h. unsere Epistemologie oder Denk-Logik – der meist im Dunkeln bleibende Denkrahmen. Und da liegen, scheint mir, Welten zwischen uns (die aber sicher nicht unüberbrückbar sind).

    Da gibt es einmal die Logik, die das Thema gar nicht zur Kenntnis nimmt. Das sehe ich jedenfalls in den obigen Beiträgen von Chris; er oder sie verwechselt Mitgefühlstraining (Meditation) offenbar mit Konditionierung und Gehirnwäsche. Na, „nichts für ungut“ ;-)…

    Dann gibt es die Logik, die das Thema als wichtig erkennt, sich aber in einem analytisch-dualistischen Denkrahmen bewegt. Sorry, dort sehe ich auch Ihren Beitrag: Auch wenn Sie offenbar zirkulär, kybernetisch denken (dahinter sollten wir nicht mehr zurückfallen!), dann blitzt da doch immer wieder der versteckte Dualismus durch: Ego vs. Andere, Individuum vs. soziales Umfeld. Man muss immer erst die andere Seite festhalten um dann die eine bestimmen zu können. Wer oder was be-stimmt dann, was „stimmig“ ist? Letztlich öffnet diese Denkweise – sicher ungewollt aber meiner Ansicht nach: absehbar – der Manipulation Tür und Tor. Missverständnisse wie die o. e. von Chris sind da die fast unvermeidlich.

    Es gibt aber noch eine dritte Logik: Kybernetik zweiter Ordnung; Selbstreferenz; Denken in Zwei-Seiten-Formen. Das heißt: beide Seiten einer Unterscheidung sprachlich-begrifflich in einer „sorgfältigen logischen Buchhaltung“ (Maturana) auseinander zu halten; dies aber so, dass die Beziehung auf die jeweils andere Seite der Unterscheidung aber „immer schon“ mitgedacht ist. Begriffe, die dies leisten, sind „Autopoiesis“ und „Beobachten“: Autopoietische Systeme und Beobachter (re)produzieren sich selbst als Unterscheidung von ihrer Umwelt, d. h. sie müssen als Einheit eines Unterschieds gesehen werden. Diese Art von Logik irritiert natürlich erst mal, sie zieht uns alle so bequemen Gewissheiten radikal unter den Füßen weg. Mithilfe selbstreferenzieller Logik wird es aber z. B. möglich, Mitgefühl – wie ja oben schon mal angedeutet – als ein DOPPELTES In-Resonanz-Sein zu begreifen: In Resonanz sein mit seiner Umwelt UND mit sich selbst.

    Im klassischen (buddhistischen) Kontext heißt Mitgefühltraining (Metta-)Meditation; d. h. man übt sich darin, mit sich selbst in Resonanz zu kommen, und das heißt primär erst einmal mit seinem Körper, insbesondere dem Atem, ohne ihn kontrollieren zu wollen. Genau dies ist die Quelle von Mitgefühl: sich erst einmal mit seiner EIGENEN Natur zu verbinden, in der sich aber der Bezug auf das Andere immer schon reflektiert. Das meinte ich oben mit dem Ur-Muster.

    Dann stellt sich natürlich die Frage: wer ist dieser Beobachter, der da mit sich selbst (!) in Resonanz ist? Aus welchem „Stoff“ muss ich ihn mir überhaupt denken? Hier beginnen die Fragen, die ich spannend finde. Hier sehe ich auch den Beitrag von Forschungsprojekten wie denen von Frau Klimecki und von Frau Singer. Aber auch unsere Beiträge hier in diesem Forum 🙂

  14. @franz fricz: Mifühlen = Urmenschliches

    Genau dies ist die Quelle von Mitgefühl: sich erst einmal mit seiner EIGENEN Natur zu verbinden, in der sich aber der Bezug auf das Andere immer schon reflektiert. Das meinte ich oben mit dem Ur-Muster.

    Ich stimme Ihnen dort zu – allerdings meine ich, dass Kleinkinder dieses Muster leben. Sprich die Verbindung mit sich selbst ist eigentlich da, nur wird sie dann von der Gesellschaft abtrainiert – denn das fühlende Kind wird von dieser Gesellschaft nicht als fühlendes reflektiert, sondern als zu belehrendes.

    Insofern hatte ich oben auch von einem Rückweg gesprochen – denn eigentlich ist der Mensch bei seiner Geburt in der Anlage Mensch. Nur darf er das nicht sein, denn dieses Menschsein stört die großen Menschen. Und darum muss den Kleinen frühzeitig das Fühlen abtrainiert werden – was allerdings auch das Mitfühlen unterbindet und die Situation damit perpetuiert.

    Damit geht es, wie Sie schreiben um Resonanz mit sich und anderen. Und darum meine ich, dass es nicht um Mitgefühl geht, sondern um mitfühlen – nicht um Haben, sondern um Tun – nicht um Passivität, sondern um Aktivität.

    Zu mitfühlen gab es übrigens nebenan schon einmal eine Diskussion unter einem Beitrag von Michael Blume, ab dem Kommentar hier. Dort hatte ich auch schon geschrieben, dass die von Ihnen angesprochen reine Selbstbesinnung wie im Budddhismus nur ein vermutlich langsamer und unvollkommener Weg zurück ist – denn es fehlt die Beziehung aus der Akzeptanz von Mitmenschen, die Spiegelung im Anderen. Denn um mit Anderen wirklich mitschwingen zu können, muss man auch die Zeichen wieder lesen können…

  15. ausschliessende Zielsetzungen

    Meine besonderen Aussagen muß man mir schon nachsehen (können). Wobei dazu dann doch vielleicht ein erheblicher Anteil “zuviel” Mitgefühl nötig sei – den der normale Mensch heute wohl nicht aufbringen kann. Diesbezüglich sei es dann auch nur logisch, dass man sich wissenschaftlich damit beschäftigt. Aber … es geht eben noch lange nicht an den Kern der Funktion und der Systematik, sodass man darüber öffentlich vernehmen würde und daraus Erkenntnis erlangen könnte.

    Bisher nämlich etabliert sich eine sanft angesprochene Idee vom Bestehen einer Bedingung, die das Individuum und die Gemeinschaft dabei unterstützen könnte, zusammenzukommen. Dabei aber hat die Welt noch nicht begriffen, was es etwa mit den “Spiegelneuronen” auf sich hat. Im einzelnen bin ich recht verblüfft darüber, wie man versucht, ohne Esotherik zu benutzen, diese besonderen Mechanismen zu beschreiben und zu methodisieren. Dabei sei gerade die esotherische Beschreibungswelt ein Schlüssel zur Erkenntnis zumindest über die subjektiven Mechanismen und also eine Fundgrube für Ideen der Systematisierung. Nur “wörtlich” darf man sich den meisten Beschreibungen in der Esotherik nicht annehmen.

    Ganz praktisch und Realitätsnah aber sie zu erwähnen, dass etwa zu viel Mitgefühl in der heutigen Welt nicht erwünscht sei. Hinsichtlich der Selbstständigkeit der Individuen (die es gilt herzustellen) ist die emotionale Abhängigkeit von Mitmenschen dahingehend zu verringern, dass einer überhaupt sich selbst “empfinden” kann (und nicht immer nur alle anderen), sodass hier Wunsch und Wirklichkeit weit auseinanderklaffen. Man bildet sich das “Zuckerbrot” ein und handtiert jedoch mit der Peitsche.
    Mann kann sehrwohl das eine wollen, aber das andere praktizieren… muß sich aber darüber einmal bewusstwerden, sonst münden die Zielsetzungen in die Schizophrenie. Oder gerade och nichts davon wissen? Ist erst die Erkenntnis darüber der Startschuß der psychischen Überlastung?

    Hier ist jedenfalls noch viel Raum für Erkenntnis, die jedoch auch durch viel Potenzial zur Verdrängung von persönlicher Realität verhindert wird. Weswegen ich davon spreche, dass hierbei bisher alle Erkenntnisse banal und Minimalinvasiv gewesen sind, sodass sie mich also erschrecken und entmutigen.

  16. @fricz

    Die Experimente von Frau Klimecki, Ihre Ausführungen und meine Sichtweise sind nicht verschieden, sondern im Prinzip deckungsgleich. Wir unterscheiden uns lediglich dadurch, dass ich behaupte, dass wir keine Erfahrungen/Emotionen ´teilen´ können.
    Durch das Mitgefühlstraining eignet man sich neues Wissen an; z.B. sich zu entspannen, sich in andere Menschen und deren Sichtweise/Gefühle hineinzuversetzen. Und mit diesem neuen Wissensschatz kann man andere Menschen und deren Gefühle besser verstehen. Wenn ich einen anderen Menschen besser verstehe, dann reagiere ich auch viel sensibler – und dies bemerkt/fühlt mein Gegenüber; und reagiert seinerseits darauf (Resonanzverhalten). Worauf wiederum ich reagiere.

    Je besser meine soziale Wahrnehmungsfähigkeit z.B. durch das Mitgefühlstraining gestärkt wird, um so näher wird man sich fühlen. Aber letzlich reagiere ich nur auf Basis der eigenen erlernten Erfahrungen, des eigenen Wissens – d.h. ich ´teile´ nicht, sondern habe durch zusätzliches Wissen besser gelernt, auf andere Menschen menschlich zu reagieren.

    Selbst wenn man scheinbar ´nur´ Atemübungen macht, hat dies bereits einen großen Effekt: Durch Konzentration auf das Atmen drängt man andere (unwichtige, störende) Gedanke beiseite, man ´trennt´ sich von der Umwelt teilweise ab, zieht sich auf sich selbst zurück, dadurch wird das Denken frei für anderes, für wichtiges – z.B. für sich selbst, für Mitmenschen, für Mitgefühl.
    Hier ist eine Stärke der unterschiedlichen (buddhistischen) Meditationstechniken – sie machen den Geist frei von unwichtigem.
    Und hier ist auch die Lösung ihrer Frage – wer der Beobachter ist, der mit sich selbst in Resonanz ist?: Je mehr unnötigen Gedankenballast ich abwerfe, um so mehr bin ich mit mir selbst in Resonanz

  17. @Noit Atiga

    Gefühle kann man Kindern nicht abtrainieren – denn Gefühle sind keine eigenständigen Erfahrungen; sondern Gefühle sind immer nur die Begleiter von Erfahrungen.

  18. @KRichard: Gefühle nicht, Fühlen schon

    Das scheint jetzt vielleich pingelig, aus meinem Verständnis aber grundlegend.
    Gefühle sind etwas bereits Gehabtes, also auf Erfahrungen verweisendes.
    Fühlen aber ist eine Aktivität, die angeboren ist, von der Gesellschaft aber abtrainiert wird – denn sie ist heute oft lästig.

    Kleinkinder aber fühlen nur, sie wissen noch nicht. Ihnen wird aber sehr schnell beigebracht, dass sie nicht fühlen dürfen – weil jedenfalls das die Erwachsenen störende Fühlen mit Zuneigungsentzug bestraft wird. Das Kind muss aber überleben, dazu brauchte es die Fürsorge der Eltern und daher trainiert es sich das Fühlen sehr schnell ab – um wieder Zuneigung zu bekommen und Wärme. Damit konditioniert schon die frühzeitige Entwicklung, wieviel Fühlen denn erlaubt ist und damit auch, welche Gefühle der Mensch denn erfahren kann.

    Biologisch ist das sogar sehr sinnvoll. Denn damit passt sich das kleine Wesen optimal in die Umgebung an. Insofern kein Problem. Das Problem entsteht erst, wenn man die fehlenden Gefühlsregungen oder die Sublimationsformen des Kindes dann als naturgegeben ansieht und als von der Gesellschaft zu korrigierendes Problem. Das Problem ist nämlich die Gesellschaft, nicht das Fühlen des Menschen.

    Insofern haben Sie Recht, wenn Sie an @franz fricz schreiben, dass man Resonanz nur durch abwerfen des Gedankenballastes erreicht. Denn mit diesem Abwerfen kommt die Uranlage des Menschen wieder zum Vorschein: fühlen – mit sich und damit auch mit anderen.
    Und wer zu fühlen vermag, der kann in Resonanz gelangen – auch ohne das Gefühl des Anderen je gehabt zu haben, ohne dessen Erfahrung je gemacht zu haben. Man kann einfach die Wärme mitfühlen die ihn erfasst oder auch die Kälte oder die Angst. Und weil man weiß, dass negatives Fühlen durch Mitfühlen geteilt wird und positives Fühlen durch Mitfühlen verdoppelt – darum gelingt das Verstärken automatisch, ohne Worte…

  19. @KRichard: Ergänzung

    Dass man Gefühle abtrainieren kann, wurde etwa für den Hunger nachgewiesen. Kinder, denen dauerhaft eingeredet wurde, dass sie keinen Hunger haben und darum nicht essen müssen – die verspüren dann auch keinen Hunger mehr, obwohl sie Nahrung brauchten.

  20. @Noit Atiga: fühlen, wissen

    Mit Ihrem Satz ´Kleinkinder fühlen nur, sie wissen noch nicht´ – habe ich Probleme, weil
    1) nachgewiesen ist, dass schon Zwillingsfeten im 14-18. Schwangerschaftsmonat die Geschwindigkeit der Bewegungen ihrer Hände nach dem Ziel ausrichten, welches sie berühren wollen. D.h. bereits hier ist ein planendes Denken vorhanden, welches auf gespeichertem Wissen basiert.
    (Experimente von Prof Umberto Castielle, per Google: Wired to be social: The Ontogeny of Human Interaction)
    2) Ich habe mit meinem Erklärungsmodell für die sogenannten ´Nahtod-Erlebnisse´ nachgewiesen, dass man sich dabei bewusst an Erlebnisse ca. ab dem 20. Schwangerschaftsmonat erinnern kann – und zwar genau in der Reihenfolge, wie sich die Sinne entwickeln: Fühlen > Hören > Sehen (Dokumentiert im Buch ´Near-Death Experiences completely explained´) D.h. hier ist systematisch (hierarchische Reihenfolge) gespeichertes Wissen vorhanden, auch wenn es non-verbaler Art ist (weil noch kein Sprachverständnis vorhanden ist) – dieses Wissen wird lebenslang erinnet (NDEs werden auch noch von älteren Menschen erlebt).
    3) bereits im ersten Tag nach der Geburt verarbeiten Babys gehörte Sprache in unterschiedlichen Gehirnbereichen – je nachdem ob das Gehörte von der eigenen Mutter oder von einer fremden Frau stammt; d.h. sie unterscheiden bewusst.(die Quelle finde ich gerade nicht, wenn ich mich richtig erinnere, führte eine kanadische Forscherin die Messungen durch)
    4) Weil sozial und emotional vernachlässigte Kinder eindeutige Schäden im Sozialverhalten aufweisen. Dies wurde z.B. durch Untersuchungen an Waisenkindern in Bukarest dokumentiert (The Bucharest Early Intervention Project). Man kann sogar messbare Unterschiede (Oxytocin-Spiegel) im Vergleich zu Kindern messen, welche in einer normalen Familie aufgewachsen sind. Damit will ich nicht sagen, dass alle Eltern perfekt sind – aber den Vorwurf, ihnen würde das Fühlen abtrainiert, sehe ich als falsch. Menschen sind soziale Wesen und Babys/Kinder könnten sich ohne ihre Mitmenschen überhaupt nicht entwickeln – d.h. ihnen wird nichts abtrainiert, sondern sie erhalten die Chance, sich zu entwickeln.

  21. @KRichard: Kleine Korrektur & Spekulatio

    Ich gebe Ihnen zu, dass gewisses implizites Wissen auch bei Neugeborenen vorhanden ist. Allerdings betrifft das nicht das übliche zwischenmenschliche Verhalten oder Selbstverständnis und damit auch nicht die Gefühle im selbständigen Leben, sondern nur die Ur-Gefühle aus dem Mutterbauch (was übrigens für die Ansicht von @franz fricz spircht).
    Dass es sich dort aber nicht (zwingend) um bewusstes Erleben handelt, das hatte ich schon nebenan bei Michael Blume auf einen entsprechenden Beitrag von Ihnen dargelegt.

    Vielleicht geht dieses Urgefühl aber noch tiefer – und vielleicht ist das sogar die Begründung für unterschiedliches Fühlvermögen. Im Mutterbauch ist das Kind ja noch nicht isoliert, sondern mit dem Kreislauf der Mutter verbunden. Vielleicht müssen also dort gewisse Grundformen des Fühlens angelegt werden, um sich später entwickeln zu können. Das würde dazu passen, was ich nebenan zum Gehirn-System schrieb (etwa hier und hier): Es kann nur autopoietisch lernen, lernt mit jeder Aktion bzw. jedem Auslesen und weiß darum immer selbst am meisten über sich. Nun ist das Kind aber im Mutterleib kein selbständiges System, sondern über eine zumindest hormonelle Datenleitung mit der Mutter verbunden. Vielleicht wird dadurch (aufbauend auf den Grundgefühlen der Mutter) auch sein Fühlen initiiert – weil Hormone und ihre Wirkungen im Gehirn mit den entsprechenden Außenreizen verknüpft werden. Das würde so manche Unterschiede in Neugeborenen erklären…

  22. Kleinstkinder wissen…?

    @ KRichard @Noit Atiga: fühlen, wissen 13.08.2012, 20:35

    “Kleinkinder fühlen nur, sie wissen noch nicht…”

    -> Damit haben sie Probleme? Sie wollen erklären, dass Kleinstkinder etwas wissen? Irgendetwas werden sie wohl schon wissen. Aber von wirklich Wissen seien sie auf jeden Fall noch weit entfernt – sodass ich über ihren Wissenbegriff bei Kleinkindern also ins Zweifeln gerate.

    Auch denke ich über die Problematik der Gefühle, dass diese erst durch sozialen Umgang “interpretiert” werden können müssen, bevor hier ein ausgepägtes Empfindungsspektrum zur Interaktion verfügbar ist. Das geschieht eigendlich eben vom Kleinkindalter an – muß aber nicht unbedingt zwangsläufig auch stattfinden, nur dadurch, dass Eltern vorhanden sind.

    Punkt 4 würde zudem quasi beweisen, dass den Kindern das Fühlen abgewöhnt worden ist – oder zumindest denen keine Interpretation derer beigebracht wurde. Oder noch anders: Sie wurden desensibilisiert (was einer Abgewöhnung entspräche). Grundsätzlich anzunhemen sei bei den Kindern wohl, dass sie keine soziale Interaktion verfügbar hatten, um ihre Gefühle darin zu interpretieren. Das Resultat könnte sein, dass bei diesen Kindern nur ein arg begrenztes Erregungsmuster “empfunden” wird – meisst wohl in der Art von unangemessener Überreaktion auf unbekannte Situationen und den dabei auftretenen Empfindungen.

  23. @Noit Atiga: Sehr guter Hinweis

    Dass mit den Gefühlen der Mutter und dazugehörigen Hormonen auch das emotionale Erleben des Fetus initiiert, beeinflusst und konditioniert wird, ist ein guter und wichtiger Hinweis und keinesfalls nur Spekulation.
    Im Spiegel 25/2012 wurde in der Titelgeschichte ´Das Leben vor der Geburt´ gezeigt, dass diese Einflüsse in der Forschung aktuell eine immer wichtigere Rolle spielen, weil man erkannt hat, dass sie das ganze spätere Leben beeinflussen können.

    PS: per Google > ´Mama ist die beste Sprachschule´ finden Sie den FOCUS-Beitrag, auf den ich mich vorhin unter 3) bezogen habe.

  24. @Chris: interpretiert – nicht geschaffen

    Auch denke ich über die Problematik der Gefühle, dass diese erst durch sozialen Umgang “interpretiert” werden können müssen, bevor hier ein ausgepägtes Empfindungsspektrum zur Interaktion verfügbar ist. Das geschieht eigendlich eben vom Kleinkindalter an – muß aber nicht unbedingt zwangsläufig auch stattfinden, nur dadurch, dass Eltern vorhanden sind.

    Dort gehe ich mit – das Spektrum der Gefühlskombinationen und die darauf möglichen Reaktionen müssen das ganze Leben über ausdifferenziert werden.

    Aus meiner Sicht aber fühlt das Kind anfangs seine Gefühle und kann Grundgefühle erkennen – denn sonst wäre deren Ausdruck nicht kultur-un-abhängig (Freude, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung). Und Kinder leben diese Gefühle zunächst ganz frei. Die Filterung kommt später über die Bezugspersonen: Wenn dort etwa Schmerz unerwünscht ist, dann wird er nicht mehr ausgedrückt – damit er aber die Psyche nicht zu stark belastet, muss er im Gehirn unterdrückt werden. Langfristig führt das dann dazu, dass er gar nicht mehr wahrgenommen wird.

    Ähnliches gilt wohl auch bei anderen Gefühlen – Kinder lernen einen gewissen Umgang damit und verlernen, was sie nicht fühlen dürfen. Möglicherweise werden dann sogar die Verknüpfungen im Gehirn umgelegt oder gekappt. Beim Sehnerv weiß man das ja. Und dann wäre möglicherweise auch wie dort mancher Rückweg doch irgendwann versperrt…

    @KRichard: Meine Spekulation bezog sich nicht auf den Enfluss dieser Faktoren (der wird derzeit erforscht), sondern auf deren konstituierende Wirkung. Sprich, Manches was dort nicht angelegt wird, das kann möglicherweise später nicht erlernt werden.

  25. @Noit Atiga: anlegen lernen

    Auch hier haben Sie recht. Manches was in einem bestimmten Zeitfenster nicht angelegt wird, kann später nicht gelernt werden.
    Deswegen geht man heute davon aus, dass z.B. eine Schwangerschaft nicht unbedingt harmonisch/schön verlaufen sollte. Das sind dann zu wenig unterschiedliche Reize. Besser ist es, wenn der Fetus schon unterschiedliche Stimmungen der Mutter kennen lernt, weil damit eine breitere Erfahrungsquelle zum Kennenlernen von Emotionen zugänglich ist.
    Nach der Geburt geht das so weiter. Ein Baby auf dessen Wünsche sofort oder gar vorbeugend reagiert wird – ist später nicht/kaum in der Lage eigene Vorstellungen/Wünsche zu entwickeln oder durchzusetzen. Aus diesem Grund heißt es für Eltern, man soll ein Baby erst 1/2 bzw. 1 Minute schreien lassen, bevor man reagiert. Auf diese Weise lernt das Baby, dass/wie sich Anstrengung lohnt und es wird Taktiken entwickeln, seine Wünsche durchzusetzen.

  26. @ Noit Atiga / @ KRichard

    “gefühlt” bin ich mit Ihnen beiden einig.

    Beide bewegen Sie sich aber bisher immer noch ausschließlich auf der empirischen Ebene (also dem WAS wir wissen). Ich argumentiere dagegen, dass das nicht genügt; dass wir für ein angemessenes Verständnis von Mitgefühl auch die Ebene des (verborgenen) Denkrahmens berühren müssen, das “WIE-wir-etwas-wissen”.

    Wir alle denken von dem Moment an, in dem wir “in Sprache” existieren (ist das nun schon im Mutterleib? oder erst wenn wir anfangen zu sprechen?) dualistisch. Denn Sprache ist nun mal durch und durch dualistisch aufgebaut. Und damit denken wir automatisch an der Welt, wie sie wirklich ist, vorbei (buddhistisch: avidya, Nicht-Wissen, Illusion). Da braucht es gar niemanden, der uns das Fühlen abtrainiert, das geschieht ganz von selbst. Zugegeben: empirisch gesehen unterscheiden sich die Gesellschaftsformationen darin, wieweit die Menschen sich das Fühlen “abtrainieren”. Spätestens seit der Moderne hat das heftigst zugenommen.

    Also noch mal an KR: aus welchem “Stoff” ist der Beobachter? und an NA:aus welchem “Stoff” ist denn “die” Gesellschaft? Im Rahmen unseres dualistischen Denkens sind diese Fragen nicht zu beantworten, ohne sich in Aporien oder Paradoxien zu verwickeln. Es braucht einfach einen anderen Denkrahmen. aber wie können wir unser Denken neu denken?? Wer oder was ist das Subjekt dieser Reflexion???

    Im Buddhismus gehört neben der Meditation (samadhi, sozusagen der Selbstbezug)) und einer ethischen Lebensführung (sila, gewissermaßen der Fremdbezug) auch noch Weisheit (richtige Ansicht, richtige Erkenntnis) dazu. Das heißt: Fühlen ist gut, aber es genügt nicht.
    Man braucht aber gar nicht auf den Buddhismus zu rekurrieren. Mit Hilfe selbstreferenziellen Denkens (Maturana, Kybernetik zweiter Ordung) kommt man zu dem selben Ergebnis.

  27. @KRichard — Beobachter und Mitgefühl

    “Je mehr unnötigen Gedankenballast ich abwerfe, um so mehr bin ich mit mir selbst in Resonanz”

    Was heißt das denn: “Ich” bin mit “mir” in Resonanz? mir fällt dazu der Precht’sche Buchtitel ein “Wer bin ich und wenn ja: wie viele?” Der Titel ist ebenso genial wie dümmlich, je nachdem, wie man es nimmt. Er bringt jedenfalls die Aporien gut auf den Punkt, die wir durch unser Denken erzeugen, das – unvermeidlich – auf der unhinterfragten, selbst-verständlichen Basis der Annahme eines festen Selbst operiert.

    Also noch mal: Fühlen allein genügt nicht, um Mitgefühl zu praktizieren und zu verstehen. Es braucht auch Denken, den Beobachter, aber in einem nicht-dualistishcen, nicht-trennenden Denkrahmen.

  28. @KRichard: Ungünstige Perspektive

    Mit der Anlage bin ich ähnlicher Ansicht – aber nach der Geburt geht es um Selbsterfahrung und Selbstformung und damit nicht um irgendeine ‘Erziehung’ seitens der Eltern. Aber schon in der Schwangerschaft halte ich es für falsch, irgendetwas bewirken zu wollen. Das läuft sowieso schief, weil unsere bewussten Intentionen viel zu oberflächlich sind.

    Vielmehr geht es aus meiner Sicht um die übliche Variation im Zusammenleben. Wenn man die Schwangere nicht auf ein Piedestral stellt, sondern (wie von vielen Schwangeren auch intuitiv richtig gewünscht) sie als normalen Mitmenschen ansieht, dann entsteht automatisch eine große Bandbreite an Gefühlen. Und dann lernt das Kind auch die in seiner späteren Umgebung enthaltenen Nuancierungen viel besser als durch irgendeine Planung.

    So auch wenn es einmal auf der Welt ist – Probleme gibt es dort genug zum Lernen. Soweit man das Kind nicht zum Zentrum der Welt macht, wird es auch dort alle erforderlichen Beziehungsformen ebenso lernen und wie den Verzicht. Schon das Abstillen etwa ist ein Verzicht oder das Akzeptieren von Geschwistern etc.

  29. @franz fricz: etwas anders

    Die Empirie ist mir erstmal der Ausgangspunkt einer Wissenschaft – auch wenn ich dort nicht die übliche ‘Rationalität’ fordere, sondern im heutigen Verständnis etwas irrationale Vorstellungen über richtige Wissenschaft habe.

    Und die Empirie zeigt, dass man Kindern schon vor aller Sprache das Fühlen abtrainiert. Denn sorry (insofern gehe ich mit @Chris mit) ein Neugeborenes lebt nicht in Sprache – auch wenn es gewisse Sprachteile kennt. Etwa wenn man sein Schreien nicht für voll nimmt oder wenn man ihm von Außen etwas aufzwingt, wass es nicht erlebt habt. Dort werden dann Reflexe gebildet, die nicht mehr auf Fühlen der eigenen Bedürfnisse ausgerichtet sind – und die damit Handeln und Erleben vom FÜhlen trennen.

    Ich bin aber bei Ihnen, dass letztlich das Kind entscheidet – wie es auf die extenen Reize reagiert. Aber wenn externe Reize auf die meisten Reaktionen des Kindes negativ ausfallen – dann muss es die anderen unterdrücken, denn im Selbstverständnis will es schon von Anfang an Wärme.

    Mit der ‘ethischen’ Lebensführung und der ‘richtigen’ Erkenntnis – da habe ich so meine Probleme. Sie sind beide nicht wirklich menschlich. Und darum ziehe ich insofern Konfuzianismus vor: Leben ist entwickeln mit allen Lebensführungen und mit allen Ansichten. Und Leben ist Fühlen können aller Varianten. Insofern liegt mir das Problem auch nicht in der Sprache – denn wie ich nebenan darlegte kann man differenzieren ohne zu werten. Und das ist in der Selbstreferenz und ihre Erweiterung über jede Variation viel besser angelegt als im Buddhismus.

  30. @ Noit Atiga — in-Sprache-leben

    mit “in-sprache-leben” meine ich nicht “sprechen können”, sondern einen bestimmten Seins-Modus: ein Sein, das auf der Annahme eines Selbst(-Bewussteins) einerseits und der Annahme eines (scheinbar) autonomen sozialen Zusammenhngs (“die” Gesellschaft) basiert. Insofern leben Neugeborene natürlich nicht “in-Sprache” (aber sie tun das jedenfalls schon lange, bevor sie überhaupt “sprechen” könne).

    Das Problem oder Dilemma, in dem wir Menschen grundsätzlich stecken, ist aus meiner sicht: Mitgefühl setzt ein solches “In-der-Sprache-Sein” voraus (Neugeborene kennen daher noch kein Mitgefühl), gleichzeitig aber verhindert die dem menschlichen Sein immanente Spaltung Mitgefühl auch wieder.

    Nota bene: Sprache ist aus dieser Sicht nicht in erster Linie ein Kommunikationmittel!! Sprache ist, wie gesagt ein Seins-Modus, die Art, wie wir menschliche Wesen unser Verhalten konsensuell koordinieren und dabei – quasi hinter unserem eigenen Rücken – uns selbst (als Individuum und als Gattung) hervorbringen.
    Wer das nicht berücksichtigt, landet unweigerlich immer wieder in Dualismen wie Innen / Außen (siehe oben in Ihrem Beitrag).

  31. @franz fricz: Versteh ich nicht

    Zunächst einmal habe ich mit der Terminologie enorme Probleme. Was Sie ansprechen scheint mir eher die Frage eines sich erkennenden Selbstes zu sein, das sich in Beziehung zu anderen Selbsten setzt. Mit ‘Sprache’ oder ‘in-Sprache-leben’ scheint mir das wenig zu tun zu haben.

    Allerdings ist die Erkenntnis- oder Erlebensfähigkeit des Anderen und meiner Distanz zu ihm in der Tat eine Voraussetzung von Mitfühlen – denn sonst kann ich nur fühlen oder nicht. Um aber eine Distanz oder Trennung zu erkennen, braucht es ein Innen und Außen, einen Dualismus. Die Frage ist nur, in-wie-weit dieser Dualismus zwischen Selbsten mental überbrückbar ist.

    Und das wird er nur durch Aufnahme irgendwelcher Entäußerungen des Einen durch den Anderen. Das Innen/Außen wird dadurch aber nicht aufgehoben, sondern eben überbrückt – durch möglichst gleiche Schwingung der Selbste. Sprich durch mitschwingen oder eben mitfühlen.
    Und die Entäußerung der Basisemotionen scheint im Menschen ebenso angelegt zu sein wie die Aufnahme dieser Basisemotionen. Wobei diese Basisemotionen für mich so etwas wie die Vektoren sind, aus denen sich alle anderen Emotionen zusammensetzen.
    Damit aber können wir immer dann am besten mitschwingen, wenn Entäußerung und Aufnahme gleich kodiert sind – und möglichst umfangreich zugelassen. Wobei wohl das Fühlen selbst zumindest gehemmt ist, wenn es nicht ausgedrückt wird – denn entweder ist es gar nicht da oder der Ausdruck muss rational beschränkt werden, was auf das Fühlen zurückwirkt.

    Daraus folgt aber: Alles Rationale alle Sprache ist ünnütz für Fühlen und Mitfühlen. Relevant ist nur das Spüren der eigenen bzw. anderen Schwingung. Und das Andere ist zwar immer außen, verlängert sich bei Resonanz aber ins Eigene. Wobei das im Extrem soweit gehen kann, dass man sich selbst verliert – die Franzosen drücken das mit dem kleinen Tod aus, den zwei Menschen bei inniger Verschmelzung erleben.

  32. korrekt….

    Sprache ist die bedeutenste Sublimierungsstrategie, die der Mensch entwickelt hat…

    Interessant ist hierbei, dass niemand tatsächlich infrage stellt, dass Gefühle etwa normal seien oder jedenfalls in der uns subjektiv erfahrbaren Intensität und Gewichtung anzweifelt.

    Hier scheint unmittelbar die Einsicht zu betsehen, dass Gefühle etwas Grundlegendes seien, von dem man alles weitere herleiten kann. Da ist zwar etwas dran, aber diese Sicht der Bedingungen täuscht über etwas andres hinweg, dass uns bisher offenbar unbekannt ist.
    Ein Hinweis auf besondere Bedingungen sei, dass wir die Gefühle als so wichtig einstufen. Und … uns dabei aber nicht bewusst ist, dass wir uns möglicherweise (so alles normal verläuft) trotz kognitionsfähigkeiten tendenziell zu oft von Gefühlen leiten lassen. Wir werden von ihnen regelrecht gesteuert. Es sei also in dieser Hinsicht durchaus etwa gewollt, dass wir uns die Gefühle abgewöhnen. Das aber geht mit nichten aus eigener Erkenntis und Willen – denn der Wille ist ja schon durch Gefühl determiniert.

    Also hier auch mal vorsichtig nachdenken, wie es also sei… mit den Gefühlen und dem langsamen entschwinden (oder auch schlagartigen verschwinden) der Gefühle…. vielleicht sei hier auch ein ganz anderer äußerer Faktor eine Bedingung.

  33. @chris, @fricz

    @chris: Das mehr oder weniger schnelle Entschwinden von Gefühlen wird durch Gewöhnung bewirkt (Adaption, Habituation) – ein bekanntes Phänomen. Unser Gehirn ignoriert bekannte Reize mehr oder weniger schnell und wendet seine Aufmerksamkeit bevorzugt Neuem zu – dies ist einerseits eine Überlebensstrategie, andererseits will ´das Gehirn´ auch dauernd etwas Neues lernen.

    @fricz: In Buddhismus wird das Ich/Bewusstsein als Illusion betrachtet, da es nur für die Dauer eines Gedankens besteht und ständig aus aktuellen Erlebnissen/Gedanken und dazu passendem gespeichertem Wissen neu gebildet wird.
    Und aus diesen Erfahrungen, diesem Wissen, entsteht auch das Mitgefühl: dabei schließen wir ständig von uns aus (egozentrische Projektion) auf andere Menschen und meinen so, sie verstehen zu können.
    Dualistisches Denken entsteht zwar mit der Sprache, aber nicht durch sie! Sondern Dualismus entsteht, weil wir lernen, uns als Individuum von der Umwelt abzugrenzen (ich, mein, dein, unser, …). Wie stark diese Abgrenzung ist, hängt von der Gesellschaft ab, in der man lebt. So ist z.B. in manchen asiatischen Gesellschaften die Gruppe deutlich wichtiger als das Individuum – deswegen gibt es dort auch andere Denkmuster für Mitgefühl, Weisheit, Erkenntnis als bei uns.

  34. @ KRichard @chris 14.08.2012, 17:48

    Ich meinte den kompletten Verlust aller Gefühls- und Emotionsfähigkeit – nicht eine eventuelle “Umgewöhnung”/ umorientierung. Und dies in weniger, als einem Jahr.

    Und das gehirn kann wohl sicher nichts “wollen” ohne das wir im Bewusstsein dazu etwas getan haben. Ich meine, dass “Wollen” seine Bedeutung nur im Zusammenhang mit dem Bewusstsein erst erhalten kann – wir geben unseren Entscheidungen das Atribut “Wille”. Und das es sich beim Gehirn um ein derart “eigenwilliges” Organ handeln würde, erschliesst sich mir nicht. Sehrwohl aber kann man dem Gehirn eine in diesem Sinne eigene Funktionsroutine unterstellen, die sich unterhalb unserem Bewusstsein abspielt – wovon wir also so genau nichts mitbekommen. ir können es aber nicht den “Willen” unseres Organes nennen.

  35. @ Noit Atiga — … sprache und selbst

    …das ist ja auch wirklich nicht leicht zu verstehen. aber wenn man erst mal angefangen hat es zu verstehen, dann öffnet sich eine ganz neue welt.

    >> “…scheint mir eher die Frage eines sich erkennenden Selbstes zu sein, das sich in Beziehung zu anderen Selbsten setzt. Mit ‘Sprache’ oder ‘in-Sprache-leben’ scheint mir das wenig zu tun zu haben”

  36. Mist…

    …da ist ein Fehler passiert. Der größere Teil meines letztesn Beitrags ist nicht wiedergegeben.
    Heute habe ich keine Lust mehr, vielleicht ein andermal…

  37. @Chris: Märchen

    Der komplette Verlust von Gefühlen und Emotionsfähigkeit ist nicht möglich – denn dann wäre ein Mensch nicht mehr lebensfähig.

  38. Märchen…?

    @ KRichard @Chris: Märchen 14.08.2012, 20:59

    -> An ihrer Aussage möge ja etwas entscheidendes wahr sein. Allerdings … ist mir nicht bekannt, dass man “Verlust von Gefühlen” jemals als Todesursache hätte auf einem Totenschein vermerkt. Und dennoch sterben Menschen und als “Begleiterscheinung” treten keine andere Gefühle als Schmerzen auf.

    Und auch sonst, wie wir festgestellt haben, ist das Empfinden von Gefühlen nicht unbedingt so weit verbreitet, als man aus der Relevanz der Gefühle offenbar vermuten könnte. Es wurde bisher nur “abgewöhnt” benannt, was dazu führt, dass sie nicht mehr vorhanden sind – wie sie es könnten/sollten. Könnte aber für den Verlust der Gefühlsempfindung noch ein anderer Grund verantwortlich sein?

  39. @Chris: Krankheit

    Wenn man bestimmte Emotionen nicht mehr bzw. nicht wahr nehmen kann, so kann dies eine Folge von schwerer Krankheit sein; z.B. Depression. Hier muss ärztliche Hilfe und/oder Verhaltenstherapie in Anspruch genommen werden.

  40. Paradigma…?

    @ KRichard @Chris: Krankheit 15.08.2012, 11:04

    “Hier muss ärztliche Hilfe und/oder Verhaltenstherapie in Anspruch genommen werden.”

    -> Drängt sich unweigerlich auf, denn es scheint ja der Tod zu drohen.

    An entscheidendem Punkt sehe ich das aber anders. Man stelle sich mal vor, es hätte jemand keine Gefühle mehr…. wäre der doch dann nicht mehr abhängig von den Gefühlen anderer…liesse sich nicht mehr beeinflussen. Das wäre ja (fast) undenkbar…oder?

  41. @Chris

    Ohne Gefühle ist ein bewusstes Leben nicht möglich. Aber bei depressiven Menschen ist die bevorzugte Wahrnehmung in Richtung auf negative Gefühle hin verschoben.
    Und weil sich das Spektrum ihrer Gefühlswahrnehmung so stark eingeengt hat, sind sie um so empfindlicher und leichter manipulierbar (weil sie in einer Situation mögliche andere Alternativen nicht erkennen)

  42. Wirkung von Meditation auf Frontalcortex

    Schöner Artikel! Das stützt ja auch die Sichtweise, dass bestimmte Formen von Meditation die Emotionsregulation unterstützen. Es gibt auch interessante Forschung über Probanden, die schon viel Erfahrung mit Meditation haben, z.B. von Lazar et al. (2000).

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