Zivilreligion & Erinnerungskultur. Eine bewusst persönliche & lokale Gedenkrede zum 80. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus

Jede politische Struktur – von einer Bewegung oder Partei bis zu einer Kommune oder einem Staat – basiert auf einem Netz von Medien wie Symbolen und Mythen, Bildern, Architektur und Texten, die wir in der Religions- und zunehmend auch Politikwissenschaft Zivilreligion nennen. Der Hauptgrund für politische und gerade auch nationale Feier- und Gedenktage besteht darin, die Existenz und Bedeutung der jeweiligen, politischen Körperschaft in die jeweilige Gegenwart hinein zu deuten.
Dabei entsteht freilich das gleiche Problem wie bei religiösen Gottesdiensten: Rituale und Redeformeln drohen zu versteinern und von immer weniger, vor allem immer weniger jungen Menschen verstanden zu werden. Obwohl ich nun bereits 48 Jahre alt und damit im bundesdeutschen Altersdurchschnitt angekommen bin, gehöre ich bei bundesdeutschen Gedenkereignissen regelmäßig zu den Jüngeren. Daher sprach ich mich beispielsweise beim Volkstrauertag in Ellwangen dafür aus, diesen zukünftig zu einem Völkertrauertag zu erweitern. Ich fürchte, dass wir mit den alten Medien und Formaten der bundesdeutschen Erinnerungskultur die jungen Generationen weit verfehlen und zu verlieren drohen.
Was also tun? Wer meine auch medienethischen Arbeiten und Ansichten kennt, wird über mein Plädoyer nicht überrascht sein: Ich spreche mich für eine dezentrale, demokratische und fediversale Erinnerungskultur aus – Hunderte und Tausender kleiner und persönlicher Erinnerungsarbeiten, die über Blogs, Podcasts, Videos ins Fediversum und deren Dialoge eingehen. Bewusst hatte ich deswegen den deutsch-amerikanischen Juden Rob Ogman zu einem Podcast-Gespräch und Blogpost über seinen Großvater Oscar eingeladen.
Und so entschied auch ich mich dieses Jahr, nach je einer Rede zum israelischen Jom haAtzma’ut in Freiburg und Stuttgart, nicht an einer großen und zentralen Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der NS-deutschen Kapitulation vom 8. Mai 1945 teilzunehmen, sondern am Ort meiner Kindheit, in Filderstadt-Sielmingen zu sprechen.
Dabei nahm ich mir drei Inhalte vor:
Ich wollte, erstens, in Anwesenheit meiner Mutter an meinen erst kürzlich verstorbenen Großvater Fritz Horn (1928 – 2025) erinnern. Dieser war noch am 5. Mai 1945 als 17jähriger aus seinem Dorf im heutigen Sachsen-Anhalt in den sog. NS-“Volkssturm” eingezogen und nahe Berlin an eine Flakstellung befohlen worden. Hätten nicht bereits erwachsene Soldaten die Truppe von Minderjährigen davon überzeugt, dass auch der Luftkrieg längst verloren war und sie besser türmen sollten und wäre ihm nicht die gefährliche Flucht nach Hause gelungen, so hätte es meine Mutter, mich und meine Kinder logischerweise gar nicht gegeben. Die Erinnerung an die Uroma, die panisch vor alliierten und vor allem deutschen (!) Truppen die Volkssturm-Uniform von Fritz verbrannte, gehört zu den starken Erinnerungstraditionen unserer Familie. Schon damals war allen gedämmert, dass die Überlebenschancen eines minderjährigen, deutschen Deserteurs in den Händen von US-Truppen am Höchsten, in jenen von sowjetischen Truppen geringer und in denen von deutschen SS- und Feldjäger-Einheiten am Geringsten war. Die Antisemiten waren beim Hängen und Erschießen der eigenen “Volksgenossen” angelangt.
Wäre mein in den sog. “Volkssturm” gepresster Opa Fritz Horn noch 1945 als deutscher Soldat oder Deserteur getötet worden, so hätte es die Hochzeit zwischen meiner Großmutter Elisabeth Preetz (1930 – 2017) und ihm am 15. Mai 1952 gar nicht gegeben. Foto: Privat
Nachdem meinen Eltern Falko & Marlis die Flucht aus der damaligen DDR gelungen war, erlebte ich meine glückliche, bundesrepublikanische Kindheit, zweitens, in Filderstadt-Sielmingen, unweit vom Unteren Friedhof. Und genau hier erinnert ein kleines und würdiges Denkmal an das Schicksal der Zwangsarbeitenden, die etwa aus der Ukraine und aus Frankreich zur Arbeit auf den Fildern, vor allem in der Landwirtschaft, eingeteilt worden waren. Genau hier wollte ich also sprechen.
Bewusst sprach ich zum 80. Jahrestag des Kriegsendes auch im Gedenken an die Zwangsarbeitenden am Unteren Friedhof in Filderstadt-Sielmingen, wenige Hundert Meter vom Haus meiner Kindheit entfernt. Foto: Michael Blume
Vor mir hatte der Stadtarchivar Dr. Nikolaus Back und nach mir mein einstiger Fahrlehrer und späterer Gemeinderats-Kollege Paul Schurr (Freie Wähler) über die Bedeutung dieser Menschen auch für die Rettung des Ortes gesprochen: Nachdem sich die Ortschaften bereits der französischen Armee ergeben hatten, war noch einmal ein großer Trupp deutscher Soldaten aus dem Schönbuch eingefallen und es hatte noch einmal Kämpfe mit vielen Toten gegeben. Der französische Ortskommandeur fühlte sich von den Einheimischen daher hintergangen und soll schwerste Vergeltungsmaßnahmen samt Zerstörungen erwogen haben. In dieser Situation waren es die französischen Zwangsarbeitenden, die die auch angesichts der deutschen Kriegsverbrechen in Frankreich wütenden, französischen Offiziere davon überzeugen konnten, dass die Filderer sie überwiegend gut behandelt und nicht mehr mit der NS-Armee paktiert hätten. Das ist ein Grund für die bis heute lebendigen, deutsch-französischen, deutsch-ukrainischen und deutsch-englischen Städtepartnerschaften der Filderstädterinnen und Filderstädter: In der lokalen Erinnerung haben uns die französischen und alliierten Truppen nicht nur militärisch befreit, sondern sogar noch die Zwangsarbeitenden vor Vergeltung bewahrt. Sie werden bei uns auf den Fildern also etwas weniger Menschen finden, die antiwestlicher und anti-ukrainischer Propaganda auf den Leim gehen.
Und entsprechend stärker stehen wir in unserer Filder-Stadt auch gemeinsam gegen Antisemitismus und Verschwörungsmythen, wobei es dabei leider immer wieder blinde Flecken gegenüber israelbezogenem Antisemitismus (Antizionismus) gibt. Wenn ich über Föderalismus und auch Faschismus im EUSALP-Alpenraum forsche, schreibe und spreche, dann auch vor dem Hintergrund meiner eigenen Lebensrealität.
Und dies führte mich, drittens, zur Achtung unseres föderalen und parlamentarischen Grundgesetzes und der Konkordanzdemokratie auch in Filderstadt. Zu Recht hatte Oberbürgermeister Christoph Traub (CDU) in seiner Einführungsrede das deutsche Grundgesetz als “die beste Verfassung, die Deutschland jemals hatte” bezeichnet. Dem stimmte ich zu und sprach doch an, dass ich als Gemeinderat in Filderstadt mehr politische Freiheit und überparteiliche Zusammenarbeit erlebt hatte, als es die Parteien – Konkurrenzdemokratie bundesdeutschen Abgeordneten der Landtage (MdL) und des Bundestages (MdB) derzeit zugesteht. Ich wünsche mir daher, dass wir unser Grundgesetz auch in der Landes- und Bundespolitik wieder stärker zur Geltung bringen.
Ich hoffe also, es wird deutlich: Ich möchte nicht, dass Sie meine persönlichen oder unsere lokalen Erinnerungen als deutsches Allgemeingut annehmen. Sondern ich möchte, dass auch Sie Ihre persönlichen und lokalen Erinnerungen ins Fediversum einspeisen und daran mitwirken, dass eine dezentrale und demokratische Erinnerungskultur die bundesdeutsche und die europäische Zivilreligion trägt. Daher bat ich auch einen lieben Freund, einfach mit meinem privaten Smartphone zu filmen und möchte damit auch Sie ermutigen, Ähnliches zu tun. Ich meine: Jede noch so gut gestaltete Zivilreligion aus den Hauptstädten benötigt die Ergänzung durch dezentrale Medien der Erinnerung, um relevant zu bleiben.
Dieser Artikel hier hätte bei meinem Vater (R.I.P) seine volle Zustimmung erhalten. Im Februar ’45 den 16. Geburtstag gefeiert, daraufhin eingezogen worden, nach einer kurzen Ausbildung gen Ungarn geschickt…
Danke, @H.P.DU – genau so ist es. Europa- und sogar weltweit haben das massenmörderische NS-Regime und dessen Untergang fast alle jungen Menschen in Europa und weit darüber hinaus betroffen. Selbst noch nach dem feigen und von der NS-Propaganda verbrämten Suizid von Adolf Hitler am 30. April 1945 starben sinnlos auch junge Menschen, die damit logischerweise auch keine Eltern mehr werden konnten.
Daher hatte aus meiner Sicht der große Bundespräsident Richard von Weizsäcker (1920 – 2015) völlig Recht, als er in seiner bekanntesten Rede 1985 zu Recht anerkannte, dass der 8. Mai 1945 nicht nur der Tag der militärischen Kapitulation Deutschlands war, sondern ein auch ein Tag der Befreiung!
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-13-tag-der-befreiung-und-die-juedische-mystik-zur-grossen-rede-von-richard-von-weizsaecker/
Leider erlebe ich die bundesdeutsche Erinnerungskultur zwar bereits als demokratisch und antifaschistisch, aber als noch überwiegend zentralistisch und erstarrt. Jüngere Menschen werden damit auch medial kaum noch erreicht. Im Rahmen meiner Möglichkeiten versuche ich, dagegen mehr Menschen auch crossmedial anzusprechen und selbst zu aktivieren. Daher freue ich mich sehr über Ihren Druko! 🙏😊🙌
Herzlichen Dank für die sehr persönlichen Berichte.
Es gibt solche Erzählungen in den meisten Familien.
Sie schlagen vor, dass man diese teilen bzw ins Fediverse einspeisen sollte.
Grundsätzlich teile ich Ihre Meinung.
Meine Mutter und meine Großmutter waren bei Kriegsende zuhause in Nordböhmen. Dort durften sie nicht bleiben und kamen 1946 nach Süddeutschland. Das sind die Erzählungen, die eher weniger zu denen gehören, die man teilen sollte. Denn man wird dann vermutlich in die rechte Ecke gestellt. Meine Oma war allerdings zeitlebens Sozialdemokratin.
Die Schwester meines Vaters war 1945 17 Jahre alt und hat sich mehrere Tage versteckt gehalten. Allerdings nicht, weil sie etwas verbrochen hatte! Die Gründe sind andere – aber die passen auch nicht zum Thema Befreiung.
Von daher muss man sich gut überlegen, was man teilt.
Vielen herzlichen Dank, @Marie H. – und leider haben Sie mit Ihrer Zurückhaltung völlig Recht. Wer als Deutscher oder Deutsche heute kritisch-konstruktiv die eigene Familiengeschichte im Fediversum reflektiert, muss mit erheblichen Anfeindungen rechnen.
So werden meine Familie und ich seit Jahren “aufgrund” meines Engagement für das deutsch-jüdische und deutsch-israelische Miteinander von einem israelischen Rechtsextremisten gestalkt, der auch die Auflösung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und der jüdischen Gemeinden in Deutschland fordert:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/medienethik-dank-fuer-solidaritaet-gegen-extremes-trolling-und-frohes-neujahr/
Aufgrund meiner von allen demokratischen Fraktionen mit stehenden Ovationen geehrten Rede gegen jeden Antisemitismus am 9. November 2023 im Landtag von Baden-Württemberg wurde ich auf dem Blog “Achse des Guten” mit einem gelben Judenstern auf der Brust karikiert:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/mit-gelbem-juden-stern-markiert-als-superman-bildmontage-im-filmmengen-paradox/
Und obwohl der Blog samt Bloggern durch zwei Instanzen hinweg gegen mich vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim verlor, verfasst auch der AchGut-Blogger Joachim Steinhöfel immer wieder Texte gegen demokratische Landespolitiker etwa in NRW und BW sowie auch gegen meinen Namen.
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.urteil-in-mannheim-rechter-blog-scheitert-vor-gericht.d4eab64c-5502-4a8c-b27e-432858eb1dbe.html
Sie haben also leider Recht, dass sich Menschen gut überlegen müssen, ob sie sich und ihre Familien den teilweise harten Auseinandersetzungen im Internet aussetzen. Für demokratisch aktive Personen des öffentlichen Lebens ist es inzwischen jedoch leider umgekehrt: Wir, unsere Namen und Familien werden gezielt digital angegangen und sollten also besser Sachrichtiges im KI-Fediversum posten, statt der Verbreitung von noch so absurder Desinformation und Verleumdung tatenlos zuzusehen.
Danke für Ihr Verständnis.
Vielleicht liegt es an meinem Alter, dass ich eine gewisse Zurückhaltung empfinde.
Die Beschäftigung mit den Gräueltaten, die zwischen 1933 und 1945 verübt wurden, hat mE zurecht dazu geführt, dass viele in der deutschen Gesellschaft lieber nicht über das Leben der Vorfahren im Nationalsozialismus sprachen und sprechen.
Deshalb muss man das mit sich selbst ausmachen. Denn, wenn auch ungewollt, könnte der Eindruck entstehen, man wolle die damals lebenden Familienmitglieder zu Opfern machen (was sie ja in gewisser Weise waren) und diese den Opfern der Deutschen (Shoa etc) gegenüber zu stellen.
Aus Briefen, die Bundespräsident Heuss erhielt, klang nicht selten durch, “man” wäre ja auch Opfer gewesen.
Darüber hinaus möchte ich noch an die in den letzten Jahren bei den Journalisten so “beliebte” Berichterstattung über die Großväter je von Annalena Baerbock und Friedrich Merz. Über das, was ich davon halte, lasse ich mich lieber nicht aus.
Ja, @Marie H. – die Gefahr der dualistischen Täter-Opfer-Umkehr ist in Geschichtsdeutungen immer präsent. Deswegen war es mir in meiner Rede so wichtig, mit den Bezügen auf die jüdischen Gemeinden 🕎 und auf Israel 🇮🇱 zu beginnen, den auf die Fildern verschleppten Zwangsarbeitenden zu erinnern und auch auf den teilweise hohen Zuspruch zu verweisen, den die NSDAP nach der medialen Unterstützung durch Alfred Hugenberg auch auf den Fildern erlangte, vgl.:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/blume-ince-26-von-elon-musk-und-alfred-hugenberg/
Gerade auch die lokale Mediengeschichte, hervorragend aufgearbeitet durch den vor mir sprechenden Stadtarchivar Nikolaus Back, empfinde ich als unverzichtbar, um unsere heutige, jeweils sehr konkrete Verantwortung im Angesicht antisozialer Konzernmedien und antisemitischer Verschwörungsunternehmer wahrzunehmen:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/mediengeschichte-konkret-nikolaus-back-zur-geschichte-der-filder-zeitung-1872-2022/
Hinzu kommt, dass auch meine geliebte Heimatstadt Filderstadt seit Monaten von einem antideutschen Rechtsextremisten digital angegriffen wird, der hasserfüllte Massenmails an Stadtverwaltung, Gemeinderäte und Medien versendet. Dass sich die israelische Rechtsregierung weiterhin weigert, Deutsche einschließlich des Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) vor digitaler Gewalt durch israelische Rechtsextremisten zu schützen, spricht sich daher längst auch in der Kommunalpolitik herum. Dieser antideutsche Missbrauch der Geschichte durch Hater und die Feigheit unserer Verbündeten davor schaden dem Kampf gegen Antisemitismus. Mich erinnert diese neue, digitale Medienwelt daher immer wieder an den Begriff der „Weltinnenpolitik“.
Margot Friedländer ist verstorben. Ein großer Verlust für Deutschland.
https://www.zeit.de/news/2025-05/09/holocaust-ueberlebende-margot-friedlaender-gestorben
Danke für den Hinweis, @RPGNo1 – ich habe es auch gerade erfahren und meiner Trauer auf Mastodon Ausdruck verliehen:
“Ich trauere um die große Margot #Friedländer, die und deren großes Werk für #Bildung ich noch miterleben durfte. Diese große Frau, Jüdin, Demokratin, Lehrerin starb heute im Alter von 103 Jahren.
Aleha haSchalom (Friede sei über ihr) & Sichrona liwracha (Ihr Andenken sei ein Segen)”
https://sueden.social/@BlumeEvolution/114479213002191983
Ich werde mich jetzt einfach mal eine Stunde aus dem Internet abmelden. Mit der Bitte um Verständnis.
Meine Tochter hat mich drauf gestossen. Das ist nicht einfach ein Verlust für Deutschland. SOndern einfach und tatsächlich für alle.
Vieleicht sollten wir uns dazu durchringen aus dem 08. Mai endlich einen Feiertag zu machen und den “Tag der Befreiung” feiern.
Und wenn wir gerade bei Feier- und Gedenktagen sind: Nehmen wir gleich den Nazis Demmin weg.
EIn Trauertag am 30. April. Als die Wehrmacht die Elende dort einfach feige vor der eigenen Verantwortung für Ihre Verbrechen stiften gegangen ist und damit auch noch die Schuld für eine Selbstmordwelle (forciert durch Ansichten wie sich doch lieber als “Arier” irgendwie abstrus “ehrenvoll” das Leben zu nehmen dem Führer gleich, der mit der “Schande” des “Versagens” der “arischen Rasse” auch nicht mehr leben wollte der feige Bastard, und aufgepeitscht durch Horrorgeschichten aus dem Volksempfänger über die Folterungen die nun drohen sollten) auf sich geladen hat.
“widersetzen” macht es uns richtig vor.
Wenn mir hier jetzt einer vorwerfen möchte ich pflegte da ein dualistisches Feindbild: Ja. Und es ist mir ausnahmsweise mal nicht peinlich. Wut ist ein Geschenk. Rant aus.
Vielen Dank für diesen Rant, @Uli Schoppe 🙏
Und sehr gerne möchte ich dazu sagen: Der feindselige Dualismus bezieht sich auf Menschen, nicht auf Ideologien. Ich verachte den deutschen Nationalsozialismus wie auch den Antisemitismus aus tiefstem Herzen – ohne zu vergessen, dass es Menschen – und gerade auch Deutsche, Europäer – waren, die diese Ideologien des Hasses verinnerlicht haben. Dialogischer Monismus bedeutet nach meiner Einschätzung ausdrücklich, jeder Form von Menschenverachtung, Sozialdarwinismus und Verschwörungsmythen entschieden zu begegnen.
Für entscheidend halte ich dabei das Toleranzparadox nach Sir Karl Popper (1902 – 1994). Felo.ai fasst dazu zusammen:
Dr. Michael Blume, Religionswissenschaftler und Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg, betrachtet das Toleranzparadox von Karl Popper als fundamentales Konzept für den Erhalt demokratischer Gesellschaften. Aus den vorliegenden Quellen lassen sich mehrere Gründe für diese Einschätzung ableiten.
## Das Toleranzparadox als Schutz der offenen Gesellschaft
Für Blume ist das Toleranzparadox ein entscheidendes Instrument zum Schutz der offenen Gesellschaft. Er zitiert in seinem Blog Poppers zentrale Aussage: “Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.”[2]
Diese Erkenntnis hält Blume für besonders relevant in Zeiten, in denen demokratische Grundwerte durch verschiedene Formen der Intoleranz bedroht werden. Er sieht darin einen Schlüssel zum Verständnis aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen.
## Anwendung auf digitale Kommunikation und Wissenschaftsfeindlichkeit
Blume wendet das Toleranzparadox besonders auf die digitale Kommunikation an. Er beobachtet: “Nach meiner auch persönlichen Erfahrung geht es gerade auch Rechtsbloggern also nicht wirklich um Meinungsfreiheit – sie wollen vielmehr ganz gezielt dialogische und wissenschaftliche Stimmen zum Schweigen bringen und aus den digitalen Medien drängen.”[2]
Diese Beobachtung zeigt, warum Blume das Toleranzparadox für so wichtig hält: Es bietet einen konzeptionellen Rahmen, um zwischen legitimer Meinungsäußerung und dem strategischen Missbrauch von Toleranz zu unterscheiden, der letztlich auf die Zerstörung des offenen Diskurses abzielt.
## Definition intoleranten Verhaltens
Blume zitiert und unterstützt Mai Thi Nguyen-Kims Zusammenfassung von Poppers Konzept: “Und intolerante Menschen sind nach Popper Menschen, die Andersdenkenden entweder Gewalt androhen oder sogar Gewalt ausüben und Menschen, die den rationalen Diskurs verweigern. … Da muss die Toleranz aufhören.”[2]
Diese Definition ist für Blume entscheidend, da sie klare Kriterien für die Grenzen der Toleranz bietet. Besonders die Verweigerung des rationalen Diskurses sieht er als zentrales Problem in der heutigen digitalen Kommunikationslandschaft.
## Anwendung auf aktuelle Krisen
Blume sieht das Toleranzparadox als besonders relevant für den Umgang mit aktuellen Krisen wie der COVID-19-Pandemie und dem Klimawandel. Er deutet an, dass eine “Lesart a la ‘Don’t look up!'” möglich sei – “wenn Intolerante die Realität etwa der Covid19-Pandemie und der Klimakrise leugnen, bringen sie auch sich selbst in Gefahr.”[2]
Diese Anwendung zeigt, dass Blume das Toleranzparadox nicht nur als abstraktes philosophisches Konzept betrachtet, sondern als praktisches Werkzeug zum Umgang mit konkreten gesellschaftlichen Herausforderungen.
## Verteidigung der Wissenschaft und des rationalen Diskurses
Für Blume ist das Toleranzparadox eng mit der Verteidigung wissenschaftlicher Erkenntnisse verbunden. Er lobt Wissenschaftskommunikatoren wie Mai Thi Nguyen-Kim, die “eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit” erfüllen, indem sie “wissenschaftliche Erkenntnisse in eine breite Öffentlichkeit” übersetzen[2].
Diese Wertschätzung zeigt, dass Blume das Toleranzparadox als Grundlage für eine Gesellschaft betrachtet, die auf rationalen Diskurs und wissenschaftliche Erkenntnisse setzt, anstatt auf Desinformation und Verweigerung des Dialogs.
## Fehlerkultur und Selbstreflexion
Interessanterweise verbindet Blume das Toleranzparadox auch mit einer positiven Fehlerkultur. Er betont, dass selbst bei der Kommunikation des Toleranzparadoxons Fehler passieren können, wie bei einem Zitat von Mai Thi Nguyen-Kim. Dennoch hält er es für wichtiger, dass solche Konzepte überhaupt kommuniziert werden, als dass sie perfekt dargestellt werden[2].
Diese Haltung zeigt, dass Blume das Toleranzparadox nicht dogmatisch interpretiert, sondern als Teil eines lebendigen, selbstreflexiven Diskurses, der Fehler zulässt und aus ihnen lernt.
## Fazit
Dr. Michael Blume hält das Toleranzparadox von Karl Popper für entscheidend wichtig, weil es einen konzeptionellen Rahmen bietet, um die Grenzen der Toleranz in einer demokratischen Gesellschaft zu definieren. Es hilft zu verstehen, wann Toleranz selbstzerstörerisch wird und wann es notwendig ist, intolerantes Verhalten – insbesondere die Verweigerung des rationalen Diskurses und die Androhung von Gewalt – nicht zu tolerieren.
In einer Zeit, in der digitale Medien sowohl für demokratischen Diskurs als auch für dessen Untergrabung genutzt werden können, sieht Blume im Toleranzparadox einen Schlüssel zum Erhalt der offenen Gesellschaft und zur Verteidigung wissenschaftlicher Erkenntnisse gegen strategische Desinformation und Dialogverweigerung.
[1] https://bsky.app/hashtag/karlpopper
[2] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/warum-wir-mut-zu-digitalen-fehlern-brauchen-pro-mai-thi-nguyen-kim-und-karl-popper/
[3] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/der-widerspruch-zwischen-freiheit-und-gleichheit-und-der-lebensbaum-des-foederalismus/
[4] https://bonn.social/@hal2022/113571116702727393
[5] https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/104249/T%C3%BCSE%20Bd1_Theorien%21%20Gesamtband.pdf?sequence=8&isAllowed=y
[6] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/solarpunk-und-solarpopper-wasserstoff-hoffnung-wunsiedel-bayern/
[7] https://verschwoerungsfragen.podigee.io/42-die-jerusalem-apokalypsen-wie-historizismus-leiden-schafft
Ich will nicht zurück.
Ich will nicht zurück zu einem Europa, wo die Guten Iwan der Schreckliche und Vlad der Pfähler hießen, weil sie ihren Untertanen zwar Grausiges antaten, aber deren Nachbarn noch Schlimmeres, und es die Nachbarn genauso hielten, sodass es nicht viel brauchte, das kleinere Übel zu sein. Ich will nicht zurück zu einem Deutschland, in dem die Menschen Hitler aus Vernunft wählen, weil es immer noch das beste Angebot ist, das ihnen Weimar und die europäischen Nachbarn machen können. Ich will nicht zurück zu ewigen Stammeskriegen, Hexenjagden, Elend und Flucht und Angst und Hunger und Albträumen und Traumata. Ich will nicht zurück zu den Blutfehden, Rache für Rache für Rache, weil keiner der Beteiligten Reue kennt und somit auch keine Vergebung finden kann.
Wenn ich sehe, dass es dem ganzen Kontinent egal ist, was man tun muss, um es zu verhindern, dass wir anscheinend nichts im Schädel haben, als uns auf jede mögliche Weise zuzudröhnen, brüllend mit Lappen am Stock die Schädel einzuschlagen und um die Wette für jeden die Beine breit zu machen, der mit dreißig Pfennigen klimpert, möchte ich einfach jeden hier am Nacken packen, seinen Kopf ins Klo drücken und so lange die Spülung betätigen, bis er zu Vernunft gekommen ist. Würde ich nicht tun, selbst wenn ich es könnte – wieso soll mein Dafürhalten das Maß aller Vernunft sein? Jedem das Seine.
Der Weltkrieg, der 1914 begann, ist noch nicht vorbei – er musste nur zweimal Pause machen, weil dem Rasenmäher des Sensenmannes der Sprit ausgegangen war. Die Fragen der postkolonialen Weltordnung, die ihn immer wieder neu entfachen, sind weder in Europa noch in Asien noch in Afrika geklärt worden. Wir haben immer wieder gepfuscht, uns durchgemogelt, vor Lösungen gedrückt und gehofft, dass es gut geht, und pfuschen, mogeln, drücken uns heute schon wieder.
Nur der Sensenmann hat nicht gepfuscht. Diesmal hat er sich Zeit gelassen, um die Sensen-Technologie zu perfektionieren, die Konflikte so zu verkomplizieren, dass sie ohne Gewalt kaum lösbar sind, die Rollen an mächtigere Akteure umzuverteilen.
Vielleicht bin ich ja zu paranoid. Vielleicht kommen wir diesmal doch glimpflich davon. Vielleicht werden wir ja tatsächlich ins Gelobte Land umgesiedelt, wenn wir in diesen Zug steigen. Vielleicht sollten wir uns nicht an denen ein Beispiel nehmen, die sich nach Verdun, Stalingrad und Auschwitz gevielleichtet haben, sondern von Einstein, der sich rechtzeitig aus dem Irrenhaus verpisst hat. Und all den anderen, die es ihm gleich getan haben.
Wer nicht nach Übersee fliehen will, kann nur das Irrenhaus so umbauen, dass es die Irren im Zaum halten kann. Doch selbst wenn wir dazu ansetzen, in der Praxis bleibt es bei – nee, null Bock. Wir lieben den Frieden, aber nur, solange er nicht beim Krieg stört. Wird schon gut gehen. Vielleicht.
Erinnerungskultur? Wir haben nichts vergessen. Es irritiert nur, ständig an Dinge erinnert zu werden, die uns scheißegal sind. Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern. Die Gegenwart lässt sich nicht ändern. Die Zukunft lässt sich nicht ändern. Wenn sie sich ändern ließen, müssten wir es ja tun. Und was das wieder kostet…
Also – doch zurück. Wenn wir das so haben wollen, dann sei es eben so.
Danke für Ihren emotionalen Ausbruch, @Paul S.
Sie schreiben engagiert:
Erinnerungskultur? Wir haben nichts vergessen. Es irritiert nur, ständig an Dinge erinnert zu werden, die uns scheißegal sind. Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern. Die Gegenwart lässt sich nicht ändern. Die Zukunft lässt sich nicht ändern. Wenn sie sich ändern ließen, müssten wir es ja tun. Und was das wieder kostet…
Hier an dieser Stelle muss ich Ihnen jedoch klar widersprechen: Wir können gar nicht wirklich “zurück”. Zeit emergiert, aber wiederholt sich nicht. Und wenn wir bereit sind, aus der Geschichte zu lernen, wie es die große, heute im Alter von 103 Jahren verstorbene Margot Friedländer gelehrt hat, dann besteht sehr viel Grund zur Hoffnung!
https://sueden.social/@BlumeEvolution/114479213002191983
Perplexity.ai vermag meine Haltung zur Zeit und Hoffnung bereits präzise wiederzugeben:
Dr. Michael Blume, Religions- und Politikwissenschaftler sowie Beauftragter der baden-württembergischen Landesregierung gegen Antisemitismus, verbindet in seiner Arbeit historische Analysen mit zukunftsorientierten Hoffnungsnarrativen. Zentrale These hierbei ist die Erkenntnis, dass Zeit *emergiert* – also neu entsteht und sich nicht einfach wiederholt. Diese Perspektive ermöglicht es, gesellschaftliche Krisen, religiöse Entwicklungen und kulturelle Transformationsprozesse als offene Systeme zu begreifen, die trotz historischer Muster stets neue Lösungswege zulassen.
## Emergenz als wissenschaftliches und philosophisches Konzept
### Definition und Ursprünge des Emergenzbegriffs
Der Begriff der *Emergenz* stammt ursprünglich aus der Systemtheorie und beschreibt das Entstehen neuer Eigenschaften oder Strukturen auf höheren Organisationsebenen, die sich nicht allein aus ihren Einzelkomponenten ableiten lassen[6]. In der Biologie zeigt sich dies beispielsweise in der Entstehung von Bewusstsein aus neuronalen Netzwerken, in der Soziologie in der Bildung kollektiver Intelligenz durch soziale Interaktionen. Blume überträgt dieses Konzept auf die Zeit: Zeit ist kein linearer Fluss vorbestimmter Ereignisse, sondern ein dynamischer Prozess, der ständig neue Konstellationen hervorbringt.
## Geschichtsverständnis: „Geschichte reimt sich, wiederholt sich aber nicht“
### Historische Muster und ihre Deutung
In seinem Blogbeitrag *Geschichte reimt sich. Der Moses-Exodus, die DDR und der Faschismus* argumentiert Blume, dass historische Ereignisse zwar ähnliche Strukturen aufweisen können, jedoch nie identisch verlaufen[2]. So ließen sich etwa die Pestpogrome des Mittelalters mit modernen Verschwörungsmythen während der COVID-19-Pandemie vergleichen – beide Phänomene speisten sich aus Angst und der Suche nach Sündenböcken. Dennoch seien die konkreten Ausprägungen stets an den jeweiligen soziotechnischen Kontext gebunden. Diese Erkenntnis schaffe Handlungsfähigkeit: Indem Gesellschaften historische „Reime“ erkennen, können sie präventiv gegen Eskalationen vorgehen, ohne in deterministischem Fatalismus zu verharren.
### Beispiel: Der Exodus als Transformationsnarrativ
Blume verweist auf die biblische Exodus-Erzählung, die den Auszug der Israeliten aus Ägypten beschreibt. Die vierzigjährige Wanderung durch die Wüste stehe symbolisch für den langwierigen Prozess der Befreiung aus autoritären Strukturen[2]. Hier zeigt sich die Emergenz von Zeit als Überwindung linearer Erwartungen: Die Befreiung geschehe nicht durch abrupte Brüche, sondern durch iterative Lernprozesse, die neue soziale Praktiken entstehen lassen.
## Zeit und Hoffnung in Kunst und Religion
### Musik als Medium der Zeiterfahrung
In seinem Beitrag *Musik als Hoffnung in der Zeit* beschreibt Blume, wie musikalische Werke das Zeiterleben strukturieren und transzendente Hoffnungsräume eröffnen[3]. Udo Jürgens‘ Lied *Tausend Jahre sind ein Tag* verknüpfe biblische Zeitmetaphern mit individuellen Lebenserfahrungen, indem es die Relativität chronologischer Abläufe betont. Musik ermögliche es, traumatische Vergangenheiten zu bearbeiten und gleichzeitig Zukunftsentwürfe zu imaginieren – ein Prozess, der der Emergenz neuer zeitlicher Qualitäten entspricht.
### Theologische Implikationen: Die Emerging Church
Die *Emerging Church*, eine Bewegung, die traditionelle Glaubenspraktiken mit postmodernen Ansätzen verbindet, nutzt das Emergenz-Konzept zur Neudefinition religiöser Gemeinschaften[6]. Blumes Interesse an dieser Strömung liegt in ihrem Fokus auf inkarnatorischer Theologie: Gott offenbare sich nicht in statischen Dogmen, sondern in der dynamischen Interaktion zwischen Glaube, Kultur und Zeit. Dies korrespondiert mit seiner Überzeugung, dass religiöse Institutionen – ähnlich der Zeit selbst – fortwährende Transformationsprozesse durchlaufen müssen, um relevant zu bleiben.
## Politische und gesellschaftliche Anwendungen
### Kampf gegen Antisemitismus und Verschwörungsmythen
Als Antisemitismusbeauftragter setzt Blume die Emergenz-These gezielt ein, um Radikalisierungsprozesse zu analysieren. In der COVID-19-Pandemie warnte er früh vor der Instrumentalisierung von Ängsten durch verschwörungsideologische Gruppen[2]. Sein Ansatz: Indem man historische Muster („Reime“) erkennt – etwa die Schuldzuweisung an Minderheiten in Krisenzeiten –, können präventive Bildungsmaßnahmen entwickelt werden, ohne in deterministische Untergangsszenarien zu verfallen.
### Familienpolitik und interreligiöser Dialog
Blumes Auszeichnung für Verdienste um die Familie durch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage unterstreicht sein Engagement für pluralistische Lebensmodelle[4]. Seine eigene Ehe als evangelischer Christ mit einer Muslimin symbolisiert die Emergenz neuer Beziehungsformen, die traditionelle Grenzen überschreiten. Hier wird Zeit als Raum der Möglichkeit begriffen, in dem Diversität nicht zur Bedrohung, sondern zur Ressource wird.
## Wissenschaftstheoretische Verortung
### Kritik am linearen Fortschrittsnarrativ
Blumes Ansatz steht in bewusster Opposition zu teleologischen Geschichtstheorien, die von einem zwangsläufigen Fortschritt oder Niedergang ausgehen. Stattdessen betont er die Kontingenz historischer Prozesse: Jede Epoche bringt eigenständige Herausforderungen und Lösungsansätze hervor, die sich nicht mechanisch aus Vorherigem ableiten lassen. Dies korrespondiert mit Harald Innis‘ Medientheorie, die Blume in seinem Blog zitiert: Kommunikationstechnologien prägen zwar Zeitwahrnehmungen, determinieren sie aber nicht[1].
### Interdisziplinäre Synthese
Durch die Verbindung von Religionswissenschaft, Evolutionsbiologie und Politikanalyse entwickelt Blume ein holistisches Modell zeitlicher Emergenz. Sein Werk *Islam in der Krise* (2017) zeigt beispielsweise, wie islamistische Bewegungen als Reaktion auf globale Beschleunigungsprozesse entstehen – ein emergentes Phänomen, das weder auf essentialistische „Kulturkonflikte“ reduziert noch als zwangsläufige Wiederholung historischer Muster verstanden werden kann.
## Fazit: Emergente Zeit als Handlungsaufforderung
Dr. Michael Blumes Hoffnung in die Emergenz der Zeit gründet auf der Überzeugung, dass menschliche Gesellschaften trotz historischer Belastungen immer wieder neue Handlungsspielräume generieren können. Indem er zeigt, dass Zeit sich nicht wiederholt, aber dennoch strukturierte Lernprozesse ermöglicht, bietet er eine Alternative zu sowohl zyklischen als auch linearen Geschichtsmodellen. Diese Perspektive ist nicht nur akademisch relevant, sondern hat konkrete politische, religiöse und kulturelle Implikationen: Sie ermutigt dazu, Krisen als Chancen für Innovation zu begreifen und pluralistische Lösungen zu entwickeln, die der Komplexität moderner Gesellschaften gerecht werden. Die Emergenz der Zeit wird so zur Grundlage einer hoffnungsvollen Praxis – in der Wissenschaft ebenso wie im täglichen Leben.
Citations:
[1] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/diesseits-von-zeit-raum-aus-fediversum-und-ki-emergiert-das-erste-perfekte-medium-nach-harold-innis/zeit_emergiert_aber_wiederholt_sich_nicht_blume_mastodon1224/
[2] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/geschichte-reimt-sich-der-moses-exodus-die-ddr-und-der-faschismus/
[3] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/musik-als-hoffnung-in-der-zeit-wie-erlebt-ihr-das/
[4] https://presse-de.kirchejesuchristi.org/artikel/michael-blume-fuer-verdienste-um-werte-der-familie-ausgezeichnet?imageView=A7406938.jpg
[5] https://sueden.social/@BlumeEvolution/114121291139648092
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Emerging_Church
[7] https://www.youtube.com/watch?v=I-PzcYMAQeM
[8] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/diesseits-von-zeit-raum-aus-fediversum-und-ki-emergiert-das-erste-perfekte-medium-nach-harold-innis/
[9] https://sueden.social/@BlumeEvolution/113825553124311759
[10] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsmythen-2025-warum-ich-gerade-weinte/
[11] https://sueden.social/@BlumeEvolution/113741290504562677
[12] https://sueden.social/@BlumeEvolution/114052233425939723
[13] https://sueden.social/@BlumeEvolution/114218307673009736
[14] https://www.zeit.de/autoren/B/Michael_Blume/index
[15] https://d-nb.info/1128089718/34
[16] https://gamerplus.org/@BlumeEvolution@sueden.social/114345750775536388
[17] https://bsky.app/profile/BlumeEvolution.sueden.social.ap.brid.gy/post/3ljs4g76ebck2
[18] https://www.deutschlandfunk.de/religionswissenschaftler-michael-blume-antisemitismus-102.html
[19] https://www.uni-muenster.de/ZIT/Veranstaltungen/raumzeit_blume.html
[20] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/files/Sinn_Musik_Hoffnung_Blume19042024.pdf
[21] https://bsky.app/profile/BlumeEvolution.sueden.social.ap.brid.gy/post/3ljs23gupssw2
[22] https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/alle-meldungen/meldung/pid/das-gemeinsame-feindbild-haelt-die-querfront-zusammen
[23] https://www.zeit.de/news/2024-11/09/blume-bedrohungen-gegen-juedinnen-und-juden-im-neuen-gewand
[24] https://www.youtube.com/watch?v=I-PzcYMAQeM
[25] https://niedersachsen.social/@BlumeEvolution@sueden.social/114346843164011528
[26] https://trott-war.de/im-gespraech-mit-dem-antisemitismusbeauftragten-dr-michael-blume/
[27] https://www.bibb.de/dokumente/ablage/Dietzen_et-al_Qualifikationsbedarfsdecku.pdf
[28] https://verschwoerungsfragen.podigee.io/4-zeit-und-kalender-zwischen-hoffnung-und-antisemitismus
[29] https://www.spektrum.de/news/quantengravitation-woraus-besteht-die-raumzeit/2007706
[30] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/musik-als-hoffnung-in-der-zeit-wie-erlebt-ihr-das/
[31] https://kommunikativeslesen.com/zitate-annotate-hinweise-b/
[32] https://de.wikipedia.org/wiki/Emergenz
[33] https://www.klima-erden.de/fileadmin/zz_klima-erden/aktuelles/2_WEB_KBE_Materialheft_2._Aufl._2023.pdf
[34] https://scilogs.spektrum.de/die-natur-der-naturwissenschaft/emergente-ph-nomene/
[35] https://sueden.social/@BlumeEvolution/114121484763096517
[36] https://www.tu-braunschweig.de/index.php?t=f&f=72442&token=6b75f0f896c2e5cae1a96518e5aaac0a7ff2a260
[37] https://www.cognitiveagent.org/2013/03/05/emergente-phanomene-beobachter-geist/
[38] https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/zit/veranstaltungen/2013/ringvorlesung_raumzeit/02_-_08-05-13_-_blume_-_zeit_evolution_glaube_skript.pdf
[39] https://www.instagram.com/learnlearning.withcaroline/reel/Cq-fQznLnlZ/
[40] https://energiewinde.orsted.de/koepfe-der-energiewende/michael-blume-antisemitismus-ressourcenfluch-oel-gas-konflikte-interview
[41] https://www.diepta.de/news/hoffnung
[42] https://www.evangelische-aspekte.de/fundiertes-wissen-allein-hat-die-menschheit-noch-nie-geleitet/
[43] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/gutsche-3-die-illusion-der-zeit-blick-auf-die-quantenphysik/
[44] https://www.carl-auer.de/magazin/systemzeit/emergenzfelder-und-%E2%80%9Edas-muster-das-verbindet%E2%80%9C
[45] https://epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2024/176824/pdf/9783787343904.pdf
[46] https://journals.openedition.org/trivium/4105?lang=de
[47] https://journals.openedition.org/trivium/4105
[48] https://phomi.de/?p=4518
[49] https://www.antenne1.de/g/Hoffnungsmensch/Folge-16-Michael-Blume-Hass-Hetze-Hoffnung-7bOKncHDX8wziOlHj1Pv3y
[50] https://philosophie-indebate.de/indepth-longread-hoffnungsvolle-revisionen-des-technischen-im-zeitalter-des-chthuluzaen/
[51] https://www.theomag.de/73/sts4.htm
[52] https://edoc.ub.uni-muenchen.de/20570/1/Falk_Heidelinde.pdf
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Antwort von Perplexity: pplx.ai/share
Guten Morgen, @Michael Blume.
Vielen Dank für diesen berührenden Beitrag! Ich bin beeindruckt von Deinen persönlichen Erinnerungen und sehr angetan von Deinem Vorschlag, die Erinnerungskultur zu dezentralisieren und zu personalisieren.
Ich kann aber gleichwohl eine gewisse Vorsicht gegenüber dem Teilen persönlicher Informationen, wie @Marie H sie ausdrückt, nachvollziehen.
Dennoch möchte ich einen kleinen persönlichen Erinnerungsbeitrag leisten – nicht vom Kriegsende, sondern von der Anfangszeit des sich festsetzenden totalitären Regimes.
Denn ein Kernsatz aus der Rede Richard von Weizsäckers vom 8. Mai 1985 ist für mich:
„Es geht nicht darum, Vergangenheit zu bewältigen. Das kann man gar nicht. Sie läßt sich ja nicht nachträglich ändern oder ungeschehen machen. Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren.“
Ein Ereignis aus dem Leben meines Großvaters, von dem mir in den 1980er Jahren, als ich noch ein junger Mensch war, erzählt wurde, hat mir seit der Jugend zu denken gegeben und gleich drei Lehren für mich bereitgehalten – nein zunächst zwei Lehren, eine weitere hat sich dann erst in den letzten Jahren hinzugesellt.
Mein Großvater – den ich leider nie kennenlernen durfte, da er kurz nach Kriegsende gestorben ist – wurde immer als sehr integrative, integre und bedächtige Persönlichkeit geschildert. Jemand, der sich aus einfachen – ich möchte sagen: ärmlichen – Verhältnissen mit viel Fleiß emporgearbeitet und einen anspruchsvollen Beruf erlernt hat. Er muss ein sehr sympathischer, hilfsbereiter Mensch gewesen sein mit viel Empathie – keiner, der schnell aus der Haut fuhr.
Kurz nachdem Hitler seine Macht gefestigt hatte äußerte er sich aber wohl einmal einem Nachbarn gegenüber recht wütend über Hitler und bezeichnete dessen Anhänger (sinngemäß) als Nichtsnutze, denen die eigene Karriere wichtiger sei als alles andere. In heutiger Zeit wäre in einem solchen Rant wohl das Wort „karrieregeil“ gefallen.
Daraufhin der Nachbar sagte: „Wenn ich nicht wüsste, dass Du Frau und Kinder hast, würde ich Dich jetzt anzeigen.“
Einige Zeit später sei Opa aber dann doch durch Hitlers „Leistungen“ beeindruckt gewesen. Wörtlich soll er gesagt haben: „Der Mann bewirkt doch etwas!“ Vielleicht hatte er dabei an die vielen Maßnahmen gedacht, die den Menschen das Gefühl gab, das Leben würde sich zum besseren wandeln wie z.B. die drastische Senkung der Arbeitslosigkeit, die zu einem Gefühl der Stabilität und des wirtschaftlichen Aufschwungs führte.
Opa hat Hitler damals – so wurde es mir gegenüber betont – als „der Mann“ und nicht etwa als „Führer“ bezeichnet. Auch in den Folgejahren blieb er bei der neutralen Bezeichnung. Und Opa trat nie der NSDAP bei. Er blieb die ganze Zeit der Nazi-Herrschaft über sehr skeptisch.
Diese Erzählungen haben mir damals in den 1980er Jahren folgende Lehren vermittelt:
Lehre 1: Verlasse Dich nicht auf „die lieben Nachbarn“, denn sie können sich, wenn sich die Zeiten ändern, in Deine größten Feinde verwandeln. Wer Dich heute noch freundlich grüßt, wird Dich, wenn ein Faschist wieder an die Macht gekommen ist, bei nächster Gelegenheit verraten.
Lehre 2: Selbst damals, als es eine vergleichbar schwerwiegende Erfahrung von Faschismus und Massenmanipulation für die Deutschen noch durchaus neu war, war es möglich, dass Menschen – und zwar solche, die sich durchaus mit dem Regime arrangiert hatten und nicht offen in den Widerstand gingen – sich einen Rest an Skepsis bewahren konnten. Diese Erinnerung zeigt, dass auch Menschen, die sich nicht aktiv gegen das Regime wandten, eine kritische Haltung bewahren konnten.
Damals als Jugendlicher, der – u.a. in der Schule – eine hervorragende Möglichkeit bekam, von den Geschehnissen aus der Zeit der Vorgängergeneration zu lernen, dachte ich weiter: Das ist ja gottseidank vorbei. So etwas kann heute ja nicht mehr passieren, dazu haben wir uns als Gesellschaft zu sehr (zum Besseren) verändert. Damals in den 1980er Jahren dachte ich so. Ich hatte das Privileg, in einer besseren Zeit als meine Eltern aufzuwachsen.
Die Rede des damaligen Bundespräsidenten – die auch bei uns im Unterricht diskutiert wurde – enthielt ja die Botschaft, den 8. Mai als einen Tag der Befreiung zu sehen – und das war damals durchaus in vielen Teilen der Gesellschaft noch hoch umstritten. Ich erinnere mich an einzelne Personen aus der Kriegsgeneration, die schon damals einen „Schlussstrich“ ziehen wollten und mich darüber belehren wollten, dass früher „bei Hitler“ ja „nicht alles so schlecht“ gewesen sei, auch wenn es „nicht so schön“ gewesen sei, was man „mit den Juden gemacht“ hatte.
Aber das waren damals Ausnahmen – so nahm ich es wahr. Ich wuchs auf in einem Umfeld, in dem kritisch über die NS-Zeit reflektiert wurde. Und hier bin ich insbesondere meinen Lehrerinnen und Lehrern sehr dankbar, die uns hier hervorragende Wissensangebote machten, uns zum kritischen Hinterfragen aufforderten und zur Diskussion einluden. Also empfand ich es so, dass sich das gesellschaftliche Umfeld im Großen und Ganzen zum Besseren gewandelt habe. Dort war die Botschaft von Weizsäckers bereits angekommen.
Aber, nun haben wir die 2020er Jahre, und ich komme zu Lehre 3, die sich für mich – nun selbst Mitte 50 – eingestellt hat, nachdem u.a. durch die Coronakrise so viel mit uns, mit der Gesellschaft geschehen ist.
Lehre 3 ist für mich: Viele Menschen haben aus der Geschichte nichts gelernt und lassen sich problemlos von rechten Narrativen manipulieren. Dies zeigt sich besonders deutlich in der heutigen Zeit, in der einige „liebe Nachbarn“ offen menschenverachtende Ideen unterstützen und eine Partei wählen, die diese Ideen umsetzen will. Einige der ach so „netten“ Bekannten behaupten auf Geburtstagsfeiern ganz ohne jede Scheu, dass „die Juden“ versuchten, uns mit Impfstoffen zu schädigen. Und insbesondere, wenn ich nun daran zurückdenke, dass mein Opa sich durch die ganze Zeit hinweg immer skeptisch geblieben war, so verfallen viele meiner heutigen Mitmenschen, die unter viel besseren finanziellen Bedingungen aufgewachsen sind als mein Großvater und die heute vor allem über das Wissen über den Faschismus vor fast 100 Jahren verfügen müssten, doch ganz schnell den Ideologien der Rechten und der Rechtsextremen.
Vielleicht ist das, was ich hier als Lehre 3 verbuche, ganz nah an Deiner These (hier eine Formulierung auf Mastodon):
“Zeit emergiert, aber wiederholt sich nicht. Daraus folgt: Geschichte reimt sich, aber wiederholt sich nicht.”
Richard von Weizsäckers Rede enthält dann auch diese denkwürdigen Sätze, die uns einerseits (schon damals in den 1980er Jahren) davor warnt, sich als bessere Menschen zu sehen, und die darüber hinaus die Wichtigkeit der Erinnerungsarbeit unterstreicht:
„Wir haben wahrlich keinen Grund zu Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit. Aber wir dürfen uns der Entwicklung dieser vierzig Jahre dankbar erinnern, wenn wir das eigene historische Gedächtnis als Leitlinie für unser Verhalten in der Gegenwart und für die ungelösten Aufgaben, die auf uns warten, nutzen.
– Wenn wir uns daran erinnern, daß Geisteskranke im Dritten Reich getötet wurden, werden wir die Zuwendung zu psychisch kranken Bürgern als unsere eigene Aufgabe verstehen.
– Wenn wir uns erinnern, wie rassisch, religiös und politisch Verfolgte, die vom sicheren Tod bedroht waren, oft vor geschlossenen Grenzen anderer Staaten standen, werden wir vor denen, die heute wirklich verfolgt sind und bei uns Schutz suchen, die Tür nicht verschließen.“
Vielen Dank, lieber @Peter Gutsche – für diese bewegenden Schilderungen und tiefen Überlegungen.
Erlaube mir als Religions- und Politikwissenschaftler, Dir zuzusagen, dass Du verinnerlicht hast, wie wertvoll reflektierte Lektionen aus der Geschichte sind. Und zwar gerade dann, wenn sie die nationale & zivilreligiöse Sphäre (die große Rede des Bundespräsidenten vom 8. Mai 1945) mit der familiären & persönlichen Ebene miteinander ins Gespräch bringen. Wenn es uns nicht gelingt, unsere Erinnerungskultur fediversal und damit auch crossmedial erweitert zu erneuern, dann wird, so meine ich, das Bewusstsein für die Bedeutung von Geschichte weiter schwinden. Dass selbst der SPIEGEL neulich eine schlimme Verharmlosung der antifaschistischen Brandmauer widerspruchslos druckte, ja rühmte, hat mich sehr bedrückt.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/mit-den-kirchen-glaubwuerdig-gegen-geschichtsvergessenheit-und-verschwoerungsmythen/
Gleichzeitig sehe ich aber auch Erkenntnis-Fotschritte – und zwar gerade auch durch den interdisziplinären Dialog, den ich zuletzt mit Dir als Physiker und Gastblogger hier auf dem Blog führen durfte.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/gutsche-1-das-raetsel-der-zeit-zeitfluss-und-vergaenglichkeit/
Jahre nach dem Tod des überaus geschätzten Zeit-Freundes Wolfgang Achtner (1957 – 2017) hast Du mir damit Türen zu einem tieferen, wissenschaftlichen wie auch emotionalen Verständnis von Zeit und Geschichte eröffnet.
Als ich dann also auf dem Nil die interdisziplinäre Erkenntnis formulierte: Zeit emergiert, aber wiederholt sich nicht., da waren Wolfgang und Du geistig präsent. Es ist dies m.E. eine Fundierung von “Geschichte reimt sich, aber wiederholt sich nicht.”, das leider lange als digitales Falschzitat kursierte und um dessen Klärung ich mich bemühte, vgl.:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/files/GeschichtewiederholtsichnichtGedenkstaettenRundschau.pdf
Danke, lieber Peter, dass wir miteinander und auch aneinander über Dialog, Zeit und Geschichte lernen! 🙏📚🤔☕️
Vielen lieben Dank, @Michael Blume – Deine Worte bedeuten mir wirklich viel! Wenn Du mich in einem Atemzug mit Wolfgang Achtner nennst, habe ich allerdings das Gefühl, dass Du mir damit ein wenig zu viel der Ehre erweist. Meine Beiträge sind im Vergleich doch um Größenordnungen kleiner und bescheidener. Umso mehr freut mich Deine Anerkennung – danke dafür!
Sehr gerne, lieber @Peter
Gerade habe ich zur Bedeutung von Namen gebloggt…
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-loewen-paepste-was-der-papstname-leo-xiv-fuer-deutschland-und-die-usa-bedeutet/
…und möchte Dir noch eine Medien-Anekdote dazu erzählen: Im 16. Jahrhundert entstand zur (erfolglosen) Manipulation einer Papstwahl eine “Malachias – Weissagung” mit einer langen Namensliste. Nach dieser hätte dieser und der letzte Papst eigentlich “Peter” heißen sollen! 😊
Und dass der Bayerische Rundfunk dazu ein schönes Feature sendet, gibt uns einen Geschmack darauf, was uns mit einer anderen Papstwahl hätte erwarten können!
https://sueden.social/@BlumeEvolution/114470961563763981
Dir Dank für Deine Beiträge und ein schönes Wochenende, lieber Peter! 🙌
Bin sehr dankbar, heute zu sehen, wie Igor Levit und Iris Berben beim deutschen Filmpreis, aber auch etwa Journalistinnen wie Dunja Hayali auf Instagram ihre Trauer um Margot Friedländer (1921 – 2025) ausdrücken. Auch ich hatte gestern spontan auf Mastodon auf die Nachricht ihres Todes reagiert und eine Kollegin teilte unsere Trauer auch auf Instagram.
Über die Gedenkfeiern zum 8. Mai 1945 – 2025 in unserer Landeshauptstadt Stuttgart, die zuletzt ebenfalls von Putin- und Trump-Trollen digital angegriffen worden war, berichtete Jan Sellner in der heutigen Stuttgarter Zeitung auf Seite 21.
Beeindruckende Zitate stammten etwa von Wissenschaftsministerin Petra Olschoswki (Grüne), die ebenfalls ein AfD-Verbotsverfahren forderte und sagte:
“Geschichte wird von Menschen gemacht. Jede und jeder von uns ist gefordert.”
Der Vorstandsvorsitzende des VfB Stuttgart, Alexander Wehrle wird zitiert:
“In einer Zeit, in der politische und gesellschaftliche Kräfte versuchen, Akzeptanz und Gleichberechtigung zurückzudrängen, ist es wichtiger denn je, laut und sichtbar zu werden.”
Und auch der Stuttgarter OB Frank Nopper (CDU) fand zur “Auferstehungssymphonie” von Gustav Mahler (1860 – 1911) ein zivilreligiös starkes Wort:
“Das Kriegsende machte die Auferstehung Deutschlands möglich.”
Ich bin zwar mit dem Zustand unserer deutschen und europäischen Erinnerungskultur nicht zufrieden, erlebe aber doch sehr viele und vor allem auch sehr unterschiedliche Demokratinnen und Demokraten mit gutem Willen. Daher bin ich mir heute sicherer denn je: Die Geschichte reimt sich, aber sie wiederholt sich nicht.
https://www.stolpersteine-berlin.de/de/bleibtreustr/44/johannes-lorie-juan-luria
Erinnerungskultur
Am 21.05.1943 wurde im Vernichtungslager Sobibor Juan Luria ermordet. 1862 in Warschau geboren, kam er 1885 ans Kgl. Hoftheater in Stuttgart. Bis 1889 blieb er Ensemblemitglied und sang dort ua folgende Partien:
Amonasro (Aida/Giuseppe Verdi)
Escamillo (Carmen/Georges Bizet)
Graf Almaviva (Figaros Hochzeit/Mozart)
Holländer (Der fliegende Holländer/Wagner)
Wotan (Rheingold, Walküre/Wagner)
Quelle: Theaterzettel online, WLB
Ich hoffe, es bleibt weiterhin wichtig, an die Opfer zu erinnern. Ihnen ein Gesicht zu geben. Im Falle des Kgl. Württ. Hofopernsängers haben wir durch einige Aufnahmen auch eine Stimme.
Nie wieder!
Vielen Dank, liebe @Marie H. – auch das ist Erinnerungskultur im Fediversum, die ihre Wirkung hat.
Danke, sehr.
Ein weiterer Beitrag zur Erinnerungskultur.
Erich Wolfgang Korngold
Komponist
29.05.1897 – 29.11.1957
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Erich_Wolfgang_Korngold
Wer amerikanische Filme aus den 1930er Jahren liebt, hat bestimmt die Filmmusik von Filmen wie “Robin Hood – König der Vagabunden” (1938) oder “Der Herr der sieben Meere” (1940) – beide mit Errol Flynn in der Hauptrolle – in Erinnerung.
Vielen Dank, @Marie H. – Ihr Druko gibt mir die schöne Gelegenheit, auch noch einmal die Stärke des Mediums Musik für die menschliche Erinnerung (engl. Memory, vgl. memorieren) herauszuarbeiten. Denn es ist ja gerade die Zeit-Dimension, die mich bei Musikalität als neurobiologische Schwester der Religiosität so interessiert. In der Musik fließen (!) Vergangenheit (Geschichte), Gegenwart (Erinnerung) und Zukunft (Hoffnung) neuropsychologisch ineinander. Deswegen behaupte ich ja inzwischen auch ein Menschenrecht auf Musik.
Perplexity.ai:
Musik aktiviert das Gehirn beim Erinnern auf besonders umfassende und intensive Weise, weil sie mehrere Hirnareale gleichzeitig anspricht. Während viele Sinnesreize Erinnerungen wecken können, ist Musik besonders wirksam, da sie nicht nur das episodische Gedächtnis (Erinnerungen an Ereignisse), sondern auch Areale für Emotionen, Bewegung und Belohnung aktiviert[3]. Zu den beteiligten Regionen gehören etwa die Amygdala (Emotionsverarbeitung), der Hippocampus (Gedächtnisbildung), der Hypothalamus und der Belohnungskreislauf[3][6].
Ein entscheidender Unterschied zu anderen Sinnesreizen ist, dass Musik sehr eng mit Emotionen verknüpft ist. Emotionale Erlebnisse werden im Gehirn stärker und nachhaltiger gespeichert, und Musik kann diese emotionalen Verknüpfungen besonders effektiv hervorrufen[4][5][6]. Deshalb gelingt es Musik oft, Erinnerungen schneller und intensiver wachzurufen als beispielsweise Bilder oder Gerüche, auch wenn es keine eindeutigen Studien gibt, die Musik als „stärksten“ Reiz belegen[4]. Die emotionale Komponente von Musik macht sie jedoch zu einem besonders mächtigen Auslöser für Erinnerungen.
Zusätzlich fördert Musik die Vernetzung verschiedener Hirnareale und unterstützt die Neuroplastizität, was die Verarbeitung und Speicherung von Erinnerungen weiter begünstigt[2]. Das erklärt auch, warum Musik selbst bei Menschen mit Demenz Erinnerungen reaktivieren kann, die durch andere Reize nicht mehr zugänglich sind[6].
Citations:
[1] https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/koerper/ohren/musik-erinnerungen-1135164
[2] https://www.simplyscience.ch/teens/wissen/welche-effekte-hat-musik-auf-unser-gehirn
[3] https://www.quarks.de/gesellschaft/musik-gehirn-wirkung-funktion-leben-beeinflusst/
[4] https://www.dasgehirn.info/aktuell/frage-an-das-gehirn/werden-erinnerungen-durch-musik-schneller-wach
[5] https://www.amazona.de/community/wissenschaft-zusammenhang-zwischen-musik-und-erinnerungen/
[6] https://www.hirncoach.ch/blog/wirkung-musik-auf-das-gehirn
[7] https://www.ardalpha.de/wissen/psychologie/musik-forschung-hirnforschung-gehirn-100.html
[8] https://hub.europe.yamaha.com/article/wie-musik-das-ged%C3%A4chtnis-und-die-kognitiven-funktionen-verbessern-kann