Wenn Christus in Schwarz-Rot-Gold erstrahlt

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Es war eine PR-mäßig sehr pfiffige Idee des deutschen Generalkonsuls Harald Klein, zum Tag der deutschen Einheit die berühmte Christus-Statue in Rio de Janeiro in Lichtstrahlen der deutschen Nationalfarben zu tauchen.

Foto: Deutsches Honorarkonsulat Vitoria

Die Aktion war mit der (katholischen) Erzdiözese Rio und dem Rektor des 2006 zum Heiligtum erklärten Wallfahrtsortes vereinbart worden. Damit sollte auch Aufmerksamkeit für das im Mai 2013 beginnende Deutschland-Jahr in Brasilien geschaffen werden.

Religionsphänomenologisch stellt es eine Verschränkung religiöser und nationaler (d.h. zivilreligiöser) Symbolik dar, wie es in bzw. für Deutschland selten geworden ist. Was fühlen Sie dabei?

 

Avatar-Foto

Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

13 Kommentare

  1. Ach nein

    Diese Verschränkung sollten wir uns, seit 67 Jahren, abgewöhnt haben.
    Poor little Jesus, mit dir kann man scheints alles machen. Habt ihr das getan für einen seiner geringsten Geschwister?! Vielleicht versteckst dich derweil bei ihnen in den favelas.

  2. Cristo Redentor als Projektionsfläche

    Die (Zitat)“Christus-Statue in Rio de Janeiro” war von Beginn weg auch säkular gedacht, war der Bauanlass doch die hundertjährige Unabhängigkeit Brasiliens.

    Wer an die Christus-Statue denkt, denkt an Rio, wer an Rio denkt, denkt (auch) an die Christus-Statue. Nur darum, weil die religiöse Bedeutung in den Hintergrund getreten ist, ist eine Einfärbung mit den deutschen Nationalfarben überhaupt denkbar ohne allzu stark zu stören und den Gedanken an ungererchtfertigte Einvernahme oder gar Blasphemie aufkommen zu lassen.

    Doch auch als nationales Symbol aufgefasst ist die Projektion der deutschen Nationalfarben auf diese Figur nicht ganz unproblematisch, könnte es doch Nationalgefühle der Brasilianer verletzten.

  3. Was ich dabei fühle?

    Naja, aber ich denke:

    “Als Mensch anfing seine Toten zu bestatten, wurde Mensch zum Mensch. Als Mensch aber anfing auch daraus ein GESCHÄFT zu machen, war alles für’n Arsch, bzw. war der geistige Stillstand seit der “Vertreibung aus dem Paradies” zeitgeistlich-systemrational MANIFESTIERT.”

    “Vertreibung aus dem Paradies” – Metapher für unseren ersten und bisher einzigen GEISTIGEN Evolutionssprung, in die menschenwürdigen Möglichkeiten der Kraft des Geistes der “Gott” ist.

  4. @Martin Holzherr

    Und wenn man an die derzeitigen wirtschaftlichen E- und Affekte denkt, wie solch eine HEUCHLERISCHE Aktion an der Akropolis oder am Petersplatz in Rom ankommen würde, dann …

  5. Schwarz/Rot/Gold auf dem Parthenon

    Jede Nacht das Athener Parthenon mit den deutschen Nationalfarben ausleuchten – und das solange bis die Griechen den letzten Euro an Schulden abgetragen haben. Das wäre in der Tat eine unerträgliche Schmach für Griechenland.
    Zum Glück ist Brasilien nicht auf dem gleichen Kontinent wie Deutschland und die meisten Brasilianer denken im Zusammenhang mit Deutschland wohl nur an ein spannendes Fussballspiel.

  6. Dank an das Honorarkonsulat…

    …der Bundesrepublik Deutschland in Vitoria/Brasilien! Ich hatte als Blogger dorthin gemailt und gefragt, ob ich über die scilogs ein Bild zur Verfügung stellen dürfte – voila, binnen eines Tages kam die Antwort, oben sichtbar.

    Mit entsprechender Bildbeschriftung & Link hierher darf das Bild daher auch weiterverwendet werden. 🙂

    Ein Danke nach Brasilien und an Richard Zinken, der mich auf die Idee brachte, doch mal einfach direkt nachzufragen, sowie an Lars Fischer, der es aus der Ferne einstellte! 🙂

  7. Was ich dabei fühle? – Man kann auch alles übertreiben!

    Aber ich bin eh kein Freund von partiotischem Pathos, bzw. Patritismus ganz allgemein. Deshalb finde ich das ganze reichlich übertrieben. Und vom religiösen Standpunkt her ist es auch unsinnig, weil Christus immer die ganze Welt gemeint hat. – Alle Menschen, unabhängig von der Nation, in der sie leben. Also ist das eine Vermischung von Symbolen, die nichts miteinander zu tun haben. Und deshalb sollte man sie auch nicht vermischen.

  8. Statue und Farben

    Ich fand die Christusstatue schon immer ein wenig “fern des einfachen Volkes”. Zum Glück ist meine Meinung nicht maßgeblich.

    Die Beleuchtung mit den deutschen Farben hingegen finde ich politisch harmlos. Als ich in Brasilien war, musste ich feststellen, dass Deutsche sehr beliebt sind.

    Einzig die Frage, wieviel Energie das verbraucht, muss erlaubt sein. (Ebenso, wie man pompöse Veranstaltungen in Deutschland mit ähnlicher Bestrahlung und Dauerbeleuchtung allgemein kritisch hinterfragen muss.) Da würde mich die Ansicht von Christian Reinboth interessieren, der mehrmals schon gegen Lichtverschmutzung einen Artikel geschrieben hat.

  9. “Was fühlen Sie dabei?”

    Unbehagen. Woher rührt dies? Ich weiß nicht recht, welche Motivation dieser Bestrahlung zugrunde liegt? War es Ausdruck der Freude über die Einheit Deutschlands? Warum aber eine Christus-Statue mit diesen Farben beleuchten? Soll damit dem Gefühl Ausdruck verliehen werden, daß die Geschichte Deutschlands eine wundersame Wendung nahm? Eine Wendung, an die niemand mehr zu glauben vermochte? Christus, der auch dann noch Geschichte zu lenken vermag, wo Jesus vor zweitausend Jahren am Kreuze starb? Sollen solche Fragen die Motivation dazu bestimmt haben? Ich weiß es nicht. Aber das Unbehagen bleibt, denn es könnte sein, daß damit auch eine unheilvolle Verquickung von _Christus_ und Staat stattfindet, die große Geister, zu denen ich _Jesus_ und auch Nietzsche zähle, sicher nicht gutgeheißen hätten.

    “Dort, wo der Staat aufhört, da beginnt erst der Mensch, der nicht überflüssig ist: da beginnt das Lied des Nothwendigen, die einmalige und unersetzliche Weise.” (F.N.)

  10. Bei dieser Aktion ging es um das im Mai 2013 beginnende Deutschland-Jahr IN Brasilien.

    Wenn die Aktion mit dem Land Brasilien und der dort zustaendigen katholischen Kirche abgestimmt war, sollten wir als Deutsche damit kein Problem haben.

    Es geht hierbei nach meinem Verstaendnis um eine voelkerverbindende Aktion und Freundschaft zwischen den Menschen in Brasilien und Deutschland. Was soll daran so schlecht sein?

Schreibe einen Kommentar