Warum Menschen an Einhörner glauben – Forschungsartikel zu einer neureligiösen Bewegung

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Haben auch Religionswissenschaftler Vorurteile? Aber sicher – das wurde mir wieder einmal schmerzhaft klar, als ich vor einigen Jahren auf ein Interview stieß, in dem sich eine junge Frau als “inkarniertes Einhorn” bekannte.

Zwar hatte ich bereits über Engel- und UFO-Glauben geforscht (nicht zuletzt, um die Reichweite von Evolutionsforschung zu testen) – aber der ernsthafte Glauben an Einhörner, Elfen- und Feenwesen erschien mir zunächst spontan als doch einfach… lächerlich. Doch mit diesem emotionalen Vor-Urteil wollte ich mich nicht zufrieden geben. Denn im Gegensatz zu den Kolleginnen und Kollegen der Theologie(n) sind Religionswissenschaftler ausdrücklich dazu angehalten, verschiedene Glaubenstraditionen nicht vorzuwerten, sondern auch über die eigenen Schatten zu springen, um sie historisch und vergleichend zu erforschen und besser zu verstehen.

Einer der bedeutendsten Vertreter dieser “pragmatistischen” Position war der Religionspsychologe und Philosoph William James (1842 – 1910), zu dem die Potsdamer Philosophin Marie-Luise Rathers eine gut besuchte Tagung und einen neu erscheinenden Sammelband (“Warum Religion?”) organisierte. Die Einladung dazu nahm ich zum Anlaß, den (Huf-)Spuren des Einhornglaubens mutig zu folgen. Die weiteren Beiträge des Sammelbandes werde ich einmal extra besprechen, hier finden Sie aber bereits Inhaltsverzeichnis und meinen Forschungsartikel zum Einhornglauben:

Blume, M. (2015): Die Wiederkehr der Einhörner. Eine pragmatistische Analyse einer neureligiösen Glaubensbewegung.
in: Rathers, M.-L. (Hrsg.): Warum Religion? Pragmatische und pragmatistische Überlegungen zur Funktion von Religion im Leben. Verlag Karl Alber 2015, S. 50 – 70

Und wenn man erst einmal zu forschen anfängt, wird es auch schnell interessant: Denn es begegnen einem Einhorn-Symbole eben nicht nur in Buchhandlungen und Esoterikläden, sondern auch in Innenstädten – und sie werden von fast allen von uns vorbewusst seit Jahrhunderten mit Güte, Leben und Heilkraft verbunden (sog. implizites Wissen).

EinhornApothekeWuppertal

Das Einhorn symbolisiert Güte, Leben und Heilkraft. Foto einer Apotheke in Wuppertal, Michael Blume

Und auch in der Populärkultur sind Einhörner tief verwurzelt – Buch und Film über “The last Unicorn / Das letzte Einhorn” sind geradezu vollgesogen mit religiösen Motiven und Metaphern rund um Gut und Böse, Glauben und Zynismus, Tod und Wiedergeburt (“I’m alive! Ich lebe!” – gegen alle Verfolgungen und scheinbare Siege des gehörnten Bösen).

So fand ich schließlich eine neureligiöse, alternative Glaubenswelt um verkündende “Schwestern” wie Melanie Missing und die (oben interviewte!) Julia Jannsen die via Internet, Lesereisen und auf “Einhorn-Sommercamps” nicht nur Vorträge und Produkte wie “Essenzen”, sondern beispielsweise auch Meditationen anboten.

EinhornSommercamp2012

Aus dem Bildarchiv zur Forschung: Logo des Einhorn Sommer-Camps 2013 “in schöner Natur bei Kassel”.
Unten: Teilnehmerinnen & (wenige) Teilnehmer einer “Heilreise in das Land der Einhörner-Meditation” mit Melanie Missing

EinhornMeditation2012Teilnehmerinnen

Die Suche nach den Wurzeln des Einhornglaubens führte dabei zurück bis in die vorchristliche Antike – und die frühchristlichen, griechischen und römischen Übersetzungen der Bibel! Im Buch Hiob aus dem hebräischen “Rem” als “Monoceros” bzw. “Unicornus” übersetzt, wurde das wohl ursprünglich aus dem indischen Nashorn geschöpfte Tier schon im frühen Christentum mit Jesus Christus selbst identifiziert. So schrieb Bischof Basileus im 4. Jahrhundert nach Christus: “Christus ist die Macht Gottes, darum ist er das Einhorn genannt.”

Und so entwickelte sich in der gesamten Christenheit die Symbolwelt des unsterblichen, heilenden, stets vom Bösen bedrohten Einhorns sowohl in der kirchlich-religiösen Kunst wie auch in der “weltlicheren” Minne (Liebesliteratur). “Einhornreliquien” wie Narwalzähne wurden an vielen Fürstenhöfen verwahrt, bis schließlich das römisch-katholische Konzil von Trient 1563 im Zuge der Gegenreformation das sagenhafte Tier aus der kirchlichen Symbolwelt verbannte. Doch es überlebte in der populären, “weltlichen” Erzählwelt – bis hin schließlich zur heute allgegenwärtigen Fantasy. In gewisser Hinsicht bildet der religiöse Einhornglauben also eine Wiederentdeckung mittelalterlich-christlicher Traditionen.

Nach Deutschland kam der Einhorn-Glauben schließlich wieder über die esoterische Literatur aus den USA (v.a. Diana Cooper), wo er sich im Austausch mit esoterischen Engels- und UFO-Glaubensbewegungen entfaltet hatte: Während neureligiös orientierte Männer – etwa in der Unarius-Akademie, bei Scientology, den Raelianern oder dem vulkanisch-jüdischen Segensgruß – häufiger Science-Fiction-Elemente aufgriffen, fanden Frauen magische, spirituelle und religiöse Erfahrungen häufiger im Umfeld von Fantasy-Literatur. Einen zuletzt fördernden, vielleicht gar entscheidenden Schub ermöglichte dabei ausgerechnet das Internet, das die Vernetzung der “versprengten” Glaubenden ermöglicht.

Der Spott der meist männlichen Netizens, die sich etwa in der Spaßreligion vom “Rosafarbenen Unsichtbaren Einhorn” oder im “Angebot von Einhornfleisch (Unicorn meat)” äußern, wird dabei durchaus als Glaubensprüfung eingepreist. Auch das hat es in der Religionsgeschichte – nicht zuletzt im frühen Christentum – bereits gegeben – die allererste bekannte Bilddarstellung Jesu stammt aus einer Spottkarikatur und stellt ihn mit Eselskopf dar.

Schließlich lässt sich auch der Einhornglauben durchaus auf individuelle und soziale Funktionalität hin untersuchen – die er durchaus manchen post-materialistischen, auch von den Kirchen nicht erreichten Glaubenden bietet. In der Summe bleibt mir also nur, William James nachträglich Recht zu geben: Es lohnt sich, auch vermeintlich absurden Glaubensvorstellungen erst einmal wissenschaftlich nachzugehen, sie nach ihrer Religionsgeschichte und ihrem individuellen “Nutzwert” zu befragen. Auch der Einhornglauben lässt sich aus der Perspektive (evolutionärer) Religionswissenschaft gut erforschen, beschreiben und erklären.

Der Forschungsartikel zum kostenfreien Download:

Blume, M. (2015): Die Wiederkehr der Einhörner. Eine pragmatistische Analyse einer neureligiösen Glaubensbewegung.
in: Rathers, M.-L. (Hrsg.): Warum Religion? Pragmatische und pragmatistische Überlegungen zur Funktion von Religion im Leben. Verlag Karl Alber 2015, S. 50 – 70

Avatar-Foto

Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

45 Kommentare

  1. … und sie werden von fast allen von uns vorbewusst seit Jahrhunderten mit Güte, Leben und Heilkraft verbunden (sog. implizites Wissen).

    Dafür müssten die meisten von uns (wer, uns?) mehrere Hundert Jahre alt sein. 🙂

    Wie kann man solch eine Aussage eigentlich belegen? Wie untersucht man das Vorbewusste der Jahrhunderte fast aller? Befragung geht ja schlecht.

    • Kultur wäre hier das Fachwort, es gibt Einhörner aus bestimmter wissenschaftlicher Sicht, die keine naturwissenschaftliche sein kann, weil es dementsprechende Begrifflichkeit gibt.

      Was abär gar nicht so ungewöhnlich ist, denn die Naturwissenschaftlichkeit bearbeitet nur indirekt die Sittlichkeit und diese ist sozusagen für Interessierte für die Bearbeitung offen; Herr Dr. Blume hat sich hier nicht unzulässigerweise als interessiert erklärt und wird absehbarerweise dementsprechend seinen Brei rühren.
      Nichts Schlechtes daran.
      So funktionieren die G-Wissenschaften.

      MFG
      Dr. W (der als Baer (keine German Umlaute bitte) hier auch nicht zu nagen hat, wenn auch nicht als wiedergeborener Bär)

      • Danke & eine “einfache” Frage, @Webbaer – “gibt” es Ihres Erachtens “aus naturwissenschaftlicher Sicht” – Zahlen?

        Und gäbe es Naturwissenschaften ohne Zahlen?

        Bin ehrlich gespannt… 😉

        • @ Herr Dr. Blume :
          Es gibt, für einige vielleicht überraschend, Einhorn-Bestandszahlen, regional und global nehmen diese den Wert Null an.
          Insofern könnte eine derart empirische Naturwissenschaft von der Nichtexistenz von Einhörnern ausgehen wollen, jedenfalls in den geschilderten Biotopen.
          Also, was ganz unten so in den Weltmeeren passiert, könnte “einhorn-verdächtig” bleiben, korrekt.
          Insofern scheint die Einhorn-Forschung mit der kontrafaktorischen Geschichtsforschung zu vergleichen oder Geisteswissenschaft zu sein.

          MFG
          Dr. W

          • @Webbaer

            Ja, wer über Vorstellungen, Ideen und “Existenzen” von Zahlen, Rechten und überempirischen Wesen forscht, erkundet Geistiges.

            Dass das manche empört, die das Universum lieber um das Geistige kürzen wollten, kann ich verstehen. Eine der Aufgaben dieses Blogs ist es, die Klügeren unter den Reduktionisten zum Nachdenken einzuladen. 🙂

          • Eine der Aufgaben dieses Blogs ist es, die Klügeren unter den Reduktionisten zum Nachdenken einzuladen.

            Was Ihnen zweifelsfrei auch gelingt, werter Herr Dr. Blume, was vielleicht noch besser gelingen könnte, wenn dies noch sachnäher und wertfreier angegangen würde, Sie liegen schon ganz richtig, alles, was gedacht und formuliert worden ist, sozusagen im Volksgebrauch vorkommt, lohnt der (geistes)wissenschaftlichen Betrachtung.
            Soll eben wertfrei beschrieben werden und versucht werden zu verstehen, ohne Partei zu ergreifen, ohne jetzt bspw. “rechte” [1] Esoterik oder “linke” oder andere gut oder schlecht zu finden.

            MFG
            Dr. W

            [1]
            Die Metaphoriken “rechts” und “links” sind Sitzordnungen geschuldet, bei den Linken wird zumindest geahnt es mit kollektivistischen Strömungen zu tun zu haben, bei “rechts” wird weniger geahnt, außer vielleicht der Konservativismus, der sich aber relativ stellt, wie bspw. auch der Progressivismus, der bewahren will und ansonsten sozusagen innen hohl ist.

          • Hey, @Wehbaer – Sie selbst haben zu smdenem gehört, die mich immer wieder darum baten, mehr rauszugehen, auch Position zu beziehen.

            Und es stimmt ja: Leisetreterei gibt es genug, unsere so gerne geschmähte Denokratie braucht auch ein paar Fürsprecher. Mir macht es so Freude und Sinn. 🙂

          • @ Herr Dr. Blume :
            Jaja, schon gut, also no prob, Sie dürfen gerne weitermachen, die Esoterik und insbesondere ihre Betrachtung bleibt OK; die Aufforderung ‘noch ein wenig mehr aus sich herauszugehen” ist bei Ihnen wohl ohnehin nicht erforderlich (gewesen, sollte sie vom Schreiber dieser Zeilen tatsächlich erbeten worden sein), andere Inhaltegeber dagegen sind so womöglich ein wenig durcheinander gebracht worden, also durch diese Aufforderung, beispielsweise der hiesige werte Landschaftsökologe…
            >:->

            MFG + weiterhin viel Erfolg,
            Dr. W

    • @user unknown

      Es stimmt natürlich, dass nachträgliche Befragungen mittelalterlicher Mitteleuropäer “schlecht gehen” 🙂 – allerdings haben wir mehr als ausreichend Texte, Bilder und Plastiken, die auf ein implizites Wissen über das “Wesen” von Einhörnern verweisen. Wappen und (später) Apothekenschilder gehören dazu.

      Ein modernes Beispiel für die (Selbst-)Organisation von implizitem Wissen bilden z.B. UFOs und Aliens, deren Formen heute schon in Grundschulen abgerufen werden können. Vgl.:
      http://www.blume-religionswissenschaft.de/pdf/UFOReligionenBlumeJUFOF175.pdf

      • Also einzelne Abbildungen belegen ein vorbewusstes Verbinden von fast allen? Wie das?

        Hier wird mit unklaren Begriffen jongliert, auch “implizites Wissen” ist wohl vor allem ein maximal unscharfer Begriff mit dem sich alles und nichts sagen lässt. Was soll das sein? Ein Wissen mit dem man zur Welt kommt, dass einem nicht beigebracht werden muss? Hat das jeder? Lässt sich irgendwie belegen dass jemand implizites Wissen hat und ein anderer nicht hat?

        Wenn das Erzeugen einer Grafik oder Skulptur der Beweis für implizites Wissen ist, woher weiß man, dass es keine explizite Phantasterei ist? Wie kommt es zustande?

        Kann ich irgendwie feststellen ob ich auch implizites Einhornwissen habe? Wenn das vorbewusst ist, dann ist es ja nicht ganz trivial das bewusst zu machen, oder doch? Der Begriff “vorbewusst” wird wohl nicht im freudschen Sinne verwendet – in welchem sonst? Oder ist das nur eine spontan ausgedachte Formulierung, womöglich selbst implizites Wissen?

        • @user unknown

          Mir scheint, Sie lesen in den Begriff des “impliziten Wissens” etwas viel hinein. Gemeint ist nicht mehr und nicht weniger als kulturell vermitteltes Wissen, das für die meisten Angehörigen einer Kultur abrufbar ist, ohne dass dazu eine einzelne Quelle “explizit” bewusst gemacht werden muss oder kann.

          Wenn wir also z.B. Begriffe wie Einhorn, UFO oder Handy verwenden, rufen wir bei anderen implizites Wissen ab, das sich weitgehend mit unserem eigenen decken wird. Und kultur- bzw. religionswissenschaftlich lassen sich die Formations- und Kanonierungsprozesse solchen Wissens natürlich empirisch-historisch erforschen.

          Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

          • Ist “implizites Wissen” also nur ein aufgeblasener Begriff? Wenn ich mit Ihnen über “Butter” rede, dann gehe ich auch von einem gemeinsamen Begriff oder einer gemeinsamen Vorstellung von Butter aus, nicht wahr? Wissen insofern, als Sie wahrscheinlich wissen, dass Butter ein Brotaufstrich ist, aus Kuhmilch produziert, wohlschmeckend, nährstoffreich. Ob Sie zu den Heerscharen ängstlicher Cholestrinfürchter gehören oder nicht weiß ich natürlich nicht. Meines Erachtens haben Sie entweder dieses oder jenes Wissen zu Butter oder haben es nicht – eine Entschuldigung für das Attribut “implizit” sehe ich nicht. Was das mit der Anzahl der Quellen und der Zuordnung des Wissens oder Glaubens zu Quellen zu hat erschließt sich mir nicht. Das betrifft das Wissen ja nicht, sondern das Wissen über das Wissen. Die Farbe und den Geschmack von Butter habe ich auch aus erster Hand, aber gut – die Butter geht ja auf mein Konto.

            Was also wäre implizites Einhornwissen? Ich weiß quasi nichts über Einhörner sondern halte sie für reine Hirngespinste. Die Idee des Einhorns ist aber etwas anderes als das Einhorn. Einhornwissen ist ein Quatsch. Wissen über Bismarck kann ich haben. Das mag nicht immer korrekt sein, aber was ich zu Bismarck weiß, weiß ich konkret, explizit.

            Die Idee des Elephanten ist etwas, was auch von einzelnen, konkreten Elephanten absieht und über das Abstraktum kann ich sagen, dass der Elephant als solcher grau ist, groß, gemessen an lebenden Säugetieren, v.a. in Afrika und Indien vorkommt. Es gibt auch Elephanten im Legendenschatz der Völker, in Märchen und Mythen, nicht zuletzt den ostfriesischen Ottifanten.

            und sie werden von fast allen von uns vorbewusst seit Jahrhunderten mit Güte, Leben und Heilkraft verbunden (sog. implizites Wissen).

            Also das weiß ich nicht, und behaupte das weiß auch sonst keiner, weil EInhörner keine besonders prominente Rolle in unserer Kultur spielen. Güte? Da niemand mit Einhörnern in Kontakt treten kann gibt es nie Gelegenheit für Güte. Auch von Heilkraft habe ich nie was gehört. Weder explizit, noch implizit.

          • @user unknown

            Ja, auch “Butter” ist ein hervorragendes Beispiel! Es erscheint uns als sicher, da es zu unserem Alltag gehört – aber für Angehörige anderer Kulturen kann z.B. Butter aus Ziegenmilch gängig, das implizite Wissen über Herkunft, Aussehen, Geschmack unterschiedlich sein. Und ein Kulturwissenschaftler könnte erforschen, wie sich etwa durch Medien & Werbung das implizite Wissen verändert (bzw. verändern lässt, Marketing).

            Noch spannender sind natürlich implizite Wissensbestände über Ideen. Wahrscheinlich teilen wir beide das implizite Wissen darüber, dass Folter ein “Verstoß gegen die Menschenrechte” darstellen – auch wenn wir die konkreten Artikel erst (explizit) nachschlagen müssten.

            Natürlich könnte uns ein Jurist widersprechen – oder leugnen, dass es Menschenrechte überhaupt “gibt”.

            Mir scheint, dass Sie einen positivistischen Wissensbegriff verwenden (Wissen = “wahr”), während ich den Begriff einfach deskriptiv verwende. Es unterscheidet sich also unser implizites Wissen über “Wissen” (das auch eine nichtmaterielle Idee ist!) – und dass ist nicht irrelevant!

            Danke für die gute Debatte!

        • @ user unknown ;
          ‘Vorbewusst’ und ‘implizites Wissen’ müssten hier und im WebLog-Artikel Synonyme oder Codes für esoterische Erkenntnis gewesen sein.

          Niemand schreibt gerne direkt esoterisch (vs. exoterisch, dort wo jeder mitmachen kann, a.k.a. moderne Naturwissenschaftlichkeit) vorzuhaben.

          Nichtsdestrotrotz ist esoterisches Bemühen, das nicht umsonst im Geisteswissenschaftlichen ausgelagert ist, nicht wertlos, sondern prägt das Primatenhirn wie das Primatenverhalten seit Langem. [1]
          Streng genommen musste in einem Prozess, der Aufklärung genannt worden ist, das Exoterische erst herausgearbeitet werden während das Esoterische seit jeher natürlich war.

          MFG
          Dr. W

          [1]
          Vieles ist nicht naturwissenschaftlich greifbar und unterliegt auch nicht zwingend systematisierbar den Geisteswissenschaften.
          Sie selbst sind hier sicherlich auch dabei, wenn Sie private Erkenntnis (vs. Wissen – das Wissen ist absolut oder losgelöst und es gibt streng genommen kein Wissen, sondern eben E.) pflegen und theoretisieren, wobei Sie dabei nie ein Niveau erreichen, das fähig zur Publikation wäre.
          Sei es die Bevorzugung bestimmter Gegenstände oder Personen, seien es bestimmte metaphysische Überlegungen…

  2. Lieber Herr Blume,
    vielen Dank für diesen Artikel.Eine Anmerkung: Zurzeit läuft auf Kika die Serie “Mia and me”, von der meine vierjährige Tochter sehr begeistert ist. Auch hier spielen Einhörner (gewissermaßen in der Kuschelvariante) eine große Rolle.

    • Vielen Dank für Ihr Interesse, Herr Heitmann-Möller!

      Ja, einige Folgen “Mia and me” habe ich mit meiner Tochter inzwischen auch angesehen: Mädchen als Hauptheldinnen und Zielgruppe, zwei Welten (eher dröger Alltag vs. farbenfroher Mythenwelt), ein “heiliges Buch”, das Zugang zu Centopia eröffnet und ein interkultureller Mythenmix rund ums Einhorn von Elfen über Homunkuli bis zum griechischen Pan – sowie der Jagd nach Liebe, Erlösung und Unsterblichkeit. Es deutet also einiges darauf hin, dass das Einhorn auch in kommenden Generationen lebendig bleibt – mit oder ohne uns Väter! 😉

  3. Haben Religionswissenschaftler Vorurteile? – ja selbstverständlich haben gläubige Religionswissenschaftler Vorurteile. Gibt es ungläubige Religionswissenschaftler? Deshalb zweifle ich erheblich an deren Objektivität und manchmal auch an der Wissenschaftlichkeit. Empirische Forschung bedarf immer der Interpretation, wie jede andere Forschung auch, und jede empirische Forschung bildet immer nur einen kleinen, subjektiv wählbaren Ausschnitt der Wirklichkeit ab, z.B. zeitlich die Gegenwart, räumlich das eigene Land oder ideell den Kulturkreis.

    Wertfreie Wissenschaft ist ein schönes Ideal, aber nicht die Realität. Darüber gibt es wahrlich genügend Literatur. Selbstverständlich ist Objektivität nicht mit Wertfreiheit zu verwechseln, aber es gibt starke Überschneidungen. Es trifft die Naturwissenschaften genauso wie die Geisteswissenschaften. Darüber sollte man sich nicht täuschen lassen. Andererseits gibt es gute Kriterien, um Wissenschaft von Glaubenslehren oder Esoterik zu unterscheiden und Vorurteile zu erkennen.

    • Schon weil Glaubende häufiger zu Theologie(n) tendieren, sind sogar die meisten Religionswissenschaftler nichtgläubig, lieber @Anton Reutlinger. Mein Doktorvater Günter Kehrer war und ist sogar ein bundesweit bekannter Religionskritiker, hier haben wir beide zu einem Diskussionsband beigetragen:
      http://groups.uni-paderborn.de/ewe/index.php?id=137

      Auf dem Blog haben wir das Thema auch schon verschiedentlich diskutiert, da waren Sie leider noch nicht “da”.
      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/d-rfen-religionswissenschaftlerinnen-k-einen-glauben-bekennen/

      Ihren Ausführungen zu “wertfreier Wissenschaft” stimme ich i.Ü. ausdrücklich zu.

      • Zwischen Glaube an eine bestimmte Religion und theistischer Religiosität ist ein Unterschied, das steht außer Frage. Religionskritik bedeutet also noch nicht Atheismus, ganz im Gegenteil waren die bedeutendsten Religionskritiker selber Theologen. Allerdings ist diese – christliche oder katholische – Religionskritik immer verpufft und diese Kritiker wurden von Kirche und Staat gemeinsam kaltgestellt. Luther war eigentlich nichts anderes als Religionskritiker, mit immensen Folgen allerdings, somit eine Ausnahme.

        Ich möchte behaupten, ohne es empirisch zu beweisen, dass Atheisten kaum Neigung verspüren, Religionswissenschaftler zu werden. Vielleicht werden sie es im Verlauf des Studiums oder der Berufstätigkeit. Jedem Religionswissenschaftler würde ich folglich zumindest Religiosität unterstellen, was an sich nicht verwerflich ist. Nur den Zweifel an der Objektivität oder Vorurteilslosigkeit gläubiger Religionswissenschaftler lasse ich mir nicht nehmen, bei Ihren Publikationen und Äußerungen im Blog sehe ich ihn bestätigt. Vorurteile können auch unbewusst zur Wirkung kommen.

        • Ja, @Anton Reutlinger – in der religionswissenschaftlichen Praxis können sowohl positive wie negative Vorurteile zum Tragen kommen – denken Sie nur an den “Orientalismus”-Streit! Der beste Weg, um damit umzugehen, ist m.E. die innere Vielfalt der Fachvertreter und den offenen Diskurs zu fördern, gleichzeitig aber auch auf gegenseitige Unterstellungen zu verzichten. Mein Doktorvater hat m.E. trotz seiner erklärt religionskritischen Haltung hervorragende Religionssoziologie betrieben und ich habe bei ihm sehr, sehr viel gelernt.

          Und, wie geschrieben: Wenn sich religiöse Menschen sehr für religionsbezogene Fragen interessieren, so stehen ihnen theologische Studien mit erkennbaren Berufsperspektiven (z.B. als Geistliche oder Religionslehrende) offen. Manche nehmen dann Religionswissenschaft als Nebenfach hinzu. In der Religionswissenschaft als Hauptfach sind daher häufiger nichtreligiöse Menschen bzw. Religionskritiker zu finden, bisweilen auch Aus- und Umsteiger aus den Theologien. Ebenso gibt es einen sehr hohen Anteil von Studierenden und Lehrenden mit einer Faszination für fernöstliche und “exotische” Religionstraditionen. Wir sind ein ziemlich bunter Haufen! 🙂

  4. Auf dem Foto sind ca. 70 Personen. Esoterische Wochendendseminare kosten um 150 bis 200 Euro pro Person – das macht in der Summe brutto 10500 – 14000 Euro. Dazu kommen Einnahmen aus dem Verkauf von Büchern/Objekten.
    Nach Abzug vonSteuer/Unkosten bleibt so ein Betrag übrig, dass man den Rest des Monats nicht mehr arbeiten braucht. An Einhörner zu glauben – oder so zu tun – ist für einen Veranstalter eine lohnende Glaubensvorstellung mit einem netten ´Nutzwert´.

  5. “aber der ernsthafte Glauben an Einhörner, Elfen- und Feenwesen erschien mir zunächst spontan als doch einfach… lächerlich.”

    Hm, den Glauben an ein Lebewesen, welches es biologisch gesehen immerhin durchaus geben könnte, wird als “lächerlich” empfunden. Vollkommen vernünftig.
    Konsequenter Weise muss man dann den Glauben an ein allmächtiges Wesen, eine noch viel extremere Vorstellung als ein Einhorn, als noch wesentlich absurder und lächerlicher einordnen.

    • Genau, deswegen dürfen wir es uns nicht so leicht machen, @Elvenpath. Die religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen, die sich in (Sub-)Kultur A breitere Anerkennung erworben haben, mögen schon in (Sub-)Kultur B als völlig “lächerlich” erscheinen (z.B. der Glauben an eine dreifaltige Gottheit, an “den Zufall” als Quelle allen Seins u.v.m.). Deswegen dürfen Sie nach Herzenslust diesen oder jenen Glaubenshinhalt ab- oder aufwerten, als Religionswissenschaftlerinnen dürfen wir es uns aber nicht so einfach machen.

      • Das heißt, Sie gehen genau in die entgegengesetzte Richtung.
        Statt den eigenen Glauben genau so zu hinterfragen, und mit genau der gleichen Vernunft zu beurteilen, wie den Glauben an ein Einhorn, wollen Sie lieber die andere (vollkommen richtig als “Lächerlich bezeichnete) Vorstellungen von Einhörnern als valide Möglichkeit akzeptieren.

        Sind Sie als Religionswissenschaftler denn gezwungen, Vorstellungen von übernatürlichen Dingen bierernst zu nehmen, um ihre Forschung zu betreiben?

        • Religionen versuchen, u.a. unter Berufung auf Gott/Götter als höhere Instanz, dafür zu sorgen, dass bestimmte gesellschaftliche Regeln/Werte eingehalten werden. Diese Gemeinsamkeit fördert das soziale Miteinander von Menschen.
          Gott/Götter ist somit ein ´Mittel zum Zweck´ damit die Menschen gut miteinander auskommen. Einhörner dagegen sind keine Grundlage von verbindendem Sozialverhalten.

          • Für die Gläubigen untereinander können Einhörner aber eine Quelle verbindenen Sozialverhaltens sein. Dies gilt natürlich nicht für Außenstehende, aber das teilt diese Form des Glaubens mit Anhängern anderer religiösen Gruppen, die die jeweils gewählte Form des Sozialverhalten des Öfteren von der religiösen Zugehörigkeit des Gegenüber abhängig machen. Im Falle des Glaubens an Einhörner ist die Gruppe natürlich kleiner und vermutlich gibt es weniger etablierte Regeln als bei etablierten Religionen.

          • Meine Ausgangsthesen lagen näher bei @KRichard, die Befunde haben dann jedoch klar für die Thesen von @libertador gesprochen, so dass ich ihm heute Recht geben müsste. 🙂 Ich war z.B. überrascht, wie sich durch den Glauben an “reinkarnierte Naturwesen” auch familiäre Brüche bearbeiten lassen – beispielsweise mit der “Entdeckung”, dass die neue Partnerin des Vaters auch eine Mutter “aus einem früheren Leben” gewesen sei. Oder dass die eigenen, schwierigen Kinder eben “Sternenkinder” mit einem besonderen Auftrag an unsere “kalte Leistungsgesellschaft” seien. Der ausführliche Bericht mit diesen und weiteren Beispielen ist ja oben verlinkt.

            Aus einer etablierten Position mag man(n) darüber schmunzeln, aber auch Engel-, UFO- und Einhornglaubende bilden (nicht zuletzt über das Internet!) Netzwerke und Gemeinschaften, die als subjektiv wertvoll und hilfreich erlebt werden.

          • Einem transzendenten, unerkennbaren Wesen kann man jede beliebige Eigenschaft zusprechen. Warum sollen Einhörner nicht allmächtig, allwissend, gerecht, gütig und barmherzig sein? Insofern könnten auch Einhörner sehr wohl Grundlage für verbindliches und verbindendes Sozialverhalten sein. Man muss nur daran glauben. Kritisch wird es eben, wenn damit Wahrheitsansprüche und Vorschriften mit Strafen für die Lebensweise verbunden sind oder exklusive Rechte in Verbindung mit Intoleranz beansprucht werden. Gefährlich ist nicht die Religiosität oder der Glaube an sich, sondern der damit verbundene, äußerliche Hokuspokus, wie er von den realen Religionen gelehrt wird. Auf aktuelle Beispiele kann man gut verzichten.

            Das Fazit ist jedoch, dass man solche Wesen einfach nicht braucht, um ein sinnvolles und sozial verträgliches Leben führen zu können. Dazu hat der Mensch Verstand und Vernunft. Mythen und Märchen können diese Aufgabe letztlich nicht erfüllen. Ein Placebo ist nur wirksam, solange es als solches nicht erkennbar ist!

        • Erfreulicherweise nicht, @Elvenpath – unter der Maßgabe des methodologischen Agnostizismus habe ich nicht zuerst die Aufgabe, Glaubensinhalte “zu beurteilen”, sondern sie mit den Mitteln der empirischen Wissenschaften (wie der Religionspsychologie, -soziologie, -geschichte usw.) möglichst gut zu erforschen, zu beschreiben und zu verstehen. Persönliche – etwa religionskritische, agnostische oder religiöse – Positionen haben auch wir Religionswissenschaftlerinnen und Religionswissenschaftler selbstverständlich, dürfen sie auch äußern und darüber diskutieren – aber die religionswissenschaftlichen Befunden an sich sollten empirisch überprüfbar und also intersubjektiv zugänglich sein.

          Es gab (und gibt) dazu übrigens auch andere Auffassungen – beispielsweise die, nach der nichtreligiöse Menschen religiöse Aussagen generell nicht verstehen könnten. Diese Auffassung teile ich ausdrücklich nicht.
          https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/k-nnen-nichtglaubende-religion-berhaupt-verstehen-von-rudolf-otto-bis-sacred-harp/

          • Wie Wissenschaftler arbeiten müssen ist mir klar. Ich bin diplomierter Physiker.
            Ich gebe zu, ich bin etwas off-topic.
            Mir ging es wirklich um Ihre Bemerkung, dass Sie die Existenz von Einhörnern als abwegig sehen, oder sahen.
            Wieso nur die Existenz von Einhörnern? Wieso bleiben Sie da stehen? Trauen Sie sich doch mal den nächsten logischen Schritt!
            Wieso erkennen Gläubige nicht, dass ihr Glaube genau so abwegig ist, wie der Glaube der anderen?

          • @Elvenpath

            Tja, und warum fällt es selbst intelligenten Physikern so schwer, einen Text zu verstehen? Von der “Existenz” von Einhörnern war hier nirgendwo die Rede.

            Existieren Zahlen, lieber @Elvenpath? Formeln, Rechte? Oder ist umgekehrt der Satz des Pythagoras oder Ihr Recht auf Meinungsfreiheit irrelevant, weil sie nur in symbolischen Darstellungen “existieren”, ohne selbst Masse und Gewicht zu haben?

            Physik ist eine tolle Wissenschaft – aber der (selbst schon meta-physische!) Glaube, alle Existenz sei physisch, kann es m.E. auch mit Einhornglauben nicht aufnehmen… Wobei die meisten Einhornglaubenden auch nicht so penetrant und aggressiv missionieren, wie Sie es immer wieder (erfolglos) versuchen…

            Vielleicht wollen Sie etwas sorgfältiger mit den Texten und also auch mit unserer Zeit umgehen? Das wäre wunderbar, vielen Dank!

          • Hoppla, da ist in meinem Post nur ein “E” statt “Elvenpath” angekommen.

  6. Lieber Michael,
    entspanntes Schmunzeln steht jedem Gesicht.
    in meinem Leben war ich schon Katholik, Militarist (Zinnsoldaten-Schlächter), Pazifist, Atheist, Agnostiker, Musiker, Techniker, Sohn und Vater.
    Ich würde unglücklich sein, wenn meine 5 Kinder nur das sein wollten, was ich mal war.
    Wild lachen sollten sie können. Das wünsch ich mir.
    Ansonsten, von mir aus, alles andere als ihr Vater sein. Das wünsch ich ihnen.

    • Und so wird nur der zum Weisen, der den Narren in sich selbst nicht mehr leugnet. Über den Tanz der Anderen grinst nur breit, wer selbst vergessen hat, wie breit er tanzte. Wer sucht, wird finden. Wer aber schon glaubt, alles gefunden zu haben, ja das Suchen der Anderen verhöhnt – verdient unser tiefes Mitleid.

      Ihnen eine gute Nacht (und ggf. viel Freude am verlinkten Video)! 🙂

      • @Michael Blume – Übung

        “Und so wird nur der zum Weisen, der den Narren in sich selbst nicht mehr leugnet […] Wer sucht, wird finden. Wer aber schon glaubt, alles gefunden zu haben, ja das Suchen der Anderen verhöhnt – verdient unser tiefes Mitleid.”

        Lieber Michael,

        Indem Du mir vorwirfst, ich würde die Suchenden in ihrer “Sucht” verhöhnen und indem Du mir deshalb bescheinigst, “Euer” Mitleid zu verdienen, stellst Du dich als Erkennender, als Findender und als Wertender über mich (denn die Fähigkeit Mitleid mit mir zu empfinden, setzt den Besitz einer überlegenen “Kompetenz” voraus).

        Den Narren in sich selbst leugnet jedoch (wie Du selbst schreibst) allein derjenige nicht, der zwar den bemitleidenswerten Narren in dem Anderen zu erkennen vermag, der jedoch imstande ist, dabei auf sich selbst zu schließen und in sich selbst einen Narren erkennt (den Narren in sich selbst leugnet allein derjenige nicht, der es sich nicht gönnt, besonders “überlegen” oder besonders “kompetent” zu sein – deshalb erachte ich die von Elvenpath gestellte Frage als legitim, denn: “und so wird nur der zum Weisen, der den Narren in sich selbst nicht mehr leugnet”…)

        Dies (auf sich selbst zu schließen) ist eine Fähigkeit, die zwangsläufig demjenigen abhanden kommt, der entscheidet, den Wert des Anderen unter die Grenze des Mitleidswerten zu stellen.
        Damit tangieren wir ungewollt das christliche Dilemma der Beziehung zwischen dem Bemitleidenswerten (armer Hund) und dem Mitleidsempfindenden [dem “Besseren”, der sich anmaßt, das Mitleid empfinden zu dürfen…im Sinne: “ich vergebe dir, obwohl du es nicht verdienst, denn ich habe Mitleid mit dir – schäme dich um so mehr, richte dich selbst, verdamme dich…”)

        Was bedeutet eigentlich bemitleidenswert zu sein?
        Bedeutet es bloß schlechter dran, oder schon anders zu sein?
        (Es ist an dieser Stelle zu vermerken, dass, wie man erkennt, ab einer gewissen Dynamikstufe der Unterschied zwischen demjenigen, der Mitleid empfindet und demjenigen, der den Bemitleidenswerten richtet, nicht existiert. Schon seltsam, nicht wahr?…)

        Wie in diesem Witz, in dem freilich nicht um Mitleid geht, aber gerade um dieses “Richten”:

        Die kleinen Häschen wünschen sich zum Abendessen Pfannkuchen, die Hasenfamilie besitzt aber keine Pfanne.
        Der Papa-Hase denkt sich: “der Fuchs hat eine Pfanne und würde sie mir bestimmt geben…aber wenn er nicht Zuhause ist? Die Füchsin, diese Kuh, wird mir nie ihre Pfanne ausleihen, nie im Leben…was soll’s, no risk no fun”
        Der Hase geht los, um sich die Pfanne bei den Füchsen zu holen.
        In der Mitte der Strecke bleibt er stehen und denkt nach…
        “Der Fuchs ist ein anständiger Kerl – er gibt mir die Pfanne 100-Pro, aber seine Frau mag mich ja nun gar nicht. Wenn sie Zuhause ist, können wir uns die Pfannkuchen schenken…egal, ich probier’s”.
        Hase erreicht das Fuchshaus, klopft an…wartet…die Tür geht auf – die Füchsin steht in der Tür…”Hallo Hase!”
        Hase: “a steck dir deine blöde Pfanne sonstwo, blöde Kuh, ich hasse dich!!!”

        Ich musste nicht posten, aber dachte mir, wenn ich es nicht tue, werde ich (mir) zeigen, dass ich Mitleid mit dir habe.
        Das verdienst Du nicht, deshalb poste ich es und fühle mich nicht gut dabei, aber gerecht…oh Gott, gerecht zu sein, setzt den Besitz einer (in meinem Fall gewiss nichtvorhandenen) “überlegenen Kompetenz” voraus!
        Es war ein Fehler zu posten.
        Es war kein Fehler zu posten.
        Grüße

        Sankt Martin

  7. Pingback:Die zwei putzigen Engel – und das ganze Bild › Natur des Glaubens › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  8. Pingback:Lesung des Sammelband-Artikels zum Einhörnerglauben – Ein Audioblog-Experiment › Natur des Glaubens › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  9. Pingback:Von rundlichen Nashörnern zu lieblichen Einhörnern – Ein vergnügliches Detail der Religions- und Kunstgeschichte › Natur des Glaubens › SciLogs - Wissenschaftsblogs

Schreibe einen Kommentar