Verschwörungsfragen 38: Iran – Die Verfolgung der Bahai, Antisemitismus und Ölfluch

Weil sich die Aufklärung gegen Antisemitismus und Verschwörungsmythen immer stärker ins Netz verlegt, haben mein Team und ich inzwischen inzwischen auch ein dienstliches Instagram-Profil (mit schon über 1 Tsd. FollowerInnen) und einen dienstlichen Twitter-Account aufgebaut. Auch ein eigener, dienstlicher YouTube-Kanal soll folgen.

Obgleich wir jedoch daran arbeiten, Podcast-Skripte auch auf podigee verfügbar zu machen, möchte ich jedoch auf diesem Blog Verschwörungsfragen-Folgen, Texte, Videos etc. weiterhin zur Verfügung stellen. Uns haben immer wieder Rückmeldungen erreicht, wonach manche Menschen lieber lesen als hören, die Verlinkbarkeit und Findbarkeit höher ist und auch die (moderierte) Kommentarfunktion geschätzt wird. Zumal es uns an Arbeit wahrlich nicht mangelt, steht also erst einmal kein Extra-Beauftragten-Blog an, sondern ein freiwilliges Zusatzangebot hier auf “Natur des Glaubens”.

In Folge 38 von Verschwörungsfragen geht es um die Geschichte und das Schicksal der im Iran entstandenen Weltreligion des Bahaitums. Die Bahai sind eine jener Religionsgemeinschaften, deren Unterdrückung und Verfolgung in ihrem Herkunftsland und in großen Teilen der islamisch geprägten Welt mit Verschwörungsmythen und auch Antisemitismus gerechtfertigt wird. Die Podcast-Folge 38 befindet sich wie immer auf podigee sowie auf den einschlägigen Portalen wie Spotify, Deezer und iTunes.

Der Text von Verschwörungsfolgen 38 über die Bahai im Iran findet sich hier als pdf – und im Folgenden auch wieder als Fließtext.

Am 4. April 1913 herrschte Aufregung im baden-württembergischen Esslingen: Ein offensichtlich bedeutender Religionsgelehrter aus dem Heiligen Land kam zu einem Kinderfest mit zahlreichen Gläubigen der Bahai. Am 5. April besuchte der Geehrte mit dem Namen Abdul-Baha auch die Wilhelma, unternahm weitere Reisen und Ansprachen. Das „Stuttgarter Neue Tagblatt“ berichtete am 24. April 1913, Zitat:

„Ein würdevoller betagter Greis mit langem weißen Bart, mit hoher Stirn und mit den scharf geschnittenen edlen Zügen eines vornehmen Orientalen, wie man sich etwa einen Abraham oder – man verzeihe die Zusammenstellung – einen Hafis denkt, so saß ‘Abdu’l-Bahá, gebeugt von der Last Seiner 70 Jahre und den Strapazen einer eben zurückgelegten längeren Reise, gestern abend in einem Fauteuil im Bürgermuseum, und ließ eine kurze Ansprache an die zahlreichen Zuhörer durch Seinen Dolmetscher verdeutlichen. Es war zunächst zweifelhaft gewesen, ob Er persönlich erscheinen könne, deshalb erzählte einer Seiner Anhänger aus Stuttgart von dem „Meister” und Seinen Zielen, bis Er unerwartet selber kam.“ – Zitat Ende –

Im April 2013 durfte ich als Referatsleiter für Religionsangelegenheiten mit der Stuttgarter Bahai-Gemeinde einen Empfang mit Staatssekretär Klaus-Peter Murawski zu dem 100jährigen Jubiläum des außerordentlichen Besuches ausrichten. Nicht im Traum hätte ich daran gedacht, nur zwei Jahre später in Kurdistan-Irak ein Sonderkontingent zu leiten, in dessen Bergen auch der Religionsgründer Baha’ullah, der Vater des Abdul-Baha Zuflucht gefunden hatte.

Denn im 19. Jahrhundert gärte es in Persien, dem heutigen Iran. Das einst so stolze Perser- und Sassanidenreich hatte sich nach der Eroberung durch islamische Heere mehrheitlich für den oppositionellen Islam der Schiat Ali, der „Partei Alis“ entschieden. Stolz wahrte man die eigene Sprache und auch viele Traditionen der Bildung und Kunst, hoffte auf die Befreiung von Unrecht und sunnitischen Herrschern durch Nachkommen des ermordeten Imam Ali. Die heutige Hauptströmung des schiitischen Islam im Iran hofft auf die Rückkehr des zwölften Imams Muhammad al-Mahdi, der im Jahre 941 in die „große Abwesenheit“ entschwunden sei. Die heutige Verfassung der Republik Iran benennt den verborgenen al-Mahdi sogar als eigentliches Staatsoberhaupt – die Religionsführer Khomeini und jetzt Chamenei füllten das Amt nur bis zu seiner Rückkehr aus.

Doch als die islamische Welt nach Jahrhunderten der Verweigerung des Buchdrucks in die tiefe Krise gestürzt war, erhoben sich bereits im 19. Jahrhundert Personen, die sich nicht nur als wiederkehrender Mahdi, sondern als Erneuerer des gesamten Gottesglaubens verstanden. Eine große Anhängerschaft fand der Bab („das Tor“), der die starke Orientierung an Bildung auch dadurch unterstrich, dass er seine ersten Jünger „Buchstaben des Lebendigen“ nannte. Doch er wurde 1850 in Täbris hingerichtet. Zu seinen bekanntesten Schülern – den Babis – gehörte Baha’ullah, der schließlich über Bagdad nach Kurdistan fliehen musste. Dort lebte er als Asket und Sufi-Meister verborgen und wurde laut der Tradition von seinem ältesten Sohn, ebenjenem Abdul-Baha wiedergefunden. Dieser habe ihn davon überzeugt, nach Bagdad zurück zu kehren und die Führung der zerfallenden Babi-Gemeinde zu übernehmen.

Schließlich verkündete Baha‘ullah nach einer riskanten Rückkehr nach Bagdad im Garten Ridvan, die neue „Manifestation Gottes“ für diese Zeit zu sein. Nachdem er sich gegen konkurrierende Ansprüche eines Halbbruders durchgesetzt hatte, entstand aus dem zerfallenden Babismus schließlich eine neue Weltreligion, das Bahaitum.

Von den Osmanen nach Edirne, dann in die Provinz Palästina – das heutige Israel – verbannt, gewann er immer mehr Anhänger in Persien und darüber hinaus. Baha’ullah starb 1892 bei Akkon, so dass das Hauptheiligtum der Bahai heute in Haifa und auch sein Grab als Gebetsrichtung heute in Israel zu finden sind. In dieser leider noch einzigen Demokratie der Region genießen die Bahai heute Religionsfreiheit.

Mit einer Anhängerschaft von fünf bis acht Millionen AnhängerInnen und einer demokratischen Struktur wird das Bahaitum heute als jüngste, eigenständige Weltreligion mit Gemeinden auf allen Kontinenten der Erde betrachtet. Mit einer Vielzahl Heiliger Schriften auf Basis von Alphabetschrift und auch nach eigenem Verständnis gehören die Bahai dabei zu den semitischen und abrahamitischen Religionen. Nach ihrer Lehre seien auch Moses, Jesus und Muhammad Gottesgesandte gewesen – und in einigen Jahrhunderten werde auch ein nächster Gottesgesandter nach Baha’ullah kommen.

In großen Teilen der islamischen Welt und insbesondere im Iran galten und gelten die Bahai jedoch als vom Islam Abtrünnige und werden nicht nur als Religion nicht anerkannt, sondern auch verfolgt. Gleichzeitig finden immer wieder gerade auch gebildete und bildungshungrige MuslimInnen zum Bahaitum, denen ihre bisherige Religion als erstarrt und aus der Zeit gefallen erscheint. Wo es ihnen möglich ist – also in freiheitlichen Ländern – unterstützen die Bahai gerne den interreligiösen Dialog und das Gespräch mit den Wissenschaften. Gleichwohl ist ihnen nach ihrer bisherigen Lehre die Kandidatur für Wahlämter auch in Demokratien wie den USA oder der Bundesrepublik Deutschland noch untersagt.

Unter dem Vorwurf, vom Islam Abgefallene und Nachfolger des hingerichteten Bab zu sein, wurden Bahai im Iran immer wieder diskriminiert und angegriffen, Versammlungen gesprengt und religiös bedeutsame Orte zerstört.

Auch antisemitische Vorwürfe, als junge Religionsgemeinschaft mit Hauptsitz in Haifa Teil der vermeintlichen jüdischen Weltverschwörung zu sein, wurden von AntisemitInnen weltweit sehr früh erhoben. Das iranische Schah-Regime sympathisierte mit den deutschen Nationalsozialisten, musste sich jedoch einer gemeinsamen, britisch-sowjetischen Invasion beugen.

Obwohl sie sich völlig friedlich, bürgerlich und gesetzestreu verhielten, wurde den Bahai in Deutschland von den Nationalsozialisten die Religionsausübung unter Strafandrohung verboten.

Die Situation im Iran verschlechterte sich für die Bahai quer durch das 20. Jahrhundert immer wieder. Dass Stalin später versuchte, nördliche Provinzen mit reichen Ölvorkommen aus dem Iran abzuspalten, gilt als einer der Auslöser des „Kalten Krieges“, der die Menschheit mehrfach an den Rand eines Atomkrieges brachte.

Die Ausbeutung riesiger Ölvorkommen machte das mit dem Westen verbündete Regime des neuen Schah Mohammed Reza Pahlavi (1919 – 1980) zu einem Rentierstaat, in dem eine kleine Elite mit brutaler Gewalt die Ressourcen kontrollierte. Die NATO, dann auch einschließlich Westdeutschlands, interessierte sich kaum für Menschenrechtsverletzungen, sondern für möglichst billiges Öl und den Absatz der eigenen Produkte, darunter auch Waffen. Übergriffe gegen Bahai wurden und werden im Iran nicht selten als Mittel genutzt, um Wut aus der Bevölkerung auf eine pazifistische und wehrlose Minderheit abzulenken.

Eine kurze Phase einer zwischen Demokratie und Nationalpopulismus schwankenden Revolution des Iran wurde von westlichen Geheimdiensten torpediert, die eine Verstaatlichung der Ölindustrie ab 1951 durch Premierminister Mossadegh rückgängig machen wollten. 1953 wurde der Premier in der Operation Ajax gestürzt und der bereits aus dem Land geflohene Schah wiedereingesetzt. Weit über den Iran hinaus setzte sich damit das leider zutreffende Bild fest, dass westliche Eliten demokratische Werte schnell opferten und mit Diktatoren paktierten, solange ihnen dafür billiges Öl geboten wurde. 2009 räumte Barack Obama die verhängnisvolle Rolle des CIA in der Operation Ajax erstmals öffentlich und mit Bedauern ein.

Denn die Folgen waren furchtbar. Im Jahr 1979 – dem Jahr 1400 nach islamischer Zeitrechnung – kam es zu wütenden, messianischen Aufständen sowohl in Saudi-Arabien, wo die Große Moschee von sunnitischen Aufständischen gestürmt wurde, wie auch im mehrheitlich schiitischen Iran. Nach der diesmal endgültigen Flucht des Schah kehrte Ayatollah Khomeini aus dem französischen Exil in sein Heimatland zurück und übernahm die Führung der bald sogenannten „Islamischen Revolution“. Dazu gehörten Geiselnahmen, Morde und die Besetzung der US-Botschaft in Teheran.

Die durchaus auch unter europäischen Intellektuellen gehegten Hoffnungen auf eine demokratische Öffnung des Landes zerschlugen sich dabei schnell. Die sogenannte „Islamische Republik“ sah zwar einige demokratische Elemente wie Parlamentswahlen vor, verwandelte sich jedoch schnell in einen weiteren, autoritären und korrupten Öl-Rentierstaat zurück. Nach einem blutigen Golfkrieg mit dem damals laizistisch orientierten und US-verbündeten Öl-Diktator Saddam Hussein aus dem Irak mauerte sich das Regime hinter Verschwörungsmythen gegenüber praktisch allen religiösen Minderheiten und dem Westen ein, insbesondere gegenüber den USA als vermeintlich „großem Satan“ und Israel als angeblich „kleinem Satan“.

Antisemitismus und insbesondere Antizionismus wurden nun iranische Staatsdoktrin und nach einer Prophezeiung des 1989 gestorbenen Ayatollah Khomeini wird die Zerstörung Israels bis 2040 als Teil der offiziellen Staatspolitik angestrebt. Auch das erklärt die großen Sorgen um mögliche Atomwaffen in den Händen dieses Regimes.

Auch unter dem Einfluss der antiwestlichen und antisemitischen Verschwörungsmythen hat sich das Regime in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter brutalisiert. Bahai werden als vermeintliche Abtrünnige und vermeintliche Verbündete Israels entrechtet, verfolgt, nicht selten auch inhaftiert, gefoltert und ermordet.

Aber auch IranerInnen, die zum Christentum oder zum bekennenden Atheismus übertraten, Sufis, Sunniten und politische Oppositionelle – selbst schiitische Geistliche – werden oft blutig verfolgt. Das Regime unterstützt gemeinsam mit Russland brutale Milizen in Syrien, im Libanon und im Irak und liefert sich mit dem US-verbündeten Saudi-Arabien einen furchtbaren Stellvertreterkrieg im Jemen.

Auch ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig angebliche Friedenskräfte im Westen sich um das millionenfache Leid sunnitischer und auch palästinensischer AraberInnen durch schiitische Extremisten kümmern.

Die vermeintliche „Solidarität“ mit diesen wird bei vielen  offensichtlich nur gefühlt, wenn sie sich gegen Juden und Israelis instrumentalisieren lässt.

Die einstmals hochstehende Gelehrsamkeit, Wissenschaft und Wirtschaft des Iran wie auch Syriens hat sich durch immer bizarrere Verschwörungsmythen von der modernen Welt entfremdet; wer dagegen aufbegehrt riskiert, selbst als Verschwörer beschuldigt zu werden.

Sinkende Ölpreise haben das iranische Rentiers-Regime geschwächt. Aber noch hält es sich mit Unterdrückung, Gewalt und der Vertreibung vor allem Gebildeter an der Macht. Gleichzeitig exportiert das Regime durch zunehmend digitale Medien, Trolltruppen und Demonstrationen wie die Al-Quds-Aufmärsche in Berlin zur Zerstörung Israels seinen Antisemitismus und sucht nach verschwörungsgläubigen Verbündeten. So sehe ich mit großer Sorge, dass der Querdenken-Verschwörungsmythologe Professor Stefan Homburg bereits zwei Mal dem Portal „Muslim-Markt“ Interviews gegeben hat – das seine Ergebenheit zum iranischen Regime überhaupt nicht verschweigt. Während auch im Iran selbst Abertausende am Covid19-Virus leiden und sterben, behauptete Homburg noch am 19. November, von Impfungen drohten – Zitat „Gefahren, die die Gefahren durch das Virus selbst deutlich übersteigen.“ – Zitat Ende –

Als Beauftragter gegen Antisemitismus einer Landesregierung habe ich kaum Zuständigkeiten in der Außenpolitik. Ich darf mir und uns jedoch ausdrücklich eine stärke Beachtung der Religionsfreiheit auch durch die europäische Politik wünschen.

Auf den Bericht des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, dem Mitglied des Bundestages Markus Grübel, zur Situation gerade auch der Bahai im Iran möchte ich dabei ausdrücklich verweisen. Gerade auch hier zeigt sich: Eine Religionsfreiheit, die nicht auch MuslimInnen zugesteht, ihre Religionszugehörigkeit zu wechseln und etwa Christin, Bahai oder nichtreligiös zu werden, entspricht nicht den Menschenrechten. Und gerade auch angesichts der wachsenden Unzufriedenheit nicht nur der jüngeren Generationen versucht das Regime wieder durch Entrechtung, Enteignungen und auch Gewalt gegen Bahai vom eigenen Versagen abzulenken.

Die Vertreibung gerade auch gebildeter Menschen durch Öl-Rentiersregime wie Iran und dem mit ihm verbündeten Russland, die die Ressourcen für sich alleine behalten wollen, ist dabei leider keine Seltenheit. Dennoch entspricht die Aufnahme verfolgter Bahai, ChristInnen und AtheistInnen nicht nur dem deutschen Asylrecht, sondern stärkt auch die erschütterte Glaubwürdigkeit der europäischen Rechtsstaaten. Zudem trete ich für eine verstärkte Aufklärung und Strafverfolgung antisemitischer Kreise auch mit iranischem und russischem Hintergrund ein – auch im Netz.

Eine unangenehme Wahrheit ist jedoch, dass bei erhöhten Ölpreisen weder Boykotte noch Militärschläge einen Rentierstaat in eine Demokratie umwandeln können. Schon jetzt macht das Regime die westlichen Boykotte für Armut und Versagen im eigenen Land verantwortlich, während es gleichzeitig vom Ölschmuggel in angrenzende Länder und damit auch von der Förderung von Korruption und organisierter Kriminalität profitiert. Selbst ein Sturz des derzeitigen Regimes würde nur zu einem Teil-Austausch dieser Ölprofiteure führen.

Wer also auch für den Iran eine freiheitliche und demokratische Zukunft will, sollte selbst den Verbrennungsmotor-SUV in der eigenen Garage überdenken.

Erst eine konsequente Verringerung unseres eigenen Öl- und Gasverbrauches wird dem Iran, Russland und weiteren Öl-Rentierstaaten die Grundlage für ihre autoritären Systeme entziehen. Auch die wahnsinnigen Kriege in Syrien und im Jemen werden maßgeblich über Ölverkäufe finanziert. Auch deswegen bin ich nach dem Einsatz im Irak auf Elektromobilität umgestiegen und würde auch persönlich viel lieber mehr Geld an unsere Landwirte für die Produktion von Energie und Biokraftstoffen zahlen als weiterhin direkt und indirekt an die Regime in Russland, dem Iran und Teilen der arabischen Welt. Selbst das rechtspopulistische Heartland-Institute in den USA beteiligt sich an der Verbreitung von Verschwörungsmythen zur Covid19-Pandemie und der Klimakrise unter dem Stichwort des „Great Reset“, um eine Transformation zu erneuerbaren Energien mit allen Mitteln zu verzögern. In Deutschland wirbt nicht nur ein Altkanzler für russische Gasinteressen.

„Unsere Wirtschaft tötet“ hat Papst Franziskus einmal im Hinblick auf die Ausbeutung von Menschen und Mitwelt drastisch formuliert. Und gerade auch im Hinblick auf den Iran lässt sich die Wahrheit dieser Ansage nicht verleugnen. Glücklich entwickeln sich jene Gesellschaften, deren Reichtum und damit Macht in den Köpfen und Händen der eigenen Bürgerinnen und Bürger zu finden ist. Unglücklich und autoritär bleiben dagegen noch immer jene Regionen vom Iran über Russland bis Venezuela, in denen sich kleine, zynische Eliten durch das Ausgraben und Exportieren von Energierohstoffen finanzieren.

Ich habe es daher schon im Antisemitismusbericht für unseren Landtag nicht nur im Hinblick auf unsere einheimischen Verschwörungsbewegungen formuliert: Wer die Gefahren und Verbreitung von Verschwörungsmythen und Antisemitismus verstehen und bekämpfen möchte, der muss auch die Geschäftsmodelle und Finanzströme hinter den Verschwörungsbewegungen betrachten.

Nur wenige bereits weit entwickelte Demokratien wie die Niederlande und Norwegen haben es geschafft, die negativen Wirkungen von Öl- und Gasexporten auf Politik, Gesellschaft und Religionen wenigstens einzudämmen. Aber auch sie wissen selbstverständlich um die ökologischen Folgen, die uns als Menschheit insgesamt betreffen.

Und es mahnen uns nicht nur die modernen Wissenschaften, sondern auch die Geschichte. Gerade auch hier in Baden-Württemberg befanden sich KZ-Außenlager, in denen im Rahmen der sogenannten „Operation Wüste“ Abertausende Menschen zur Produktion von Ölschiefer ermordet wurden. Die Podcast-Folge 23 von „Verschwörungsfragen“ berichtet davon.

Hören wir also auf mit diesem Wahnsinn. Stehen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten Verfolgten wie den Bahai im Iran und den Eziden im Irak bei und lassen wir nicht zu, dass der Iran seinen Antisemitismus, seine Terroroperationen und Vernichtungsfantasien gegenüber Andersglaubenden und gegenüber Israel weiterführt. Fördern wir den Dialog der Religionen und Weltanschauungen sowie den Fortschritt der Wissenschaften, wo immer wir können. Entziehen wir autoritären Regimen wie dem Iran, Russland und arabischen Diktaturen die Öl- und Gaseinnahmen. Zwingen wir sie oder ihre Nachfolger damit, statt in Waffen und Folterkeller auf Reformen zugunsten ihrer eigenen Bürgerinnen und Bürger zu setzen, Bildung und endlich Freiheit zu fördern. Erschließen wir unserer eigenen, europäischen Landwirtschaft sichere Einnahmen in der Energiewirtschaft jenseits der schon längst nicht mehr rentablen Überproduktion von Fleisch und Milch. Tragen wir selbst also zu einer Wirtschaft bei, die weniger und irgendwann vielleicht gar nicht mehr tötet.

Aus dem Schicksal auch kleinerer Religionsgemeinschaften wie der Bahai können wir viel über eine bessere und freiere Zukunft der Menschheit lernen. Und dazu haben wir auch in Baden-Württemberg viele Möglichkeiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Bitte bleiben Sie gesund.

Quellen:

Hutter, Manfred (2009): Handbuch Bahai: Geschichte – Theologie – Gesellschaftsbezug. W. Kohlhammer

Blume, Michael (2017): Islam in der Krise. Eine Weltreligion zwischen Radikalisierung und stillem Rückzug. Patmos

Gedenkstätte Eckerwald (2017): Wüste 10. Gedenkpfad Eckerwald. Rottweil

Staudacher, Barbara (2020): Bruno Dey war kein ‚Rädchen einer Tötungsmaschine‘, sondern ein Mensch, der Verbrechen unterstützte. Aus dem Urteilsspruch gegen Bruno Dey – Wachmann des Konzentrationslagers Stutthof. Gedenkstätten-Rundschau Nov. 2020, S. 18 – 20

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

30 Kommentare

  1. Interesant, von den Bahai hab ich noch nicht gehört. Wo ich doch so weitgereist bin…

    Es hilft übrigens nicht, keinen SUV zu fahren, da Deutschland lt. Statista gar kein Öl aus dem Iran bezieht … gut man trifft dann Russland, Norwegen, Lybien und Kasachstan…

    Ich glaube ausserdem nicht, dass sie Bürgerrechte in diesen Ländern von aussen erzwingen können. Das ist ja nun vielfach gescheitert (Irak, Afghanistan, Mali oder auch die DDR oder die Sowjetunion wollten den Sozialsimus exportieren).

    Bravo dass Sie hier den Iranischen Staatsantisemitismus klar benennen! Den können wir hier zwar nicht durch Reduzierung des Ölverbrauchs beeinflussen, aber vielleicht können sie hier auch mal der Spur des Geldes folgen. Welche Einrichtungen finanziert der iranische Staat und was bewirkt er in Deutschland und Europa damit!?

    • Wie im o.g. Beitrag aufgezeigt, treiben wir durch unsere Öl- und Gasnachfrage die Weltmarktpreise. Dann führen Boykotte nur dazu, dass die Rentiers-Regime sich durch Exporte in andere Staaten sowie durch Schmuggel finanzieren.

      Solange wir Öl und Gas verbrennen, sind wir Teil des Problems. Auch deswegen bin ich nach Rückkehr aus dem Irak auf Elektromobilität umgestiegen und habe den Verzehr von Fleisch aus Massentierhaltung beendet. (Jeweils mehrere Blogposts mit Debatten dazu.)

      • Das mit Ihrem Elektro-Auto ist ne super tolle Geschichte (sofern Sie denn stimmt). Ich persönlich finde Tesla auch geil und überlege mir, einen zu holen. Man hört kein Geräusch mehr und bei der Beschleunigung liegt man auf Ferrari-Level.

        Nur wenn Sie bei Ihrer zweifellos hohen Intelligenz glauben, Sie retten die Welt durch Elektro-Autos, gehört schon eine Menge geistiger Akrobatik dazu. Weltweit sind trotz hoher staatlicher Zuschüsse nur 0.3% der Fahrzeuge elektrisch. Und laut BMW-Entwicklungsvorstand gibt es in Europa auch nicht mehr Nachfrage von Verbrauchern. Zudem fahren 90% aller Leute mit Elektro-Auto zusätzlich ohnehin noch einen Verbrenner (US-Zahlen).

        Nicht ein einziges korruptes Rentier-Regime wird durch das Elektro-Auto oder die gepriesenen Erneuerbaren Energien geschwächt. Sie schaffen aber neue Rentier-Regimes. Denn die Diktatoren in Staaten wie dem Kongo freuen sich über den Abbau von Kobalt (oder war es Kobold?), für den kleine Kinder in Minen schuften.

        PS: Der Graf Cagliostro wollte noch auf etwas anderes hinaus, worauf Sie mal eingehen sollten.

        • Lieben Dank, @Lars. Mein Elektroauto fährt seit 2017 so problemfrei, dass in meinem Umfeld bereits einige weitere auf Elektrofahrzeuge umgestiegen sind:
          https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/dekarbonisierungskugel-fuer-den-weltfrieden-meine-erste-erfahrungen-mit-dem-elektro-renault-zoe/

          Und, nein, ich bilde mir nicht ein, alleine „die Welt retten zu können“, sondern setze darauf, viele Menschen informieren und motivieren zu können. Unter anderem deswegen blogge ich.

          Verschwörungsmythologische Troll-Tricks, Foren-Absprachen und Sockenpuppen sind mir bis zur Langeweile bekannt. Sie und Ihre „Froinde“ sind für mich und viele Leserinnen und Leser Teil des Informations- und Unterhaltungsangebotes hier. Und wenn Sie die Chancen wenigstens teilweise ergreifen und z.B. über den Iran und die Bahai Neues erfahren, dann freut mich das für Sie. Verschwörungsglauben ist – bei Einsicht – ja durchaus heilbar.

  2. Religion soll „nicht zur Quelle der Uneinigkeit und der Zwietracht, des Hasses und der Feindschaft werden“.

    „Verkehret mit den Anhängern aller Religionen im Geiste des Wohlwollens und der Brüderlichkeit“

    (so die Schriften des Bahaitums laut Wiki)

    Das klingt doch sehr sympathisch.

  3. Der Beitrag zeigt, , wie kompliziert die Machtverhältnisse im Nahen Osten sind.
    Iran scheint die Schlüsselposition einzunehmen.
    deswegen fand ich es verwunderlich, dass die EU mit dem Iran weiter Verhandlungen geführt hat, während die USA auf einem strikten Verbot von Uranaufbereitungsanlagen bestand.

    Was jetzt die Bahai betrifft, die sind vollkommen aus den deutschen Medien verschwunden. So weit ich weiß, gibt es in Frankfurt einen bahai Tempel.

  4. Vorab könnte man sich mal die Frage stellen wo der Iran heute wäre wenn sich die USA nicht eingemischt hätten. Da wäre zum einen die Operation Ajax, zum anderem der Stellvertreterkrieg durch den Irak und dann die Ölpolitik allgemein. Der Iran war mal eine recht moderne Gesellschaft.

    “Dass Stalin später versuchte, nördliche Provinzen mit reichen Ölvorkommen aus dem Iran abzuspalten, gilt als einer der Auslöser des „Kalten Krieges“, der die Menschheit mehrfach an den Rand eines Atomkrieges brachte.”
    Auslöser des kalten Krieges ist wohl eher aus der starken Gegensätzlichkeit der Gesellschaftsysteme zu erklären. Hierbei seh ich auch eher die USA in der Schuld, die direkt nach dem 2. WK begonnen haben die Sowjetunion zu bekämpfen. Was sie übrigens schonmal nach dem 1.WK gemacht haben direkt bei Gründung der Sowjetunion. Das Stalin ein ziemlicher Diktator war ist unbestritten. Trotzdem war der Kalte Krieg mit der Gefahr des Atomkrieges eindeutig nicht von ihm provoziert. Das die USA der einzige Staat sind die jemals Atomwaffen, noch dazu gegen Zivilisten, eingesetzt haben, kann man da noch hinzufügen.

    “Die vermeintliche „Solidarität“ mit diesen wird bei vielen offensichtlich nur gefühlt, wenn sie sich gegen Juden und Israelis instrumentalisieren lässt.”
    Kenne keinen der den iranischen Staat gutheißt. Israel stellt sich allerdings als eine Demokratie dar, da sind die Ansprüche höher. Denke daher kommt dieser scheinbare Eindruck.

    Die Bahai kannte ich bis jetzt gar nicht. Im strengläubigen Islam werden anscheinend alle Abweichler stark unterdrückt. Das ist tiefes Unrecht und aus unserer Sicht nicht zeitgmäß, errinert mich am ehesten noch an die christlichen Auseiandersetzungen im Mittelalter die jetzt mit Verzögerung im Islam kommen. Vielleicht braucht der Islam auch irgendwann seinen “Westfälischer Friede”. Die Erkenntnis muss allerdings von innen kommen, sonst wird das nicht tragfähig funktionieren. Unbekannt wie schon am Anfang meines Beitrages beschrieben ist inwieweit die westliche Einmischung in der Region, der Mitauslöser war und ist.

      • Hallo Herr Blume. Nein habe ich nicht übersehen und hab das auch anerkennend zur Kenntnis genommen. Mein erster Absatz sollte auch keine Ergänzung sein sondern tatsächlich die Frage stellen, da man sich doch fragt wie sich der Iran von dieser westlichen geprägten Gesellschaft zu dem von Heute entwickeln konnte. Peter Scholl Latour war ein recht profunder Kenner der Region und der Situation und saß ja auch mit im Flugzeug von Khomeni, seiner Meinung schließe ich mich da mehrheitlich an.

        • Lieber @Matthias,

          ja, vielen Dank. Ich frage mich auch manchmal, wie sich nicht nur der Iran, sondern auch z.B. Saudi-Arabien samt der Heiligen Stätten des Islam, wie sich die ehemalige Sowjetunion und weitere Länder wie z.B. Venezuela ohne den “Fluch des Öls”, die entsprechende Korruption und auch die Interventionen westlicher (“ölhungriger”) Mächte entwickelt hätten… Aber letztlich haben wir natürlich keine Macht mehr über die Vergangenheit, wohl aber über Gegenwart und Zukunft. Und umso schneller auch wir selbst uns vom Erdöl und Erdgas verabschieden, umso schneller werden sich auch autoritäre Rentierstaaten zu freiheitlichen Demokratien entwickeln können. Ich hoffe sehr, dies im Iran noch erleben zu dürfen!

          Ihnen Dank für Ihr Interesse und Ihre konstruktiven Kommentare!

    • Ich habe am 23.12.2020 mein 20.Jubilaeum “Elektrische Fahrt” gefeiert und weil ich mit meinem TWIKE damals oft am Schlachthof mit den wartenden Tiertransportern vorbeifuhr, verzichtete ich aus moralischen Gruenden ab ca. 2002 auf Fleisch. Leider sind elektrische oder gar Hybrid-SUV das allerletzte, was ich mir vor 20 Jahren unter Durchbruch der Elektromobilaet vorstellte. Ca. 2002 fuhr ich mit dem TWIKE bei Pillnitz mit der Fähre über die Elbe. Neben mir der erste Tuareg-SUV. Die Insassen ein junges Paar. Das der Wahnsinn sich so ausbreiten konnte, natürlich unter kräftiger Förderung von Politik und Kampagnen der Autobosse (Audichef 2014: 2020 verkaufen wir nur noch SUV, O-Ton Rupert Stadler) zeigt, dass diese Zivilisation dem Untergang durch intelligente Dummheit geweiht ist. Gott gebe uns einen gnädigen Tod!

        • Es ist gut, dass neue Enthusiasten dazukommen. Ich habe mit meinen langjährigen Akku- und Solarerfahrungen die CO2-freie Beschallung für die Kinder und Jugendlichen von FFF gemacht bis 1500 Leute. Ich gebe nicht auf, sitze dennoch regelmäßig wie der Prophet Elias unterm Busch. Ich habe als kleines Licht mein Scherflein dazu beigetragen, dass der Braunkohlekonzern MIBRAG nun die Finger vom Dorf Poedelwitz bei Leipzig gelassen hat. Die Kohle bleibt nun definitiv drunter und es ist abzusehen, dass die Tschechenoligarchen da die finanzielle Lust verlieren und ganz aufgeben. Nach dem fossilen Rausch bleibt dann für Jahrzehnte Badland. Es ist aber zu bemerken, dass große Kapitale und ihre menschlichen Eigner nun doch vor den Konsequenzen der Pyromanie Angst bekommen. Es wird kein Sonderparadies für Reiche auf diesem Planeten geben. Maximal geschützte Ghettos mit hohem Verbrauch an Psychopharmaka. Ja, Gott gebe Vernunft, Demut vor den Wundern der verbliebenen Schoepfung und Herz dafür.

  5. Ja es ist interessant, dass es Freund- und Feindschaft, Hass und Bruderschaft (Kinship in Samuel P.Huntington‘s Werken) aufgrund unterschiedlicher Weltanschauungen gibt, dass aber diese scheinbar immateriellen Banden, die durch Religion, Mythen, Sprache und Kultur geschaffen werden, stark vom wirtschaftlichen Gedeihen abhängen. Ein bankrotter Iran oder ein bankrottes Russland wären weitgehend handlungsunfähig und Länder wie Saudiarabien verlören ihren weltweiten Einfluss auf die Gäubigen, wenn sie nicht mehr die finanziellen Überschüsse besässen mit denen sie beispielsweise Moscheen mitsamt ihnen genehmen Predigern finanzieren könnten.

    Speziell an Ländern wie Iran, in geringerem Masse auch Russland ist, dass sie ihre wirtschaftliche Kraft für vorgeblich ideelle, jedenfalls auch politische/ideologische Ziele einsetzen. Iran beispielsweise finanziert viele schiitische und andere Milizen im Nahen und mittleren Osten und Russlands Putin verfolgt aussenpolitische Ziele sowohl mit militärischem Einsatz als auch mit Cyberattacken oder mit Beziehungspflege zu populistischen Bewegungen und zu Gruppen am Rande des rechten und linken Spektrums. Erleichtert werden solche aussenpolitische Hobbys der jeweiligen Machteliten dadurch, dass zentrale Wirtschaftsbereiche eigentliche Staatsmonopole sind und das wiederum, die Bildung von Staatsmonopolen, ist bei einer Wirtschaft, die auf Rohstoffen basiert, besonders einfach durchzusetzen, denn die Rohstoffe liegen mal unter dem staatseigenen Boden.

    Eigentlich haben sie Michael Blume, jetzt schon unzählige Mal zum Wirtschaftsboykott der oben genannten Länder aufgerufen, indem sie vom Ölfluch sprechen und den Ausstieg aus dem Öl nicht nur ökologisch, sondern auch politisch/weltanschaulich begründen. Und ja, Ländern oder auch Verschwörungsunternehmern die wirtschaftlichen Grundlagen entziehen hat wohl wirklich grosse Wirkung: Wer kein überschüssiges Geld hat, dessen Einfluss sinkt in der Tat rapide. Denn auch Weltanschauungen müssen finanziert werden wenn sie über das Private hinaus wirksam werden sollen.

    • Lieben Dank, @Martin Holzherr. Bin in vielem bei Ihnen, spreche mich jedoch bewusst nicht für einen generellen Boykott ggü. Öl- und Gas-Rentierstaaten aus. Vielmehr sollten sinkender Verbrauch und fallende Preise die Regime oder ihre Bevölkerungen zu zukunftsorientierten Investitionen v.a. in Bildung und Rechtsstaatlichkeit sowie zu demokratischen Reformen anhalten. Energiedemokratien handeln vernünftiger.

  6. Als Ergänzung
    In einem Taschenweltatlas für die Deutsche Luftwaffe 1942 ist die Welt nicht nur geografisch dargestellt, sondern es gibt auch eine Weltkarte, wo die militärischen Einflusssphären aufgezeigt sind. Danach gehörte der gesamte Nahe Osten mit dem Mittelpunkt Irak zur US Einflusssphäre.

    einer
    noch 1970 studierten viele Iraner in Deutschland. Viele von ihnen waren Bahai.
    Ein Student erklärte uns, dass Bahai die Verschmelzung von Wissenschaft und Religion ist. Er hatte eine Menge Informationsmaterial dazu, leider habe ich es nicht aufgehoben.

  7. @Michael Blume
    mehr eine Randbemerkung: mir fällt auf, dass Sie sich sehr selten auf Herrn Professor Khorchide/ Münster beziehen, dessen Islamdeutung sehr interessant ist.

    • Oh ja, @j. – Mouhanad und ich sind befreundet, haben zu „Islam in der Krise“ zusammengewirkt und überlegen schon länger auch mal ein gemeinsames Buchprojekt. Ich hoffe, eines Tages dafür die Zeit zu finden.

  8. Lieber Herr Blume

    Herzlichen Dank für diesen informativen Aufsatz.
    Sie schreiben, dass das Baha’itum “nicht problemfrei” sei. Mich würde als Baha’i interessieren, was Sie damit meinen.

    Herzliche Grüße,
    Necati Alkan

    • Lieber Herr Alkan,

      als Demokrat finde ich es z.B. schwierig, dass Bahai nicht für politische Ämter kandidieren, sondern nur eine eigene Struktur aufbauen (mit dann nur noch Männern im obersten Rat). Allerdings gehört beides m.E. in den Bereich der Religionsfreiheit und ändert auch nichts an meiner grundlegenden Wertschätzung gegenüber dem Bahaitum.

      Ihnen alles Gute und herzliche Grüße

      Michael Blume

  9. @Dilemma Religionsfreiheit

    Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass wir die gesicherten wissenschaftlichen Fakten zumindest als vorläufig akzeptieren, und zugleich die Glaubensinhalte unserer Überzeugungen bewusst als vielfältig betrachten, und entsprechend Andersgläubige respektieren.

    Ein andere Kategorie sind natürlich persönliche Erfahrungen, die wir für uns selbst als Fakten anerkennen, und sie im Prinzip zu den gesicherten Fakten dazu zählen. Wie soll man das sonst machen? Man kann sich aber darüber im Klaren sein, dass Andere ohne diese Erfahrungen diese dann nicht zu den Fakten zählen. Man zählt sie dann praktischerweise intern zu den Fakten, und gleichzeitig extern zu den Glaubensinhalten. So kann man sich Redlichkeit und Wahrhaftigkeit auch auf uneinheitlicher Faktenbasis erhalten, und weiter im Gespräch bleiben.

    Speziell im Falle von Verschwörungsmythen zeigt sich ein recht ähnliches Problem. Hier kursieren in der Regel eine ganze Anzahl alternativer Fakten, die nur innerhalb der Glaubensgemeinschaft gültig sind. Nach außen hin prallen also Welten aufeinander, was der eine zum Wissen zählt, ist dem Anderen die Lüge der Verschwörer. Was die Allgemeinheit als Geschwurbel identifiziert, ist dem Verschwörungsgläubigem die Faktenlage.

    Wenn man sich hier dennoch unterhalten will, wird es kompliziert. Im Prinzip muss sich jede Seite der speziellen Rolle der umstrittenen Fakten bewusst sein. Der Bereich der persönlichen, nicht geteilten Fakten, wird dann wechselseitig als intern gültig und extern nur geglaubt zu betrachten sein. Was bleibt, ist die restliche Faktenlage, die nicht umstritten ist, und die Glaubensinhalte, die bewusst und unumstritten als solche auch gehandelt werden.

    Wer die heilige Messe besucht, will sich hier vielleicht nur wellnesmäßig berieseln lassen, ist aber sonst ganz auf dem Boden der Tatsachen, und verwirft Glaubensinhalte, die dem gesichertem Wissen widersprechen. Da gibt es diese schwierige Ausgangslage für eine brauchbare Kommunikation nicht so. Derart Gläubige respektieren Andersgläubige noch mehr, insbesondere, wenn die dann auch in ihre Moschee gehen, um sich da auch nur berieseln zu lassen.

    Die destruktiven Folgen von der Verbreitung von falschen Fakten sind ganz erheblich. Schnell ist hier eine Grenze überschritten, dass man kaum noch miteinander reden kann. Anderseits sind viele recht bildungsfern, und gesicherte wissenschaftliche Fakten wenig bekannt, und auch gar nicht so recht nachvollziehbar. Das weiß der Bildungsferne meistens aber auch, und hält sich entsprechend zurück.

    In diesem Sinne ist das Maß an Toleranz der Intoleranz gegenüber eine schwierige Frage. Die im Grundgesetz festgeschriebene Religionsfreiheit ist erst einmal theoretisch, wenn man genau hinsieht, aber einfach pragmatisch: Solange es nicht zu Gewalttätigkeiten kommt, kann die Gesellschaft einen gewissen Anteil von Schwurblern verkraften.

    Der Einfluss der Glaubensgemeinschaften auf politische Meinungen ist real, diese sind intern oft wenig demokratisch, und versuchen ihre Moral als Gesetz durchzusetzen, was dann einen wesentlichen Einfluss auf die politischen Diskussionen haben kann. So weit das dann nicht gelingt, und die spezielle Moral nicht Gesetz ist, kann das mitunter auch z.B. zu internen Repressalien bis hin zu Ehrenmorden führen, was dann zu einem Fall für den Verfassungsschutz und die Staatsanwaltschaft wird.

    Öfter haben auch Jugendliche Schwierigkeiten, wenn ihre Eltern und die weitere Verwandtschaft versuchen, Glaubensvorschriften durchzusetzen. Hier würde ich mir aktivere Hilfe seitens der Jugendämter wünschen, dass Jugendlichen Wohngemeinschaften angeboten werden, wenn sie aus Glauben und Moral ihrer Verwandtschaft aussteigen wollen.

    • Vielen Dank, @Tobias Jeckenburger. In meiner Sicht sind halt immer auch die Finanzflüsse zu betrachten: Durch die Verbrennung von Erdöl und Erdgas finanzieren wir tendenziell autoritäre Strukturen. Und dann ist es auch keine nur individuelle Sache mehr.

      • Das batterieelektrische Fahrzeug zusammen mit einer speichergekoppelten Solaranlage und einer Wärmepumpe mit hochwertiger Wärmequelle (nicht gerade Luft) gibt eine hohe Energieautonomie. Die könnte in Blockenergiesystemen noch nützlicher sein, da bei größeren Nutzerzahlen der spezifische Aufwand sinkt. Nur leider widerspricht das den Konzerninteressen. Da gehen halt bisher Abhängige von der Fahne. Die lässt man nur sehr widerwillig ziehen. Schon um 2000 war uns Pionieren klar, dass das Gerede um H2 dem Perpetuieren der Abhängigkeit diente. Jetzt, wo die Eigenenergiesysteme prächtig funktionieren und auch durch höhere Stückzahlen immer preiswerter werden, wird der Popanz Wasserstoff wieder rausgeholt.

  10. Hallo Herr Blume,

    vielen Dank, dass sie mein Interesse, dass ich bereits früher vage für die Baha’i empfunden hatte, wieder erweckt haben.
    Mit Ihrer Conclusio, dass wir den Verbrauch an Mineralöl und -Gas verringern müssen, kann ich voll und ganz übereinstimmen.

    Ich möchte nur darauf hinweisen, dass Sie ein Argumentationsschema verwenden, dass Sie anderweitig als Indiz für Antisemitismus beurteilt haben:
    Wenn jemand Israel kritisiert, dann täte er das zwingend, weil er Antisemit sei. Das könne man daran erkennen, dass er niemand anderen kritisiere. (z.B. Pakistan/Indien)

    Sie kritisieren Iran berechtigterweise für seine Förderung brutaler Milizen in Syrien und Yemen, ohne die USA oder Deutschland für die Förderung von Terrorarmeen zu kritisieren (Erst letztes Jahr noch 30Mio für “Widerständler” in Idlib. Dort gibt es nur noch Al-Kaida/Qaeda (unter anderem Namen: HTS)).
    Ist das dann Anti-Iranismus?

    Natürlich ist das jetzt situativ. Sie äußern sich zu einem konkreten Thema und nicht zur gesamten Weltsituation. Aber so ist es in den konkreten Fällen die Sie dann kritisieren ja auch. Sie wissen letztlich nicht, ob jemand “nur” Israel kritisiert oder dasselbe auch mit xy oder z täte, wenn man ihn denn danach fragte. In Deutschland wird eben oft Israel thematisiert und nur in Deutschland “predigt” der Bundespräsident, dass Israels Unversehrtheit “Staatsräson” sei. Letzteres erzwingt quasi eine Reaktion, die ggf. ablehnend ausfällt.
    Pakistan wird quasi nie, Iran eigentlich immer nur einseitig thematisiert (aggressives Unrechtsregime). Dass es im “großen Spiel” leider keine Guten und eigentlich nur “Böse” gibt, ist schwer zu verarbeiten.

    Bitte passen Sie auf, dass Sie selber nicht zu sehr polarisieren und überdenken Ihre pauschale Haltung zum Antisemitismus der Israelkritiker.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Manuel

    • Vielen Dank, @Manuel. Und tatsächlich können Sie den Unterschied zwischen Antisemitismus und „Anti-Iranismus“ hier problemlos begreifen: Niemand hier spricht dem Iran die Existenzberechtigung ab. Niemand hier beschuldigt als Menschen iranischer Herkunft – einschließlich der Bahai – einer iranisch gesteuerten Weltverschwörung. Die Kritik richtet sich gegen das (Öl-Rentiers-)Regime – ein Iran, der so demokratisch wäre wie z.B. Israel, wäre ein Traum!

      Es ist wirklich nicht schwer zu verstehen, wenn man(n) nur verstehen will… ☺️💁‍♂️✅

      • @Hr. Blume: Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, zu antworten.

        Leider haben Sie den Kernpunkt meines Hinweises “übersehen”.
        Nur für den Fall, dass es keine Absicht war:
        Wer Israel für sein imperialistisches Handeln kritisiert, spricht ihm nicht gleichzeitig die Existenzberechtigung ab.
        Man muss Israelkritik nicht mit einer jüdischen Weltverschwörung verbinden. Wenn Sie das tun, haben Sie vielleicht doch schon allzu lange in den Abgrund geschaut. (und lenken damit vom eigentlichen Inhalt der Kritik ab, wie so oft, wenn das Wort Verschwörungstheorie oder neuerdings “-mythos”, genutzt wird)

        Auch das ist heilbar <- um Ihre Worte zu benutzen.

        • Lieber @Manuel,

          es war Ihnen ein offensichtlich großes Bedürfnis, Kritik am autoritären Regime des Iran – dem als Land niemand die Existenzberechtigung abspricht – gleich wieder zu einer Tirade gegen die Demokratie in Israel – dem viele die Existenzberechtigung absprechen – umzumünzen. Und jetzt versichern Sie wieder, was Sie damit alles nicht gemeint haben.

          Können wir uns darauf einigen, dass ich Ihnen gerne glauben möchte? Und dass Sie dafür vielleicht auch einfach mal reflektieren, warum Ihnen die “kritische” (?) Gleichsetzung einer jüdisch geprägten Demokratie mit einer islamisch geprägten Despotie so wichtig ist? Falls Sie antisemitische Beweggründe finden, müssen Sie es ja niemandem verraten – Selbst-Heilung, sozusagen. 😉

          Ihnen alles Gute!

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