Verschwörungsfragen 30: Theodor Heuss’ Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und der Schoah

In dieser Folge haben wir Professor Kuschel gebeten, über die wegweisende Rolle des ersten Bundespräsidenten der damals neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland zu berichten. So beleuchtet er das Wirken von Theodor Heuss, der nicht nur sein neu gegründetes Amt, sondern auch die Nachkriegsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland politisch und moralisch formte. Insbesondere Heussens Wehrhaftigkeit gegenüber dem damals schon versuchten Verdrängen, Vergessen und der Bequemlichkeit, nach der sich große Teile der Westdeutschen sehnten, wird von Kuschel thematisiert. Wir blicken damit auf den Beginn des schweren Weges der Aufarbeitung und  aktiven Wiedergutmachung in der Bundespolitik. Professor Kuschel ist Professor für „Theologie der Kultur und des interreligiösen Dialogs“ an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Tübingen und stellvertretender Direktor des Instituts für ökumenische und interreligiöse Forschung. Zum heutigen Thema hat er das Buch „Antisemitismus und deutsche Demokratie: Theodor Heuss und seine Feldzüge gegen das Vergessen“ verfasst

Wie immer ist der Podcast zum Hören bei podigee erschienen und zudem auf Spotify, Deezer, iTunes und YouTube anhörbar.

Eine pdf-Textversion dieser Verschwörungsfragen-Folge finden Sie per Klick hier.

Und als Fließtext auch im Folgenden. Selbstverständlich freue ich mich wieder über konstruktive Kommentare, die sicher auch Prof. Kuschel zur Kenntnis nehmen wird.

Also, los:

Es fühlt sich ein wenig unwirklich an, Ihnen hiermit bereits die 30. Folge des Podcasts „Verschwörungsfragen“ vorstellen zu dürfen. Die Nachfrage, die Rückmeldungen und auch die weiteren Fragen und Anregungen zu diesem Angebot haben unsere Erwartungen weit übertroffen. Auch Überraschungen bleiben dabei nicht aus: So wird die Folge über den bizarren Adrenochrom-Verschwörungsmythos der QAnon-Bewegung weiterhin viel nachgefragt. Auf dem Podcast – nicht auf YouTube – trendet aber auch die Folge über die Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker (1920 – 2015) weit vorne. Wir merken also ein großes, auch historisches Interesse bei unseren Hörerinnen und Hörern, Leserinnen und Lesern. Und so haben wir entschieden, „Verschwörungsfragen“ auch über das Jahr hinaus als Ton und Text weiter zu entwickeln und einen Ort zu schaffen, an dem Geschichte erkundet, Verschwörungsmythen aufgeklärt und Interessierte informiert werden.

Nach der erfolgreichen Episode mit der Erzählforscherin Alexa Waschkau haben wir eine Reihe weiterer Expertinnen und Experten zu uns eingeladen. Heute darf ich Ihnen eine Folge mit dem Theologen Karl-Josef Kuschel vorstellen. Im Ökumenischen Institut Tübingen bei Professor Kuschel hatte ich auch noch selbst Seminare belegen dürfen. Insbesondere seine Bücher über Lessing und Abraham, aber auch seine Arbeiten über Noah in seinem Werk „Juden – Christen – Muslime“ haben mich tief beeindruckt und geprägt. Und so war es mir eine Ehre, ihn bei unserer Tagung über „Gegenmythen“ gegen den Antisemitismus bei der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart dabei zu haben. Die Videos dieser Beiträge finden Sie auf der Akademieseite. Bei dieser Gelegenheit erfuhren wir aber auch von Prof. Kuschels neuem Buch über den ersten Bundespräsidenten der damals neu gegründeten Bundesrepublik mit dem Titel: „Antisemitismus und deutsche Demokratie: Theodor Heuss und seine Feldzüge gegen das Vergessen“.

Umgehend haben wir Prof. Kuschel gebeten, uns auch hier auf dem Podcast von seinen Entdeckungen zu diesem bedeutenden Liberalen und Baden-Württemberger zu berichten. Und so hören wir ihn nun selbst zu Leben und Wirken von Theodor Heuss (1884 – 1963):

https://www.bundespraesident.de/DE/Die-Bundespraesidenten/Theodor-Heuss/theodor-heuss-node.html

Professor Kuschel hat das Wort:

Wir leben wieder in Zeiten, in denen sich die „Fratze des Antisemitismus“ neu erhoben hat, wie Bundespräsident Steinmeier neulich formulierte. Da ist es wichtig, sich an den Bundespräsidenten zu erinnern, der die Gründungsurkunde dieses Staates, das Grundgesetz, maßgeblich mitgestaltet hat. In ungezählten Reden hat er, Theodor Heuss, während seiner Amtszeit zwischen 1949 und 1959 öffentlich formuliert, wozu dieses Land – kontaminiert mit dem Gift der brauen Ideologie, traumatisiert vom totalitären Terror und zerrüttet durch einen verlorenen Krieg – gegründet wurde: auf welche politischen und ethischen Werte es sich verpflichtet hat, in welcher Verfassung es sich befindet und bleiben soll, wie es mit seiner jüngsten Vergangenheit umzugehen gedenkt, kurz: woraufhin sich dieses Land in nachfaschistischer Zeit ausrichten soll. „Nie wieder Diktatur“, „Nie wieder Krieg von deutschem Boden aus“ und „Nie wieder Rassismus und Antisemitismus“: Wenn es wahr ist, dass diese drei Sätze ausgesprochen oder unausgesprochen zu den „Gründungsaxiomen“ dieses Landes gehören, dann hat mit anderen Demokraten der Ersten Stunde Theodor Heuss dafür die Richtung gewiesen.

Wer die entsprechenden Reden von Heuss analysiert, erkennt, wie schonungslos er die Voraussetzungen und die Folgen der Nazi-Herrschaft und der braunen Rassenideologie angesprochen hat. Kaum drei Monate im Amt muss der Bundespräsident bereits daran erinnern, dass jetzt immer noch jüdische Friedhöfe in Deutschland geschändet würden. 

Dezember 1949. Solche „Friedhofschändungen“ seien für Deutschland „in seinem Kampf um seine Stellung unter den Nationen eine verlorene Schlacht“, meint er. Nein, ruft er seinen Zuhörern (in Wiesbaden) zu: „Wir dürfen nicht einfach vergessen“! Er sage das selbst auf die Gefahr hin, „in den kommenden Wochen darüber Briefe zu erhalten, anonyme Briefe und auch offene Briefe. Und was ist es, das wir nicht vergessen dürfen? „Wir dürfen nicht vergessen, sagt Heuss, die Nürnberger Gesetze, den Judenstern, die Synagogenbrände, den Abtransport von jüdischen Menschen in die Fremde, in das Unglück, in den Tod. Das sind Tatbestände, die wir nicht vergessen sollen, die wir nicht vergessen dürfen, weil wir es uns nicht bequem machen dürfen.“

“Bequem“ – das ist das Schlüsselwort bei Heuss im Zusammenhang mit „Erinnern“. „Bequem“ können und dürfen sich Deutsche ihr Verhältnis zur jüngsten Geschichte nicht machen. Nur nicht zu rasch dem Mantel der „Versöhnung“ über alles ausbreiten. In fast allen seinen Reden zur NS-Vergangenheit aktiviert Heuss diese Bequemlichkeits-Metapher. Ihm kommt ja auch allerhand zu Gehör aus dem Volk (wie er in seiner Rundfunkrede 1952 durchblicken lässt):

– Der Nationalsozialismus – ein „Stück geschichtlichen Schicksals, wie es eben über die Völker kommt“, schreiben ihm die einen – „So bequem dürfen wir es uns nicht machen.“

– „Vergiss das doch“ alles, Schlussstrich endlich, schreiben ihm andere – „Aber so bequem ist das nun auch nicht für ungezählte Menschen.“

– Oder jüdischen Menschen gegenüber müsse man unverfroren sagen: „Vergesst das doch alles“ – „So billig, das Wort im moralischen und materiellen Sinn, wird Hitlers Hinterlassenschaft nicht beglichen , antwortet Heuss– es ist eine unerhört schwere Aufgabe, durch das Erbe dieser Geschichte sich hindurchzuarbeiten.“

Der Bequemlichkeits- entspricht spiegelbildlich bei Heuss die Tapferkeitsmetaphorik. Es gelte „tapfer zu sein lernen gegenüber der Wahrheit“, kann man ihn zum Beispiel im KZ- Bergen-Belsen und anderswo sagen hören. Er, Heuss ist der erste Bundespräsident, der ein KZ besucht – Bergen-Belsen 1952. Und diese Tapferkeit gilt es vor allem beim „Anschauen“ der Folgen der Rassenlehre zu mobilisieren, meinte er. Denn mit „Rassegesetzen, Ehegesetzen, Gesetzen über Erbkrankheiten“ sei so wörtlich die „Hybris des Menschen“ Geschichte geworden. Keine Spur von Ehrfurcht mehr. Das Ethische? Suspendiert. Der „Kreisarzt mit seiner Unterschrift“? Er ist jetzt „an die Stelle eines göttlichen Schicksals“ getreten. Und die Konsequenz? – so Heuss wörtlich

„Dieser deutsche Mensch begann sich selbst zu erhöhen und ließ es sich gefallen, als der von der Schöpfungsordnung so gestaltete Mensch zu gelten, bis in ihm schließlich Herrschaftsanspruch, Herrschaftsrecht, Herrschaftspflicht gegenüber den anderen Völkern zum sogenannten ‚nordischen’ Selbstbewusstsein wuchs. Deutsch, deutscher, am deutschesten! Der nordische Mensch, Piefke aus Moabit, als Herrenmensch und Held!“

Dazu also war es in Hitler – Deutschland gekommen: zu einer Suspendierung des Ethischen, zur Einbildung eines Herrenmenschentums, zur Anmaßung von Allmacht sogenannten minderwertigen Rassen gegenüber: kurz zu Größenwahn und Hybris. Wie war das möglich, fragt Heuss. Was ist passiert, dass Menschen während der NS-Zeit „ihr Gewissen abgelegt hätten wie gegen eine Garderobengebühr, entsprechend dem Wort des NS-Funktionärs Robert Ley: „Ich habe kein Gewissen. Mein Gewissen heißt Adolf Hitler“, was Heuss sarkastisch so kommentiert: „Das war dessen Pech und wurde unser vaterländisches Unglück, dass der auch kein Gewissen hatte“. Hat nicht alles begonnen, so tastet Heuss sich weiter vor, „als die ersten Exzesse gegen die Juden erfolgten“? Sie hätten vielen Leuten nicht gefallen. „Aber sie haben gesagt: ‚Ist ja bloß ein Jude“. Und dieses ‚Ist ja bloß ein Jude’, das war der Anfang, so Heuss. Von dort an ist die deutsche Seele krank geworden, weil sie im Menschen nicht mehr das Menschliche, die Würde des Menschen sah“.

Die Schoah ist ein „Zivilisationsbruch“ epochalen Ausmaßes, sagen wir heute in der Rückschau von fast 70 Jahren. Schon Heuss hat das klar erkannt und analysiert. Doch was soll die Grundeinstellung der Deutschen zur NS-Zeit und den Verbrechen am jüdischen Volk sein? „Kollektivschuld“? Kommt nicht in Frage. Heuss lehnt diesen Begriff von Anfang an ab. Zugleich aber will er niemanden von der Hypothek entlasten, welche die Verbrechen in deutschem Namen nun einmal darstellen. Heuss will, dass alle sich angesprochen fühlen, nicht nur die wenigen, die direkt kriminelle Schuld auf sich geladen haben. Kurz: Heuss sucht jenseits von Schuldvergessenheit und Kollektivschuld nach einer eigenen Kategorie und findet sie mit dem Wort von der „Kollektivscham“.

Dieses Kunst-Wort ist zweifellos eine der folgenreichsten Wortschöpfungen von Heuss, die bis heute umstritten ist. Aber eine Ent-Schuldigung der wirklich Schuldigen war mit diesem Wort nicht gemeint, schon gar nicht gewollt. Wohl aber eine moralische Betroffenheit gerade auch derjenigen, die persönlich nicht schuldig an den Verbrechen geworden waren. Gerade auch ihnen sollte das Argument genommen werden, nicht gemeint zu sein. Alle Deutschen, ob Täter oder Widerständler, ob Parteigenossen oder Emigranten, alle, die sich zum deutschen Volk zugehörig fühlen, sind, wenn auch in unterschiedlichem Grade und in unterschiedlicher Verantwortung, von den Verbrechen des NS-Staates betroffen, die schließlich im Namen Deutschlands und des deutschen Volkes begangen worden waren. Der Name „Deutschland“ ist durch das braune Gift ein für allemal kontaminiert: das bewusst zu machen, ist Heuss’ Grundanliegen und vor allem die nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen.

Die bohrend-selbstkritische Ursachenforschung betrifft auch einen besonders heiklen Punkt. Von Hause aus kein Theologe oder Religionswissenschaftler steht Heuss dennoch klar vor Augen, dass die christlichen Kirchen Jahrhunderte lang eine fatale Enterbungstheologie gegenüber dem Judentum betrieben haben, eine der Wurzeln dafür, warum sich das Verbrechen am jüdischen Volk hinter dem Rücken der Kirche abspielen konnte, mit Bischöfen, Pfarrern, kirchlichen Funktionären und ungezählten Gläubigen als schweigenden Zuschauern. „Die Kirche“ hatte ja auch längst alle biblisch bezeugten Verheißungen an das Bundesvolk Israel auf sich bezogen. Sie ist jetzt alleinige Nutznießerin eines Neuen Bundes, sie allein repräsentiert das neue Volk Gottes, sie allein besitzt jetzt jenes Neue Testament, welches das erste Testament Israels „alt“ und damit überholt aussehen lässt.

Kurz: Indem die Kirche die Synagoge beerbt und überbietet, hatte sie sich an die Stelle Israels gesetzt – mit geschichtlich verhängnisvollen Folgen für das gesamte jüdische Volk. Denn die sogenannte „heilsgeschichtliche“ Auslöschung Israels als einer angeblich von Gott verworfenen und deshalb veralteten und überholten Größe bereitet über die Jahrhunderte auf geistige Weise die dann vollzogene physische Auslöschung vor. Man hatte unter Christen das jüdische Volk geistig schon zu lange für tot erklärt und damit faktisch „vernichtet“, um dann noch bereit zu sein, gegen dessen physische Vertreibung oder Vernichtung öffentlich Einspruch zu erheben oder gar Widerstand zu leisten. Heuss hat klar gesehen, der Jahrhunderte alte kirchliche Antijudaismus hat den Nährboden für einen rassischen Antisemitismus bereitet, der sich im 19. Jahrhundert herauszubilden beginnt und im 20. Jahrhundert tödliche Folgen für das jüdische Volk haben wird.

Versöhnung? Mit dem Massenmord am jüdischen Volk? Theodor Heuss’ Antwort lautet: Es bleibt ein für allemal das Nichtversöhnbare und damit für uns Deutsche damals wie heute die Scham über unsägliche Verbrechen von Deutschen in deutschem Namen. Aber indem wir auch als Nachgeborene ohne alle Verharmlosung und Verdrängung der Wahrheit gegenüber „tapfer zu sein lernen“, wie Heuss formuliert, indem wir politische Konsequenzen für eine an den Menschenrechten orientierte demokratische Kultur in Deutschland gezogen haben, indem wir uns engagieren für einen christlich-jüdischen und deutsch-israelischen Dialog (und ihn nicht anderen überlassen), gewinnen wir die Glaubwürdigkeit nach innen und außen, dass die drei „Grundaxiome“ dieses Landes von denen ich eingangs gesprochen habe, das diese drei „Gründungsaxiome“ keine leeren Parolen bleiben: „Nie wieder Diktatur“, „Nie wieder Krieg von deutschem Boden aus“, und „Nie wieder Rassismus und Antisemitismus“.

Belege der Zitate, weitere Einzelheiten und größere zeitgeschichtliche Zusammenhänge bei: Karl-Josef Kuschel, Theodor Heuss, die Schoah, das Judentum, Israel. Ein Versuch, Tübingen 2013. Neuausgabe: Antisemitismus und deutsche Demokratie. Theodor Heuss und seine „Feldzüge gegen das Vergessen“, Stuttgart-Ostfildern 2019.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

36 Kommentare

  1. Mir scheint auch,dass wir eine grundsätzlich fundamentale Grunddebatte zur Schuld benötigen.!
    Schuld für die Shoa,Schuld für das Anthropozän,Schuld als Wachstumsmotor,Schulden grundsätzlich, Schuld als Motiv des Handelns,Schuld als emotionales Verständnis unseres Wesens,Schuld als Erbsünde.
    Mir macht es stark den Eindruck,Schuld wird nicht mehr als Sauerstoffschuld,als Energiebilanz zwischen Leben und Tod,als Grundvoraussetzung des Seins wahrgenommen.
    Schuld als ethisch moralische Festsetzung des Miteinander.
    Schuld sind lediglich noch Schulden in einer ökonomischen Bilanz des zerstörerischen Wachstums.
    Es bedarf des Diskurses über Schuld.

  2. Das Ganze wirft etliche Fragen auf. Heuss lehnte zwar den Begriff der „Kollektivschuld“ ab, wohl weil er juristisch nicht tragbar wäre, aber „Kollektivscham“ finde ich in diesem Zusammenhang zu Recht umstritten. Warum sollte man eine „moralische Betroffenheit gerade auch derjenigen, die persönlich nicht schuldig an den Verbrechen geworden waren“ einfordern? Und wieso wird gesagt: „Gerade auch ihnen sollte das Argument genommen werden, nicht gemeint zu sein“? Und „Alle Deutschen, ob Täter oder Widerständler, ob Parteigenossen oder Emigranten, alle, die sich zum deutschen Volk zugehörig fühlen, sind, wenn auch in unterschiedlichem Grade und in unterschiedlicher Verantwortung, von den Verbrechen des NS-Staates betroffen, die schließlich im Namen Deutschlands und des deutschen Volkes begangen worden waren.“ Müssen sich nun auch diejenigen schämen, die Widerstand leisteten oder unter Einsatz ihres eigenen Lebens Juden halfen und sie versteckten? Genauso wie eine „Kollektivschuld“ ist auch eine „Kollektivscham“ abzulehnen, sonst könnte man sich ja auch nicht von der Sippenhaft distanzieren. Zudem wird dadurch das Eingestehen persönlicher Verantwortung erschwert.

    Es mag ja sein, dass die meisten Deutschen hinter Hitler standen, aber was ist mit den Ausnahmen? Dürfen die nun mit den Schuldigen in einen Topf geschmissen werden, nur weil sie Deutsche waren? Welche Vorbilder soll unsere Jugend dann noch haben, wenn es sowieso wurscht ist ob jemand mitmacht oder nicht? Muss unsere Erinnerungskultur die genauen geschichtlichen Gegebenheiten ausblenden, weil es zu anstrengend ist sich damit zu befassen? Werden nicht durch Verkürzung und Vereinfachung von komplexen Wahrheiten die vielen Fake News erst ermöglicht, die uns so aufregen?

    Dazu passt auch, dass unbemerkt von der Öffentlichkeit und wohl nur für Historiker oder Juristen von Interesse das Bundesarchivgesetz geändert wurde. Im Vorfeld und danach gab es dazu zwar hier und hier Kritik, weil zu befürchten ist, dass dadurch Überlieferungslücken entstehen. Vermutlich wird es jedoch all jenen zugutekommen, die sich gerne eine zeitraubende Aktenrecherche ersparen, um Fakten durch Meinungen zu ersetzen ohne dass es groß auffällt. Aus diesem Grund halte ich es auch für falsch Personen aus der Geschichte zu tilgen, die sich gegen ein Unrechtsregime stellten, um eine „Kollektivscham“ zu propagieren.

    “Man kann die Geschichte ergänzen und kommentieren. Aber man kann sich die Geschichte nicht hinbiegen, wie man sie gerne hätte.”
    Stephan Hoppe

    • Tja, @Moni – schon aus biografischen Gründen (geboren 1976) empfinde ich für NS-Verbrechen auch als Deutscher keine Schuld. Aber ich empfinde Scham. Und auch zum Beispiel Willy Brandt kniete stellvertretend für sein Land nieder, obwohl er persönlich gegen das NS-Regime gestanden war.

      Kurz: Hier gebe ich Theodor Heuss schlichtweg Recht. Wie ich mich als Deutscher mit vielem Guten und Erfolgreichen identifiziere, so akzeptiere ich auch die Scham für Untiefen und Verbrechen.

      • Ich würde das sogar noch zuspitzen:
        Wer Stolz auf die Leistungen seiner Nation verspüren will, muss konsequenterweise auch Scham für deren Verfehlungen empfinden. Sich vom Einen zu distanzieren heißt auch, sich vom Anderen zu distanzieren. Eine Ablehnung von Kollektivscham müsste somit Zeichen einer allgemeinen Ablehnung von nationaler Identität sein, wenn sie glaubwürdig sein soll.

        • ja kollektiv-Scham ist auch ein problematischer Begriff. Aber er trifft es. sollen sich auch etwa die widerständler oder gar die (deutschen) opfer auch schämen? nun die Widerständler haben sich ja geschämt – deswegen waren sie im Widerstand. und die Opfer sind Betroffene wie die Täter – und wir als deren Nachkommen.
          wir schämen uns ja sogar “fremd” wie es so schön formuliert wird. fühlen empathisch mit-leid und mit-scham.
          und wie einer meiner Vorredner es so schön sagte: wer stolz auf dein Land sein kann/will, muss sich auch für sein Land schämen können…

      • Als Nachgeborene müsste es uns erlaubt sein, die Vergangenheit wahrheitsgemäß und gegebenenfalls auch kritisch aufzuarbeiten. Laut seiner Biografie stimmte Theodor Heuss als Abgeordneter der liberalen Deutschen Staatspartei am 23. März 1933 für das Ermächtigungsgesetz, welches Hitler zur Macht verhalf. Außerdem revidierte er seine Rede von der „Kollektivscham“ später wieder. Als Bundespräsident vertrat er in einer Ansprache die Ansicht, dass eine Kollektivscham für die Deutschen nicht mehr zu gelten habe, weil das stolze Sterben der Männer des 20. Juli 1944 den Dank der Nation verdiene und die Scham durch ihr Blut vom besudelten deutschen Namen wieder weggewischt worden wäre.
        Siehe dazu auch: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/kollektivscham-fur-lausbubereien

        Wie ich in meinem ersten Kommentar bereits schrieb, sollte man die geschichtlichen Gegebenheiten genauer betrachten. Theodor Heuss hat für die Bundesrepublik sicher viel geleistet, das ist in meinen Augen aber kein Grund „wunde Punkte“ einfach unter den Tisch fallen zu lassen. Zudem wird über Theodor Heuss immer noch geforscht. So fanden sich in seiner Hinterlassenschaft 10.550 Briefe, die er zwischen seinem Ausscheiden aus dem Amt des Bundespräsidenten und seinem Tod verfasste und von denen 200 für dieses Buch ausgewählt wurden.

        • Vielen Dank, @Mona – genau solche Debatten wünsche ich mir auch hier! 🙂

          Magst Du uns ggf. verraten, woher Deine Einschätzung stammt, Theodor Heuss hätte seine Aussage zur Kollektivscham “revidiert”? Das wäre doch tatsächlich interessant!

          • In meinem obigen Kommentar ist bereits „der Freitag“ verlinkt, der zur Kollektivscham folgendes schrieb: „Keine vier Wochen nach seiner Kollektiv schamrede bezog Heuss in seine erste Silvesteransprache auch die in Landsberg einsitzenden NS-Kriegsverbrecher ein. Und viereinhalb Jahre später begründete der Bundespräsident in seiner Rede “Das Recht zum Widerstand”, warum auch eine Kollektivscham für die Deutschen längst nicht mehr zu gelten brauchte. Bezogen auf die Männer des 20. Juli 1944 erläuterte er, warum ihr “stolzes Sterben” den Dank der Nation verdiene: “Die Scham, in die Hitler uns Deutsche gezwungen hatte, wurde durch ihr Blut vom besudelten deutschen Namen wieder weggewischt.” Weggewischt – die Scham. Hitler allein war der Verbrecher …“
            Der Freitag formulierte das Ganze vielleicht ein bisschen zu drastisch, die Schlussfolgerung ist jedoch durchaus zutreffend. Die Originalrede, samt Zitat am Schluss, findet sich hier. Sie ist eine von insgesamt 775 Reden, die Theodor Heuss hielt.

          • Danke, @Mona. Hier lag jedoch Heuss m.E. auch empirisch schlichtweg falsch: Gesamtgesellschaftlich war „die Scham“ ja keineswegs „weggewischt“, sie überdauerte Generationen. Selbst heute noch treffe ich immer wieder auf Leute, die sich mit Schuldgefühlen plagen (und diese nicht selten auf die damals Verfolgten umlenken). Bei knapp 800 Reden hatte auch ein Heuss nicht immer Recht… 🤷‍♂️✅

          • Das stammt aus einem der Links von Mona.

            Und viereinhalb Jahre später begründete der Bundespräsident in seiner Rede “Das Recht zum Widerstand”, warum auch eine Kollektivscham für die Deutschen längst nicht mehr zu gelten brauchte. Bezogen auf die Männer des 20. Juli 1944 erläuterte er, warum ihr “stolzes Sterben” den Dank der Nation verdiene: “Die Scham, in die Hitler uns Deutsche gezwungen hatte, wurde durch ihr Blut vom besudelten deutschen Namen wieder weggewischt.”

            Weggewischt – die Scham. Hitler allein war der Verbrecher …

            Tja

          • Ich kann mir allerdings vorstellen, dass die Quelle von Mone die Rede nur verkürzt wiedergibt. Leider konnte ich den Wortlaut nicht so schnell finden.

  3. Vielen Dank für diesen Text!
    Eine Bitte und einen Hinweis noch:
    – gibt es diese Rede von Heuß irgendwo zum Nachhören? Für Schülerinnen und Schüler sicher interessant.
    – Th. Heuß war Mitglied einer Burschenschaft. Er wurde von dieser in der Probezeit “als unbrauchbar abgegeben.”

  4. @Vergangenheit und Zukunft

    Schuld und Scham bezieht sich eigentlich auf die Vergangenheit. Hier ist klar, dass Hitler nicht nur Anhänger hatte. Die, die nicht mitgemacht haben oder sogar Widerstand geleistet haben, sind schon mal gar nicht schuldig, und die, die das 3. Reich wirklich begrüßt haben, sind noch mal wesentlich schuldiger als die, die nur aus Angst mitgemacht haben. Eine Mehrheit hat aber offenbar die Machtergreifung möglich gemacht. Von daher kann man sich dafür schämen, was Landsleute bzw. unsere Vorfahren hier angerichtet haben.

    Was allerdings die Zukunft angeht, so denke ich hier nicht an Schuld und Scham, sondern eher an Angst. Dass Menschen wieder so weit absacken, und sich Ähnliches wie das 3. Reich wiederholt. Weniger in Deutschland, dann eher noch in den USA, das ganz aktuell in Gefahr gerät, für ziemlich Viele zum Alptraum zu werden. Man muss Menschen nicht in Konzentrationslagern ermorden, um ihnen ihr Leben zu zerstören. Ein Leben als Obdachloser ohne medizinische Versorgung inmitten einer Kultur von Saus und Braus ist nicht mehr so viel.

    Soll ich mich aktuell für unsere aktiven Rechtsradikalen schämen? Tue ich nicht. Ich habe zwar ein gewisses Nationalselbstverständnis als Deutscher, aber auch ganz wesentlich das Bewusstsein mindestens genauso Weltbürger zu sein. Ich kann mich dann hier aber auch nicht für Putin oder Trump schämen. Was kann ich für meine Mitmenschen? Egal wer das ist. Scham empfinde ich hier nicht. Wenn ich aber im privaten Bereich mit rechtsradikalen Haltungen konfrontiert werde, fühle ich eher Resignation. Bei allem Widerstand, den ich leisten kann.

    Oder auch eine gewisse Trauer um ein Ende der Evidenzbasierten Kommunikation.

  5. Mona,
    das war ein nützlicher Kommentar.
    Schuld oder Scham , besser wäre Schuld und Scham.
    Die deutsche Bevölkerung in der Zeit zwischen 1920 und 1945 war nicht so homogen, wie man glauben könnte. Ein Drittel fühlten sich zu den Nationalen hingezogen, den Rechten, dazu gehört auch der Adel.
    Ein Drittel, das waren die Arbeiter, die Proletarier, die dachten links , die hingen sozialen Forderungen nach.
    Das letzte Drittel, die Unpolitischen, die gab es damals auch noch.

    Die Leute, die gegen Hitler eingestanden sind, die brauchten sich nicht zu schämen und die waren auch nicht schuld an der moralischen und politischen Verwüstung Deutschlands.Ich kenne/kannte selbst noch viele, die Juden versteckt haben und sich dann selbst verstecken mussten.

    Die DDR behauptete sogar, alle Rechten sind in die BRD geflüchtet. Und das DDR-Regime fühlte keine Kriegsschuld.
    Frau Merkel sieht es ja als Staatsraison, dass man Israel unterstützt. Und das ist auch gut so, denn es gibt keine Alternative, Schuldgefühle hin oder her.

    Theodor Heuss war auf jeden Fall ein Glücksgriff, genauso wie es Konrad Adenauer war und später Willy Brandt. Diese Politiker hatte eine moralische Grundlage, der sie sich verpflichtet fühlten.

  6. HWied
    “Die DDR fühlte keine Kriegsschuld…”
    Woher haben sie das ? Vergegenwärtigen sie sich mal was die Russen nach 1945 aus er Ostzone an Reparationen mit genommen haben, also demontiert und requiriert: Betriebe, Eisenbahnschienen, Wismut, Nahrungsmittel ,Intelligenz etc…. Der Osten wurde damals -wiederum-platt gemacht. Wären die USA, GB oder Frankreich ähnlich mit den Westzonen umgegangen, wäre der Lebensstandart dort auch völlig anders gewesen. Die Kriegsschuld war somit für jeden Ostler spürbar, auch mit dem Verbleib von gut vierhunderttausend russischen Soldaten die ja auch durchgefüttert werden mussten. Die Hauptlasten dieses Krieges trug also, wenn sie so wollen, eindeutig der Osten Deutschlands. Die Art der Kriegsschild wurde durch die Führung ideologisch uminterpretiert in dem der Schuldige der deutsche Imperialismus war, der den Faschismus benutzte um Profite zu machen.

  7. @hwied
    Theodor Heuss hatte noch einen Vorteil: er war ein Genußmensch und lebte das auch ganz unbefangen. Damit war er glaubwürdig, weil seine moralischen Überzeugungen viel unverkrampfter herüberkamen als bei Adenauer oder Brand.

  8. Tipp: Das Haus von Theodor Heuss steht in Stuttgart und kann auch besichtigt werden.

    Querdenker,
    die DDR hatte die Hauptlast der Nachkriegszeit zu tragen , das ist richtig-.
    Die Bevölkerung betrachtete die Russen als Besatzer und nicht als Befreier, das ist auch richtig.
    Auch richtig ist, dass sich Teile der Bevölkerung für den Sozialismus engagierten, die hohe Zahl der Mitarbeiter für die Stasi ist ein Beleg.
    Was jetzt die moralische Seite betrifft, ein Teil der Bevölkerung identifizierte sich nicht mit den Kommunisten, sondern sie floh über Berlin in den Westen.

    Die Zurückgebliebenen, für die waren die Kriegsschuldigen die Nazis, die Rechten, die Kapitalisten, der Klassenfeind eben. Und weil die alle im Westen lebten, brauchte die DDR nach Meinung der Partei keine Auseinandersetzung mit der Kriegsschuldfrage mehr. Ja, die Sowjetunion wurde sogar als Freund hingestellt.
    Anmerkung: Auch in der Bundesrepublik gab es keine Aufarbeitung der Kriegsschuldfrage. Der verlorene Krieg wurde bedauert, die Landser das waren immer noch die Helden, ein Lehrer sagte sogar zu mir , der deutsche Soldat war das Mutigste, was über die Erde marschiert ist.” Oder, ” mit soviel Material ist es keine Kunst den Krieg zu gewinnen”.
    Also, der verlorene Krieg wurde als “Reifenpanne” herunterstilisiert. Die Opfer, die waren nur der Kollateralschaden.

  9. Theodor Heuss war zwar Politiker und als Bundespräsident ein Repräsentant Deutschlands doch was er zum Holocaust und zum Vermächtnis der Nazizeit sagte, war Ausdruck seines eigenen Erlebens, des eigenen Denkens und der eigenen Verarbeitung. Damit waren seine Äusserungen für seine Mitbürger weit mehr ein Denkanstoss als wenn er nur offizielle Positionen wiedergegeben hätte – gerade weil man auch anderer Ansicht sein konnte und man sich als Deutscher die Frage stellen musste, wie man persönlich mit der deutschen Vergangenheit umgehen sollte.

    Darin sehe ich auch einen grossen Unterschied zur Vergangenheitsbewältigung in der DDR (wenn es sie dort überhaupt gegeben hat), denn in der DDR gab es zwar offizielle Positionen zur Vergangenheit, aber kaum Stimmen, die sich damit auseinandersetzten und die zum Denken anregten.

    Und Theodor Heuss war nicht der einzige deutsche Politiker, der zum Umdenken aufrief. Auch der spätere Bundespräsident von Weizsäcker tat das etwa in seiner Rede zum 40. Jahrestag der Kriegsbeendigung in dem er davon sprach, das durch die Alliierten erzwungene Kriegsende sei kein Tag der Niederlage, sondern ein „Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ gewesen.

    • Auch Einstein warnte irgendwo (ich finde die Quelle gerade nicht📚👀) vor dem (metaphysischen) “gesunden Menschenverstand” als Ergebnis einer schlichten Anhäufung von Vorurteilen.

      Es ist natürlich die Frage, ob Einstein dies allgemein oder im Kontext “seiner Theorie” gesagt hat. Im Kontext der physikalischen Theorie hat er bestimmt recht. Wie das englische Wort “common sense” ausdrückt, ist es wohl ein System von Ansichten, die weit verbreitet sind. . Daher greift dieser Begriff auch gut, denn wenn es nur “individuelle Vorurteile” wären, kann man sich schwer darauf berufen.

      Zum Thema “Gesunder Menschenverstand” und Politik fällt mir noch eine These von Rudi Dutschke vor 40 Jahren ein:

      “common sense” ist Macht

      Dies ist sicherlich in dem Sinne interessant, weil es bedeutet, daß mit “gesundem Menschenverstand” auch bestehende Verhältnisse als “nicht änderbar” dargestellt werden. Amn könnte auch dazu alternativlos sagen.

      Gruß
      Rudi Knoth

  10. Waren sie nicht angetan davon, Herr Blume, das es in der Serie Stargate SG1 einen “umgeklehrten Verschwöhrungsmythois” über Juden gibt, die … eben als die Guten dargestellt werden.?
    Da dachte ich, sie nehmen sich der Geschichte an, stattdessen hören sie auf mit dem rühren in den Abgründen der Welten-Wahrnehmungen in der Popkuklturen.

    • Lieber @demolog,

      Danke – tatsächlich wünsche ich mir sehr Zeiten, in denen ich wieder mehr Zeit für Fernsehserien wie “Stargate” hätte. Ich hoffe, eines Tages wird auch dies wieder möglich sein. Auf dem Podcast bringe ich bewusst einen Mix aus verschiedenen Themen, gerade heute wird z.B. eine Folge über Antisemitismus in der MENA-Region, konkret im Iran und in Marokko erscheinen.

      Mit Dank für Ihr Verständnis und herzlichen Grüßen!

      • Also, 10 Staffeln mal eben so durchzuschauen und dann auf dem Laufenden zu sein, funktioniert sowieso nicht. Weswegen sie auf “Berater” angewiesen sind.

        Und eigendlich wäre es wegen der Aktualität auch sinnvoll, das Abraham-Abkommen anzusprechen, oder?

        Oder die neue Serie “Moloch” auf Arte?

        Aber Moloch hat ja, laut Historie, nichts mit Juden zu tun. Obwohl sie alle Semiten sind (waren). Ausserdem wird die Historie nicht recht dargestellt, weil es sich um “spontane Entzündungen” handelt, die darin vorkommen.

        Aber die historische Brutalität und das Meme werden wohl auch Auswirkungen auf die Rezeption der Semiten haben, falls sich die Rezipienten mal mit der Historie befassen (wozu eigendlich wenig Gefahr besteht, weil das bei allen anderen popkulturellen Mythen in Film und Fernsehen praktisch auch nicht geschieht, sodass man davon etwas direkt mitbekommen würde.

          • Die ganze Sparchwissenschaft tut das dann wohl.

            Und die machen das ja nicht ganz ohne Anlass.

            Abe rmir ist natürlich klar, das Kanaan und die Juden nicht die selbe Kultur waren.

            Und das mit dem Rassismus ist eben halt so, das mit der modernen Genanalyse natürlich einiges besser ist, was die Deutung angeht. Ich bin nicht sicher, wieso man demosntrativ ignorieren kann/will, was die Historie bis heute uns dazu überliefert.
            Ich meine, da läuft der Genozid immer noch. Aber begleitet von einem demonstrativen Antirassismus. Was natürlich trotzdem krass ist.

            Und im Zusammenhang mit der Verschränkung von Gehirnen ergibt das auch im Zweifel auch einen Grund.

          • Geschwurbel von einem „Genozid“ im Namen des #Antirassismus“, Verleugnung der Buntheit auch des Judentums bis hin zu afrikanischen Jüdinnen & Juden… Sie haben sich wirklich in übelste Verschwörungsmythen verrannt, @demolog… 🤦‍♂️

      • Ach und die Frage der Metallvergiftungen ist gar nicht so absurd – siehe hier etwa:

        https://www.youtube.com/watch?v=ZQ–scjcAZ4

        Are Negative Ions Good For You?
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        •06.02.2019
        Veritasium
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        Ob diese Studien, die er da in die Kamera hält, zu sehr auf spezielle Eigenschaften und Auswirkungen begrenzt waren, ist zu befürchten (es geht dann eben nicht um neurologische Grundkonstellationen, sondern um gute Laune/schlechte Laune, Depressionen oder manische Wirkungen…).
        Aber die Grundfunktionen dürften damit gedeutet werden können.

        Und angesichts dessen, das man den Tunguska-Vorfall als emission von unmengen Metallionen deuten kann, und daraufhin etwasd geschah, das man heute noch nicht fassen kann (2 Weltkriege und weitere brutale katastrophen in der Welt), müsste man annehmen, das diese Ionen, die dort freigesetzt wurden, eben zu schlechteLaune führten.

        Aber das Problem ist nicht unbedingt an der Ladung selbst dingfest zu machen, sondern das überhaupt zu viele davon in der Atmosphäre waren, sodass die Gehirnfunktionen auf ungünstige Weise in einen Ausnahmezsustand versetzt wurden – bei allen Menschen auf der Nordhalbkugel, aber vor allem in Europa, wegen der Richtung der Woilke aus Sibirien in den höheren Atmosphärenschichten.
        Gorbatschov nannte das dann eine “Massenpsychose” (wie in einer Doku über den Tschernobyl-Unfall erklärt).

        Leugnen können sie das sicher nicht. Ignorieren vielleicht. Aber das ist kaum sachlich und redlich.

  11. Also, die Sprachwissenschaft macht das – semitische Sprachen.

    Und die Plots in Stargate SG1 tun auch keinen Unterschied machen. Jedenfalls nicht eindeutig. Da ist die Geschichte eher so, das sich beide nicht unterscheiden, ausser in der “Kultur”.

    Sind das alles Rassisten gewesen, die die Geschichten schrieben? Eher nicht.

    Das man diese Geschichte mit den Juden verbindet, ist schuld der ausserordentlichen und eindeutigen Namensgebung der bösen, falschen Götter, die alle der ägyptischen, levantischen und sonstige regionalen Mythologie Nordafdrikas und dem Nahen und Mittlerem Osten entnommen sind.
    Und der ausserordentlichen Komplikation, das “Tok´Ra” “gegen Gott” (oder Gegengott) heisst.

    Zu dieser Deutung der Serie passt dann auch, das man durchaus der Auffassung sein kann, das gegenwärtig mit den Friedensmission in all den Regionen praktisch ein analoger Feldzug gegen diese Kulturen oder gar Gengruppe stattfindet… die sich in der Heimatregion der y-Haplogruppe E befinden. Von Nordafrika bis Afghanistan. Überall Friedensmissionen. Und inzwischen erheblich invasiv wirkend.

    Und nun die Seuche.

    Die Frage, wieso jüngst ein Abraham-Abkommen geschmiedet wurde und kein “Sem-Abkommen” oder ein Noah-Abkommen, müsste man auch mal stellen. Allerdings ahne ich, das ich die Antwort kenne.
    Jedenfalls ist ein Abkommen, das den Urvater aller Menschen (der abrahamistischen Religionen) zum Namen hat, ziemlich auffällig im Sinne der jüngeren und gegenwärtigen Weltgeschichte. Als ob nun endlich ein Damm gebrochen ist, der neuen Verhältnissen den Weg frei machte.

    Was natürlich nicht ohne gewaltige Opfer möglich werden konnte.

    • Sorry, lieber @demolog – Ihre ewigen, rassistisch durchsetzten Verschwörungs-Schwurbeleien ermüden und langweilen nur noch. Zumal Sie umgekehrt nicht in der Lage zu sein scheinen, Wissen aufzunehmen, das Ihre Verschwörungsfantasien aufklären würde. Rassenlehren und Sprachwissenschaften hatten wir hier schon, wieder und wieder:
      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/1860-sprach-steinthal-von-antisemitismus/

      Sie benutzen diesen Blog leider in sehr destruktiver und nicht-dialogischer Weise. Dagegen verhänge ich Ihnen daher wieder eine mehrwöchige Pause – und wünsche Ihnen von Herzen gute Besserung.

    • zu j
      Die “Produktivität” wird aber auch an solchen Bedingungen bemessen, die im Osten viel weniger vorhanden sind:
      Hauptstandorte von Konzernen, die gerade im Westen sind, generieren durch Patent-Einnahmen und anderen Synergieeffekte viel Prodduktivität.

      Hingegen im Osten überwiegend nur produzierende oder montierende Industrien bestehen.

      Das Argument ist also fundamental ungerecht, weil es diese strukturellen Bedingungen nicht mit einberechnet – wahrscheinlich nicht.

  12. Martin Holzherr
    “Vergangenheitsbewältigung in der DDR-wenn es sie denn überhaupt gegeben hat”
    Ich verzeihe ihnen ihre kindliche Einfalt bei dieser Fragestellung. Wenn man etwas bewerten will, so muss man dieses “erlebt” haben -Und das nicht aus Büchern oder irgendwelchen Gazetten.
    Die DDR-Literatur mit der ich mich ja zeitweilig berufsmäßig befasst hatte, ist voll von dieser Vergangenheitsbewältigung bzw. Aufarbeitung. B. Brecht:” Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch “- Und er meinte die faschistische Gesinnung, die er ideologisch mit dem Kapitalismus /Imperialismus bzw. deren Werten in Verbindung brachte.
    Sein Stück “Der Aufstieg und der Fall der Stadt Mahagony” zeigt diese Dekadenz deutlich, diese Doppelmoral, die sich auf Triebbefriedigungen ,Egoismen und auf Konsum reduziert, wo Geld der eigentlich bestimmende “moralische” Wert ist. Zur Aufarbeitung in der DDR gehörte auch -im Vergleich zu heute-, dass man polnischen oder tschechischen Städten die einstmals deutsch waren, nicht mehr in den Atlanten oder Autobahnkennzeichnungen den alten deutschen Namen gab. Fahren sie mal heute in Richtung Osten. Da steht wieder Stettin (Polen), Karlsbad (Tschechien), Breslau (Polen)… Wer verkennt das hier und zeigt sich Deutschnational (rassistisch)mit dem Alleinvertretungsanspruch ?
    Im übrigen ist mein Bild von der Schweiz auch so realitätsfern wie ihres von der DDR. So sehe ich neben dem biologischen Almkäse auch viel anderen Käse wie i diesem Land wie Geldwäsche, Bankenabzocke ,Doppelmoral etc…Mich erinnert das eher an Brechts Untergang der Stadt Mahagonny…

    • Das zeigt m.E. die Problematik der Thesen von der sogenannten “Kollektivschuld” sehr deutlich, @j

      Zuerst wird behauptet, die Kirche(n) würden eine solche lehren, dann wird sie auf “das Alte Testament” und den Gott der Juden zurückprojiziert. Auch deswegen leiden Antisemiten an ewigen Schuldkomplexen, die sie durch Schuldumkehr auf Jüdinnen und Juden abwälzen wollen.

      Tatsächlich habe ich mich mehrfach und auch öffentlich gegen Kollektivschuld-Thesen ausgesprochen, hier zum Beispiel beim Deutschlandfunk am 11.06.2019:

      “Blume: Also, ich würde ganz klar sagen, da geht es nicht um Schuld, schuld ist immer nur derjenige, der was tut. Wenn ich in Schulen bin beispielsweise, sage ich ganz klar: Niemand der Schülerinnen und Schüler hat eine Schuld am NS-Regime, aber wir haben eine Verantwortung, daraus zu lernen. Und ein Teil unserer Kultur, unserer globalen Kultur, ist eben auch der Antisemitismus und der Rassismus. Die stecken tief im Denken drin.

      Schon im Begriff Semitismus sagen wir dann: ‚Ja, die Semiten – das ist doch eine Rasse oder das ist doch eine Sprachgruppe.‘ Und damit reproduzieren sie antisemitische Vorurteile des 19. Jahrhunderts. Also, wir müssen uns ganz klar sein, das steckt tief im Denken, in der Kultur drinnen. Das macht es so gefährlich. Da sind Heutige nicht dran schuld, aber wir haben die Chance und Verantwortung, darüber hinwegzukommen.”
      https://www.deutschlandfunk.de/religionswissenschaftler-michael-blume-antisemitismus.886.de.html?dram:article_id=450943

      Tatsächlich entspringt der zitierte Bibelvers 5. Mose 5,9, nach dem Gott “ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied” sei, zutreffender Beobachtung: Wenn Väter z.B. Verbrechen begehen, Gewalt ausüben, prassen, saufen, spielen usw., so hinterlassen sie ihren Kindern ein schweres, negatives Erbe – in der Antike noch viel heftiger als heute. Das heißt gerade nicht, dass meine Kinder, Enkel, Urenkel an meinem Fehlverhalten schuld wären – aber dass sie negative Folgen zu tragen hätten. Umgekehrt erleichtere ich ihnen mit der Übernahme von Verantwortung (z.B. der Förderung ihrer Bildung) den Start ins eigene Leben, wiederum auch für ihre möglichen, zukünftigen Familien.

      Kurz: Wer sich selbst in Kollektivschuld suhlt und diese dann auch noch psychologisch auf das Judentum zurückprojiziert, tradiert den Antisemitismus weiter. Und das scheint mir gerade auch unter älteren Deutschen tatsächlich noch ein sehr häufiges Muster zu sein…

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