Unser Mitblogger Wolfgang Achtner (1957 – 2017) ist tot

Vor einer Woche feierten wir in Heidelberg das 10jährige scilogs-Jubiläum. Selbstverständlich tauschten wir uns dabei auch über ehemalige Sciloggerinnen und Scilogger aus. Und so erzählte ich auch, dass ich mit Wolfgang Achtner (scilog “Theologie im Dialog”, 2010 – 2013) noch immer in regem Kontakt stünde. So hatte er darauf bestanden, dass ich an einer Tagung zur “Mystik in den Weltreligionen” zum Anfang des 500. Reformationsjubiläums teilnahm und auch einen Artikel für den Tagungsband dazu beisteuerte. Und wer konnte Wolfgangs Herzlichkeit und engagierten Power im Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften, in “seiner” Evangelischen Studierendengemeinde, in der er weiter als Pfarrer wirkte, und am Institut für evangelische Theologie der Universität Gießen schon wiederstehen? Oft hatten wir einander besucht, uns schriftlich, mit Vorträgen und ganzen Büchern ausgetauscht. Ich durfte seine wunderbare Familie kennenlernen, während er bei den sciebooks meiner Frau Zehra in nur einem Jahr gleich zwei eBooks veröffentlichte: Eines über “Willensfreiheit” (2013) und eines über “Die mystische Anthropologie Meister Eckharts” (2013). Ihn reizte jedes Medium, gerade auch das Neue. Und von allen Rätseln des Universums bewegten ihn am meisten die Rätsel der Zeit.

Gestern nun erreichte mich die Nachricht, dass Wolfgang an einem Herzinfarkt gestorben war – just am Dienstag, dem 500. Reformationstag, im Alter von gerade einmal 60 Jahren.

Die Trauerbotschaft “seines” Instituts für Evangelische Theologie an der JLU Gießen.
Screenshot: Michael Blume

Genau am Tag seines Todes – am 31.10.2017 – hatte ich in Lauf an der Pegnitz eine Festpredigt zum Reformationsjubiläum gehalten – und noch daran gedacht, sie dann auch mit Wolfgang zu teilen und zu beraten. Seine Rückmeldung wäre wieder fulminant gewesen – wertschätzend und mit Ideen, wohin es weitergeht. Unsere Verbindung war stark, sogar noch in seinen letzten Stunden.

Nun muss sie über den Tod hinausreichen.

Lieber Wolfgang,

ich habe mich noch auf so vieles mit Dir gefreut. Deine Energie und Deine Ideen schienen ja unausschöpflich – und beides wurzelte auch in Deiner angstfreien Neugier auf Wissen “und” Glauben. Du hast viele von uns mit Deiner Begeisterung angesteckt und mitgerissen, viele Lebens-, Wissens- und Glaubenswege mitgeprägt. Auch hier auf den scilogs werden wir Dir ein ehrendes Gedenken bewahren.

In Gedanken bin ich bei Dir, aber besonders auch bei Deiner Familie sowie Deiner Hochschulgemeinde, Deinem Institut, Deinen vielen Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt. Du bedeutest vielen sehr viel. Viele von uns schämen sich in diesen Tagen ihrer Tränen nicht.

Geh uns voran, lieber Wolfgang – dorthin wo es (so hofftest Du, hoffen wir) ganz neue Fragen und Antworten gibt. Wir sehen uns, so Gott will.

In tiefer Trauer und ebenso tiefer Dankbarkeit, Dich gekannt zu haben,

Dein Michael

Nachtrag 4.11.: Am Morgen nach dem Blogpost erreichte mich über einen Brief seiner Gattin Beate die öffentliche Traueranzeige von Wolfgangs lieber Familie. In Trauer, Dankbarkeit und Respekt gebe ich auch sie hier zur bleibenden Kenntnis.

Die Traueranzeige für Wolfgang Achtner. Foto: selbst.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

8 Kommentare

  1. Ich bin traurig, aber erinnere mich dankbar an manches gutes „Deidesheimer Gespräch“ mit Wolfgang Achtner. Danke für diesen persönlichen Nachruf.

  2. Lieber Michael Blume, auch uns hat heute die Nachricht von Wolfgang Achtners Tod erreicht. Herzlichen Dank für den Nachruf! Gerade haben wir vor einem Monat zusammen ein Symposium zu Demokratie, Menschenrechten und Islam in Potsdam durchgeführt und er steht mir lebendig sprechend vor dem inneren Auge. Wolfgang Achtner hat sich für den Dialog der Religionen, für eine Annäherung zwischen Wissenschaft und Spiritualität und für mystische Aspekte in den Religionen stark gemacht. Er hinterlässt eine große Lücke. Hoffen wir, dass die von ihm gestreuten Anregungen aufgegriffen werden und noch tiefer zum gelingenden Zusammenleben beitragen.
    Helmut N. Gabel, Karamat e. V.

  3. Lieber Michael, die Nachricht von Wolfgang’s Tod hat mich und meine Familie auf das tiefste erschüttert. Er hat wie kein anderer mit liebevoller Systematik und Tiefe des Geistes sein Ziel verfolgt, die Grenzfläche zwischen Wissenschaft und Religion zu erhellen. Ich durfte als sein Schüler in der Oberstufe seinen philosophischen Ausführungen beiwohnen und mich von seiner authentischen Begeisterung für den lebendigen Geist, der glaubt und ergründet, anstecken lassen. Er hat mich und viele andere junge Menschen nicht nur mit seinem Geist, sondern auch seinem Herzen berührt. Er hat meinen Lebensweg zum Arzt und Forscher maßgeblich geprägt.
    Er hat schließlich mich und meine Frau getraut und unseren erstgeborenen Sohn getauft (Von allen Seiten umgibst Du mich und hälst Deine Hand über mich. Psalm 139.5) und seine sanften Spuren in unserer Familie hinterlassen.
    Er war eine große Persönlichkeit, die uns und den Kindern immer ein Vorbild sein wird. In seinem offenen Geiste mag es uns gelingen, unsere mittlerweile beiden Söhne zu erziehen. Wir hätten mit grösster Freude den kleinen Leonhard und Johann auch an seinem Geiste wachsen lassen…
    Wolfgang hinterlässt eine einzigartig kluge Frau und zwei großartige und besondere Söhne, denen die gleiche Authentizität und Tiefe wie Wolfgang innewohnt.
    Manchmal ist die Zeit hier einfach zu kurz. In der stillen Hoffnung den Dialog an einem anderen Ort irgendwann fortsetzen zu dürfen…,
    In tiefer Trauer.
    Prof. Patrick Most

    • Lieber Patrick,

      vielen Dank auch für Deinen Nachruf, der nun digital für alle bleibt, die jemals nach ihm suchen werden. Mich hat berührt, wie ähnlich wir Wolfgang und seine Familie wahrgenommen haben.

      Danke für Deine Worte!

      In Trauer und Hoffnung verbunden,

      Michael

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