Transhumanismus in der Klimakrise – eine neue Tescreal-Philosophie oder werdende Religion?

Für die nächsten Tage prognostiziert auch die t-online-Meteorologin Michaela Koschak massive Regenfälle – stärker als in der Ahrtal-Katastrophe – in Polen, Tschechien und Österreich mit Auswirkungen auch auf Deutschland. Falls es wirklich dazu kommt, werden wir wieder beides erleben: Weitere Solidarisierung unter wissenschaftlich orientierten Demokratinnen und Demokraten, die die Klimakrise noch via Solarpunk begrenzen wollen – und weiteren Hohn durch Rechtsdualisten, die sich zunehmend einreden, sie könnten die Kosten fossiler Profite weiterhin auf andere externalisieren und selbst gegen die Mitwelt sogar “gewinnen”.

Die um sich greifende, ideologische Rechtfertigung für diese menschenverachtende, sozialdarwinistische und auch antisemitische Entsolidarisierung ist der etwa von Elon Musk und anderen Rechtslibertären beförderte Longtermism, deutsch Langzeitismus, der einen sog. “effektiven Altruismus” fordert: Hilfe soll nur noch auf die “rettenswerten” Menschen beschränkt werden, meist Reiche und Mitglieder der Eigengruppe, damit sich die Menschheit auf lange Zeit hin verbessere.

In einer Comiczeichnung steht ein Junge vor einer brennenden Waldlandschaft links und einer von Regen gefluteten Altstadt rechts. Das Bild symbolisiert die Extremwetter der Klimakrise.Die (Nicht-)Reaktionen auf die zunehmenden Extremwetter durch die globale Erhitzung sind auch Fragen des Charakters, der Psychologie, Philosophie und schließlich Politik. Grafik: Michael Blume mit Leonardo.AI

Selbstverständlich steht dieser Longtermism aber nicht isoliert, sondern hat sich mit anderen, teilweise älteren Bild-, Sprach- und Denkströmungen so verbunden, dass Timnit Gebru und Émile P. Torres dafür das Bündel TESCREAL vorgeschlagen haben. Ich erkläre es entlang der Anfangsbuchstaben gerne kurz:

Transhumanismus steht für den schon recht alten Glauben, mithilfe von Technologie einen neuen, besseren Übermenschen erschaffen zu können. Ein Beispiel dafür sind Cyborgs, in denen etwa menschliche Beine, Augen oder auch Schnittstellen zum Gehirn durch Technik ersetzt und “verbessert” werden.

Extro-Utopianismus behauptet, dass die Gesetze der Entropie – von Chaos, Zerfall und Tod – durch “Extropie”-Technologie aufgehoben werden können und Transhumane also durch Technologie unsterblich werden können. Über diesen Unsterblichkeitswunsch diskutierte ich hier auf dem Blog gerade erst mit @Karl Bednarik.

Singularitätsglauben meint die Überzeugung, dass aus KI-Anwendungen “bald” eine selbstbewusste, gottähnliche “Superintelligenz” entstehen müsste. Es gelte also, diese von der Vernichtung der Menschheit abzuhalten, gnädig zu stimmen. 

Cosmismus ist eine Wortschöpfung von Hugo de Garies, nach der sich Transhumane rechtzeitig einer KI-Superintelligenz anschließen und mit dieser KI-Superintelligenz die zum Sterben verurteilte Menschheit hinter sich lassen und eben “kosmisch” werden sollten. (Ja, Leute, das ist schlicht ein Science-Fiction-Noah-Mythos!)

Rationalismus bedeutet die Reduktion von Erkenntnis auf eine von manchen auch noch männlich-technologisch verengte und auch gegenüber Kultur- und Geisteswissenschaften reduzierte “Rationalität = Vernunft = Reduktion”. Zuletzt übte auch die Bloggerin Mela Eckenfels Kritik an von der deutschen Skeptikerorganisation GWUP verteilten Buch “Gefangen in der Opferrolle. Warum Wokeness scheitert”.

Effektiver Altruismus wurde bereits mehrfach erwähnt und behauptet, dass ein Großteil der Hilfen für bereits arme und leidende Menschen sowie die post-fossile Transformation der Wirtschaft “ineffektiv” wären und stattdessen die Mittel auf jene konzentriert werden sollten, die als überlebenswert erachtet werden. Es ist wenig mehr als eine Umformulierung von Sozialdarwinismus und Eugenik.

Longtermism / Langzeitismus bildet den TESCREAL-Schlussstein, da das menschliche Heil nicht mehr in einem religiösen Jenseits, sondern in einer fernen Zukunft geglaubt wird. Wer sich heute schon für die transhumanistische Zukunft engagiere, steigere die Chance, auch selbst an dieser Zukunft teilzuhaben. Die Nichtgläubigen würden dagegen zurückbleiben und verenden. Himmel den Transhumanisten, den Humanistinnen aber die Hölle. So weit, so dualistisch.

Ein Transhumanist schaut auf eine Androiden- oder Cyborg-Dame. Eine Androidin wäre komplett aus Technik, eine Cyborgin hätte im Kopf noch ein menschliches Gehirn. Das ist jedoch nicht zu erkennen.

Der Transhumanismus möchte die evolvierte Menschlichkeit samt Sterblichkeit gegen Cyborg-Technologien, Unsterblichkeit und kosmische KI-Superintelligenz eintauschen. Michael Blume mit Leonardo.AI

Es ist m.E. bereits klar zu erkennen, dass der Transhumanismus die Jenseitshoffnungen der Weltreligionen und die philosophischen Hoffnungen des säkularen Humanismus in “zukünftige” Technologien übertragen hat, die es mit hoher Wahrscheinlichkeit so kaum geben wird.

So sind Cyborg-Technologien über medizinische Anwendungen hinaus weiterhin teuer und fehleranfällig, bestehende KI-Anwendungen schon mangels Körperlichkeit sehr weit von Selbstbewusstsein und “Superintelligenz” entfernt, post-menschliche Unsterblichkeit in keiner realistischen Reichweite und mit Physik lässt sich die Flugbahn von Planeten, aber nicht einmal eine demokratische Wahl präzise berechnen.

Der Transhumanismus hat eine Schlagseite gegen Frauen und Familien mit Kindern, umgeht die erkenntnistheoretische Demut der Falsifikation nach Karl Popper und die Erkenntnisse zu Evolution und Emergenz, die Rationalität zwar als wichtige, aber keineswegs einzige Erkenntnisquelle auszeichnen.

Transhumanismus als Religion?

Als Reaktion auf meinen vor dem neuen Faschismus warnenden Blogpost machte eine bekennende Transhumanistin auf Mastodon folgenden Vorschlag:

Was wäre gegen Transhumanismus als Religion einzuwenden?

Ich meine es vollkommen ernst – Transhumanismus lässt sich wohl am besten als agnostische Religion beschreiben, aber ich sehe das nicht als etwas Negatives.

Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie nennen sich selbst einen Christen, oder?
Im Gegensatz zu R. Dawkins denken Sie nicht, dass Religion per se schlecht ist.

Die meisten Religionen streben nach Transzendenz, manchmal durch Meditation, manchmal durch Gebet, aber was ist falsch an Enhancement als Weg zur Transzendenz?

Manche Christen folgen dem Beispiel Jesu und leben danach.
Transhumanisten integrieren Technologie in sich selbst.
Beides sind Beispiele für religiöse Praxis.

Sind Gebet, Meditation, Fasten und Selbstgeißelung nicht legitime Ausdrucksformen einer Religion und Weltanschauung?

Ist technologisches Enhancement nicht ebenso legitimer Ausdruck einer religiösen Haltung?

Und womöglich wird es einige überraschen, aber – ja, aus meiner Sicht ist der Transhumanismus eine Religion in direkter Folge des UFO-Glaubens im 20. Jahrhundert (zu dem ich früher gerne gearbeitet habe). UFO-Glaubende wie etwa die Raelianer technisierten ihre religiösen Hoffnungen, indem sie Außerirdische als Ersatz für Götter und Engel inszenierten und sich Unsterblichkeit durch Genetik und Computer erhofften.

Transhumanisten nehmen nun als überempirische Wesenheiten eben hypothetische KI-Superintelligenzen als neue Gottheiten und hoffen, durch das Opfer ihrer Menschlichkeit unsterblich und in Terraforming-Paradiese zum Beispiel auf dem Mars erhoben zu werden. Unter ihrem “Rationalismus” schimmern weniger wissenschaftliche Theorien als vielmehr technologisch umgeformte, religiöse Mythologien.

Doch leider bedeutet die Hinwendung zu TESCREAL-Mythologien fast immer auch eine Abkehr vom realen, fossil verursachten Leid heutiger Mitmenschen und Mitwelt – dringend notwendige Solidarität und post-fossile Transformation wird durch einen dualistischen Sozialdarwinismus ersetzt, der die Schwächeren und Leidenden nur noch als Relikte der Vergangenheit deutet. Erst, wenn der Transhumanismus selbst einräumt, dass er nicht wissenschaftliche Theorien, sondern technologisierte Mythen verbreitet, wird ein interreligiöser (!) Dialog mit Gemäßigten über die Ängste und Hoffnungen möglich, die immer mehr Menschen erfassen und bewegen.

Mein Dank gilt allen, die sich auch im Hinblick auf die eskalierende Hitze und Extremwetter der fossil befeuerten Klimakrise schon jetzt in diesen Dialog über unsere Zukunft als Menschen in einer Mitwelt begeben.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

23 Kommentare

  1. Ein Beispiel für einen Transhumanisten ist der Bond-Gegner Hugo Drax, wie ich durch Befragung von Perplexity-ai erfahren habe.

    Dabei habe ich auch einen mir neuen Begriff für eine Denkrichtung innerhalb des Transhumanismus kennengelernt, den Extropianismus.

    Nachfolgend die Antwort von Perplexity-ai auf meine Frage:

    In welche Kategorie von TESCREAL würde James Bonds Gegner Hugo Drax passen?

    Hugo Drax, ein Antagonist aus dem James-Bond-Film “Moonraker”, könnte in die Kategorie “Extropianismus” innerhalb des TESCREAL-Akronyms passen. TESCREAL steht für Transhumanism, Extropianism, Singularitarianism, Cosmism, Rationalism, Effective Altruism, und Longtermism. Drax verfolgt das Ziel, die Menschheit mit einer Biowaffe auszulöschen, um eine neue “Superrasse” zu schaffen, was auf eine extremistische Vision für die Verbesserung und Neugestaltung der Menschheit hindeutet[2][4].

    Extropianismus ist eine Denkrichtung, die die Verbesserung der menschlichen Kondition durch Technologie und Wissenschaft befürwortet, oft mit dem Ziel, die menschlichen Fähigkeiten zu erweitern und die Evolution zu beschleunigen. Drax’ Plan, eine neue, überlegene Menschheit zu schaffen, spiegelt diese extremen extropianistischen Ideale wider.

    Quellen:
    [1] Figuren aus James-Bond-Filmen – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Figuren_aus_James-Bond-Filmen
    [2] James Bond: Alle Missionen von 007 in unter 5 Minuten erklärt https://www.tvspielfilm.de/news/filme/james-bond-alle-missionen-von-007-in-unter-5-minuten-erklaert,10488855,ApplicationArticle.html
    [3] “James Bond”: Alle 007-Filme in chronologisch richtiger Reihenfolge … https://www.prosieben.de/themen/filme-serien/news/james-bond-alle007-filme-in-chronologisch-richtiger-reihenfolge-und-tv-sendetermine-61535
    [4] James Bond 007 – Moonraker – Streng geheim – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/James_Bond_007_%E2%80%93_Moonraker_%E2%80%93_Streng_geheim
    [5] Die Bond Gegner von 1962 bis heute | Moviepilot.de https://www.moviepilot.de/liste/die-bond-gegner-von-1962-bis-heute-chev-chelios
    [6] “James Bond”-Bösewicht: Michael Lonsdale mit 89 Jahren gestorben https://www.spiegel.de/kultur/kino/james-bond-boesewicht-michael-lonsdale-mit-89-jahren-gestorben-a-3ec1c5d9-d8bf-4dba-985d-358d18ecf3e8

  2. A cult leader convinces his followers that the end of the world is coming, but if they give him all of their earthly posessions he will take them up a mountain where they can experience the rapture.
    They agree and follow up the mountain.

    Nothing happens.

    Disappointed the followers leave.
    The cult leader turns to one of his priests: “So. Next month same time, same place?”

    • Thanks, @Science! The Bing-Copilot-AI got it almost complete…

      Dr. Michael Blume, a scholar and the Antisemitism Commissioner for Baden-Württemberg, discusses the concept of dualistic messianism in his work. He contrasts it with monism, emphasizing the dangers of a dualistic worldview.

      **Dualistic messianism** refers to the belief in a strict division between good and evil, often leading to an “us versus them” mentality with a cult leader. This perspective can simplify complex realities into binary oppositions, such as believers versus non-believers or good versus evil¹². Dr. Blume argues that this dualistic thinking can foster intolerance and conflict, as it tends to demonize the “other” and justify hostility¹.

      In contrast, Dr. Blume advocates for a **dialogical monism**, which recognizes the interconnectedness of all things and promotes understanding and cooperation among diverse groups¹. He believes that embracing this more inclusive and compassionate worldview can help mitigate the negative effects of dualistic thinking¹.

      Quelle: Unterhaltung mit Copilot, 12.9.2024
      (1) Monismus und Dualismus – Unser Leben zwischen Liebe und … – Worthaus. https://worthaus.org/mediathek/monismus-und-dualismus-unser-leben-zwischen-liebe-und-freund-feind-denken-12-7-4/.
      (2) Warum dualistisch der bessere Begriff als manichäisch ist. https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/warum-dualistisch-der-bessere-begriff-als-manichaeisch-ist/.
      (3) Blumenbergs Analyse von Relativismus, Dualismus und Monismus. https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-psychoanalyse-von-relativismus-dualismus-und-monismus-bei-hans-blumenberg/.

      In practice, **dualistic messianism** manifests in various ways across different contexts, often leading to polarization and conflict in following a cult leader. Here are a few examples:

      1. **Religious Extremism**: Dualistic messianism can be seen in religious movements that divide the world into absolute good and evil. This can lead to the demonization of other faiths or sects, justifying violence or discrimination against those deemed “evil” or “unbelievers.”

      2. **Political Polarization**: In politics, dualistic messianism can create an “us versus them” mentality. Political parties or movements may portray their opponents as entirely corrupt or evil, leading to increased division and a lack of constructive dialogue.

      3. **Social Movements**: Some social movements may adopt a dualistic worldview, seeing their cause as entirely righteous and their opponents as wholly wrong. This can hinder compromise and mutual understanding, making it difficult to achieve lasting solutions.

      4. **Nationalism**: Extreme forms of nationalism often rely on dualistic thinking, portraying the nation as inherently good and foreign influences as threats. This can lead to xenophobia and aggressive foreign policies.

      Dr. Blume emphasizes that such dualistic thinking can be dangerous because it oversimplifies complex issues and fosters intolerance. By promoting a more nuanced and interconnected view of the world, we can work towards greater understanding and cooperation.

  3. Oha, Elon Musk hatte es nach seinen antisemitischen Posts auch eilig, meine These zum TESCREAL-Sexismus auf X zu bestätigen. Nachdem Taylor Swift mit einem Foto ihrer Katze die demokratischen Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Tim Walz unterstützte, textete er:

    “Fine Taylor”, postete Musk auf X, der sozialen Plattform, die er besitzt, “du gewinnst … Ich werde dir ein Kind schenken und deine Katzen mit meinem Leben bewachen.”

    Katzen zu schützen ist eine Sache, aber der 20 Jahre jüngeren TayTay, die mit dem NFL-Star Travis Kelce zusammen ist, “ein Kind” zu schenken, ist eine bizarre Einstellung. Musk, der den lang gehegten Traum hat, den Mars zu bevölkern, hat 12 bekannte Kinder gezeugt und befindet sich derzeit in einem Sorgerechtsstreit mit seiner ehemaligen Freundin Grimes über drei von ihnen.”

    https://www.billboard.com/music/music-news/elon-musk-responds-taylor-swift-political-post-1235770030/

    “Fine Taylor,” Musk posted on X, the social platform he owns, “you win … I will give you a child and guard your cats with my life.”

    Safeguarding cats is one thing, but promising to give “a child” to TayTay, 20 years his junior and dating NFL star Travis Kelce, is a bizarre take. Musk, who has a long-held ambition to populate Mars, has fathered 12 known children, and is currently engaged in a custody battle with former girlfriend Grimes over three of them.

    Dieser Musk-Post war mal wieder eine rechtslibertäre Cat-astrophe…

  4. @Hauptartikel

    Naja, wenn man den heutigen europäischen Wohlstand aus der Perspektive von 1850 betrachtet, sieht das ganz schön nach Paradies aus. Nur ist dieses uns Menschen offenbar noch lange nicht gut genug? Haben wir es einfach vor lauter Betriebsamkeit noch gar nicht bemerkt?

    Ok, es fehlt noch die Energiewende, und der Globale Süden müsste unterstützt werden, dass er nachziehen kann.

    „Transhumanismus“

    Was gibt es denn hier wirklich zu verbessern. Nichts kann hier wohl mehr bewirken wie Bildung und freier Austausch. Und Zeit zu haben, sich mit dem Leben, dem Planeten und dem Kosmos zu beschäftigen.

    „Extro-Utopianismus“

    Ich denke mal schon 120 Jahre alt zu werden grenzt schon an das Sinnvolle. Spätestens mit 150 dürften die meisten wirklich lebensmüde werden, und sich wünschen, endlich sterben zu dürfen. Unsere psychische Konstitution ist dafür nicht gemacht. Und neue Kinder bringen immer auch frischen Wind.

    „Singularitätsglauben“

    Gottähnliches dürfte weiter weg liegen. Aber mehr als der Einzelne ist doch bereits absehbar, das Training der LLMs umfasst sehr viel mehr, als was ein einzelner Mensch verarbeiten könnte. Und gerade hier sieht man bereits eine hervorragende Zusammenarbeit von Mensch und Maschine.

    „Cosmismus“

    Wo sind wir zum Sterben verurteilt? Der eigene Planet wird mindestens noch mehrere 100 Millionen Jahre bewohnbar bleiben. Davon unabhängig können wir natürlich zu den Sternen aufbrechen, und vielleicht auch eine an Leben auf Raumschiffen angepasste Subspezies „züchten“.

    „Rationalismus“

    Den haben wir noch nie gebraucht, weil er nie funktioniert hat.

    „Effektiver Altruismus“

    Lebenswert dürften die Allermeisten sein. Die Unterschiede machen vor allem Kultur und soziale Situation. Und die nichts leisten können, oder selber nicht mehr leben wollen, sind so wenige, dass wir mit denen auch noch klar kommen.

    „Longtermism / Langzeitismus“

    Zu glauben gibt es hier schon mal nur sehr wenig. Wir werden ja sehen, was noch alles möglich wird. Der Fortschritt geht weiter, keine Frage. Wenn auch eher in Richtung Solarpunk, weil das dann wirklich Sinn macht, wirklich praktikabel ist und offensichtlich auch von Seiten von Geisteswelten unterstützungswürdig aussieht.

    „Transhumanismus als Religion?“

    Wer nicht mehr an Gott glaubt, der glaubt dann an alles Mögliche. Erlösung braucht das alles nicht, und irgendwie anstrengend wird das Leben immer sein. Wirkliche Unterstützung seitens von Geisteswelten für so einen Unfug wie TESCREAL wird hier jedenfalls nicht zu erwarten sein.

    Irgendwie ist hier einfach ein ungutes Menschenbild Ursache solch merkwürdiger Fantasien?

    • Ja, @Tobias Jeckenburger – hinter den “merkwürdigen Fantasien” des Transhumanismus und TESCREAL-Bündel steckt auch nach meiner Beobachtung “ein ungutes Menschenbild”.

      Habe die KI Perplexity.ai gebeten, mal für uns dieses Menschenbild darzustellen:

      Hinter dem Transhumanismus und dem TESCREAL-Bündel steckt ein Menschenbild, das sich grundlegend vom traditionellen christlichen oder humanistischen Verständnis unterscheidet:

      ## Technologische Transformation des Menschen

      Der Transhumanismus strebt eine technologische Verbesserung und Erweiterung des Menschen an[1]. Dabei wird der Mensch oft auf seine informationsverarbeitenden Aspekte reduziert und mit einer Maschine verglichen:

      – Der Körper wird als “Hardware” betrachtet, der Geist als “Software”[5]
      – Es wird angenommen, dass sich das menschliche Bewusstsein auf Computer hochladen lässt[5]

      ## Überwindung biologischer Grenzen

      Ein zentrales Ziel ist die Überwindung biologischer Limitationen:

      – Krankheiten sollen besiegt und die Lebensspanne drastisch verlängert werden[6]
      – Durch “human enhancement” sollen körperliche und geistige Fähigkeiten gesteigert werden[4]
      – Langfristig wird sogar Unsterblichkeit angestrebt[6]

      ## Posthumane Zukunft

      Der Transhumanismus sieht den Menschen als Übergangsstadium zu einer “posthumanen” Existenz:

      – Durch Verschmelzung mit Technologie soll ein neuer “Übermensch” entstehen[6]
      – Die Grenzen zwischen Mensch und Maschine sollen aufgehoben werden[1]
      – Eine künstliche “Superintelligenz” wird als nächste Evolutionsstufe angesehen[6]

      ## Reduktionistisches Menschenbild

      Kritiker bemängeln ein vereinfachendes, materialistisches Menschenbild:

      – Der Mensch wird auf Information und Funktionalität reduziert[3]
      – Spirituelle und metaphysische Aspekte des Menschseins werden ausgeblendet[4]
      – Die Komplexität menschlicher Existenz wird unterschätzt[2]

      ## Technologischer Heilsversprechen

      TESCREAL verbindet transhumanistische Ideen mit quasi-religiösen Heilserwartungen:

      – Technologie wird zum Heilsbringer stilisiert[8]
      – Das Heil wird in einer technologisch optimierten Zukunft verortet[6]
      – Es entsteht eine Art “Techno-Religion” mit Erlösungsversprechen[8]

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass hinter Transhumanismus und TESCREAL ein technozentriertes, reduktionistisches Menschenbild steht, das stark von der Idee technologischer Optimierung und Überwindung biologischer Grenzen geprägt ist. Dies steht in deutlichem Kontrast zu traditionellen Vorstellungen von Menschenwürde und der Einheit von Körper und Geist.

      Citations:
      [1] https://berlinergazette.de/de/transhumanismus-kontrolle-kritik/
      [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Transhumanismus
      [3] https://www.anna-puzio.com/general-7-1
      [4] https://www.forum-grenzfragen.de/transhumanismus-trifft-christliches-menschenbild/
      [5] https://de.catholicnewsagency.com/article/2070/der-transhumanismus-erklart-das-christliche-menschenbild-fur-obsolet
      [6] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/transhumanismus-in-der-klimakrise-eine-neue-tescreal-philosophie-oder-werdende-religion/
      [7] http://in4mation.de/content/tescreal.php
      [8] https://www.ethik-zeilen.de/tescreal-der-ki-hype-und-seine-religioesen-implikationen

  5. Lieber @Michael Blume,

    dieser Blogpost gibt so viel zu denken, dass ich gar nicht aufhören kann, mir Fragen zu stellen.

    Auch wenn ich mich mit dem Thema Transhumanismus bisher noch nicht im Detail beschäftigt habe, so haben Deine Ausführungen wiederrum einen „Gedankenstrom“ bei mir ausgelöst und ich musste unmittelbar an einige (meiner Lieblings-)Zeilen aus dem Roman „Ulysses“ von James Joyce denken, und zwar den Anfang von Kapitel 3 „Proteus“:

    „Ineluctable modality of the visible: at least that if no more, thought through my eyes.”

    Vielleicht so zu übersetzen:

    „Unausweichliche Modalität des Sichtbaren: zumindest das, wenn nicht mehr, gedacht durch meine Augen.“

    In diesem Teil des Romans sinnt der Protagonist Stephen Dedalus über Wahrnehmung und Realität nach. Der Text thematisiert unsere unmittelbare Bindung an die sinnliche Wahrnehmung, in diesem Fall des Sehsinnes.

    Später im Textfluss geht es so:

    „the nacheinander. Exactly: and that is the ineluctable modality of the audible.“

    Deutsch:

    „Das Nacheinander. Genau: und das ist die unausweichliche Modalität des Hörbaren.“

    Warum fällt mir jetzt gerade das ein? Ich denke, weil das, was der Dichter hier in einem Gedankenstrom zum Ausdruck bringt, die unmittelbare, existenzielle Erfahrung des Menschen ist.

    Und diese steht in direktem Widerspruch zu dem, was ich mir unter der existenziellen Erfahrung eines „transhumanisierten“ Wesen vorstelle (um es mal so zu sagen).

    Die „unausweichliche Modalität des Sichtbaren” lässt sich als Überlegung zu den Grenzen der menschlichen Wahrnehmung interpretieren. Der Transhumanismus zielt darauf ab, diese Begrenzungen durch technologische Fortschritte zu überwinden.

    Weil Immanuel Kant über die Grenzen unserer Erkenntnis – auch im Zusammenhang unserer sinnlichen Wahrnehmung – nachgedacht hat, habe ich bei Perplexity mal ganz naiv gefragt:

    Wie würde Immanuel Kant den Transhumanismus sehen in Bezug auf die Grenzen der menschlichen Erkenntnis?

    Nach meinem Dafürhalten kann uns die Antwort, gleichwohl sie nicht eindeutig ist, weiterbringen, denke ich:

    Basierend auf Kants Erkenntnistheorie und seiner Auffassung von den Grenzen menschlicher Erkenntnis lässt sich vermuten, dass er dem Transhumanismus eher kritisch gegenüberstehen würde:

    1. Grenzen der Erkenntnis: Kant betonte die grundsätzlichen Grenzen menschlicher Erkenntnis. Er argumentierte, dass wir nur Erscheinungen (Phänomene) erkennen können, nicht aber die “Dinge an sich” (Noumena)[1]. Der transhumanistische Anspruch, diese Grenzen durch technologische Verbesserungen zu überwinden, würde Kant wahrscheinlich skeptisch sehen.

    2. Apriorische Strukturen: Für Kant sind bestimmte Erkenntnisstrukturen (wie Raum, Zeit und Kausalität) a priori gegeben und nicht empirisch veränderbar[1]. Er würde möglicherweise bezweifeln, dass technologische Eingriffe diese grundlegenden Strukturen unserer Erkenntnis verändern könnten.

    3. Menschenwürde: Kant betonte die Würde des Menschen als Vernunftwesen[2]. Er könnte besorgt sein, dass transhumanistische Eingriffe diese Würde gefährden, indem sie den Menschen zum bloßen Objekt technologischer Optimierung machen.

    4. Autonomie: Die Autonomie des Menschen war für Kant zentral[2]. Er könnte befürchten, dass weitreichende technologische Eingriffe die Selbstbestimmung des Individuums untergraben.

    5. Erkenntniskritik: Kants Erkenntniskritik zielte darauf ab, die Grenzen und Möglichkeiten menschlicher Erkenntnis zu bestimmen[6]. Er würde wahrscheinlich auch transhumanistische Bestrebungen einer kritischen Prüfung unterziehen, um ihre Grenzen und möglichen Widersprüche aufzuzeigen.

    6. Metaphysische Fragen: Kant argumentierte, dass bestimmte metaphysische Fragen prinzipiell unbeantwortbar sind[8]. Er könnte skeptisch sein gegenüber transhumanistischen Ansprüchen, solche Fragen durch technologische Verbesserungen lösbar zu machen.

    Allerdings gibt es auch Aspekte in Kants Denken, die eine differenziertere Betrachtung erlauben:

    7. Selbstvervollkommnung: Kants Idee der moralischen Selbstvervollkommnung könnte als eine Art Vorläufer transhumanistischer Ideen interpretiert werden[2].

    8. Erweiterung des Erkenntnishorizonts: Kant verwendete die Metapher des Horizonts, um die Grenzen menschlicher Erkenntnis zu beschreiben[7]. Er könnte möglicherweise offen sein für die Idee, diesen Horizont zu erweitern, solange die grundlegenden Strukturen der Erkenntnis respektiert werden.

    Insgesamt lässt sich vermuten, dass Kant dem Transhumanismus eher skeptisch gegenüberstehen würde, insbesondere was die Überwindung grundlegender erkenntnistheoretischer Grenzen betrifft. Er würde wahrscheinlich eine kritische Prüfung der transhumanistischen Ansprüche fordern und auf die Beachtung ethischer Grenzen bestehen.

    Citations:
    [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Kritik_der_reinen_Vernunft
    [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Immanuel_Kant
    [3] https://dasgoetheanum.com/kants-theorie-der-menschlichen-erkenntnis/
    [4] https://www.getabstract.com/de/zusammenfassung/kritik-der-reinen-vernunft/3725
    [5] https://philosophy.nd.edu/assets/272476/
    [6] https://de.wikipedia.org/wiki/Erkenntniskritik
    [7] http://www.gabrieleschmid.de/diss/I.19.html
    [8] https://praefaktisch.de/300-jahre-kant/grenzen-der-kosmologischen-erkenntnis/

    • Wow, vielen herzlichen Dank, @Peter Gutsche!

      Die techno-religiösen Glaubenswelten des Transhumanismus und des TESCREAL-Bündelns formieren sich ja in Internet-, Text- und Bildblasen und sind für die allermeisten humanistischen Menschen erst einmal schwer nachvollziehbar. Deswegen finde ich den Ansatz super, aus den Perspektiven von Literatur und Philosophie darauf zu schauen! Die Perplexity-Antwort zu Kant hat mir sehr gut gefallen, zumal auch dieser große Denker zur Formation des Rationalismus beitrug und aus heutiger Sicht durchaus sexistische und rassistische Positionen vertrat. Bin erleichert, dass die KI ihn nicht zum Vordenker des Transhumanismus gemacht hat… 😉

      Mit ihrem Philosophieren über die Zeit hat die Schweizer Jüdin Jeanne Hersch (1910 – 2000) mein Denken tief beeinflusst. So setzte sie sich als Lehrerin und Menschenrechtlerin auch kritisch mit den damals linksdualistischen Studierenden auseinander, die “Zukunft jetzt!” forderten. Herschs brillanter Vortrag “Die Zukunft und der Sinn des Lebens” von 1972 nimmt entsprechend schon zentrale Narrative des Transhumanismus vorweg! Ich zitiere:

      “Alle Epochen der menschlichen Geschichte haben ihre Probleme gehabt. Alle Epochen der menschlichen Geschichte haben versucht, sie zu lösen in Richtung auf die Zukunft. Der Mensch ist immer ein Futurologe, ein Zukunftsforscher gewesen. Der erste Mensch, der einen Vorrat gemacht hat, war ein Futurologe.

      Bei uns ist das natürlich anders, weil wir weitersehen sollten und müssen und weil alles sich schneller ändert, weil die Zukunft vielleicht schneller Gegenwart wird als in anderer Zeit. Aber immerhin bekommen wir dadurch nie das Ganze und nie das Endgültige. Niemals das endgültige Glück, das übrigens sinnlos wäre für einen Menschen, denn wenn man sich das wirklich vorstellt, dann ist der Mensch gar nicht mehr da.

      Das Glück kann da sein, der Mensch ist aber nicht mehr da, um es zu geniessen. Oder die totale Katastrophe. Ich glaube, wir träumen zu viel von einer Rückkehr in das irdische Paradies, mit oder ohne Menschen. Mit den Menschen, wenn das Glück versprochen wird. Ohne Menschen, wenn die endgültige Katastrophe versprochen wird. Aber es ist eigentlich dasselbe, denn in beiden Fällen wird der Mensch nicht mehr Mensch sein.

      Ich habe mir sehr oft Gedanken darüber gemacht, dass Adam und Eva im Paradies vor dem Apfel noch keine Menschen im eigentlichen Sinn waren. Sie waren noch keine Menschen, sie waren Vormenschen. Sie waren unvorstellbare Vormenschen. Ich sage nicht, sie waren Tiere, sie waren Vormenschen, aber nicht Menschen. Und davon träumen die Menschen von heute: aufhören, Mensch zu sein.”

      Zitiert aus: Jeanne Hersch (2010): Erlebte Zeit. Menschsein im Hier und Jetzt, Herausgegeben von Monika Weber und Annemarie Piper, Verlag NZZ, S. 62

      Entsprechend habe auch ich nun Perplexity.ai gefragt, wie denn nun Jeanne Hersch den Transhumanismus und das TESCREAL-Bündel bewerten würde:

      Basierend auf Jeanne Herschs philosophischem Denken und ihrer Haltung zu ethischen Fragen lässt sich folgende hypothetische Bewertung der transhumanistischen und TESCREAL-Zukunftserwartungen ableiten:

      ## Kritische Haltung zur technologischen Verbesserung des Menschen

      Jeanne Hersch würde den Transhumanismus und TESCREAL vermutlich sehr kritisch betrachten. Als Philosophin, die stark von existenzialistischem Gedankengut geprägt war, legte sie großen Wert auf die menschliche Freiheit und Verantwortung[6]. Die transhumanistische Idee, den Menschen technologisch zu “verbessern”, würde sie wahrscheinlich als problematischen Eingriff in die menschliche Natur und Würde ansehen.

      ## Betonung der moralischen Dimension

      Für Hersch stand die moralische Dimension des menschlichen Handelns im Vordergrund. Sie betonte, dass die Wurzeln sowohl der Natur- als auch der Geisteswissenschaften moralischer Natur seien[6]. Den technikzentrierten Ansatz des Transhumanismus, der oft ethische Fragen in den Hintergrund rückt, würde sie vermutlich als unzureichend kritisieren.

      ## Skepsis gegenüber utopischen Visionen

      Herschs Philosophie war geprägt von einem nüchternen Realismus. Die utopischen Zukunftsvisionen des Transhumanismus und TESCREAL, die oft von einer perfektionierten Menschheit träumen, würde sie wahrscheinlich mit Skepsis betrachten. Stattdessen würde sie vermutlich die Bedeutung der gegenwärtigen menschlichen Existenz und Verantwortung betonen.

      ## Bedenken bezüglich Freiheit und Verantwortung

      Ein zentrales Anliegen Herschs war die Frage “Wie soll ich leben, um auf das Gute hin zu leben?”[6]. Sie würde vermutlich hinterfragen, ob die technologischen Verbesserungen des Transhumanismus tatsächlich zu einem moralisch besseren Leben führen oder ob sie die menschliche Freiheit und Verantwortung untergraben könnten.

      ## Warnung vor Reduktionismus

      Hersch würde wahrscheinlich davor warnen, den Menschen auf seine biologischen oder technologischen Aspekte zu reduzieren. Ihre Philosophie betonte die Komplexität und Vielschichtigkeit des menschlichen Wesens, was im Kontrast zu den oft vereinfachenden Vorstellungen des Transhumanismus steht.

      ## Betonung des “philosophischen Staunens”

      Anstelle der technologischen Optimierung würde Hersch vermutlich die Bedeutung des “philosophischen Staunens” und der kontinuierlichen moralischen Reflexion betonen[6]. Sie würde wahrscheinlich argumentieren, dass wahre menschliche Verbesserung nicht durch Technologie, sondern durch ethisches Handeln und kritisches Denken erreicht wird.

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Jeanne Hersch den Transhumanismus und TESCREAL vermutlich als problematische und potenziell gefährliche Ideologien betrachten würde, die fundamentale ethische Fragen und die Komplexität der menschlichen Existenz vernachlässigen.

      Citations:
      [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Transhumanismus
      [2] https://www.anna-puzio.com/general-7-1
      [3] https://www.futura-sciences.com/de/transhumanismus-was-ist-das-definition_10409/
      [4] https://www.e-helvetica.nb.admin.ch/api/download/urn:nbn:ch:bel-1933253:185574.pdf/185574.pdf
      [5] https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Transhumanismus
      [6] https://de.wikipedia.org/wiki/Jeanne_Hersch
      [7] http://in4mation.de/content/tescreal.php
      [8] https://www.ethik-zeilen.de/tescreal-der-ki-hype-und-seine-religioesen-implikationen

  6. Auf meine KI-Anfrage zur Philosophin Jeanne Hersch (1910 – 2000) schlug mir Perplexity.ai einen Prompt zu den “historischen Wurzeln des Transhumanismus” vor. Das Ergebnis war so gut und interessant, dass ich es gerne hier einstelle:

    Der Transhumanismus hat vielfältige historische Wurzeln, die sich bis in die Antike zurückverfolgen lassen:

    ## Antike Vorläufer

    – Das Streben nach Unsterblichkeit lässt sich bereits im Gilgamesch-Epos (ca. 2400-1800 v. Chr.) finden[1].
    – Die Suche nach einem “Jungbrunnen” oder “Lebenselixier” zur Überwindung von Alter und Tod zieht sich durch viele Kulturen[1].

    ## Philosophische Einflüsse

    René Descartes (1596-1650) stellte in seinem “Diskurs über die Methode” (1637) eine neue Art von Medizin vor, die körperliche Unsterblichkeit und einen stärkeren Geist ermöglichen sollte[1].
    – Die Philosophie der Aufklärung mit ihrem Fortschrittsglauben beeinflusste transhumanistisches Denken[7].

    ## Wissenschaftliche Grundlagen

    – Charles Darwins Evolutionstheorie lieferte die Idee einer Weiterentwicklung des Menschen[1].
    Julian Huxley, Biologe und Bruder von Aldous Huxley, prägte 1957 den Begriff “Transhumanismus” in seinem Buch “New Bottles for New Wine”[1][7].

    ## Moderne Entwicklung

    – In den 1960er bis 1990er Jahren entwickelten Autoren wie Fereidoun M. Esfandiary, Robert Ettinger und Natasha Vita-More konkretere Ideen zur “Verbesserung” des Menschen[7].
    – In den 1980er Jahren formierte sich in Kalifornien eine strukturierte transhumanistische Bewegung[7].
    – Der Extropianismus, eine Richtung des Transhumanismus, wurde in den 1980er Jahren von Max More und T.O. Morrow begründet[1].

    ## Kulturelle Einflüsse

    – Science-Fiction-Literatur und -Filme trugen zur Verbreitung transhumanistischer Ideen bei[7].

    Der Transhumanismus vereint also Elemente aus Mythologie, Philosophie, Naturwissenschaften und Populärkultur. Er entwickelte sich von einer philosophischen Idee zu einer strukturierten Bewegung mit konkreten technologischen Zielen.

    Citations:
    [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Transhumanismus
    [2] https://www.die-bibel.de/ressourcen/wirelex/8-lernende-lehrende/transhumanismus
    [3] https://www.anna-puzio.com/general-7-1
    [4] https://berlinergazette.de/de/transhumanismus-kontrolle-kritik/
    [5] https://www.sowi.uni-stuttgart.de/dokumente/forschung/soi/soi_2023_1_Dreher.Organisation.Ideologie.Transhumanismus.pdf
    [6] https://www.tagesschau.de/faktenfinder/transhumanismus-101.html
    [7] https://www.futura-sciences.com/de/transhumanismus-was-ist-das-definition_10409/
    [8] https://de.catholicnewsagency.com/article/2070/der-transhumanismus-erklart-das-christliche-menschenbild-fur-obsolet

  7. In der obigen Aufzählung des Geistesströmungen sollte wohl auch der Solutionismus erwähnt werden da er m.E. starken Einfluss auf die Gestaltung digitaler Lösungen amerikanischer Firmen hat und dadurch unser Leben sehr viel mehr beeinflusst, als und das bewusst ist.

    https://unequaltransformation.com/2024/02/19/die-schattenseiten-des-solutionismus-und-die-macht-der-tech-giganten/

    Und da wir gerade beim kritischen Hinterfragen von Technologien sind. Tun wir das hinreichend bei KI?

    https://futurezone.at/b2b/amazon-datenzentrum-atomenergie-rechenzentrum-usa-kernkraftwerk/402808966

    https://www.golem.de/news/atomstrom-fuer-server-oracle-entwirft-rechenzentrum-mit-mini-akws-2409-188905.html

    https://futurezone.at/b2b/microsoft-mini-atomkraftwerk-akw-smr-modular-kernreaktor-gpu-azure-chatgpt/402608750

    https://www.mind-verse.de/news/gartner-warnt-vor-kostensteigerungen-durch-kuenstliche-intelligenz-in-unternehmen

      • Vielen lieben Dank, @ErwinL

        In sehr vielem stimme ich Michael Seemann (@mspro) zu, freue mich über seinen kundigen Einsatz von “Ressourcenfluch” und seufze über das sachlich falsche “Verschwörungstheorien” statt dem besseren “Verschwörungsmythen”.

        https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-folge-3-die-macht-der-sprache-und-verschwoerungsmythen-vs-verschwoerungstheorien/

        Ganz bei ihm bin ich auch bei der Sorge um eine zu große Machtkonzentration in den Händen weniger Konzerne und Milliardäre – wie eben dem rechtslibertären Transhumanisten und Medienmilliardär Elon Musk. Doch ich meine, wir können schon jetzt drei wesentliche Dinge für die Dezentralisierung der KI-Macht tun.

        1. Spezialisierte KI-Anwendungen statt AGI (Artificial General Intelligence)

        Warum sollten wir Konzernen wie OpenAI, Microsoft, Meta, X, ByteDance etc. den Gefallen tun, uns exklusiv an ihre KI-Anwendungen zu binden? Ich suche und nutze aktiv kleinere und neuere KI-Anwendungen, weil ich daran glaube, dass wir als Menschen über eine Vielzahl verschiedener KI-Programme besser die Kontrolle behalten als über eine riesige Konzern-AGI. Lasst sie doch ihr Geld verpulvern, während wir sehr gezielt vielfältige und auch regionale Innovatoren stärken.

        So begrüße ich Entwicklung & Einsatz von F13 in Baden-Württemberg sehr und hoffe, dass noch viele andere Bundesländer und Staaten entsprechende Investitionen starten, sich europäische (!) Cluster bilden:

        Das System F13 wurde vor allem von dem Heidelberger KI-Startup Aleph Alpha entwickelt. Es soll von September an auch von anderen öffentlichen Verwaltungen in Deutschland genutzt werden können, kündigte der Verein GovTech Campus Deutschland an. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl sagte, mit F13 könnten Dokumente schneller analysiert, Anträge automatisch verarbeitet und komplexe Daten effizient ausgewertet werden. Wichtig sei, dass die verwendeten KI-Technologien ethischen Grundsätzen entsprächen. “Wir setzen hier nicht auf China, auch nicht auf Amerika, sondern wir finden hier unseren eigenen europäischen Weg.”

        https://www.n-tv.de/wirtschaft/KI-System-von-Aleph-Alpha-soll-Verwaltung-entlasten-article25115512.html

        2. Nicht nur auf die USA und China setzen

        Das französische Verfahren gegen den Telegram-Gründer Pawel Durow, die brasilianische Sperre gegen X von Elon Musk und die juristischen Erfolge der EU-Kommission gegen Google und Apple zeigen derzeit exemplarisch auf, dass auch demokratische Staaten und Staatenbünde der Machtkonzentration weniger nicht hilflos ausgeliefert sind. Daher habe ich auch selbst mit HateAid gegen Twitter / X geklagt und werde auch zukünftig darum kämpfen, das Medienrecht zu stärken und den Parlamenten Rechtslücken aufzuzeigen.

        3. Fediversum statt antisoziale Medien

        In seinem Text meint Michael Seemann fast resigniert, dass es wohl keinen Ausgang aus den Internet-Datensilos der Konzerne geben würde. Ich meine: Doch, das Fediversum mit Angeboten wie Mastodon, Blogs, Podcasts, Nextcloud etc. gibt es schon – und es kann durch jede Entscheidung weiter wachsen. Persönlich habe ich deswegen inzwischen alle meine privaten Accounts auf Facebook, Instagram und X gelöscht oder stillgelegt und bringe mich stärker auf Mastodon, auf diesem Blog und in Podcasts ein. Damit entziehe ich einerseits den oft antisozialen Digitalkonzernen Reichweite und Erlöse, produziere zugleich auch öffentlich frei zugänglichen Content, der auch von kleineren KI-Anbietern erschlossen und genutzt werden kann. Auch Sie können das tun – mit jedem öffentlichen Mastodon-Post, jedem Blogkommentar usw. können Sie Datenhappen erschaffen, die keinem Konzern erschaffen, sondern öffentliches Gut sind.

        KIen werden nicht erst kommen – sie kommen bereits. Es liegt an unseren Entscheidungen heute, welche Art von KI-Anwendungen wir mit unserer Zeit, unserem Geld und unserem Content füttern. Ich plädiere daher klar für vielfältige und dezentrale Ansätze und gegen jedes Konzern- und AGI-Monopol. Denn nur letztere könnten zu der KI-Superintelligenz führen, von der manche Transhumanist:innen wie “Elno” schon jetzt feucht träumen. Dieses Spiel sollten wir nicht mitspielen, sondern unser eigenes KI-vielfältiges Fediversum definieren.

  8. @ Blume

    “So setzte sich zuletzt nach Beobachtung von Mela Eckenfels auch ein entsprechend rechtsdrehender Flügel in der deutschen Skeptikerorganisation GWUP durch.”

    Haben Sie sich eigentlich mit dem Streit in der GWUP intensiver befasst, oder übernehmen Sie einfach die Meinung von Frau Eckenfels?
    Immerhin stellen Sie den neuen Vorstand der GWUP mal so nebenbei in die “rechtsdualistische” Ecke. Oder habe ich das falsch verstanden?

    • @Hirsch

      Ersteres, ich habe die Arbeit der GWUP lange mit viel Sympathie begleitet, kenne und schätze unter anderem den früheren GWUP-Vorsitzenden Holm Hümmler und habe dem Hoaxilla-Podcast u.a. meine Einnahmen aus der Neuausgabe von “Öl- und Glaubenskriege” vermacht. Und, ja, ich schätze auch die Texte und Beobachtungen von Mela Eckenfels sehr – gerade auch ihr verlinkter Blick auf das Buch für GWUP-Neumitglieder.

      In manche Ecken stellen sich eben auch selbsternannte Rationalisten bisweilen ganz von selbst – von wegen “Gefangen in der Opferrolle”… 👀

    • Ich würde ja davon ausgehen, dass sich Dr. Blume auf Basis der im Artikel zusammengetragenen Informationen ein eigenes Urteil bilden kann.

      Aber das mit dem kritischen Denken kommt bei der GWUP ja gerade außer Mode, ebenso das mit den zuverlässigen, überprüfbaren Informationen oder gar der ethischen Arbeitsweise.

      Auch und gerade, wenn man sich so die Androhungen aus dem direkt Umfeld ansieht, Psiram-Seiten für unliebsame Kritiker anzulegen oder die mannigfaltigen, an Verleumdung grenzenden Falschinformationen über Autisten, die sich gegen ABA einsetzen.

      • Vielen Dank für Dein kritisch-konstruktives Engagement, @Mela !

        Ich lese Dich gerne und werde mir auch in Zukunft von niemandem untersagen lassen, auf Deinen Blog zu verlinken. Denn es ist nicht nur meine innere Überzeugung, sondern auch meine wissenschaftliche und berufliche Erfahrung – wer gegen eine Gruppe von Menschen vorgeht, vor dem sind auf Dauer auch andere Menschen nicht sicher. Ob Jüdinnen, Christen, Ezidinnen, Muslime, Nichtreligiöse, Sinti & Roma, LGBTQ, Feministinnen, Vegane, Kurdinnen, Grüne, Israelis, Araber, Deutsche, US-Amerikanerinnen, Menschen mit Behinderungen… – feindseliger Dualismus wird niemals “satt”, sondern sucht sich immer neue “Feinde”, die eine angebliche Bedrohung darstellen würden. Entweder, wir akzeptieren die Menschenwürde und also auch Individualität jeder Person, oder eben nicht – auf den Satz “Herr Blume, gegen Juden habe ich ja nichts, aber gegen…” reagiere ich inzwischen geradezu allergisch. In Vorträgen erkläre ich die verschiedenen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit / feindseligen Dualismus gerne anhand einer Hand:

        https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-hand-des-feindseligen-dualismus-was-antisemitismus-rassismus-und-sexismus-verbindet/

        Also: Dein auch digitales Engagement ist wichtig und bleibt wichtig – und es täte unserer Demokratie gut, wenn es mehr Bloggerinnen wie Dich gäbe! 🙂

  9. @ErwinL 13.09. 10:14

    „Und da wir gerade beim kritischen Hinterfragen von Technologien sind. Tun wir das hinreichend bei KI?“

    Was ja meistens einfach zu prüfen ist. Offenbar liefern die LLMs überwiegend Sinnvolles, es beschleunigt nur Recherchen.

    Was will denn der Transhumanismus wirklich? Wir sind doch nicht zu doof. Mit Bildung, Austausch und Zeit kommen wir doch auch schon immer weiter.

    Man stelle sich vor, wir hätten Zugang zu einem Galaktischem Internet, das Milliarden Jahre Zivilisationsarbeit von tausenden von Zivilisationen zur Verfügung stellt. Könnten wir uns hier nicht schlau machen, und uns wirklich die meiste Zeit dort mit Recherchen beschäftigen?

    Man wird hier wohl einen Button haben, mit der wir den Schwierigkeitsgrad einstellen kann, auf dessen Niveau uns dann die Inhalte präsentiert werden. Wir wären damit dann vermutlich keinesfalls überfordert.

    Aber wären wir wirklich zu doof, dass wir hier gar nicht mehr mithalten könnten?

    Ich denke, wir wären schlau genug, uns mehr als lebenslänglich ausgiebig mit den Inhalten beschäftigen zu können. Und nur darauf käme es wirklich an. Weiterführende Technik wäre vielleicht was für Aliens, die 100 Millionen Jahre weiter sind als wir. Das muss uns aber nicht stören, wir können auf unseren eigenen Niveau unser Leben und unsere Schwierigkeiten nachhaltig lösen. Das ist doch jetzt schon ganz ohne Galaktisches Internet absehbar, wie das in etwa funktionieren kann.

    Mit dem riesigen Wissensschatz kann es nur besser werden. Ohne das wir selbst als Mensch wesentlich besser werden müssten. Der Zugang zu dieser galaktischen Kultur wäre vermutlich schon hinreichend. Wir müssten wohl einfach nur die richtigen Fragen stellen.

    Wenn man da von klein auf hineinwächst, dann wäre man schon dabei. So wie auch ein adoptiertes Kind aus einem Naturvolk ohne jede Auffälligkeit in Europa aufwachsen kann.

  10. Wow, was für ein Diskurs, da wird einem ja geradezu schwindlig vor lauter weitertragenden Gedankenströmen.

    Mir sind dazu „Odyssee 2000“ und „2010 – das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“ von Arthur C. Clarke und die dazugehörigen Filme eingefallen.

    Dort geht es ja darum, dass eine weit entwickelte Technologie Leben „weiterentwickelt“. Wobei Clarke in seinen Büchern dieser Reihe eine sich selbst überlassene hoch entwickelte, aber seelenlose Automatik am Werk sieht.

    Ähnlich in „Contact“ mit Jodie Foster als Astronomin Ellie Alloway und Matthew McConaughey als Pater Palmer Joss. Hier taucht neben dem Erstkontakt mit Außerirdischen auch die religiöse Frage auf, wer denn eigentlich der/die ursprüngliche Schöpfer/in war.

    Wer an eine/n solche/n Schöpfer/in nicht glauben kann, braucht halt einen Ersatz, sonst wird die Sinnfrage halt schwer. Und dafür kann der Transhumanismus dienen. Selbstbetrug?

    • Danke, @Hannes Boekhoff

      Bin da bei Hans Blumenberg, der beobachtet hat, dass die “Arbeit am Mythos” ein Bedürfnis aller Menschen ist.

      So schrieb er im gleichnamigen Werk: “Geschichten werden erzählt, um etwas zu vertreiben. Im harmlosesten, aber nicht unwichtigsten Falle: die Zeit. Sonst und schwererwiegend: die Furcht.” (S. 40)

      Und sogar: “Alles Weltvertrauen fängt an mit den Namen, zu denen sich Geschichten erzählen lassen.” (S. 40. In einem KIT-Vortrag habe ich das um Bilder ergänzt.)
      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-macht-der-namen-einfuehrungsvortrag-zum-kit-berufs-und-medienethik-seminar-2022/

      Kurz: Auch nach meiner Auffassung brauchen Menschen Mythen. Und es ist besser, sich das einzugestehen und damit dialogisch umzugehen, statt sich selbst für “mythenfrei” zu erklären. Das geht nur immer wieder schief.

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