Solarpunk – Mimesis: Warum inzwischen auch jene von Elektroautos profitieren, die sie noch ablehnen

Vor doch schon einigen Jahren erntete der m.E. wunderbar in jedes bundesdeutsche Stadtbild passende, deutsch-türkische Komiker Kaya Yanar zuverlässig Lacher, wenn er darauf hinwies, er könne Schwulenfeinde (sog. Homophobe) überhaupt nicht verstehen – dank ihnen bliebe ihm als Heterosexuellem doch “mehr Auswahl.”

Inzwischen ist Yanar laut seinen neueren Witzen mit einer ernährungsprogressiven Schweizerin verheiratet und Vater von zwei schweizerdeutsch sprechenden Söhnen. Ein humorvoller & demografischer Gewinn für gleich zwei DACH – Staaten!

Und vielleicht kann sein früherer Gag einigen fossilen Betonköpfen helfen zu verstehen, warum sie auch vor Elektroautos keine Angst mehr haben sollten: Umso mehr Elektroautos, umso weniger Konkurrenz um Benzin und Diesel! Ob Fossilisten noch schmunzeln dürfen?

Als wir Blumes 2017 erstmals einen französischen Elektro-Kleinwagen erwarben, war das noch sehr Solarpunk: Ständig wurden wir vor angeblich schlapp machenden und brennenden Batterien gewarnt. Wir sollten besser noch “abwarten”, denn “bald” würden doch auch deutsche Autokonzerne erschwingliche Elektrofahrzeuge auf den Markt bringen. Fossilisten – darunter nicht wenige Aktionäre und Manager – wollten noch möglichst lange Kasse mit dem Verkauf und der Verbrennung von Erdöl auf Kosten von Mitwelt und Mitmenschen machen.

Ein weißer Renault Zoé steht auf einem von Bäumen umgebenen und dennoch von Sonnenlicht überfluteten Parkplatz in Filderstadt-Bonlanden.

Gott sei Dank haben wir nicht auf deutsche Modelle gewartet, sondern konnten unseren Renault Zoé (griechisch für: Leben, Eva) nach acht Jahren mit fast vollständiger Batterieleistung an ein glückliches Ehepaar weiterverkaufen. Foto: Michael Blume

Doch im ersten Halbjahr 2025 hat sich das Blatt wohl endgültig gegen den Fossilismus gewendet: Weltweit wurden monatlich knapp eine Million neuer BEVs (Batterie Electric Vehicles, deutsch: Elektrofahrzeuge) angemeldet, also bereits mehr als 30.000 pro Tag, mit schnell steigender Tendenz!

Für immer mehr Fossilisten in immer mehr oft antisemitische Propaganda & Terror finanzierende Erdöl-Rentierstaaten von Russland über Saudi-Arabien bis Katar, Venezuela und Iran wurde damit klar: Wenn sie durch eine Drosselung der Erdöl-Fördermengen versuchen würden, die Ölpreise wieder über 70 oder gar 80 US-Dollar pro Barrel (Fass) zu heben, so würde dies die globale Energie- und Verkehrswende nur noch weiter beschleunigen!

Also änderte das OPEC+-Ölkartell seinen Kurs auf Karbonblasen-Ausverkauf: Möglichst viel muss noch raus, denn bald gibt es gar nichts mehr dafür…

Entsprechend sanken und sinken die Preise für Rohöl, wenn auch viele Konzerne und Tankstellen weiterhin ihre über Jahrzehnte angefixten Benzin- und Diesel-Junkies mit überhöhten Endpreisen abzocken.

In der Stuttgarter Zeitung wird regelmäßig eine Ölpreis-Kurve im Wirtschaftsteil abgebildet. Hier beispielhaft gezeigt wird der Abdruck vom 14. Oktober 2025.

Höhere Ölpreise lassen sich in Zeiten der Solarpunk-Energiewende kaum mehr durchsetzen. Foto: Michael Blume, 14.10.2025, Stuttgarter Zeitung, “Wirtschaft”

Der Wahlkampfslogan des US-Fossilisten Donald Trump “Drill, Baby, Drill!” darf inzwischen eben auch als Ausdruck der Verzweiflung gelesen werden: Wer heute noch Zugriff auf Erdöl- oder Erdgas-Felder besitzt, ist dabei zu realisieren, dass sie täglich an Wert verlieren und recht bald wertlos sein werden.

Selbst noch die härtesten Rest-Fans der technologisch längst veralteten Verbrennermotoren sollten also anerkennen können: Ohne täglich Zehntausende Elektroauto-Kaufende wären die Preise an den Tankstellen und auch bei den Heizungsöl-Liefernden noch erheblich höher, als sie es jetzt sind. Sogar die entschiedensten Fossilisten profitieren als Verbraucher vom Erfolg der solaren Energiewende und elektrischen Verkehrswende!

Und auch Solarpunks dürfen sich über das Eintreffen verschiedenster Wirkprognosen freuen!

So setzen sich Dekarbonisierung und Mitweltschutz auch im Verkehrsbereich endlich durch, weil fast alle Elektroauto-Fahrenden klug genug sind, tagsüber längst überschüssigen Solarstrom zu laden. Elektroautos sind eben auch fahrende Ökostrom-Batterien!

Damit wird die Wirkung erneuerbarer Energien als Friedensenergien verstärkt, weil fossile Diktaturen zunehmend sparen müssen und immer schwieriger Kriege und Terrorgruppen finanzieren können.

 

Zitat-Kachel aus der Rede von Dr. Michael Blume am 11. September 2025 bei Balkonsolar in Freiburg. Unter einem Foto des Redners wird zitiert: "Wer sich pauschal gegen erneuerbare Friedensenergien wie Sonnen- und Windenergie wendet, nimmt die Finanzierung fossiler und antisemitischer Gewalt zumindest in Kauf."

Wie schon am 9.11.2023 im Landtag von Baden-Württemberg in Stuttgart erläuterte ich auch wieder am 11. September 2025 auch in Freiburg im Breisgau die Bedeutung und Wirkung erneuerbarer Friedensenergien für die Überwindung von Fossilismus und Antisemitismus. Zitat-Kachel: Sebastian Müller, Balkonsolar e.V.

Und indem täglich mehr Ökostrom im Inland produziert und nachgefragt wird, statt weiterhin Dollars und Euro ins fossile Ausland zu schicken, wirken Erneuerbare Energien in Deutschland auch als Wohlstandsenergien. Wer sowohl die wundervolle Natur unseres Planeten allgemein wie auch ganz konkret seine Heimat und die Menschen darin liebt – fährt am Besten solar.

Alltagssprachlich ließe sich jedes Elektroauto als “ermutigendes Vorbild” beschreiben. Philosophisch als “normative Kraft des Faktischen”. Oder eben politik-, wirtschafts- und medienwissenschaftlich als: Positive Solarpunk – Mimesis

Avatar-Foto

Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

37 Kommentare

  1. Staat A und B sind identisch, nur ist A reich und B betucht. In beiden ist etwa die Hälfte der Bevölkerung tatkräftig genug, für ein besseres Leben auszuwandern, etwa die Hälfte hat berufliche Kompetenzen, der Rest ist ungebildet, krank, alt, schwach oder einfach asozial.

    Logischerweise läuft die tatkräftige Hälfte von A nach B und die Hälfte wird wieder zurückgeschickt, je nach Gründen, leider oder zum Glück. Staat B kidnappt also das Viertel der A-Bevölkerung, das tatkräftig, arbeitsam und kompetent ist: Die Elite.

    Möglichkeit A): Die Immigranten arbeiten sich schnell die soziale Leiter hinauf und heiraten ihre lokalen Pendants: Die Elite weist überproportional Mischlinge auf.

    Möglichkeit B): Die Immigranten bekommen keine Chance für sozialen Aufstieg, landen in Gettos und in der Illegalität und bauen dort Wirtschaftswunder und Amerikas auf.

    Und so was sehen Sie jeden Tag im Stadtbild: Ein Deutscher und ein Migrant machen die ganze Arbeit, zwei Deutsche und ein Migrant leben davon, der Migrant hat nix Gescheites zu tun, dealt mit Drogen und pöbelt Frauen im Schwimmbad an, die zwei Deutschen haben nix Gescheites zu tun und demonstrieren den ganzen Tag gegen Migration.

    Natürlich wird das Prinzip von der Wirklichkeit stark verwischt und verzerrt, doch in der Statistik schimmert es schon durch. Sowohl Sie wie Kaya Yanar passen ins Muster.

    Ostdeutschland hat die Zeichen der Zeit erkannt: Autoritäre Systeme erschaffen Sklaven. Also wählt es die AfD und biedert sich als Generalgouvernement an, Arbeitsbereich Ost, Nebenland, Kolonie. Damit steht es in direkter Konkurrenz zu all den anderen Drittweltländern, die ihre Frauen in westliche Bordelle und ihre Männer auf die westlichen Spargelfelder schicken, damit sie Geld nach Hause schicken, da ist es kein Wunder, dass die Ossis die anderen Migranten hassen, die sind ja Konkurrenz. Tut mir leid, liebe Ossis, daraus wird nix – ihr seid zu alt. Also hört auf, voller Stolz und Trotz vor dem Westen zu kriechen, versucht’s mit Augenhöhe. Ist aber mehr Arbeit, als auf dem Sklavenmarkt zu tanzen, zu trotzen und zu protzen, damit die Käufer sehen, wie viel Kraft noch in euch steckt.

    Bei Elektroautos sollten Sie auf Qualitätssicherung achten, aus zwei Gründen: Monopol und Deflation. China hat praktisch das Monopol auf grüne Technik, also muss es sich keine Mühe geben. Und in China ist Deflation, wie im Westen von Gestern – wir sind da schon durch, sie müssen noch. Deflation ist das Gegenteil von Monopol mit gleicher Wirkung: Es drängen sehr viele Firmen auf den Markt, deswegen müssen sie sich in Preisen unterbieten und verstecken Kosten und Gewinnmargen, indem sie an der Qualität sparen: Fürs gleiche Geld bekommen Sie immer mieseren Schrott. Statt Inflation verfaulter Euros oder Dollars bekommen Sie eine Inflation verfaulter Produkte, doch das Prinzip bleibt gleich.

    Sie müssen jede Ressource wie eine Währung behandeln und jede Währung wie eine Ressource. Dass wir überhaupt zwischen Geld und anderen Ressourcen unterscheiden, ist das Symptom einer Massenpsychose. Unsere Wirtschaft strebt nach mehr Geld, mehr Zinsen – und das ist nur eine andere Formulierung für „Der Sinn und Zweck unserer Wirtschaft ist die industrielle Massenproduktion von Inflation und Schulden“. Die Menschheit ist eine Sekte, die sich in einen Gruppenwahn hineingesteigert hat und nicht mehr heraus findet.

    Wir können, wenn wir wollen, und wir können es richtig gut. Vielleicht sollten wir stattdessen das Paradies auf Erden wollen?

    Haben Sie den Vegetarier Independence Day mitbekommen? Free at last! Wurst darf nicht mehr Veggie heißen! Die Scheidung ist durch! Endlich können wir unser Ding machen, uns frei und unabhängig weiterentwickeln!

    Gleiches Prinzip wie bei den Fossilien: Wo Brandmauern wachsen und Monopole errichtet werden, wo man seine Kundschaft mit Gewalt zu halten sucht, schrumpft ein Imperium zum Getto. Und Sie sollten aufpassen, dass Sie nicht dort landen, wo der Merz oder der Macron sind – in einer Schraubzwinge zwischen der Zukunft, vor der man Angst hat, und einer Renitenz, die der eigenen tatkräftiger Konkurrenz macht. So wird die CDU von der AfD verschlungen, und Europa von Trump und Putin – wir haben nicht die Kraft, aus dem Getto zu entkommen, und die Stacheldrahtzäune rücken immer näher.

    Tun Sie sich das nicht an. Jede Festung ist auch ein Gefängnis und es ist sehr leicht, vom Fürsten, der über das Umland wacht, zu seinem eigenen Gefängniswärter zu werden.

    Die fossile Blase ist eine ganz normale Inflationsblase, denn „Inflation“ kommt vom „Aufblasen“. Die Sardinen schwimmen zur Futterquelle wie zu McDonalds, es bildet sich ein großer Fischballon, der so lange wächst, wie das Futter reicht. Einige Sardinen sind schneller gewachsen als andere, und je weniger Futter die Quelle hergibt, desto mehr zahlt es sich aus, ein großer Hai zu sein, und viele Haie machen die Sardinen nervös. Es endet mit einem großen Fressgelage, bei dem nur drei Sorten Fische überleben: Die Haie, die jetzt erst recht fett werden. Die kleinsten Fische, die Glück hatten oder übersehen wurden. Diejenigen, die sich aus der Blase abgesetzt haben, solange sie noch im Plus waren.

    Europa ist ein Schwarm von Fischen, die zu klein für Haie sind und zu groß, übersehen zu werden. Der Ausbau der Erneuerbaren ist unser Versuch, noch zu entkommen, während von Ost und West schon die Kiefer mahlen. Sie mahlen unerbittlich, die Etablierten zappeln panisch, verbluten und fallen schon in Ohnmacht, aber vielleicht reicht die Kraft ja noch für einen letzten, verzweifelten Sprung. Das Licht am Ende des Tunnels scheint jeden Tag über uns, es scheint für die Ertrinkenden und jene, die Hoffnung haben und jene, die uns in die Tiefe ziehen wollen.

  2. Bei dem Thema erlaube ich mir ein wenig Schadenfreude. Das stabile Wirtschaftsgenie Donald Trump puscht in den USA die Förderung von Öl und Gas. Genau das ist in den Staaten besonders teuer, weil aufwändig (Fracking), während die Wüstenstaaten viel günstiger fördern können. Die U.S. Energy Information Administration (EIA) prognostiziert einen durchschnittlichen Preis von etwa 52 Dollar pro Barrel für 2026. MAGA macht die Staaten also ärmer. Great geht anders.

    In Wahrheit ist meine Freude darüber nicht besonders groß. Die MAGA-Entwicklung ist schädlich für die ganze Welt. Und selbst wenn die amerikanische Demokratie ein Comeback schaffen sollte, wird sie geschwächt sein, während autoritäre Staaten wachsen.

    ‐———–
    Themenwechsel. Falls Du das an dieser Stelle unpassend findest, bin ich nicht böse, wenn Du es nicht in den Blog stellst. Diese Gedanken wollte ich Dir mitteilen. Ich brauche auch keine Antwort.

    Michael, haben Inan Ince und Du schon ausreichend über die notwendige Suffizienz und sogenanntes “grünes Wachstum” philosophiert? Da liegt meine Erinnerung brach. Falls nicht, wäre das vielleicht etwas Podcastzeit wert.

    Die gleiche Frage habe ich hinsichtlich der Biodiversitätskrise/dem 6. Massensterben. Dazu würde ich gerne einen Wirtschaftsexperten hören. Das Thema hängt nur zum Teil von der Klimaerhitzung ab, ist aber ebenso wichtig.

    Okay, ich merke grade, dass beide Themenbereiche eng verknüpft sind. Genau wie der Rechtsruck dort ebenfalls anknüpft, weil zu viele Menschen lieber die Demokratie vor den Bus werfen, als dass sie ihre etablierten Cash Cows anfassen würden.

    • Vielen Dank, @Hui Haunebuh 🙏

      Ja, so wird der ICE-Übergriff des US-Fossilisten Donald Trump auch auf die Hyundai-Batteriefabrik aus Südkorea sehr viel besser verständlich. Die Fossilisten auch in den USA geraten angesichts des technologischen Fortschritts und ihrer Karbonblase in Panik! 🤭

      Ein lustiges 60-Sekunden-Wiki-Short zum Abgesang auf die stinkenden Verbrennermotoren geht gerade hier viral:

      https://www.youtube.com/shorts/jfC5151Xitc

      Und, ja, Prof. Dr. Inan Ince ist ja auf Nachhaltigkeit spezialisiert und wird den Vorschlag zum “grünen Wachstum” und positiver Solarpunk-Mimesis sicher gerne aufnehmen! 🤓

      Klar ist die heutige Zeit auch sehr anstrengend, manchmal überfordernd. Doch wir erleben gerade “live” den verzweifelten Abwehrkampf des niedergehenden Fossilismus. Auch Deutschland steht kurz vor der Erkenntnis, dass seine Zukunft besser nicht als fossiles Industriemuseum für Shareholder-Value-Konzernmanager entworfen werden sollte.

  3. Bitte die Suffizienz nicht vergessen. 😬 Gerade wenn es um grünes Wachstum geht. Mein Standpunkt und Fragen dazu: Suffizienz ist ein No-Brainer und unabdingbar für eine lebenswerte/lebensfähige Zukunft. Schließen sich Suffizienz und Kapitalismus gegenseitig aus? Oder kann Kapitalismus ausreichend geregelt werden? Für Letzteres: Falls ja, besteht wirklich Hoffnung. Falls nein, braucht es einen gigantischen Crash der Sorte Weltkrieg oder Massensterben, bevor eine solch starke Systemänderung möglich ist.

    Und das Video ist genial! 😂

    • Danke für die Nachfrage, @Hui Haunebuh 🙏

      Meine Antwort darauf ist klar: Sowohl der marktradikale Kapitalismus wie auch der Marxismus und Sozialismus sind fossile und also nicht nachhaltige Ideologien:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/der-fossilismus-kann-nicht-alleine-militaerisch-besiegt-werden-er-ist-staerker-als-kapitalismus-und-sozialismus/

      So sehen wir aktuell bereits das Scheitern des marktradikalen Rechtslibertarismus in Argentinien ebenso wie jenes links-revolutionärer Fossilregime in Venezuela und Bolivien.

      In letzterem waren immerhin noch demokratische Wahlen möglich, in denen der Christdemokrat und Vertreter der sozialen Marktwirtschaft Rodrigo Paz überraschend und deutlich gegen den Kettensägen-Rechtslibertären Jorge “Tuto” Quiroga obsiegte:

      Der 57-jährige Senator positionierte sich als volksnaher, gemäßigter Kandidat. Mit dem Slogan “Kapitalismus für alle” warb Paz im Wahlkampf für eine soziale Marktwirtschaft: Wachstum durch den Privatsektor fördern, soziale Programme beibehalten, Kampf gegen die Korruption. Damit konnte Paz nicht nur rechts der Mitte punkten, er holte auch viele Stimmen in einstigen Hochburgen der Sozialisten. Die linke Regierungspartei “Bewegung zum Sozialismus”, die Bolivien 20 Jahre lang regiert hatte, erlitt bereits im ersten Durchgang im August eine krachende Niederlage. Nun steht Bolivien ein politischer Richtungswechsel bevor.

      “Wir Bolivianer wissen, dass man mit Ideologie kein Essen auf den Tisch bringt”, sagte Paz. “Essen auf den Tisch bringen das Recht auf Arbeit, starke Institutionen, Rechtssicherheit, Respekt vor Privateigentum und Gewissheit über die eigene Zukunft. “Durchgesetzt hat sich Paz gegen den rechtsgerichtete Ex-Präsident Jorge “Tuto” Quiroga, der im Wahlkampf eine Sparpolitik mit Kettensäge versprach – in Anspielung auf den libertären Präsidenten Javier Milei aus Argentinien. Auch wenn er später zurückhaltender auftrat, schreckte das viele Menschen im von großer sozialer Ungleichheit geprägten Bolivien ab.

      https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/bolivien-wahlen-100.html

      Um es also klar zu sagen: Aus meiner Sicht ergibt sich Suffizienz im Sinne einer auch ökologischen Nachhaltigkeit weder durch Kapitalismus noch Sozialismus, sondern am Besten in einer post-fossilen, sozialen und ökologischen Marktwirtschaft.

      Und genau dahin geht die Reise bereits!

      Und das Video ist genial! 😂

      Ja, es wurde mir begeistert von einem bereits erwachsenen Sohn gezeigt, der selbst zwar an der Jungen Union interessiert ist, aber kein Verständnis mehr für fossile Technologiefeindlichkeit hat. 😊👍🌞

  4. @Hui Haunebuh 20.10. 12:15

    „Schließen sich Suffizienz und Kapitalismus gegenseitig aus? Oder kann Kapitalismus ausreichend geregelt werden?“

    Vielleicht braucht es gerade in völlig überschuldeten armen Ländern Vermögensteuern, Erbschaftsteuern und Kapitalertragssteuern, um aus der Schuldenfalle rauszukommen? Und auch bei uns in Deutschland, wo das Überschuldungsproblem deutlich kleiner ist, könnten entsprechende Steuern helfen.

    Gerade KI und Roboter erwirtschaften ja direkten Kapitalertrag, der Anteil dessen an der Gesamtwirtschaftleistung wird offenbar immer größer, auch bei uns und überall auf der Welt.

    Wenn hier ein hinreichender Beitrag zur globalen Staatsfinanzierung erbracht wird, könnte das uns vor einem Endcrash des Kapitalismus bewahren?

    „Falls nein, braucht es einen gigantischen Crash der Sorte Weltkrieg oder Massensterben, bevor eine solch starke Systemänderung möglich ist.“

    Wenn der Kapitalismus ungebremst vor die Wand der volkswirtschaftlichen Realitäten knallt, haben wir den Salat. Konstruktive Zerstörung veraltender Technik wird in jedem Fall irgendwie verarbeitet werden, mit mehr oder weniger Crash. Das betrifft eine florierenden Energiewende wie auch die weitere KI-Automatisierung.

    Zusammen mit mehr Beitrag des Kapitals zur Staatsfinanzierung könnte das funktionieren, scheint mir. In Bolivien wie auch in Deutschland.

    Wie kommt China mit diesem Problem zurecht? Das könnte eine interessante Frage sein.

  5. Am Stichwort #Suffizienz ist ja wichtig, dass es eine gewisse bewusste Selbstbeschränkung mit einschließt.

    Man kann von dem Impuls des Club of Rome vor 50 Jahren mit seinem Buch ,Limits to Growth‘ ja sehr unterschiedlich denken. Was auf jeden Fall stimmt, dass exponentielles Wachstum in einer endlichen Welt Grenzen hat.

    Und solange wir Menschen eher aus der Mitwelt extrahieren wollen, als in einem generativen Miteinander etwas zu gestalten, wird es nicht funktionieren können, wird so ein Konstrukt von Gesellschaft crashen müssen.

    Die Nachfrage zu Suffizienz verstehe ich auch als Wunsch, in dieser Richtung mehr Phantasie / Optionen / Möglichkeiten zu erleben – denn so könnte Leben ja auch lebenswert sein.

    Inspirierend für die Bewusstseinsbildung war da für mich Brian McLaren mit seinem Buch LIFE after DOOM – eine Inhaltsangabe in Deutsch habe ich daher online gestellt unter https://hgu2read.de/interessen/interessen/lebensspur/lad-inhaltsangabe/

    • Vielen lieben Dank, @HG Unckell

      Ja, letztlich geht es ja auch im Solarpunk um einen Wechsel der Perspektive von negativer Mimetik (“Doom”) zur positiver Mimetik (“Life”) auf eine post-fossile Zukunft. Anstatt jenen unsere kostbare Aufmerksamkeit zu schenken, die doch nur Reaktanz, Untergangserzählungen und Entsolidarisierung im Angebot haben, gilt es, die Handlungsoptionen und Hoffnungen zu erkennen, wahrzunehmen und zu leben. Entscheidend ist dabei das Menschenbild, in dem es in Mitmenschen entweder nur Nutzwerte versus Bedrohungen oder eben immer auch Würde und Potentiale sieht.

      Wer beispielsweise zwar gegen Abtreibungen wettert, aber nicht solidarisch für bereits geborene Kinder und deren Familien eintritt, lebt beispielsweise schlichtweg eine Heuchelei, übrigens auch nach den Maßstäben der Bibel.

      https://www.youtube.com/shorts/wl56p3o2044

      Entsprechend plädiere ich auch dafür, dass wir uns vom fossilen Lobbyismus nicht länger desinformieren und einschüchtern lassen, sondern die Chancen erneuerbarer Friedens- und Wohlstandsenergien selbstbewusst erkennen und ergreifen. So wird heute zum Ölpreis u.a. gemeldet:

      Einer eher schwachen Nachfrage steht am Ölmarkt aktuell ein Überangebot gegenüber. Erst vor kurzem hatte das Ölkartell Opec+ eine weitere Erhöhung ihres Angebots beschlossen. Zusätzlich werden die Notierungen von den Aussichten für 2026 belastet. Die Internationale Energieagentur (IEA) erwartet ein massives Überangebot.

      Einer Studie der US-Bank Citigroup zufolge könnte der Ölpreis auf 50 Dollar je Barrel fallen, falls es zu einer Deeskalation des Krieges in der Ukraine kommt.

      https://www.cash.ch/news/olpreise-erneut-unter-druck-872687

      Die Herausforderungen und auch Gefahren im 21. Jahrhundert sind riesig – die Energiewende- und Energiedemokratie-Chancen sind aber noch viel größer!

      Deswegen postete ich heute morgen zu diesem Blogpost ins Fediversum:

      Guten Morgen – Tässle Kaffee ☕️?

      Vergeudet nicht den Wochenstart in einer weiteren, KI-generierten #Aufmerksamkeitsfalle des US-Fossilisten Donald #Trump ! Hier findet Ihr die #Solarpunk – Erklärung dafür, warum längst auch jene von über 30 Tsd. #Elektroauto – Neuanmeldungen pro Tag (!) finanziell profitieren, die immer noch am fossilen #Verbrennermotor , an Öl- & Gasheizung festhalten wollen. Erneuerbare sind schon so erfolgreich, längst auch #Wohlstandsenergien !

      https://sueden.social/@BlumeEvolution/115404778710523245

      Danke, dass Sie hier immer wieder das Thema der Hoffnung und implizit auch von positiver Mimesis anbringen, @HG Unckell! 🙏🙌

  6. sondern konnten unseren Renault Zoé … nach acht Jahren mit fast vollständiger Batterieleistung … weiterverkaufen

    Warum?

  7. Das liest sich zunächst sehr vielversprechend.

    Aber geht es nicht auch, zumindest bei uns mehr um ein Symbol was den Verbrenner angeht?

    Nachdem man die Wärmepumpen ideologisch in Grund und Boden gestampft hatte, dient nun nun die Diskussion um den Verbrenner dem gleichen Ziel.

    Wenn ich die genannten Zahlen lese, dann macht das keinen Sinn mehr. Aber das geht nahezu komplett unter.

    Oder ist die Sache mit den Stadtbildern auch so ein Ablenkungsmanöver?

    • Lieben Dank, @Marie H.

      Ich vermute, dass die Serie an “Stadtbild”-Äußerungen ein weiterer Versuch sind, die bundesdeutsche Christdemokratie von ihren christlichen Wurzeln ins Konservative zu verschieben. Ein Teil der Parteibürokratien glaubt offensichtlich immer noch, mit negativer, rechter Mimesis Wählerinnen und Wähler von der AfD “zurückholen” zu können. Ich kann hier also keine durchdachte Kommunikationsstrategie erkennen, sondern nur ein Beharren auf historischer sowie politik- und medienwissenschaftlicher Inkompetenz. Bei “Herder Korrespondenz” hatte ich mich ja bereits ausführlich zum Scheitern jeder Rechtsmimesis auch über Deutschland hinaus geäußert:

      https://www.herder.de/hk/hefte/archiv/2025/10-2025/medien-und-mimesis-journalismus-in-zeiten-digitaler-aufmerksamkeitsoekonomie/

      Dennoch betrübt es mich zu erleben, dass auch zahlreiche kluge Personen in die Aufmerksamkeitsfalle tappen, statt sich mit den Erfolgen der Energie- und Verkehrswende und dem Schwächeln des Fossilismus zu befassen. Dazu habe ich vorhin gepostet:

      Ich finde es ja generell krass, wie leicht sich auch Leute auf #Mastodon in #Stadtbild – Debatten befeuern, statt hin & wieder auch mal auf die #Daten zu schauen, die wirkliche Veränderungen & oft auch Hoffnungen anzeigen.

      Hier zu #Erdöl : “Die Internationale Energieagentur (IEA) erwartet ein massives Überangebot.” DAS hat enorme Auswirkungen auf #Politik, #Soziales & #Wirtschaft weltweit! Und mittelbar auch auf so manches Stadtbild…

      https://sueden.social/@BlumeEvolution/115407462217480017

      Meine Empfehlung an alle Menschen guten Willens wäre, sich auch selbst um positive Mimesis und dann darüber hinausreichenden Dialog zu bemühen, statt von einer Empörungsspirale in die nächste zu taumeln. Wir sehen ja in den USA, wie Donald Trump die Aufmerksamkeitsfallen zur medialen Meisterschaft gebracht und damit den demokratischen Diskurs zunächst innerhalb der republikanischen Partei und dann im ganzen Land zerstört hat. Die medienethische Verantwortung für unsere eigene Aufmerksamkeit ist größer denn je.

      • Vielen Dank.

        Über die Spirale der Empörung haben wir uns in früheren Ihrer Blogbeiträge ausgetauscht.

        Und Sie haben recht, wenn Sie auf die positiven und hoffnungsvollen Aspekte hinweisen. Ganz im Sinne des Solarpunks.

        Es fällt mir nicht immer leicht, den Überblick zu behalten und die Dinge richtig einzuordnen. Ich stelle aber auch fest, dass alles Neue, was ich auf Ihrem Blog lerne, geübt werden muss. Jedenfalls geht es mir so.

        Danke für Ihre Geduld und die Bereitschaft, Wichtiges mehrmals zu erklären.

        • Nachfrage zu Ihrer Formulierung “…über Jahrzehnte angefixte Benzin- und Dieseljunkies…”

          Mein letztes Auto war ein Benziner. Mittlerweile fahre ich nicht mehr.

          Mir gefällt daher “Junkie” und “angefixt” nicht. Ich kenne niemanden, der süchtig danach ist, einen Verbrenner zu fahren.

          Nicht allen ist es möglich, auf ein E-Auto umzusteigen und die sind froh, überhaupt ein Auto zu haben.

          Sucht ist eine Krankheit und kann viele Ursachen haben.

          • Lieben Dank, @Marie H.

            Dies sehe ich tatsächlich etwas anders – eine Sucht nach Zigaretten ist beispielsweise noch keine Krankheit, sondern eine von Konzernen und Peer-Groups künstlich erzeugte, teure und schädliche Abhängigkeit.

            Und genau diese sehe ich auch in den von Ihnen beschriebenen Strukturen: Über Jahrzehnte haben Menschen Benzin- und Dieselfahrzeuge ohne Alternative kaufen müssen, woran wiederum Tankstellen, Werkstätten usw. hingen. Die Abhängigkeiten wurden auch gegen den technologischen Fortschritt künstlich aufrecht erhalten, waren teuer und schädlich. Insofern wurde ich noch 2017 von Menschen vor der Elektromobilität “gewarnt”, die lange Phasen realer, fossiler Abhängigkeiten buchstäblich am eigenen Leib erlebt haben. Nun endlich merken täglich mehr Menschen, dass diese nicht mehr besteht bzw. überwunden werden kann. Den früheren ist daraus m.E. kein Vorwurf zu machen.

            In einem weiteren Sinn sehe ich den gesamten Fossilismus als gewachsenes Abhängigkeitssystem, der uns bis in die Psychologie hinein prägt. Sorgen macht mir der Gedanke, dass Wladimir Putin Russland so tief in eine fossile Kriegswirtschaft geführt hat, dass er bei einem Friedensschluss den Sturz fürchtet.

        • Herzlichen Dank, @Marie H. – und mir geht es ganz genau so!

          Die Verbindung von fossilen Rohstoffen und Rentierstaatstheorie entdeckte ich bereits im Studium und bat den Professor sogar, darüber meine Abschlussarbeit schreiben zu dürfen. Doch er erklärte mir, das Thema sei “bereits ausgeforscht”.

          Machte mich das gleich zum dialogischen Solarpunk?

          Nein, zwischen dem kognitiven Verstehen und dem einübenden Umsetzen brauchte es Jahre: Wärmepumpe 2013, “Öl- und Glaubenskriege” 2015, erstes Elektroauto 2017, Vegetarismus 2019, Solaranlagen, Batteriespeicher usw.

          Auch den Umgang mit Blogkommentaren zwischen dialogischer Offenheit und der Abwehr von Trolling und der emotionale Umschwung von Klimafurcht (“Clima Anxiety”) zur Solarpunk-Hoffnung haben jeweils Jahre gebraucht.

          Deswegen ist mir der Poppersche Satz von der Annahme von Erkenntnissen als “Tragen des Kreuzes” so wertvoll geworden.

          https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/das-schrumpfen-der-freiheit-poppers-kreuz-der-wahrheit-im-hossa-talk-184/

          Mir scheint wirklich, dass das Streben nach erkennender sowie tätiger Wahrheit ein lebenslanger Weg und eher ein Prozess als ein einzelner Entscheid ist. Mit zunehmendem Alter fällt es mir auch nicht leichter, lieb gewonnene Überzeugung auf Basis neuer Erkenntnisse zu überprüfen und ggf. zu falsifizieren. Meine oft mit heißem Herzen gelesene Literatur der Studienzeit erinnert mich heute daran, wie rasend schnell sich auch grundlegendes “Wissen” etwa zur Evolution des Menschen immer wieder umgewälzt hat. Der Schlüsselsatz des Sokrates – wissen, was wir nicht wissen – erscheint mir immer gewichtiger, umso mehr ich “weiß”.

          Ihnen Dank für die gemeinsame und dialogische Wegstrecke! 🙌

  8. @Hui Haunebuh 20.10. 16:33

    „Wir befinden und im 6. Massensterben. Es ist nicht sicher, ob das noch aufzuhalten ist. Die Tierart ganz oben auf der Nahrungspyramide hat es die Male zuvor immer erwischt.“

    Ich weiß nicht. Ein Atomkrieg wäre was anderes, aber sonst scheint mir der Mensch doch sehr resistent zu sein. Er ist nicht nur an der Spitze der Nahrungspyramide, er hat praktisch alle irgendwie produktiven Ökosysteme für sich in Beschlag genommen.

    Und ich fürchte, da wird es auch bei bleiben. Für die Zivilisation sehe ich hier allerdings schon mögliche Gefahren. Obwohl ich kaum davon wegkomme, mir eine immer weiter laufende Konvergenz von Vernunft als den hauptsächlichen Prozess in dieser unseren Zivilisation vorzustellen.

    Ich kann aber nur hoffen, dass ich damit richtig liege.

    Gerade unsere verschwenderische Lebensweise enthält eine gewisse Rückversicherung. Wenn irgendwas Grundlegendes mit den globalen Landwirtschaftlichen Erträgen passiert, können wir auch mal für ein paar Jahre einfach unseren Fleischkonsum halbieren, und schon reichen die Erträge gleich wieder. Bis sich das Problem wieder entschärft. Danach gibts dann doch wieder Schnitzel und Frikadellen nach Lust und Laune.

    Entscheidend scheinen mir auch die inzwischen fast überall sinkenden Geburtenraten zu sein. Mit 6 oder 7 Milliarden Menschen zum Ende des 21. Jahrhunderts könnte sich das dann bis dahin aber gerne stabilisieren.

    Wenn aber der aktuelle Trend weiterläuft, und die Leistungsgesellschaft sich überall dermaßen erfolgreich durchgesetzt hat, das die ganze Welt kaum noch Kinder bekommt, dann muss eben die Zivilisation immer weiter schrumpfen. Das wäre noch mehr Verschwendung obendrauf. Aber überhaupt gar kein Weltuntergang, im Gegenteil, es wäre eine Riesenentlastung für alle jetzt übernutzten Ökosysteme.

    Ein erhebliches Massenaussterben für sehr viele Spezies wäre dennoch zu beklagen. Aber einen Zusammenbruch der menschlichen Lebensgrundlagen wird dieses eher nicht mit sich bringen. So bedauerlich das auch wäre.

    Ich will das auch keineswegs gut halten, und neben Klimaschutz wäre ich auch für Artenschutz und gezielt geförderte Biodiversität in Landwirtschaft und Stadtkultur. Nur diesen Untergang kann ich jetzt nicht wirklich erkennen.

  9. Zitat Michael Blume: „ Wir sollten besser noch “abwarten”, denn “bald” würden doch auch deutsche Autokonzerne erschwingliche Elektrofahrzeuge auf den Markt bringen.“
    Ja, Abwarten bis die deutsche Autoindustrie erschwingliche und leistungsfähige Elektrofahrzeuge baut, könnte man bis heute. Tatsache ist, dass China inzwischen Deutschland abgelöst hat als Exportweltmeister von Fahrzeugen und hier vor allem von Elektrofahrzeugen. Im Jahr 2025 wird China 7 Milliarden Autos exportieren (Deutschland exportierte 2024 3.4 Mio Autos, 20% davonEVs) und 31% davon sind Elektrofahrzeuge. Chinesische EVs sind inzwischen genau so teuer wie Verbrenner und wenn die EU nicht massive Zölle für chinesische Fahrzeuge verhängt hätte, dann wäre Europa heute genau so ein Importeur von chinesischen Autos wie Grossbritannien, Russland und Mexiko.
    Dabei war BMW ein Vorreiter der Wende zum Elektrofahrzeug (Serienmodell BMW i3 im Jahr 2013) und VW entwickelte sein erstes grosses Volumenmodell, den ID.3 über viele, viele Jahre – allerdings ohne dass Innenausstattung und Software des ID.3 je überzeugt hätten. Auch der BMW i3 war kein überzeugendes Elektroauto und BMW setzte auf falsche Zielvorgaben, nämlich einen Fahrzeugleichtbau (CFK), als ob die Batterie- und EV-Technologie von 2013 mit ihren schweren Batterien etc. für immer so bleiben würde. Dabei verbesserte sich die EV- und Batterietechnologie von Jahr zu Jahr, was allerdings in deutschen EVs erst viele Jahre später ankam – wenn überhaupt.
    In Deutschland kursierte vor kurzem die Legende, die Verbraucher seien noch nicht bereit EVs zu kaufen, eine Aussage, die aber in Wirklichkeit der Diesellüge ähnelt, denn EVs würden durchaus gekauft, wenn sie so überzeugen würden wie die chinesischen EVs.

    Kurzum: die Elektromobilität hat auch deutlich gemacht, dass gewisse Industriebranchen in Europa zu lange Produktzyklen haben und sie zu wenig dynamisch und innovativ sind. Gerade das Versagen der deutschen Autoindustrie führt allen vor Augen, dass in China eine höhere technologisch-industrielle Dynamik herrscht mit Entwicklungszyklen von 3 Jahren statt 6 oder 9 Jahren wie in Deutschland und Europa und es wurde für alle sichtbar, dass in Europa die Innovation fehlt, etwas, was die EU zwar schon im Jahr 2000 erkannte, als die Lissabon-Strategie zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit formuliert wurde, was aber heute noch deutlicher zu Tage tritt, nachdem Mario Draghi vor einem Jahr Milliardeninvestitionen forderte um die Innovation anzukurbeln, was allerdings bei der heutigen Finanzlage der Union und dem hohen Schuldenstand einiger EU-Mitglieder kaum noch möglich ist. Jetzt können sich alle Europäer auf De-Growth einstellen, etwas was Ulrike Herrmann freuen wird, denn sie plädiert ja für ein wirtschaftliches Herunterfahren auf das Niveau der 1980er Jahre und genau das scheint sich jetzt anzubahnen – allerdings nicht freiwillig.

    • Danke, @Martin Holzherr – und meinerseits inhaltliche Zustimmung!

      Aus meiner Sicht haben Politik und Wirtschaft in Deutschland gleichermaßen mit der Gleichzeitigkeit von digitaler Beschleunigung, post-fossiler Energiewende und säkularer Geburtenimplosion zu kämpfen. Da erscheint es dann geradezu “rational”, nur noch bis zum nächsten Wahltermin bzw. der nächsten Vertragsverlängerung zu planen. Warum in Projekte, Reformen, Infrastruktur, Technologien investieren, die jetzt bereits kosten, aber erst in zehn oder mehr Jahren Erträge einbringen werden?

      Ein abschreckendes Beispiel dafür sehe ich im buchstäblichen Absturz der Flugzeugbauer McDonnell Douglas und Boeing. MCDD hatte nach der Ölkrise in den 1970er Jahren nicht mehr ins erfolgreiche Investieren gefunden und wurde dann Stück für Stück, 1997 schließlich insgesamt von Boeing aufgekauft. Allerdings blieb der neue Riesen-Konzern nicht beim Kurs technologischer Intelligenz, sondern verlegte sich auf den sog. Shareholder-Value: Für höhere Kurse und Dividenden für die Aktionäre sowie höhere Boni für die zunehmend befristeten Manager wurden Kosten und Investitionen eingespart – bis die Flugzeuge nicht mehr taugten, ja teilweise gar abstürzten!

      Eine beklemmend gute Darstellung dieses Niedergangs findet sich hier bei “Was kostet die Welt?” unter dem Titel: “Der unglaubliche Absturz von Boeing”:

      https://www.youtube.com/watch?v=6LenFjPWoAg

      Als ich 2017 einen französischen Renault als Elektroauto kaufte, hoffte ich noch, dass die deutschen Autokonzerne wie Mercedes und VW sowie große Zulieferer wie Bosch nicht in die gleiche Shareholder-Value-Mimesis würden. Immerhin hatten wir doch aktive Betriebsräte und enge Dialoge mit Politik und Wissenschaft. Ich hoffte noch bis etwa 2020 auf preiswerte und technologisch moderne Elektro-Familienfahrzeuge aus deutscher Produktion!

      Doch Jahr für Jahr vergruben sich immer mehr der angestellten Managements im Kurzfrist-Denken und kürzten an den längerfristigen Investitionen, die doch ihre Konzerne erst groß gemacht hatten! Im Mai 2024 bloggte ich dann auch besorgt:

      Stattdessen hat die Mercedes-Benz-Group unter Olla Källenius gerade eine Rekord-Dividende (Gewinnausschüttung) von 5,30 Euro pro Aktie beschlossen und massive Einsparungen in der Forschung und Entwicklung von Elektroautos zur Debatte gestellt. Als Bürger des Autoländ Baden-Württemberg ärgert mich das nicht nur, es macht mir Sorgen.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/enge-der-zeit-statt-technologieoffenheit-shareholdervalue-strategien-bei-boeing-und-mercedes/

      Dass mit dieser feigen Shareholder-Value-Mimesis nicht nur enorme wirtschaftliche, sondern auch ökologische, technologische und politische Schäden einhergehen, spricht sich zwar inzwischen durchaus herum. Aber noch immer verlagern “wir” technologische Arbeitsplätze etwa nach China, machen uns von digitaler Infrastruktur aus den USA abhängig – wie gerade gestern wieder deutlich wurde:

      DNS-Störung löst Groß-Ausfall aus

      Amazon Web Services (AWS) kündigte an, die Ursachen der Störung ausführlich aufzuarbeiten. Nach einer ersten Fehleranalyse hatten die Probleme ihren Ursprung in einem AWS-Rechenzentrum im US-Bundesstaat North Virginia. Dort sei das System ausgefallen, das Webadressen in IP-Adressen umwandelt.

      https://www.zeit.de/news/2025-10/21/dienste-von-amazon-laufen-wieder-normal

      Wenn wir unsere noch demokratischen, wohlhabenden und schnell alternden Gesellschaften doch noch stabilisieren wollen, dann brauchen wir auch in der Wirtschaft einen neuen Blick auf Zeit und Zukunft. Meine ich.

      • @Michael Blume: Volle Zustimmung. Was sie bei Boeing beschreiben, nämlich die Suprematie von Business über Technologie, Innovation und Agilität findet sich auch bei vielen anderen Firmen – und ja, es war immer eine Frage der Zeit bis Firmen, die über dem bestehenden Geschäftsmodell die Zukunft vergessen, den Anschluss verlieren und irgendwann von Konkurrenten abgelöst werden. Das gilt auch für Intel und jetzt für viele deutsche Automobilkonzerne, die anstatt auf neue Technologie auf Markenvielfalt setzen. Doch das ist in einem neuen Markt wie dem der Elektromobilität falsch. Da geht es nicht darum dutzende von leicht anders gestylten Elektromobilen zu schaffen, sondern darum ein paar von Technologie und Preis her wirklich überzeugende EVs hervorzubringen und darauf aufzubauen.

        Wie sie aber sehr richtig festhalten, ist für das Zurückbleiben und die zunehmenden Abhängigkeiten von China (bei Rohstoffen, Erneuerbaren, Batterien) und den USA (bei IT, Web, Apps, Social Media) nicht allein Deutschland verantwortlich, sondern ganz Europa.

        In ganz Europa und auch in der EU besteht zwar ein Problembewusstsein, aber es fehlen die Handlungsanstösse, die Risikobereitschaft und es fehlt die Ökosphäre, in der Firmen mit neuen Ideen gross werden können. Viele europäische Startups sind irgendwann auf Investitionen aus den USA angewiesen und nicht selten verlegen sie ihren Hauptsitz sogar in die USA, denn dort können sie wachsen.

        Die zunehmende Alterung der Gesellschaft macht die Situation nicht einfacher. Und die Regulationswut der EU behindert eher Neues als dass sie den Weg für Neues bereitet. Ich sehe immer wieder Dokumentationen zum Thema, wo etwa eine europäische Firma, die Rohstoffe in Europa fördert, berichtet, dass die EU das gemäss ihren Verlautbarungen positiv sieht und sogar will, dass das aber auf sie selbst keine Auswirkungen habe, weil letztlich alles, was die EU produziere, nur Papier sei.

        • Danke, @Martin Holzherr

          Passend zu unserer Debatte wird derzeit auch die Produktion von VW stillgelegt und droht den Mitarbeitenden Kurzarbeit, weil das Management des Autokonzerns sich aufgrund geringer Kostenvorteile von Lieferungen aus China abhängig gemacht hat.

          Aktuell kommt es zu Lieferproblemen, nachdem die niederländische Regierung die Kontrolle über die bisher von der chinesischen Konzernmutter geführten Firma übernommen hatte. China stoppte daraufhin die Ausfuhr von Nexperia-Produkten wie Chips für die Autoindustrie. Ein VW-Sprecher bekräftigte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass Nexperia-Halbleiter in Komponenten verbaut seien, die der Autobauer von Lieferanten beziehe.

          https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/volkswagen-nexperia-einschraenkungen-produktion-100.html

          Das Problem sehen also wir beide. Allerdings setze ich im Gegensatz zu Ihnen ganz klar auf die Europäische Union, die auch gegen Widerstände in einigen Nationalstaaten schon im März 2024 ein Gesetz zu kritischen Rohstoffen, den Critical Raw Materials Act (CRMA) beschlossen hat.

          https://www.ihk.de/karlsruhe/branchen/industrie/ressourceneffizienz/aktuelle-meldungen/rohstoffe-rat-stimmt-critical-raw-materials-act-final-zu-6111030

          Aus meiner Sicht kann kein europäischer Nationalstaat alleine die Unabhängigkeit von Rohstofflieferungen gewährleisten – hier kommt es auf eine intensivisierte, europäische Zusammenarbeit an. In einem Interview für das dänische Windkraftunternehmen Orsted hatte ich bereits Ende 2024 zur Energiewende gesagt:

          “Ich erlebe das so, dass Nationalstaaten unter dem Einfluss von fossilen Lobbyisten ganz wenig hinbekommen. Es ist also auch relativ egal, wer regiert. Die fossilen Lobbyisten sind auf Ebene der Nationalstaaten viel zu stark, bekämpfen und zertrümmern praktisch jeden Ansatz. Das heißt, es gibt zwei Möglichkeiten, wie wir etwas bewegen können. Das eine ist die europäische Ebene. Ich habe die große Hoffnung, dass Frau von der Leyen ihren Kurs halten kann. Und die andere Ebene ist die private, aber auch die kommunale Ebene.”

          https://energiewinde.orsted.de/koepfe-der-energiewende/michael-blume-antisemitismus-ressourcenfluch-oel-gas-konflikte-interview

          Aus meiner Sicht wäre es auch wünschenswert, das angestellte Management von Konzernen stärker für Schäden in Haftung zu nehmen, die aus überzogenem Shareholder-Value-Versagen sowie überzogenen Boni herrühren. Es darf doch einfach nicht wahr sein, dass immer wieder Nieten in Nadelstreifen die ihnen anvertrauten Unternehmen ausplündern, um dann nach einigen Jahren ausgeplünderte Kassen, fehlende Technologien und Produkte sowie um ihre Arbeitsplätze bangende Mitarbeiterschaften zu hinterlassen. Unser derzeitiges Wirtschaftssystem belohnt fossile Lobbyisten und Abzocker und gerade nicht technologische Innovatoren und vorausschauende Führungskräfte.

          • @Michael Blume (Zitat): „Allerdings setze ich im Gegensatz zu Ihnen ganz klar auf die Europäische Union, die auch gegen Widerstände in einigen Nationalstaaten schon im März 2024 ein Gesetz zu kritischen Rohstoffen, den Critical Raw Materials Act (CRMA) beschlossen hat.
            Auch ich bin für das CRMA, zweifle aber daran, dass es unter den heutigen Verhältnissen in der EU grosse Auswirkungen hat in den nächsten 5 Jahren,
            Ganz anders läuft das eben in China und den USA, wenn es dort etwa (nationale) Rohstoffziele gibt: es wirkt sich fast sofort aus.
            Bidens Inflation Reduction Act [IRA] etwa wirkte sich bei den zugehörigen Rohstoffzielen noch während der Amtszeit Bidens aus. Das IRA setzte Anreize, um die Produktion von kritischen Rohstoffen und Batterien in den USA zu fördern mit der unmittelbaren Wirkung einer erhöhten heimischen Lithiumförderungen durch Albemarle Corporation, Arcadium Lithium und Lithium Americas und einer erhöhten Förderung heimischer seltener Erden durch MP Materials (Neodym, Praseodym in der Mountain-Pass-Mine), US Critical Metals und Freeport-McMoRan.

            Man liest übrigens immer wieder über Lithiumvorkommen in Deutschland (Oberrheingraben (im Thermalwasser), im Erzgebirge (in Mineralen) und in der Altmark (im Tiefenwasser), aber wenn etwa der Spiegel darüber berichtet wird auch immer gesagt, dass es in Deutschland grossen Widerstand gegen jede Art von neuen Bergbauminen gibt. Zum Glück gibt es da noch Schweden mit seinen grossen Vorkommen von unter anderem seltenen Erden im fast menschenleeren Nordschweden, nämlich in Kiruna (> Million Tonnen seltene Erden).

          • Ja, @Martin Holzherr – das ist auch genau mein Punkt: Die Europäische Union wird von vielen minderbegabt Politisierenden immer wieder als Sündenbock hergehalten, während gleichzeitig nationale Interessen geschürt werden. Es wird dann völlig absurd, wenn das Europäische Parlament auf Beschluss einer rechten Mehrheit eine Sprachbürokratie für vegetarische Nahrungsmittel einführen will und dann die Regierungschef die EU-Kommission zum Bürokratieabbau auffordern.

            Bin immerhin sehr froh, dass die meisten deutschen MdEP – auch der EVP-Fraktion – gegen diese bevormundende Sprachpolizei gestimmt haben.

            “Der Vorschlag wurde insgesamt mit 355 Ja-Stimmen zu 247 Nein-Stimmen bei 30 Enthaltungen angenommen. Von den deutschen EU-Abgeordneten stimmten 20 dafür und 61 dagegen. Besonders innerhalb der EVP-Fraktion gingen die Meinungen auseinander, es gab sowohl Zustimmung als auch Ablehnung.”

            https://www.abgeordnetenwatch.de/eu/10/abstimmungen/verbot-von-bezeichnungen-wie-wurst-oder-steak-fuer-vegetarische-und-vegane-ersatzprodukte?constituency=All&fraction=388

            Wer die EU einerseits schwach halten und andererseits für Versäumnisse verantwortlich machen will, hat vielleicht billige Ausreden, aber in der Tat keine “großen Auswirkungen”. Ich plädiere dagegen für eine Stärkung der Europäischen Union und vor allem eine kritisch-konstruktive Wahrnehmung der europäischen Institutionen. Hier bleibt viel zu tun – und zu bewirken.

  10. @Martin Holzherr 21.10. 09:45

    „Tatsache ist, dass China inzwischen Deutschland abgelöst hat als Exportweltmeister von Fahrzeugen und hier vor allem von Elektrofahrzeugen.“

    Dem Klima und den Ölpreisen ist es egal, wo jetzt Elektrofahrzeuge, stationäre Kurzfristspeicher und PV-Module eingekauft und angeschlossen werden. Im Gegenteil, wo der PV-Ertrag sehr viel höher ist als in Mitteleuropa, da ist der Effekt bei den selben Investitionen teils mehr als doppelt so hoch.

    Hauptsache die chinesischen Produktionskapazitäten für grüne Technik sind voll ausgelastet.

    Dass China mit vielen gut ausgebildeten Entwicklern bei einer Bevölkerung größer als Europa und USA zusammen schnellere Entwicklungszeiten hinbekommt wundert dann nun auch nicht.

    Und dass man sich in China dann auch auf grüne Technik konzentriert, kann auch einfach daran liegen, dass man selber weniger Geld für den Import von Öl und Gas ausgeben will. Und China liegt auch deutlich weiter im Süden als Europa, mit entsprechend höheren Solarerträgen.

    „Jetzt können sich alle Europäer auf De-Growth einstellen, etwas was Ulrike Herrmann freuen wird, denn sie plädiert ja für ein wirtschaftliches Herunterfahren auf das Niveau der 1980er Jahre und genau das scheint sich jetzt anzubahnen – allerdings nicht freiwillig.“

    Öfter liegt die Wirklichkeit im Mittelfeld, nicht in den Extremen. Ein restliches eher kleines Wachstum scheint mir wahrscheinlich. Letztlich auch wegen den jetzt geplanten Rüstungsausgaben. Wenn es in den Staatskassen eng wird, wie wäre es dann endlich mal mit Vermögensteuern, Erbschaftssteuern und Kapitalertragsteuern und -Abgaben genauso hoch wie auf Arbeitseinkommen?

    • @Tobias Jeckenburger

      Zitat 1: Dem Klima und den Ölpreisen ist es egal, wo jetzt Elektrofahrzeuge, stationäre Kurzfristspeicher und PV-Module eingekauft und angeschlossen werden.
      Antwort: Ja, es gilt sogar: „Wenn der Preis von nicht-fossilen Energieerzeugern und nicht-fossilen Energieverbrauchern heiss ist und sogar unter dem Preis von fossilen liegt, dann braucht es gar keine Klimapolitik mehr, dann erledigt das der freie Markt, dann ersetzen irgendwann alle Konsumenten Fossiles durch Nicht-Fossiles, einfach darum, weil es billiger ist. Seltsam nur, dass vor allem China begriffen und inzwischen bewiesen hat, dass es billige Erneuerbare und billige Batterien geben kann und dass China diese herstellen kann.

      Zitat 2: „Und dass man sich in China dann auch auf grüne Technik konzentriert, kann auch einfach daran liegen, dass man selber weniger Geld für den Import von Öl und Gas ausgeben will.“
      Antwort: Ja, China hat wenig eigenes Öl und die Elektromobilität reduziert die Importabhängigkeit.
      Viel wichtiger aber ist es, dass PV, Batterien und EVs von China in die ganze Welt exportiert werden, ja, dass China hier inzwischen den Markt dominiert. China will die ganze Welt mit chinesischen Produkten überschwemmen und das tut es tatsächlich immer mehr. Auch die Seidenstrasse-Initiative passt dazu, denn sie ist im Prinzip nichts anderes als ein Instrument um eine Art Waren-Kolonialismus zu realisieren: Alle Stationen innerhalb der neuen Seidenstrassen sind Transmissionsriemen chinesischer Technik, chinesischer Produkte, chinesischer Fertigungstechniken und letztlich sogar chinesischer Kultur.

  11. @Michael 21.10. 14:39

    „Wenn wir unsere noch demokratischen, wohlhabenden und schnell alternden Gesellschaften doch noch stabilisieren wollen, dann brauchen wir auch in der Wirtschaft einen neuen Blick auf Zeit und Zukunft. Meine ich.“

    Exportüberschüsse braucht doch keiner. Und mit bald kaum noch fossilen Importen reduziert sich auch der Exportbedarf, um diese Ausgaben auszugleichen.

    Mehr Kinder, klar, warum nicht? Eine moderate Schrumpfung von ca. 1,8 Kindern pro Frau könnte aber genügen. Mit mehr Platz auf der Welt bei nicht so vielen Menschen geht alles leichter.

    Weniger Arbeitszeiten wären nebenbei keine schlechte Voraussetzung für etwas mehr Kindersegen. Und der Einwandererbedarf sinkt damit gleich mit.

    Der Abhängigkeit von chinesischer und amerikanischer Software wäre vermutlich mit einer umfassenden Open-Source-Initiative zu begegnen. Wir könnten hierbei auf die Mitarbeit von dem ganzen Rest der Welt setzen, die auch lieber wissen wollen, welche Software auf der eigenen IT läuft.

    Auch den US-Amerikanern selber könnte es durchaus recht sein, wenn auch da dann alles mit unserer allgemeinen offenen Software laufen kann. China als Diktatur kann uns dann auch egal sein, man kann sich nicht um alles kümmern. Die werden wohl auch irgendwie klar kommen. Tik-Tok ist in China selber aus guten Gründen ja längst verboten.

  12. Shareholder Value

    Dieses Kurzfrist-Denken der Unternehmen, um ihren Anteilseignern möglichst hohe Dividenden auszahlen zu können, ist mE langfristig für die Anteilseigner doch eher von Nachteil.

    Sog. Pensions- und Investmentfonds investieren in solche Unternehmensanteile. Zwar besteht die Möglichkeit, dass die Fondsmanager ihre Investments anpassen, indem sie auf Anteile bei anderen Unternehmen setzen, aber so einfach stelle ich mir das nicht vor.

    Also müsste doch auch in deren Kreisen ein Interesse daran bestehen, ein Unternehmen erfolgreich am Markt zu halten. Oder ist diese Gruppe der Anteilseigner zu wenig bedeutend für die Firmenpolitik?

    In den Aufsichtsräten der Unternehmen sitzen auch Gewerkschafter. Im Sinne ihrer Mitglieder – der Arbeitnehmer – ist das Abnicken falscher Entscheidungen des Vorstands eines Unternehmens imho nicht.

    Nachhaltigkeit: Vor einigen Jahren wurde dieses Thema in der Werbung gerne verwendet, weil es ein Kriterium bei der Kaufentscheidung der Konsumenten war. Dies scheint sich nach meiner Beobachtung geändert zu haben. Hat Prof. Ince dazu irgendwelche Belege?

    Vielen Dank.

    • Herzlichen Dank für Ihre Nachfrage, @Marie H., zu meiner Kritik am ShareholderValue. 🙏💸🤔

      „Sog. Pensions- und Investmentfonds investieren in solche Unternehmensanteile. Zwar besteht die Möglichkeit, dass die Fondsmanager ihre Investments anpassen, indem sie auf Anteile bei anderen Unternehmen setzen, aber so einfach stelle ich mir das nicht vor.

      Also müsste doch auch in deren Kreisen ein Interesse daran bestehen, ein Unternehmen erfolgreich am Markt zu halten. Oder ist diese Gruppe der Anteilseigner zu wenig bedeutend für die Firmenpolitik?“

      Gerade auch Fondsmanager werden meist nach der Kursentwicklung & Rendite der Fonds bewertet und bezahlt. Das bedeutet wiederum, dass jene Unternehmensanteile / Aktien gekauft werden, die kurz- und mittelfristig höhere Kurse und Dividenden versprechen. Langfristige Investitionen, die erst nach fünf oder gar zehn Jahren Erträge abwerfen, werden daher bei bereits bestehenden Konzernen eher nicht geschätzt. Und warum auch? Die Fonds können ja ihre Performance und Gewinne durch den Verkauf absteigender und den Neukauf aufsteigender Firmen einfach weiter steigern.

      Hinzu kommt, dass fossil finanzierte Riesenfonds etwa aus den Golfstaaten teilweise erhebliche Aktienpakete an deutschen Schlüsselindustrien wie der Autoindustrie erworben haben und ebenso diskret wie mächtig Druck auch auf die Personalauswahl und Strategie machen, die post-fossile Verkehrswende zu verschleppen. Für sie lohnt sich jeder Monat, in dem sie weiterhin Erdöl und Erdgas aus der Karbonblase verkaufen können. Und wenn deutsche Automobilfirmen und Zulieferer dann niedergehen, dann wird eben das Portfolio gewechselt.

      Schließlich kommt auch noch das Engagement von China hinzu, das lange Zeit seltene Rohstoffe, Fabrik-Kostenvorteile und also schnelle ShareholderValue – Vorteile bot. Zudem bot es sich auch deutschen Firmen als riesiger Absatzmarkt an, wenn dafür KnowHow und vor allem Technologie ins Reich der Mitte transferiert wurde. So konnte das KP-Regime nicht nur Arbeitsplätze bieten und Lieferketten-Abhängigkeiten schaffen, sondern auch ganze Branchen wie die Solarindustrie, die Elektromobilität und die Batterientwicklung dominieren, auch die Computerchip-Industrie in Taiwan bedrohen. Schon während der COVID-19-Pandemie bekamen wir alle einen Vorgeschmack darauf, wie schnell sich die chinesischen Lieferketten unterbrechen und auch die deutsche ShareholderValue – getriebene Wirtschaft dadurch lahmlegen ließ.

      Und so erleben wir also derzeit ein ShareholderValue-Desaster wie beispielhaft bei Mercedes, das noch letztes Jahr Rekord-Dividenden ausschüttete und Investitionen in Elektromobilität kürzte, nun aber global und auch in China massiv Marktanteile verliert.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/enge-der-zeit-statt-technologieoffenheit-shareholdervalue-strategien-bei-boeing-und-mercedes/

      Im ShareholderValue-Denken dominiert die Enge der Zeit über echte Technologieoffenheit, weil bestehende, fossile Technologien ausgeschlachtet und Investitionen in Zukunftstechnologien verschleppt werden. Schon jetzt zahlen Hunderttausende loyaler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der deutschen Konzerne, Zulieferer sowie ganze Wirtschaftsregionen den bitteren Preis für Jahrzehnte einer falschen und gierigen Wirtschaftsideologie. Beobachte ich.

    • Herzlichen Dank für Ihre Nachfrage, @Marie H., zu meiner Kritik am ShareholderValue. 🙏💸🤔

      „Sog. Pensions- und Investmentfonds investieren in solche Unternehmensanteile. Zwar besteht die Möglichkeit, dass die Fondsmanager ihre Investments anpassen, indem sie auf Anteile bei anderen Unternehmen setzen, aber so einfach stelle ich mir das nicht vor.

      Also müsste doch auch in deren Kreisen ein Interesse daran bestehen, ein Unternehmen erfolgreich am Markt zu halten. Oder ist diese Gruppe der Anteilseigner zu wenig bedeutend für die Firmenpolitik?“

      Gerade auch Fondsmanager werden meist nach der Kursentwicklung & Rendite der Fonds bewertet und bezahlt. Das bedeutet wiederum, dass jene Unternehmensanteile / Aktien gekauft werden, die kurz- und mittelfristig höhere Kurse und Dividenden versprechen. Langfristige Investitionen, die erst nach fünf oder gar zehn Jahren Erträge abwerfen, werden daher bei bereits bestehenden Konzernen eher nicht geschätzt. Und warum auch? Die Fonds können ja ihre Performance und Gewinne durch den Verkauf absteigender und den Neukauf aufsteigender Firmen einfach weiter steigern.

      Hinzu kommt, dass fossil finanzierte Riesenfonds etwa aus den Golfstaaten teilweise erhebliche Aktienpakete an deutschen Schlüsselindustrien wie der Autoindustrie erworben haben und ebenso diskret wie mächtig Druck auch auf die Personalauswahl und Strategie machen, die post-fossile Verkehrswende zu verschleppen. Für sie lohnt sich jeder Monat, in dem sie weiterhin Erdöl und Erdgas aus der Karbonblase verkaufen können. Und wenn deutsche Automobilfirmen und Zulieferer dann niedergehen, dann wird eben das Portfolio gewechselt.

      Schließlich kommt auch noch das Engagement von China hinzu, das lange Zeit seltene Rohstoffe, Fabrik-Kostenvorteile und also schnelle ShareholderValue – Vorteile bot. Zudem bot es sich auch deutschen Firmen als riesiger Absatzmarkt an, wenn dafür KnowHow und vor allem Technologie ins Reich der Mitte transferiert wurde. So konnte das KP-Regime nicht nur Arbeitsplätze bieten und Lieferketten-Abhängigkeiten schaffen, sondern auch ganze Branchen wie die Solarindustrie, die Elektromobilität und die Batterientwicklung dominieren, auch die Computerchip-Industrie in Taiwan bedrohen. Schon während der COVID-19-Pandemie bekamen wir alle einen Vorgeschmack darauf, wie schnell sich die chinesischen Lieferketten unterbrechen und auch die deutsche ShareholderValue – getriebene Wirtschaft dadurch lahmlegen ließ. Und während Tiktok aufgrund seines extremen Neurohackings in China selbst verboten ist, wird es in einem medienethisch wahnsinnigen Neuro-Großversuch auf die Gehirne auch schon europäischer Kinder und Jugendlicher losgelassen! Mit den Folgen entsprechender, feindselig-dualistischer Radikalisierungen habe ich täglich zu tun…

      Und so erleben wir also derzeit ein ShareholderValue-Desaster wie beispielhaft bei Mercedes, das noch letztes Jahr Rekord-Dividenden ausschüttete und Investitionen in Elektromobilität kürzte, nun aber global und auch in China massiv Marktanteile verliert.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/enge-der-zeit-statt-technologieoffenheit-shareholdervalue-strategien-bei-boeing-und-mercedes/

      Im ShareholderValue-Denken dominiert die Enge der Zeit über echte Technologieoffenheit, weil bestehende, fossile Technologien ausgeschlachtet und Investitionen in Zukunftstechnologien verschleppt werden. Schon jetzt zahlen Hunderttausende loyaler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der deutschen Konzerne, Zulieferer sowie ganze Wirtschaftsregionen den bitteren Preis für Jahrzehnte einer falschen und gierigen Wirtschaftsideologie. Beobachte ich.

  13. @Martin Holzherr 22.10. 21:58

    „China will die ganze Welt mit chinesischen Produkten überschwemmen und das tut es tatsächlich immer mehr.“

    Was jetzt natürliche Grenzen hat. Je höher und länger der Exportüberschuss, desto höher steigt auch der Wert der chinesischen Währung.

    Noch treffen Spitzentechnologie auf verglichen mit Europa und den USA deutlich geringere Löhne in China. Das wird sich ändern, und für uns fällt auch wieder mehr ab. Wenn jetzt freilich Indien und andere Schwellenländer dem Beispiel Chinas folgen, dann werden diese da weitermachen, wo China wegen hoher Wechselkurse kürzer treten muss.

    Naja, wir können dennoch eine ganze Menge selber. Und im Zuge der Energiewende brauchen wir deutlich weniger fossile Importe, dann können wir auch problemlos weniger exportieren. Und wenn sich irgendwann mal das Putinproblem löst, brauchen wir auch nicht mehr soviel Aufrüstung.

Schreibe einen Kommentar