Seminar am KIT Karlsruhe über Medienrevolutionen zwischen Begeisterung und Wut
BLOG: Natur des Glaubens
Auf kein Thema in “Islam in der Krise” werde ich häufiger angesprochen als auf das Verbot des Buchdrucks arabischer Lettern durch Sultan Bayazid II. um 1485. Europa stürmte durch den Buchdruck in die Reformation, die Konfessionskriege und schließlich die Aufklärung – walzte dabei aber auch Verschwörungsmythen etwa gegen Juden, Hexen und Freimaurer aus, die schon damals Abertausende Leib und Leben kosteten. Das Osmanische Reich blieb dagegen ohne den Buchdruck länger stabil (daher auch das Klischee des zeitlosen Orients), doch erstarrte es eben auch kulturell, wirtschaftlich, technologisch und schließlich auch militärisch. Bis heute konnte die islamische Welt diesen Bildungsabstand nicht mehr aufholen und große Teile der Bevölkerung stecken selbst tief im Verschwörungsglauben fest.
Doch seit Längerem arbeite ich an der These, dass der Buchdruck beweglicher Lettern kein Einzelereignis darstellt, sondern eine von vielen, sich beschleunigenden Medienrevolutionen. Die Entwicklungen von Sprache, Symbolen, Hand- und Druckschriften, elektronischen (Telegrafen, Radio, Fernsehen…) und digitalen Medien (Internet, soziale Medien, YouTube inkl. Khan Acamdy etc.) würden demnach jedesmal neue Möglichkeiten eröffnen, aber auch bestehende Institutionen und Eliten erschüttern, bis hin zu Ausbrüchen von Angst, Hass und Verschwörungsglauben.
Nun freue ich mich sehr auf das aktuelle Seminar mit Studierenden des Studiengangs “Wissenschaft – Medien – Kommunikation” (WMK) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), in dem ich mit den Studierenden einen genaueren – und in den Ergebnissen sicher auch überraschenden – Blick auf verschiedenste Medienrevolutionen werfen möchte.
Als Beispiel für aktuelle, medienethische Diskussionen habe ich die aktuelle Kolumne von Sascha Lobo auf SPON mit dem Titel “Woran “die Medien” wirklich schuld” sind ausgewählt, außerdem eine Folge seines Podcasts.
Die Aufzeichnung des Einführungsvortrags finden Sie hier:
Allen Leserinnen und Lesern bzw. Zuhörerinnen und Zuhörern von “Natur des Glaubens” wünsche ich schöne Feiertage, den Christinnen und Christen eine gesegnete Advents- und dann Weihnachtszeit, den jüdischen Freundinnen und Freunden Chanukka Sameach und den Yezidinnen und Yeziden einen guten Ausklang der Fastentage. 🙂
Womöglich liegen dieser Erkenntnis Überlegungen zugrunde, die der Webbaer gerne als schlau bis sehr schlau bezeichnen würde.
Es liegen insofern “Medienrevolutionen” vor, die gerne genannt werden sollen :
1.) Die Sprache, am Anfang war bekanntlich das Wort, das erst das erkennende Subjekt in die Lage brachte zu diskriminieren, das eine Subjekt, dann Objekt, vom anderen, dann womöglich : Subjekt. [1]
2.) Dann entstand wohl, auch aus Sicht der Herrschenden, auch der Kleriker, diese in diesem Zusammenhang nachrangig zu behandeln, das Bedürfnis Sprache zu persistieren, die Schrift, das Fachwort, drängte sich als Idee und Erfindung auf.
Um eine sozusagen besondere Persistenz sicher zu stellen, ist dann oft gemeißelt worden.
3.) Dann gab es noch diese Sache mit der Multiplikation von Nachricht oder Inhalt, der Buchdruck bleibt gemeint.
4.) Dann gab es die digitale oder anderswie näherungsweise erfolgte Erfassung von Text, der wichtige Fotosatz soll an dieser Stelle genannt werden, erst vor ca. drei Jahrzehnten endgültig aus der Mode gekommen.
5.) Dann die netzwerkbasierte Kommunikation, auch Bücher oder andere Dokumente meinend, seit vielleicht 40 Jahren, Dr. W war bereits anfänglich dabei, dann seit ca. 1993 allgemein durchgesetzt.
und letztlich 6.) Aufsätze auf dieser Allgemeinverbindung, sogenannte Soziale Medien etc.
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Woran der hier gemeinte Kulturkreis leidet, ist nicht das Medium, sondern der Inhalt.
Ihre Beobachtung i.p. Buchdruck, Dr. Blume, ist nicht schlecht und nicht unzutreffend, trifft aber nicht das Wesen, den Kern der hier gemeinten Problematik.
MFG + schöne Weihnachtstage schon einmal,
Dr. Webbaer
[1]
Das Subjekt ist das allgemeiner Entwicklung unterworfene und diesbezüglich erkennende Wesen, das Objekt, das Entgegengeworfene, die Etymologie ist hier klar.