Schnelles Twitter, tiefer Podcast – Medien-Erfahrungen am eigenen Leib
Noch bis 10.3. bin ich in einer Twitter-Pause, weil mich der ständige Drang der Twitteria zur Identitätspolitik sehr betrübt. Die schnelle, öffentliche, vor allem textbasierte Kommunikation von Twitter befeuert eine Verschiebung der Debatten von der Sach- auf die Sozialebene mit ständigem “Beef” und Hang zum Freund-Feind-Dualismus. Viele Rechtsidentitäre werden zu verschwörungsgläubigen Trollen, zahlreiche Libertäre zu zynisch staatsfeindlichen Egoisten und manche Linksaktivist:innen zu antiwestlichen Selbstgerechten. Der einzige weiße, alte und christliche Mann, der auf Twitter stets “Verständnis” von Rechts- und Linksaußen-Accounts findet, bleibt Wladimir Putin aus Russland. Denn wenn er gegen den “bösen”, liberal-demokratischen Westen ist, so muss er entlang der Hufeisen-Logik des Dualismus ja zu “den Guten” gehören. Die vielen leiseren, ernsthaft an Dialog und Wissenschaft Interessierten gehen dagegen im ständigen Tweet-Lärm zu oft unter. Und als einstiger Bundeswehr-Soldat, der unser Land und unsere Demokratie nicht nur mit Lippenbekenntnissen ehrt und der Ukraine einen Sieg im Freiheitskampf gegen die Oligarchen aus Russland wünscht, bin ich dort oft ziemlich einsam.
Zu den positiven Entwicklungen auf Twitter gehört jedoch ein wachsender Trend zu Bücher-Tweets sowie eine starke, demokratische Solidarität mit der Ukraine, die sich in Hashtags wie #StandwithUkraine ausdrückt. Weil sich nun endlich auch mehr Menschen auch auf Instagram für Themen wie den #Swiftban und die Rolle von Erdgas & Erdöl in der #Rentierstaatstheorie interessieren, habe ich das sciebook “Öl- und Glaubenskriege” von 2015 hier als pdf kostenfrei online gestellt.
Ob und ggf. wie ich zur anstrengenden Dauer-Empörung auf Twitter zurückkehre, habe ich noch nicht entschieden. Mir tut die “digital detox”-Pause einerseits sehr gut, andererseits fehlen mir die Abertausenden vernünftigen und demokratischen Twitter-User:innen, die sich tapfer gegen den extremen Dualismus und Lärm auf der Plattform stemmen.
Zu Besuch beim Podcast Sprich:Stuttgart
Während Twitter also leider zur überschnellen Dauer-Empörung neigt, machte ich beim Podcast “Sprich:Stuttgart” ganz andere Erfahrungen. Die Interviewenden Stefanie Germann & Prof. Stephan Ferdinand hatten mich vorab um das Treffen an einem “mit besonderen Erinnerungen verbundenen Ort” gebeten – und ich wählte daher die Bibliothek der IRGW bei der Synagoge Stuttgart, an der ich damals mit dem Holocaust-Überlebenden Meinhard Tenne (seligen Angedenkens) Bekanntschaft und Freundschaft geschlossen hatte. Gemeinsam mit der Fotografin Tabea Günzler und einem Überraschungs-Beitrag der IRGW-Vorstandssprecherin Prof.in Barbara Traub entstand so ein intensives, langes und tiefes Gespräch, bei dem mir – ich gebe es zu – auch an der einen oder anderen Stelle die Stimme brach…
Mit dem Podcast Sprich:Stuttgart in der Bibliothek der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW). Foto: Tabea Günzler
So hatte ich also in den letzten Wochen auch am eigenen Leib erlebt, was ich in “Rückzug oder Kreuzzug?” (Patmos-Verlag) mit dem Marshall McLuhan-Zitat ausgedrückt hatte: “The Medium is the Message – Das Medium ist die Botschaft.” Manchmal frage ich mich: Was hätte wohl McLuhan zu Tweets und Podcasts gesagt?
https://youtu.be/IpQDFFk6MPs
Danke für den Artikel. Ich weigere mich wohl nicht zu Unrecht, Twitter zu benutzen. Und Facebook habe ich mir nur deshalb “zugelegt”, weil Leute, die mich interessierten, dort aktiv waren.
Gruß
Rudi Knoth
Danke, @Rudi Knoth. Aus Facebook bin ich 2019 bewusst ausgestiegen:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/warum-ich-facebook-und-instagram-verlasse-gedanken-zur-medienethik/
Auf Twitter habe ich dagegen gerade eine Prognose auf Basis der o.g. #Rentierstaatstheorie gewagt:
Da Putin gegen die Demokratie der Ukraine weder “seinen” Oligarchen noch seinem Volk einen “billigen” Sieg schenken kann, wird er 2023 nicht mehr Präsident von Russland sein. Er hat die Grenzen der Rentierstaatlichkeit überschritten.
Dass das selbstverständlich wieder viele Dauer-Empörte Twitterer erregen wird, nehme ich für Wissenschaft und Demokratie gerne in Kauf. 🙂
Soeben hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Deutschen Bundestag die Erneuerbaren Energien als “Freiheitsenergien” bezeichnet. Damit ist die #Rentierstaatstheorie aus der Politikwissenschaft also endlich in Parlament und Bundesregierung angekommen.
Endlich. Spät, aber noch nicht zu spät.
Herr Blume,
ich verstehe nicht, erschließt sich Ihnen denn wirklich, warum die Erneuerbaren Energien “Freiheitsenergien” sein sollen?
Was haben die EE denn mit Freiheit zu tun? Beruht das auf dem zur Zeit noch unausrottbar erscheinenden Mythos Deutschland könne mit den EE energieautark werden?
Es gibt ja Fachleute, die diesem Mythos mit ihren entsprechenden Aussagen widersprechen, wie hier der MPI-Direktor Prof. Schlögel , aber das dringt bisher kaum durch.
Außerdem sollten wir die Energieerzeugung mit EE vor dem Hintergrund der zunehmenden Kostensteigerungen bei den Rohstoffen und der Begrenzheit der Rohstoffe sowie bei den Rohstoff-Lieferanten für die benötigten Maschinen, Anlagen usw. sehen (ganz vorne dabei: China!), worüber der Spiegel treffend unter dem Titel “Raubbau für die Rettung des Planeten” über die IEA-Studie berichtet hat.
Ich will das Thema hier nicht weiter vertiefen, nur aufzeigen, dass wir nur von einer Abhängigkeit in die andere kommen und das wohl nicht unter “Freiheit” eingeordnet werden kann.
Lieber Herr Richter,
Christian Lindner hat hier Recht, sein Begriff der „Freiheitsenergien“ schließt hier gut an das Konzept der Energiedemokratie an.
Ich habe oben das ausführliche sciebook zur #Rentierstaatstheorie – die ich für die wichtigste Errungenschaft der Politikwissenschaft halte – kostenfrei eingestellt. Ebenso gibt es hier zahlreiche Blogposts und sogar ein Erklärvideo dazu:
https://youtu.be/6bzAEk8-2jg
Falls Sie geschichtlich interessiert wären, steht Ihnen auch die Verschwörungsfragen-Folge zum mörderischen NS-Unternehmen Wüste (zur Gewinnung von Mineralöl durch menschenverachtende Zwangsarbeit) zur Verfügung.
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich keine Einzelseminare abhalten kann. Für die Rentierstaatstheorie gibt es ebenso wie für die Evolutionstheorie oder die Einsteinschen Relativitätstheorien mehr als ausreichend Belege und Darstellungen. Wer ehrlich verstehen will, versteht.
Ihnen alles Gute.
Mit am härtesten boykottiert wird das Mullah-Regime im Iran. Mit einer sehr jungen, also durchaus potentiell revolutionären Bevölkerung. Die sind immer noch an der Macht und exportieren Terror (etwa in Syrien).
Ich bin unbedingt für jeden Boykott; insbesondere dafür, die Nord Stream Pipelines I & II umgehend mit Beton zu verfüllen. Aber ich rate davon ab, übertriebene Erwartungen zu hegen.
@Michael Blume,
danke für das kostenlose Buch. Ich habe es heruntergeladen und werde es in Kürze lesen. Darin werde ich ja dann nachlesen können, was Energiedemokratie ist.
Danke, @Wolfgang Richter. Falls aus Ihrer Sicht Fragen offen bleiben, können wir diese ja dann hier besprechen.
Mimosael Blume hält es halt nicht aus wenn er berechtigten Gegenwind bekommt, selber austeilen aber nicht einstecken, das haben wir gerne 🤡😷💩💉
Wie transparent, dass Sie sich selbst mit Putin identifizieren, @yukterez! 👍
Und woher wollen Sie so genau wissen, ob mir „Gegenwind“ nicht gut tut und gelegen kommt? Auch Sie „schenken“ hier ja immer wieder entlarvende Pro-Putin-Kommentare und Klicks, die den Blog nur stärker und noch interessanter machen. Grüße an Ihre Oberen, Sie machen das mit der Rechtspropaganda ganz klasse! 🙌🤣😘
@“Freiheitsenergien“
Wenn wir denn endlich mal loslegen würden, die Energiewende voranzubringen. Kurz und mittelfristig wird sich der Rohstoffbedarf dann zeigen, eventuell wird es hier und da teurer, und dauert länger. Aber vor allem langfristig ist die Freiheit in Sicht, man wird nach dem Vollausbau der regenerativen Technik nur noch die Anlagen erneuern müssen. Bei entsprechender Vorsorge schon bei der Konstruktion wird man die Rohstoffe wohl weitgehend recyceln können, und wirklich frei von Zulieferern sein können.
Kein Vergleich zu den fossilen Energieträgern, die müssen tatsächlich ständig neu ausgegraben und auch importiert werden. Nachdem sie verbrannt sind, sind sie definitiv weg und werden in der Atmosphäre zum dicken Problem.
Aber auch eine konsequente Arbeit an guten internationalen Beziehungen hat seinen Wert. Trotz unserer eigentlich eher geringen Rüstungsausgaben sind wir ganz gut durch die letzten 75 Jahre gekommen. Die derzeitige Störung der internationalen Beziehungen könnte ganz schön teuer werden, sollte sich herausstellen, dass wir tatsächlich massiv aufrüsten müssen.
Das blöde an Rüstungsausgaben ist ja gerade, dass sie entweder gar nicht gebraucht werden, und wenn doch ist es noch schlimmer, weil auch die eigenen Waffen im Kriegsfall nichts anderes als Leid und Zerstörung bringen. Wohl dem, der es schafft, sich aus kriegerischen Aktivitäten rauszuhalten.
Liebe Herr Blume,
es ist ehrenwert, die Erschöpfung über Dauerkontroversen einzugestehen, wo sie ja teilweise (wie schon einmal bemerkt) sowohl für (etwa als Gegner des Antisemitismus) als auch wider (als vermeintlicher Antisemit) bekriegt wurden. Das ist ja (wie auch schon bemerkt) nicht nur dem Medium (also der “textbasierte Kommunikation von Twitter”) geschuldet – sondern in menschlicher Kommunikation und Interaktion im Kleinen wie im Großen (in größeren Gesellschaften) immanent. Da will man seine Überzeugungen darlegen, für sie anerkannt (vielleicht auch bewundert) werden, seine Zugehörigkeit zur richtigen Gemeinschaft (sempre: die Guten) bekennen – auch zur Verständigung mit Out-Groups beitragen, sogar die Schlechten für das Gute gewinnen – und verschleißt sich dabei selbst, ohne seine Ziele zu erreichen. Da ist es ganz verständlich (das müssen doch viele von uns immer wieder), sich zeitweise in die Wortlosigkeit zurückzuziehen, und sich nur noch in der Sicherheit von Gleichgesinnten zu äußern. Und doch liegt zwischen diesen Alternativen das wahre Potenzial der Kognition auf dem “schmalen Grat”, wo man sich davor bewahren muss, auf die eine oder andere Seite zu stürzen, aber gerade aus dieser verstörenden Verwirrung und Beklemmung zur Wahrnehmung eines größeren Panoramas gelangen kann – wo es nicht Diese und Jene gibt, Gut und Schlecht, schwarz und weiß – sondern nur (in dem Gesamtpanorama) eine differenzierte, aber nachvollziehbare Vielfalt – an Formen, Farben, einschl. unendlich vieler Schattierungen von grau. Solcher kognitive Fortschritt beginnt immer in uns selbst ganz alleine – idealerweise (und erst dann) an Fahrt gewinnend mit den sehr wenigen, die sich mit uns “auf den schmalen Grat wagen” – und in lernendem, kooperativem Dialog (weit entfernt von jedem öffentlichen Diskurs dieser Zeit – aber eben auch von der wohligen Harmonie im Kokoon) einander das Gesamtpanorama zeigen – von dem jeder etwas besser kennt als wir. Was soll das bringen – was würde es Ihnen bringen? Mit inzwischen 60 Jahren ist mein ganz persönlicher und wohlgemeinter Vorschlag: Eine realistische Einschätzung gegenüber breiter Diskussion (da mag man ein paar Jünger finden – und viele Feinde – aber fast nie jemand, der sich “auf den Grat wagt”) und eine Einsicht darin, daß Ihre Meinungen wie bei den allermeisten Menschen (oft aus der Lebengeschichte ableitbar) doch meist zutiefst emotional begründet sind – darüber kann auch (und auch in diesem Artikel) nicht das anspruchsvolle Vokabular, die gelehrten Verweise, die Bekenntnisse zu Freiheit, Demokratie und die Berufung auf die Wissenschaft (und Wissenschaftstheorie a la Popper) hinwegtäuschen. Damit würden auch aus der zunehmenden Wahrnehmung des o.g. “Gesamtpanoramas” (nicht im Detail, sondern in der Weite!) das Verständnis für die jeweils Anderen wachsen, seien es (beispielhaft) Anhänger von Verschwörungsmythen, das palästinensische Volk (in Unterscheidung von Antisemiten) – und sogar Putin. Ja, sogar Putin – da würde Ihnen dann etwa schon zu denken geben, was das Fundament unserer “freien (westlichen) Gesellschaft” denn wirklich Wert ist – wenn es doch zeitweise angeführt wird von einem Donald Trump – und Sie würden sich erinnern, wie sich Putin um die Jahrtausendwende einige Jahre lang bemühte, um sich mit dem Westen zu verbinden bzw. sogar zu verbünden, wo er etwa der USA rückhaltlos nach 9/11 geholfen hat (Bush sogar nach dem Attentat an Ahmad Schah Massoud vor einem drohenden Anschlag gewarnt hat), mehrmals eine Aufnahme Russlands in die NATO vorgeschlagen hat – aber über die Zeit erkennen musste, daß der Westen macht, was er will (die NATO in Jugoslawien, die USA im Irak) und seine Interessen (ja, er hat welche – und wir müssen sie nicht teilen – sollten sie aber verstehen) ignorierte bzw. als Anachronismus negierte. Spätestens mit seiner Rede in München in 2007 hat er diese Phase ganz persönlich und vor den Vertretern aller wichtigen Nationen beendet. So könnten Sie bei der (völlig korrekten) Verurteilung der Invasion wenigstens verstehen, wie es vorhersehbar war – und wie man es, wenn man halt nicht als westliche Welt bis zur höchsten Ebene nie über seine Bestätigungsfehler hinauskommt – auch hätte verhindern können. Dann dient Erkenntnis, die im Einzelnen anfängt, und sich manchmal in der Gesellschaft ausbreitet (wozu man dann entscheidend beträgt) und vielleicht sogar in unseren Regierungen Einzug hält, wirklich dem Wohle der Menschheit – sonst treibt unsere Realität, wenn nicht in eine Katastrophe (die uns in der Ukraine hoffentlich erspart bleibt), dann (als Grundzustand) weiter ruderlos, getrieben durch die Kakophonie antagonistischer Teil- und Scheinwahrheiten, vor der Sie sich in Schutz genommen haben.
Mit herzlichen Grüßen,
Martin Anantharaman
Vielen Dank für Ihre beeindruckende Übung in Mansplaining, lieber Herr Anantharaman. 😊💁♂️
Tatsächlich geht mit steigender Bekanntheit notwendig ein wachsender Anteil an Feindseligkeiten und auch Interaktionen einher. Ich überlege, einmal zu den klugen Ausführungen Martín Bubers zu bloggen, der auch irgendwann nicht mehr mit dem Beantworten von Briefen nachkam.
Inhaltlich kann ich Ihrem Kommentar einiges abgewinnen – anderes wie die Relativierung von Wissenschaft gegenüber Emotionen nicht. Die Wahrheit ist ja, wie Sie selbst formulieren, oft nur über einen „schmalen Grat“ zugänglich.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen dazu! 🖖
Vielen Dank für Ihre freundliche Antwort. Darin hat mich Ihre Bemerkung “Relativierung von Wissenschaft gegenüber Emotionen” dazu angeregt, den (keinesfalls offensichtlichen) Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Emotionen zu reflektieren – ein weites und nur teilweise erkundetes Feld (und beide Gebiete für sich schon!) – aber dies auszuführen würde den Rahmen Ihres Artikels nun wirklich sprengen😂
Gerne doch, @Martin Anantharaman. 🙏😊
Tatsächlich halte ich dazu einen Satz von Hans Blumenberg für die wichtigste Erkenntnis der deutschsprachigen Philosophie überhaupt:
„Nichts ist weniger sicher, als daß die Wahrheit geliebt werden will, geliebt werden kann, geliebt werden darf.“
Vgl. dazu:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/rok-zitate-von-hans-blumenberg-lars-fischer-karl-popper-und-agnes-heller/
Und da es ein bekannter Mann gesagt hat, findet er ja vielleicht auch bei Ihnen Gehör? 💁♂️ Habe den Satz nun auf jeden Fall auch zum Dauer-Profilbild bei Twitter gemacht.
Ihnen beste Grüße! 💁♂️🖖
Velen Dank für den Hinweis – ich glaube, ich habe den Artikel seinerzeit sogar gelesen. Jedenfalls liebe ich solche zu spielerischer (und darin meist weiterführender) Reflektion anregenden metaphorischen Zitate. Die Bekanntheit der Quellen bürgt sicherlich für eine gewisse Qualität – und (wichtiger) erlaubt bei der Interpretation auch ihren Ausgangspunkt und den Weg zu dem Gedanken ansatzweise nachzuvollziehen.
Am besten gefällt auch mir Ihr Lieblingszitat – wenn auch evtl. aus anderer Reflektion😉 … und zwar etwa wie folgt:
Der stärkste positive Affekt (Liebe) für die (per Definition) sicherste und unzweifelhafteste Erkenntnis (Wahrheit) – welch unerreichbares Ideal – können wir doch unzählige affektive Bewertungen “lernen” (ich empfehle dazu wärmstens diesen TED-Vortrag) – in der uns diese eindeutige Wahrheit so gar nicht schmeckt (siehe z.B. Corona-Leugnung) – abgesehen von der Irreführung durch die fremdbestimmte Konditionierung, der wir in Sozialisierung und Bildung unterliegen – bis hin zur Möglichkeit (in nicht ernst gemeinter Verballhornung eines wieder sehr zeitgemäßen Films) “die Bombe zu lieben”.🖖🙋♂️
Freiheit und drangehängt+ energie , ein Menschen Wort , immer emotional, nie gerecht zu verstehen wie die gesamte Menschen Sprache.
wie wars bis eben ?
Lese gerade Hartmann, Kathrin. Grüner wird’s nicht: Warum wir mit der ökologischen Krise völlig falsch umgehen
Zitat: So wurden rund um den Äquator, vor allem in Indonesien und Malaysia, gigantische Mengen tropischer Wälder geopfert, damit reiche Länder wie Deutschland ihre Emissionen aus dem Verkehr kleinrechnen können. Auf einer Fläche größer als Sizilien wachsen dort nun Palmölmonokulturen. Mehr als die Hälfte des Palmöls, das nach Deutschland importiert wird, landet als Biosprit im Tank oder wird zur Erzeugung von Strom und Wärme in Kraftwerken verbrannt. Dieser Irrsinn hat seinen Ursprung in der Erneuerbare-Energie-Richtlinie der EU aus dem Jahre 2008. Diese schrieb für den Verkehrssektor vor, dass bis 2020 ein Zehntel des Kraftstoffverbrauchs aus erneuerbaren Quellen stammen muss. Mit der Verwendung von Biosprit sollte gemäß dem Kyoto-Protokoll der CO2-Ausstoß gesenkt werden. Die Rechnung lautete: Bei der Verbrennung von Pflanzenkraftstoff gelange nur so viel CO2 in die Luft, wie die Pflanze vorher gebunden habe. Nicht eingerechnet aber wurde der irreparable Schaden, den die Waldvernichtung angerichtet hat, die Zerstörung von Biodiversität und Klima sowie die zahlreichen Landkonflikte mit der lokalen Bevölkerung, Vertreibung und Gewalt gegen Indigene, Kleinbauern und Umweltaktivisten. Die Fürsprecher der Green Economy haben die Vorstellung, dass sich Wirtschaftswachstum und Naturzerstörung durch Technologien und »Innovationen« voneinander »entkoppeln« ließen. Ganz so, als wären die guten und die schlechten Effekte des Kapitalismus wie Lokomotive und Waggon, die man mit den richtigen Handgriffen voneinander trennen könnte.
Ja, @Käthe Parlow: Deswegen spreche ich mich auch in „Öl- und Glaubenskriege“ auf Basis der Rentierstaatstheorie ausdrücklich für die landwirtschaftliche Energieerzeugung im Inland aus. Mit jeder Reduktion des Fleischkonsums sparen wir Unmengen an Futtermitteln, Energie, Wasser und nicht zuletzt Flächen – auf denen beispielsweise Sonnen- und Windenergie produziert werden kann. Wie ich heute erfuhr, plädiert inzwischen sogar die Schweizer SVP für eine nationalstaatliche Energieerzeugung.
Behalten Sie also gerne Ihre Faszination für importiertes Palmöl. Ich möchte davon ebensowenig wie von irgendeinem anderen Öl abhängig sein und finde selbst die Import-Abgängigkeit von „grünem Wasserstoff“ suboptimal. Viel lieber würde ich das Geld unseren eigenen Land- als Energiewirten geben. Fleischverzicht erweist sich als energiepolitisch aufgeklärter Patriotismus.
@Michael 28.02. 18:11
„Mit jeder Reduktion des Fleischkonsums sparen wir Unmengen an Futtermitteln, Energie, Wasser und nicht zuletzt Flächen – auf denen beispielsweise Sonnen- und Windenergie produziert werden kann.“
Windräder und Solarpaneele konkurrieren praktisch nicht mit landwirtschaftlichen Erträgen. Die Windräder werfen kaum Schatten, und die meisten Solarpaneele wird man ohnehin auf Dächern oder über Parkplätzen aufstellen. Und wenn ein Teil auf der grünen Wiese aufgestellt wird, so sind hier reichlich Zwischenräume, wo Gras wachsen kann und Schafe, Ziegen oder Kühe weiden können. Insbesondere auf eher trockenen Standorten wächst da kaum weniger, und die Tiere haben an heißen Tagen Schatten.
Gerade rund um das Mittelmeer haben wir massenhaft diese trockenen Standorte, und zugleich einen hohen Ertrag von Photovoltaik.
„Ich möchte davon ebensowenig wie von irgendeinem anderen Öl abhängig sein und finde selbst die Import-Abgängigkeit von „grünem Wasserstoff“ suboptimal.“
Ein europäischer Strom- und Wasserstoffverbund hat viele Vorteile, und die Energie muss nicht immer nur in eine Richtung fließen. Je nach aktuellem Wind- und Solarangebot können wir sehr viel tagesaktuellen internationalen Austausch haben. Wenn unter dem Strich aus dem Süden mehr kommt, weil dort einfach der Solarertrag pro Fläche doppelt so hoch sein kann wie bei uns, ist das schon sinnvoll, dort etwas mehr zu installieren.
„Fleischverzicht erweist sich als energiepolitisch aufgeklärter Patriotismus.“
Ich hab aber Hunger auf eine gewisse Menge Fleisch, und mehr noch auf Milchprodukte und Eier. Dafür habe ich auch kein Auto, und benutze keine Flugzeuge. Und werfe fast keine Lebensmittel weg. Entsprechend würde ich protestieren, wenn Nahrungsmittel richtig teuer werden, weil man meint, auf dem Acker Biosprit für Autos und Flugzeuge produzieren zu müssen. Wenn wir Reste und Überschüsse verwerten, ist das OK.
Wenn denn wirklich die Menschen viel weniger Fleisch essen wollen und täten, hätten wir dann in der Tat entsprechende Überschüsse. Überschüsse könnte man aber auch nutzen, um mehr wilde Natur wachsen zu lassen, das hätte auch was finde ich. Einfach genug Windräder und Solarmodule aufstellen, dann brauchen wir keinen extra angebauten Biosprit.
Aber das mit dem Palmöl in dem Tropen ist eine klimatische und ökologische Katastrophe, die weit mehr Schaden anrichtet, als wenn wir hier Erdöl nehmen würden. Das ist es jetzt gar nicht. Allein die CO2-Freisetzung durch die vorherige Abholzung des Regenwaldes macht um ein vielfaches mehr aus, als was durch die Produktion des Palmöls eingespart wird.
Keine Einwände, @Tobias Jeckenburger. Allenfalls der Hinweis auf die enormen Potentiale von Agrophotovoltaik auch im Inland – wenn wir den Fleischkonsum und damit Flächenverbrauch reduzieren (nicht: verbieten).
Danke für Ihre konstruktiven Kommentare!
@Michael 01.03. 13:02
„…die enormen Potentiale von Agrophotovoltaik auch im Inland – wenn wir den Fleischkonsum und damit Flächenverbrauch reduzieren.“
Ich denke, dass sind zwei verschiedene Dinge. Wenn Dächer und ähnliche Flächen mit PV-Modulen voll sind, müssen wir auch noch Module auf Weiden aufstellen. Aufgrund der Zwischenräume zwischen den Paneelen wächst hier aber immer noch reichlich Gras, und die Beweidung braucht man sowieso, damit hier keine Büsche und Bäume hochkommen. Und an trockenen Standorten wie z.B. in Südeuropa bringt eine Beweidung auch noch Brandschutz. Je trockener das ist, desto weniger Ertragsverlust haben wir hier, weil die nachwachsenden Grasmengen dann eher vom Wasserangebot und weniger von der Beschattung durch die Module begrenzt werden.
Das andere ist die Reduzierung der benötigten Flächen für die Ernährung, wenn wir weniger Fleisch essen täten. So könnte man Flächen der Natur zurückgeben, die Produktion auf Bioanbau umzustellen, bessere Haltungsbedingungen für die verbliebenen Nutztiere umsetzen oder auch den Menschen in ärmeren Ländern eine bessere Versorgung zukommen lassen.
Wenn dann immer noch Überschüsse da sind, kann man auch noch Biosprit anbauen, dass muss man aber wirklich nicht unbedingt machen. Einfach mehr Windräder und PV-Module tun dies auch, und das bei vergleichbaren Preisen. Was jetzt Bioenergie aus Abfällen und Resten angeht, so haben wir dies ja sowieso, und das ergänzt ja schon ganz gut die anderen regenerativen Energiequellen.
@Tobias Jeckenburger
Bei uns in Baden-Württemberg wird bereits intensiv zur Agrophotovoltaik geforscht. Hier ein Video des Fraunhofer-Institutes aus der Bodensee-Region:
https://youtu.be/BlXPf-e1a0U
Vielen Dank für Ihr starkes Interesse, das ist sehr ermutigend!
@Michael 04.03. 15:44
„…ein Video des Fraunhofer-Institutes aus der Bodensee-Region…“
Interessant, dass man auch auf Ackerflächen solche Gerüste mit PV-Modulen bauen kann. Kostengünstiger wird es aber wohl sein, hier nur Weideflächen zu überbauen, dann ist das Gerüst niedrig und billiger und die Wartung und Pflege auch einfacher. Zumal wir wohl nicht mehr als 2 oder 3 % an Fläche brauchen werden. So viele Weiden, wo nur Tiere grasen, und kein Traktor rumfahren muss, haben wir ja wohl auch in BW.
Ich kann mir auch viele kleinere Flächen als gut nutzbar vorstellen, wo es sich nicht recht lohnt, mit großen Landmaschinen zu arbeiten. Und auch z.B. am Rand von Hecken einen Streifen mit niedrigen PV-Modul-Gerüsten zu installieren. Als Weidetiere eignen sich wohl vor allem Ziegen, die fressen fast alles, und da muss man am wenigsten mal ran, um von Hand da das Grünzeug zu zupfen, wenn es zu hoch wird. Zusätzlich können wir mit so genutzten Flächen wohl auch gleich Lebensraum für Insekten und Vögel schaffen.
Auch rein optisch gesehen sehen die Gerüste in dem Video eher recht auffällig aus. Niedrige Gerüste auf Weiden sind da wohl deutlich unauffälliger.